Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

11. Mai 2011

2011. 05. 09. – Sölkpass und der Dunlop Sport Smart – Erste Erfahrungen

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 20:43

20110509_schwarzekilo_soelkpass_01 Der Tag begann mit Arbeit. Schrauben, um genau zu sein. Nein, nicht die Schrauben, die technische Dinge zusammen halten. Oder ja, doch. Irgendwie schon.
Ich war gegen 7:00 aufgestanden (um halb sieben hatte ich mich nach der Nachtschicht ins Bett gelegt) und wusste, dass meine neuen Reifen für die schwarze FZR beim Händler auf mich warten. Wegen der güldenen Schrauben bau´ ich bei diesem Motorrad die Räder immer selber aus und wieder ein, damit ja nichts passiert. Kosten ja nicht wenig und sind recht empfindlich. Also aufstehen, Arbeitskleidung anziehen und ab in die Garage. Rasch merkte ich, dass ich nicht ganz bei der Sache war, denn aus einem mir zuerst unerfindlichen Grund schaffte ich es nicht, den Frontheber im Lenkkopfrohr zu fixieren, damit sie sich aufbocken lässt. Nach einigem herumprobieren fiel der Groschen, und die Kilo war hinten und vorne aufgehoben. Wenig später stand ich mit den Rädern beim Händler.

Wenn man die Luft nach der Reifenmontage einfüllen, dann kracht es immer recht laut, und der Reifen springt in seine vorgesehene Position. Beim Befüllen des hinteren Reifens krachte es drei Mal erheblich. Peng, Peng, und nochmals Peng, dann saß der Reifen richtig auf der Felge. Beim dritten Peng schien es momentan so, als sei da etwas von der Felge davongeflogen. Aber was? Was kann den da davonfliegen? „Ach, das war nichts, nur die entweichende Luft  oder Dreck vom Druck durch das Rausspringen des Gummi“. Andi meinte nochmals, „Du, irgend etwas ist davongeflogen!“ “ Das kann nicht sein, denn da ist nichts, was davonfliegen könnte!“, antwortete ich etwas gereizt. Vielleicht hätte ich doch wenigstens zwei Stunden schlafen sollen.

Als ich daheim das Hinterrad montieren will, fehlt mir……
„Verdammter Mist, wo ist den der Distanzring auf der Bremsenseite?“ Ich suche, und suche, finde aber nichts. „Den kann doch keiner geklaut haben, während ich fort war!“ Dann fällt mir ein, dass es so schien, als wäre etwas bei der Montage davongeflogen. Also wieder ins Auto und ab zum Reifenhändler. Andi konnte sich natürlich sofort erinnern, schaute in die Richtung, in der etwas geflogen zu sein schien, und fand in einem blauen Abfallfaß, das genau in der vermuteten Flugrichtung steht? Genau, meine Distanzscheibe! Gottlob war dieses Faß komplett leer, nur die Scheibe lag drinnen! Ich hatte wohl im Halbschlaf vergessen, dass nicht nur links eine Scheibe in der Felge ist, sondern auch rechts, die jedoch durch anhaftendes Fett kleben blieb und erst durch die Erschütterung, als der Reifen in die richtige Position sprang, davon flog. In das Abfallfaß neben der Montiermaschine. Sachen gibts. 20110509_schwarzekilo_soelkpass_02

Als ich fertig war, polierte ich nochmals mit einem Tuch die güldenen Schmuckstücke, dann ins Schlafzimmer gesprintet, die Lederkombi angezogen, den passenden Helm gekrallt, und wieder ab in die Garage. Ich war heiß auf Motorradfahren, heiß, die neuen Reifen auszuprobieren. Wie würden sie sich schlagen? Würden sie meinen Erwartungen gerecht werden?

Ich hatte zuvor den Dunlop QualifierRR montiert, mit dem ich hoch zufrieden war. Haftfähigkeit, Handling, alles fast perfekt. Zumindest so gut, dass ich diesen Reifen ebenso fast blind vertraute wie davor den D208RR. Wie sie im Regen funktionierten, kann ich bei keinem der Beiden sagen. Es regnete fast nie, wenn ich mit diesem Motorrad fuhr, und wenn, dann ließ ich es pomale angehen. Zahlt sich nicht aus, dieses alte Motorrad, mein Lieblingsgerät, im Nassen durch Blödheit zu vernichten. Ist eh fast unglaublich, wie viel Psychologie dahinter steckt, ob man Reifen vertraut oder nicht. Ein komisches, unangenehmes Gefühl genügt, und schon vertraut man den besten Gummis nicht mehr. Ist auch kein Wunder, wenn´s Leben davon abhängen kann.

