Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

6. November 2009

2009. 11. 06. – November in der Steiermark

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 20:42

Amstetten – Neuhofen – Hochkogel – Randegg – Gresten – Gaming – Grubberg 1014m – Zellerain 1121m – Gußwerk – Wegscheid – Seebergsattel 1253m – Seewiesen – Turnau – Pretalsattel 1071m – Veitsch – Mitterdorf im Mürztal – Krieglach – Mürzzuschlag – Kapellen – Mürzsteg – Fein an der Mürz – Lahnsattel 1006m – Terz – Kernhofer Gscheid – Ulreichsberg – Sägemühle – Reith – Ötscher Panoramastraße – Puchenstuben – St.Anton an der Jeßnitz – Scheibbs – Gresten – Randegg – Neuhofen – Amstetten

Streckenlänge: 282km Streckenplan auf Googele Maps

20091106_xjr_steiermark14Bild links: Nebel über dem Ybbstal

Am 6. November mit dem Motorrad fahren, muß man da nicht ziemlich bescheuert sein? Nein, muß man nicht. Man muß nur ein Motorrad haben, sonst kann man nicht Motorradfahren! „Aber ist es da nicht viel zu kalt?“, könnte man jetzt fragen. Nun, das kommt ganz drauf an!

Im Spätherbst Motorradfahren ist so ähnlich wie kochen. Egal20091106_xjr_steiermark01,wie gut der Koch ist, oder der Motorradfahrer, mit den falschen Zutaten wird das entweder gar nichts oder es kommt kein rechter Genuß auf. Entweder man ist ein „Wilder Hund“, dann braucht man weder Regenkleidung noch Griffheizung, oder man ist ein Weichei, dann hat man beides, aber dafür keine Rückenschmerzen. Den, wie alles im Leben hat auch das „Wilder Hund“ spielen seinen Preis. Was Rücken- und Gelenksschmerzen sind, das weiß ich recht gut. Ich hatte ja 25 Jahre lang keine Regenkleidung, beziehungsweise, ich verwendete sich nicht. Dann da gewesen wäre alles. Die Ausrüstung vom Bergwandern eignet sich auch hervorragend fürs Motorradfahren. Aber wer braucht das schon? Nur Weicheier! Na bitte. Darum die Schmerzen!

20091106_xjr_steiermark02 Das Schlimmste war ja die Griffheizung! „Mensch, da hör ich auf mit dem Motorradfahren, wenn ich sowas brauche!“ So war immer meine Meinung. Selbst wenn die Zähne klapperten und der erste Kaffee mehr am Boden verschüttet als in den Magen gelangte, „Ich bin ein wilder Hund und brauch sowas nicht!“ Hätte ich gewusst, wie toll so eine Griffheizung ist, mir hätten die Zähne nie geklappert und jeder Tropfen Kaffee wäre ein Genuß gewesen. Aber manche lernen es nie, manche erste mit 50. Womit ich ja noch rechtzeitig vor dem 50er die Kurve gekratzt hätte, den das dauert noch 3 Monate.

Also, man nähme: mehrere Lagen Unterwäsche, Hosen wie Leibchen. Aber nicht mehr, als unter der Lederkombi Platz haben, sonst zwickt es beim Fahren! Mehrere Paar Socken oder Strümpfe, gerade so viel, dass die Stiefel noch drüber gehen, ohne zu drücken. Eine Gore Tex Jacke und Hose übers Leder, dann noch zwei Sturmhauben, damit die Birne schön warm bleibt, ein Paar dünnere Gore Tex Handschuhe, ein Paar dicke ins Topcase zur Strassenkarte, einen warmen Helm (in meinem Fall nahm ich den Schuberth C2), und der Spaß kann beginnen. Vielleicht sollte man zuvor noch einmal aufs Klo gehen, denn diesen ganzen Krempel auszuziehen, dass könnte recht mühsam werden! Falls es doch unterwegs drücken sollte im Gedärm, bitte nicht warten, bis es sein muß! Dann könnte es, bis die Hose unten ist, zu spät sein.

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Der Hochschwab – Blick ins Seetal

Um 9:45Uhr gings los. In Neuhofen war ich schnell und hatte gleich darauf den Hochkogel überwunden. Daheim hatte dichter Nebel geherrscht, jetzt war von Nebel nichts mehr zu sehen. Dicke Wolken verhüllten zwar die Sonne, aber die Sicht war nicht übel. Es machte Spaß, warm eingehüllt durch die Gegend zu brausen. Wobei man das Tempo bei diesem Wetter und um diese Jahreszeit nicht zu optimistisch wählen sollte. Teilweise liegt, von landwirtschaftlichen Fahrzeugen oder Holztransporten überall verteilt, sehr (sehr) viel Dreck auf den Straßen und naß ist es auch meiste Zeit. Jedenfalls überall, wo es schattig ist.

