Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

21. April 2011

2011. 03. 20. – Hengstpass, Pyhrnpass und Gesäuse – Die erste Motorradtour des Jahres

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 23:46

20110321_weisfzr_hengstpass_11 Ist ja komisch, was einem alles durch denKopf geht. Beim überlesen dieses Tourberichtes kamen mir Zweifel. Wieso war ausgerechnet das die erste Motorradtour des Jahres? Ich war doch heuer schon öfters mit einem Motorrad gefahren. Wieso wollte ich mich ausgerechnet an diese Fahrt mit einem Tourbericht erinnern? Wo liegt der Unterschied zwischen einer 250km langen Fahrt mit einem Motorrad, die man Tour nennt, und einer Motorradfahrt, an deren Ende ebenfalls 250km mehr am Tacho stehen, die man aber nicht als Tour bezeichnet? Was zeichnet eine Motorradfahrt aus, um sie Motorradtour zu nennen? Also begann ich, darüber nachzudenken.

Wenn ich an einem meiner Motorräder schrauben, und am Ende, wenn alles wieder zusammengebaut ist, eine Proberunde um den Häuserblock drehe, ist das eine Motorradtour? Sicher nicht. Eine solche Runde misst etwa 600m. Was, wenn ich 100 Runden drehe? Das wären 60km. Also eine kleine Motorradtour? Quatsch! Selbst wenn ich 1000 Runden um den Häuserblock fahren würde, wäre das keine Motorradtour, vielleicht aber der Startschuß zu einem längeren Aufenthalt im Narrenhaus. Was ist dann eine Motorradtour? 20110321_weisfzr_hengstpass_07

Am 9. Februar hab ich mir meine YZF1000R aus Linz geholt. Es war ein schöner, sonniger Tag, und bei der Heimfahrt wählte ich sogar einen Umweg über Steyr, der mich in eine dermaßen eiskalte Nebelsuppe führte, dass mir die Finger fast abfroren. Es war schön, mit dem neuen Motorrad zu fahren, aber Tour war das keine. Ich hab nur mein Motorrad Heim gebracht.

Schon am nächsten Tag fuhr ich wieder mit der Ace. Klar, ein neues Motorrad macht Freude, da fährt man gerne, auch wenn´s nicht gerade warm ist. Ich drehte eine kleine Runde entlang der Donau zwischen Grein und Persenbeug und fand die kleine Fahrt schön. Aber trotz der 80 gefahrenen Kilometer würde ich nicht von einer Motorradtour sprechen. Ich bin eben ein wenig herumgefahren. Wieder ein paar Tage später war ich mit dem gleichen Motorrad über den Buchauer Sattel nach Admont, dann durch´s Gesäuse und das Ybbstal wieder zurück nach Amstetten gefahren. Am Ende des Tages zeigte der Tacho über 200km mehr an, und trotzdem möchte ich diese Fahrt nicht als Motorradtour bezeichnen. Ich war ebenfalls nur „ein wenig herumgefahren“. Auch mit der weißen FZR1000 war ich heuer schon ein wenig herumgefahren, aber an diesem 20. März fuhr ich damit die erste Motorradtour des Jahres.

Hab ich eine Lösung für meine Frage, was eine Tour ist und was nur „ein wenig herumgefahren“? Ehrlich gesagt, ich bin noch zu keinem Ergebnis gekommen, aber ich glaub, es ist das Gefühl nach einer Fahrt, das entscheidet, ob es eine Tour war, oder nur „ein wenig herumgefahren“. Erklären kann ich das nicht. Manchmal plane ich eine Tour, und dann fahre ich doch nur ein wenig herum, dann will ich eigentlich nur ein wenig herumfahren, und es wird eine Tour draus. Von einer dieser ungeplanten Touren will ich nun berichten.

Amstetten – Waidhofen/Ybbs – Weyer – Altenmarkt bei St.Gallen – Hengstpass – Windischgarsten – Pyhrnpass – Liezen – Admont – Gesäuse – Hieflau – Mooslandl – Gams – Palfau – Lassing – Göstling – Lunz am See – Grubberg – Gaming – Kleines Erlauftal – Gresten – Neuhofen – Amstetten

Streckenlänge: ca. 250km Strecke auf Google Maps

20110321_weisfzr_hengstpass_01 Ich war nach der langen Winterpause so heiß auf Motorradfahren, dass ich es kaum mehr erwarten konnte, bis es endlich wärmer wird. Ein paar kleine Runden hatte ich schon gedreht, aber eine längere Tour, die mich in verschiedene Regionen bringt, nicht nur auf einer Seite der Donau ostwärts, auf der anderen Seite wieder westwärts, war ich noch nicht gefahren. Bergstrassen waren heuer sehr lange schneebedeckt. Aber gerade die vermisste ich so sehr. 20110321_weisfzr_hengstpass_02

Geplant hatte ich für diesen Tag nichts besonderes. Wenn´s Wetter passt, mit der weißen FZR eine Runde fahren, das war der ganze Vorsatz. Wie bei vielen Ausfahrten war der Bachlerhof meine erste Station. Das sind zwar nur 4km von mir daheim, aber bei einem Kaffee und einer Zigarette sind mir schon schöne spontane Touren eingefallen, die mich weit nach Kärnten runter oder auch schon in die Tschechei rüber nach Krumau brachten. Diesmal wollte mir aber nichts einfallen. Also, wie so oft, der Nase nach.