Da fällt mir in diesem Zusammenhang eine kleine Geschichte ein.
Am Anfang meines Motorradfahrer-Lebens, also mit der Honda CB750Four, fuhr ich auch nur Dunlop. Zuerst den TT100, dann den Red Arrow. Beide erfüllten all meine Wünsche, was Handlichkeit und Haftung anbelangte. Die Kumpels fuhren alles, was sie unter den Hinter bekamen und was günstig zu kaufen war. Nur die Avon fürchtete fast jeder. Sie waren berüchtigt ob ihrer Härte. Damit war nicht der Aufbau gemeint, sondern der Gummi. Hart wie Stein, meinten manche. Nur der Fredi, damals ein furchtbarer Knauserer, aber höllisch schnell, fürchtete sie nicht. Er gehörte auch mit diesen Reifen zu den schnellster der ganzen Truppe. Soviel zur Psychologie im Umgang mit Motorradreifen. Nun wieder zurück zur Gegenwart.

Nach einer längeren Nachdenkphase hatte ich nun einen Nachfolger gefunden, den Dunlop Sport Smart. Auf Testberichte gebe ich ehrlich gesagt rein gar nichts. Die sind für mich kaum mehr als ein Anhaltspunkt, wo sie ungefähr hingehören, in welche Leistungsklasse sie passen könnten. Den Rest entscheide ich nach reinem Bauchgefühl. Irgend etwas, vielleicht die Erfahrungen mit den letzten Dunlop, sagte mir, ich sollte ihn probieren, bevor ich mich anders entscheide. So verschieden zum Vorgänger sollte er doch nicht sein, dass ich ihn nicht mag. Es scheint mir, es war die beste Entscheidung, die ich punkto Motorradreifen je hätte treffen können.

Seltsam, schon bevor ich den Bachlerhof erreichte, bei dem ich gewohnheitsmäßig meinen Frühstückskaffee genoß, wusste ich, wo ich hinfahren würde. Zum Sölkpass. Am Glockner und auf der Nockalm war ich heuer schon, dieser kleine Pass fehlte noch. Ich mag diese Strecke, weil sie landschaftlich so schön ist, besonders gerne. Irgendwie wild romantisch, denke ich mir immer wieder.

Nach den ersten Kilometern hatte ich das Gefühl, irgend etwas stimmt mit dem Motorrad nicht. Es rüttelte so seltsam, als wären die Federelemente starr. Dann fällt mir ein, dass diese Reifen sehr steif gebaut sein sollen, ergo wird es wohl das sein. In Verbindung mit dem steifen Fahrwerk dieser FZR, dass nach 2 Jahren und nur wenigen tausend Kilometern praktisch neuwertig ist, wird sich wohl jede kleine Unebenheit bemerkbar machen. „Na, das kann was werden“, dachte ich mir da, und ich hatte Recht. Aber anders, als ich es mir bis hier her vorstellen konnte.

Praktisch sofort spürte ich Vertrauen, was vielleicht auch daran lag, dass es mich nicht gleich beim ersten Gasgeben fast zerlegt hätte, wie beim Bridgestone BT16Pro, der neu ungemein rutschig war. Es fühlte sich so an, als hätte ich unmittelbare Verbindung zur Fahrbahn. Nichts war da, was den Belag unter mir von meinen Sensoren entkoppelte. Ich fühlte fast, wie sich der Asphalt mit dem Gummi verzahnt. Sowas hatte ich in dieser Intensität bisher noch nicht erlebt.

20110509_schwarzekilo_soelkpass_03 Ohne Angst, der Reifen könnte zu kalt sein oder noch zu rutschig, schmiss ich die Kilo einfach in die schnellen Kurven nach Gaflenz, und war ab diesem Moment nur mehr begeistert. So muß das sein, so muß sich das anfühlen! Die Reifen sprechen zu mir! Und zwar in einer klaren, präzisen Sprache, die ich auf Anhieb verstehe.