Nach einer Kaffeepause am Zellerain, wie könnte es anders sein, genoss ich bei der Abfahrt die herrliche Aussicht auf die schneebedeckten Zellerhüte, die sich genau gegenüber der Strecke 1770m hoch erheben, dann strebte ich dem Seebergsattel im Hochschwab Gebiet zu. Dieser Sattel ist zwar nicht höher als der Zellerain, aber der Gebirgsstock des Hochschwab ist doch um einiges höher als die Zellerhüte, so liegt dort auch um einiges mehr Schnee auf den Bergen. Dichte Wolken und leichter Nebel verhüllten teilweise die Bergspitzen und ließen die Gegend irgendwie gespenstisch aussehen.

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Bei der Anfahrt zum Bretalsattel, der ins Mürztal hinüberführt, fielen die ersten Regentropfen und es wurde noch um eine Spur kälter. Aber das ist alles seit letzen Donnerstag kein Problem mehr. Ein Griff zum Stellknopf, ein Dreher auf Stufe zwei, und schon kann auch starke Kälte den Fingern nichts mehr anhaben. Ganz im Gegenteil, schon nach wenigen Kilometern „muß“ ich wieder die kleinere Stufe wählen, sonst werden meine Finger gegrillt!

Es ist eigenartig, aber auch früher begann ich nie am Körper zu frieren, sonder immer in den Händen. Die Kälte ging immer von den Handflächen aus und verbreitete sich dann im ganzen Körper, bis mir so kalt war, dass ich stehenbleiben musste, um mir die Finger am Motor zu wären. Dann wurde mir auch am Körper wieder warm. Normal denkt man, am kältesten müsste es am Handrücken sein, denn dort kühlt der Fahrtwind ja die Hände am stärksten aus. Was mit Gore Tex Handschuhen ja nicht passieren sollte – und auch tatsächlich gar nicht passiert! Es waren immer die Handflächen, die froren und die Kälte an den restlichen Körper weitergaben. Heute, mit Griffheizung, waren die Handflächen immer schön warm, womit das Übel des frierens restlos beseitigt war. Kein einziges Mal war mir heute kalt!

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Das Neuberger Münster

Über Mürzzuschlag, vorbei an der Schneealpe, erreichte ich die Ortschaft Neuberg, stellte die blaue Elise ab und zockelte zu Fuß den Kalvarienberg hinauf, von wo aus man sich einen schönen Überblick über die Ortschaft und vor allem über das Neuberger Münster, dem „Dom im Dorf“, verschaffen kann. Zu meiner Schande muß ich gestehen, dass ich erst heute, nach unzähligen Fahrten durch Neuberg, von diesem „Dom im Dorf“ Kenntnis erlangte. Obwohl dieses Bauwerk, ein ehemaliges Kloster aus dem 14ten Jahrhundert (so genau scheint das niemand zu wissen!), recht ordentliche Ausmaße besitzt, hatte ich es noch nie zuvor gesehen. Erst von dem kleine Hügel am Ortsrand (der Kalvarienberg) entdeckte ich es heute. Man lernt nie aus, selbst in einer Gegend, die man zu kennen glaubt!

20091106_xjr_steiermark06 Nach diesem kleinen Ausflug (maximal 10min Gehzeit bergauf!) ging die Fahrt über Mürzsteg zum „Wasserfall zum toten Weib“, der sich hinter einer Tunnelanlage verteckt befindet. Früher führte dort die Straße unglaublich eng scharf zwischen den Felswänden und dem Abgrund zur Mürz entlang. Heute ist dieser alte Teil der Straße ein Radweg, die neue Straße führt in einem Tunnel durch den Fels. Zwar stand eine Tafel mit der Aufschrift „Wintersperre! Keine Schneeräumung!“ vor diesem Radweg, aber da ohnehin hier kein Schnee lag und ich ja auch mit einem (Motor)Rad unterwegs war, folgte ich dem alten Teil der Strecke – und hätte dies fast mit einem Sturz bezahlt! Der alte Belag, mit Laub, Baumnadeln und Dreck überseht, ist teilweise dermaßen glitschig, dass es mir bei einem leichten Gasstoß das Hinterrad „putzte“! Wenn das weiter hinten, von den Felswänden verdeckt, passiert, und man verletzt sich dabei dummer Weise schwer, schaut das nicht gut aus. Dann kann man nur hoffen, dass man zur Straße kriechen kann, um von einem Autofahrer bemerkt zu werden. Ansonsten20091106_xjr_steiermark07 finden die Radfahrer im Frühjahr einen „Mürzi“ (in Anlehnung an den Ötzi, den man im Ötztal fand) in Lederkluft, nicht unter Tonnen von Eis, sondern unter einer XJR begraben.