20110321_weisfzr_hengstpass_03 Dann ergibt sich einfach alles von selber. Nach Weyer hab ich nur zwei Möglichkeiten. Rechts gehts über Großraming nach Steyer oder sonst wo hin in nördlicher Richtung, links gehts in die Steiermarkt. Also links. In Altenmarkt kann man auch wieder wählen. Gerade aus weiter in den Süden, oder rechts. Ich wähle rechts. Jetzt hab ich wieder zwei Wahlmöglichkeiten. Gerade aus gehts nach Admont. Da war ich schon vor kurzem. Ich kann aber auch zum Hengstpass abzweigen. Da war ich heuer noch nicht. Also Hengstpass. Und während ich mich dem Hengstpass nähere, überleg ich schon, welche Möglichkeit sich als nächstes anbietet, um die Tour sinnvoll fortzusetzen. Da ist er wieder, der Begriff Tour. 20110321_weisfzr_hengstpass_04

Dass die Bärenkarmauer am östlichen Ende der Haller Mauer, auch als Hexenturm bekannt, noch voll Schnee war, verwunderte mich nicht. Sogar vom heimatlichen Sonntagberg lugte es noch weiß herunter, und der ist 1400m niedriger. Daher war es auch nicht recht verwunderlich, dass auf der Passhöhe und vor allem an der schattigen Westseite noch haufenweise Schnee lag. Dort war es auch empfindlich kalt, was mich auf die Idee brachte, in Windischgarsten eine Kaffeepause einzulegen. „Ist ihnen nicht ein wenig kalt?“ frug mich die hübsche Kellnerin beim Bezahlen. „Nein, wieso? Ich bin doch ein wilder Hund!“, antwortete ich und fügte lächelnd hinzu, „Jetzt ist mir nicht mehr kalt“. Dafür erntete ich ein bezauberndes Lächeln.

20110321_weisfzr_hengstpass_06 Weil ich schon den Hengstpass gefahren war, konnte ich auch gleich den Pyhrnpass anhängen. Der liegt zwischen Windischgarsten und Admont, wo ich die nächste Rast einlegen konnte um anschließend meine Fahrt durch´s Gesäuse fortzusetzen. Ich fuhr recht gemütlich und genoss jeden Kilometer. Es war so schön, mit meiner neuen FZR zu fahren. „Mensch, was hab ich bloß für einen Narren an diesem Motorradtyp gefressen“, dachte ich öfters während der Fahrt. „Wie kann man sich nur so freuen, mit einem 21 Jahre alten Motorrad herumzufahren?“ Ich kann mir nicht helfen, aber ich würde nicht um viel Geld meine alten Kisten gegen ein neues Motorrad tauschen. Was sollte ich den damit anfangen? Fahren? Ja, dass kann ich auch mit den Motorrädern, die ich schon hab. Die waren auch einmal neu, und von zwei davon bin ich sogar der Erstbesitzer. Also das mit dem Neukauf hatten wir schon ein paar Mal, dass gibt mir nichts mehr. Jetzt zählt nur mehr die Freude am fahren, und zwar mit Geräten, die mir gefallen. Die neuen gefallen mir durch die Bank nicht. 20110321_weisfzr_hengstpass_09

Nach dem Gesäuse, bei der Heimfahrt, konnte ich mir nicht verkneifen, zum Lunzer-See abzubiegen. Aber nicht, ohne vorher bei der Töpper-Brücke anzuhalten, die nach Andreas Töpper, dem Gründer des hier ehemals ansässigen größten Stahlblech-Walzwerk der Donaumonarchie benannt ist, der 1855 auch diese Brücke errichten ließ. Diese Gegend ist insgesamt ein wahres Paradies für heimatkundlich Interessierte. In den Bergen zwischen Göstling und Lunz trieb sich einst Josef Haberfelner herum, ein großer Geologe seiner Zeit, und in Lunz zeugt das 500 Jahre alte Amon-Haus von der eisernen Vergangenheit der Region. Allen Dreien hat Elisabeth Kraus-Kassegg eine wunderbare Trilogie gewidmet, die sich zu lesen lohnt.

Nach einer Kaffeepause in Gaming hatte ich nur mehr das kleine Erlauftal vor mir, dann war ich wieder frisch, munter und mit einem breiten Lächeln im Gesicht daheim. Die Tourensaison 2011 war somit eröffnet.

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