Wir hatten eine gemeinsame Sprache, da gab´s nichts zu lernen oder zu deuten, was man sich erst durch Erfahrung mit dem Material erfahren muß, im wahrsten Sinne des Wortes. Präzision beim Einlenken, beim Bremsen, bei der Kurvenfahrt sowie tadelloser Geradeauslauf. Wobei mir beim Geradeausfahren immer der Verdacht aufkam, als wollten sie das nicht wirklich. Diese Reifen sind geil auf Kurven, und wenn momentan keine da sind, dann scheint es so, als würden sie das Motorrad immer zu kleinen Schlangenlinien verführen, damit sie wenigstens ein kleines Bisschen Schräglage abbekämen. Bei diesem Gedanken musste ich lachen.

Es scheint so zu sein, als würde es genügen, an kleine blauen Elefanten zu denken, und schon, schwupps, liegt das Motorrad in Schräglage, ohne dass man etwas dazu beiträgt. Keine Schwerarbeit, aber auch nicht kippelig. Nur der Gedanke an kleine blaue Elefanten genügt. Ach, ihr denkt, ich hab einen Vogel? Dann probiert es einfach aus! Ihr werdet sehen, so oft habt ihr während einer Motorradfahrt noch nie an kleine blaue Elefanten gedacht. Nur Schräglage zählt. Je mehr, desto besser. Alles Andere ist eine Zumutung, auch für diese Reifen. „Zum Geradeaus fahren genügen auch Holzreifen“, würden sie wohl sagen, „da brauchst du nicht uns dazu“.

Mit fortschreitenden Kilometern wurde jedoch meine Irritation immer größer. Irritation aus folgenden Gründen. „Gibt´s den gar nichts, was diese Reifen aus der Ruhe bringt?“, dachte ich mir immer öfters. Unebenheiten? Wenn das Fahrwerk tadellos ist, ist das den Reifen egal. Die kleben bedingungslos. Sie geben Unebenheiten allerdings recht ungefiltert ans Fahrwerk weiter, was bei ausgeleierten Feder-/Dämpfer Elementen oder Lagerstellen problematischer sein dürfte als bei Reifen mit mehr Eigendämpfung. 20110509_schwarzekilo_soelkpass_04

Teerschmierereien, wo Fugen abgedichtet wurden? Welche Teerschmierereien? Ja, sie waren da, aber den Reifen war das egal. Keine Rutscher. Kein einziger! Bremsen in Schräglage? Mach nur, bis der Reifen qualmt. Linienänderungen? Rausbeschleunigen? Anzeigen des Grenzbereiches? Bitte, welcher Grenzbereich? So schnell hab ich mich noch nicht fahren getraut, dass ich einen Grenzbereich bemerkt hätte, und Linien kannst du ändern, wie es das Motorrad oder das Tempo zulässt, den Reifen ist das egal. Rutscher beim Rausbeschleunigen, wie sie beim PiPo der Regelfall sind, gibt´s nicht oder nur bei brutalstem Leistungseinsatz in großer Schräglage. Reinfahren in die Kurven trau ich mich nicht so schnell, dass es diese Reifen beunruhigt hätte, allerdings wurde ich immer übermütiger und immer schneller am Eingang. Hoffentlich erwische ich da nicht einmal blöderweise ein Schäuflein Dreck, dann kracht´s. Aber dann können die Reifen nichts dafür. In der Kaiserau hatte ich sogar das Gefühl, der ständig präsente feine Sand kümmert sie überhaupt nicht. Ich hab ihn dann ebenfalls ignoriert und fuhr, als wäre er nicht da. Ja, ich weiß, da ist ein 70er für Motorräder. Hab ich auch eingehalten. Bestimmt!

Diese Dunlop sind die besten Reifen, die ich je in meinem Leben auf einem Motorrad montiert hatte. Wir verstanden uns auf Anhieb und passen alle drei, die FZR, die Reifen und ich, bestens zusammen. Wir sprechen eine Sprache. Wie bei Top Gun. „Ich spür die Gier nach Tempo in mir“ Wobei dieses Spiel seine Grenzen haben muß, dann wenn wir gemeinsam einmal die Grenzen des Möglichen überschreiten sollten, dann wären die Reifen, das Motorrad und ich wohl kaputt. Den Reifen dürfte das, wie auch sonst alles, egal sein. Mir nicht.

Ach ja, am Sölkpass war ich auch. Hätte ich in meiner Begeisterung fast vergessen.
Schön war´s und oben etwas kühl. Auch Schnee liegt noch. Aber das ist ja nichts neues bei diesem Pass, der fast immer später dem Verkehr freigegeben wird als die Großglockner-Hochalpenstraße. 330km sind zusammengekommen an diesem Tag. Jeden davon hab ich genossen.

Strecke auf Google Maps

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