Nach diesem kleinen Abenteuer an der Mürz strebte ich dem Lahnsattel zu. Oben auf der Kuppe traute ich meinen Augen kaum. Da stand doch tatsächlich ein Motorrad am Parkplatz, aber vom Fahrer weit und breit nichts zu sehen. Würde mich wirklich interessieren, wo der war! Den Alukoffern nach zu urteilen (was man normal nicht machen sollte, wenn man sich diverse Gummikühe anschaut!) könnte das sogar ein echter „Wilder Hund“ gewesen sein, der mit dem Motorrad zu einer Bergtour aufbrach, denn von dort aus kann man in recht kurzer Zeit (1 1/2 Stunden vielleicht) den 1766m hohen Göller besteigen. Möglich wäre das durchaus. Möglich ist aber auch, dass ihn ein menschliches Bedürfnis in den angrenzenden Wald getrieben hatte. Während meiner Zigarettenpause kam er jedenfalls nicht zum Vorschein. Bild rechts: „Wasserfall zum toten Weib“

Übers Kernhofer Gscheid und Ulreichsberg war ich rasch wieder im Norden auf der Strecke nach Mariazell und bog in Reith in die „Ötscher Panoramastraße“ ein, die sehr eng, teilweise steil bergauf und bergab, sehr Kurven- und Aussichtsreich (wenn kein Nebel die Sicht behindert) nach Puchenstuben verläuft. Aus der Richtung vom Annaberg kommend konnte man die steile Südflanke des Ötscher wunderbar durch die Nebelschwaden sehen, die hier aufzuziehen begannen. Am Parkplatz der Panoramastraße, von dem man normal einen traumhaften Ausblick auf die Nordflanken dieses Bergen erhascht, sah man hingegen statt der Ötscher- nur eine Nebelwand. Aber egal, trotzdem war es da drinnen sehr romantisch und ich hatte meinen Spaß.

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Gedenkstätte der Lawinenopfer von 1844 und 1878 am Lahnsattel

Kaum war ich in Puchenstuben angekommen, begann es, im dichten Nebel natürlich, zu regnen. Ab hier hörte der Spaß auf und es wurde mühsam. Der Nebel war teilweise so dicht, dass man kaum die Strecke erkennen konnte, der Regen machte die Sache nicht besser. Hier, im Nebel, war es auch richtig kalt, aber die Heizgriffe sowie die gute Kleidung schützen mich doch recht gut. Gefroren hab ich auch hier nicht, nur die Nase kühlte, wegen des geöffneten Visieres, PB06077_2bedenklich aus. Da es auch noch recht dunkel wurde – um 15:30Uhr nachmittags! – freute ich mich ab hier nur mehr auf eines, auf die heimatliche Garage, die ich nach etwas mehr als 6 Stunden auch gesund und munter erreichte. Rasch noch, in voller Montur, den Dreck vom Motorrad gewaschen (hab ich von den Friesen gelernt. Zuvor war ich in diesen Belangen ein echtes Schwein), dann ins Haus geschlüpft und aus den Klamotten gewunden. So war ein wunderbarer Tag wieder zu Ende gegangen. Bild links unten: Wie immer. Nur Blödsinn im Kopf!

Ps.: Was ich allerdings nicht begreifen kann? Wie man trotz widrigem Wetter mit Kälte, Regen und Nebel solchen Spaß am Motorradfahren haben kann. Und das nach weit über 30 Jahren Fahrt mit einspurigen Kraftfahrzeugen. Ich hab das Gefühl, ich bin noch nie in meinem Leben so gerne Motorrad gefahren wie in den letzten paar Jahren, und die Freude daran wird von Jahr zu Jahr größer, statt weniger! Vielleicht ist es beim Motorradfahren so wie bei vielen anderen Dingen, wie Bergsteigen, Tauchen oder Jagen. Man muß nicht unbedingt bescheuert sein, um diesen Hobbys bei jedem Wetter zu frönen. Aber hilfreich ist es bestimmt!

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