Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

11. September 2011

2011. 09. 07. – Tour zum Almsee – Das Kriminalmuseum in Scharnstein

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 19:36

Amstetten – Steyr – Ternberg – Steinbach an der Steyr – Untergrünburg – L1324 Schlierbach – Kirchdorf/Krems – L553 – B120 Schloß-Scharnstein (Kriminalmuseum) – Grünau im Almtal – Almsee –  Grünau im Almtal – Gmunden – B144 Laakirchen – Lambach – B1 Wels west – A8 Wels ost – B1 Amstetten

Streckenlänge: 197km

20110907_xjr_kriminalmuseum_01 Es ist immer wieder interessant, was passiert, wenn man vollkommen ohne Plan mit dem Motorrad drauflos fährt. Manchmal wird eine kleine nette Runde draus, manchmal eine schöne Tour. Diese nicht einmal ganz 200km lange Fahrt wird mir sicher als schöne, gelungene Tour in Erinnerung bleiben, und das hat seine Gründe. Kriminelle Gründe.

Wie so oft, wenn ich nicht recht wusste, wohin die Fahrt gehen soll, saß ich in aller Früh beim Bachlerhof im Gastgarten, rührte im Frühstückskaffee und fragte mich dabei, „wo fahr ich eigentlich heute hin? Ins Waldviertel? In die Steiermark? Nein, nicht schon wieder!“, dachte ich und überlegte weiter, aber mir wollte nichts gescheites einfallen. Also tat ich das, was ich in so einem Fall immer mache, ich fuhr einfach der Nase nach. Mal sehen, was dabei heraus kommt.20110907_xjr_kriminalmuseum_02

Irgendwie gelangte ich auf die 122er Bundesstraße, und weil ich nicht wieder in Richtung Heimat fahren wollte, blieb eigentlich nur die andere Richtung, die nach Steyr. Dort den steilen Wachtberg runter, dann links zum Kreisverkehr, wo sich wieder entscheidet, wo die Fahrt hingehen wird. „Nach Sirning und Bad Hall raus?“, fragte ich mich wieder, aber die XJR war schon zum Steyrwerk und zur 115er Bundesstraße abgebogen, die zur Enns führt. Das ist wirklich verblüffend und passiert öfters. Ich fahr dahin, denk nach, wo ich hinfahren könnte, und bieg ohne nachdenken ab. Oder die XJR biegt ab, keine Ahnung. Hat aber bisher immer ganz gut gepasst. Die blaue Elise kennt mich ja schon ganz gut und weiß, was mir gefällt.

20110907_xjr_kriminalmuseum_03 Also fuhr ich bis Ternberg, dann über die Ennsbrücke rüber und nach Steinbach an der Steyr, wo´s links durch den langen Tunnel nach Untergrünburg und zum Abzweig geht, der über die L553, einer schmalen, aber aussichtsreich gelegenen Landstraße nach Kirchdorf an der Krems führt. Genau dort kam ich auch hin, aber über einen kleinen Umweg, den ich noch nicht kannte. Absolut schöne, sehenswerte Gegend. Richtung Süden im Vordergrund hügelig, im Hintergrund gebirgig bis über 2000m, im Norden eher flach bis zur Donau hinaus. Ein überwältigender Kontrast. 20110907_xjr_kriminalmuseum_04

Eigentlich wollte ich mir im Zentrum von Kirchdorf einen Kaffee kaufen, aber ersten waren dort Bauarbeiten und zweitens waren sicher genau diese Schuld daran, dass nicht einmal mit einem Motorrad ein Parkplatz zu finden war. So fuhr ich eben weiter, ohne Kaffeepause.

20110907_xjr_kriminalmuseum_05 Eigentlich fuhr ich jetzt schon seit geraumer Zeit einem Wegweiser nach, der den Weg nach Gmunden wies. „Hmmm. Beim Traunsee war ich eh schon lange nicht mehr“, dachte ich und folgte der mir wohlbekannten Straße zuerst nach Micheldorf in OÖ, dann der Querspange folgend nach Scharnstein. Grade als ich die lange Rechtskurve den Berg hinauf fuhr überlegte ich, ob nicht hier das Wilderer-Museum war, von dem ich die Hinweistafel in Erinnerung hatte. „War das hier, oder wo anders?“, überlegte ich, schaute mich gemütlich um, um mich zu orientieren, und dabei fiel mein Blick auf eine Tafel „Schloß Scharnstein„. 20110907_xjr_kriminalmuseum_06

„Ach, hier gibts ein Schloß?“, wunderte ich mich. Sicher, ich war diese Strecke zig-mal gefahren, kannte sie fast, na ja, nicht wie meine Hosentasche, aber fast. Zumindest den Verlauf kenn´ ich, aber was alles entlang der Strecke ist, scheinbar überhaupt nicht! Also folgte ich dem Wegweiser zum Schloß, bog rechts ab, fuhr entlang der Wand eines sehr großen Gebäudes, kam zu einem beschilderten Parkplatz, sah ein Schild „Parkplatz zum Schloß“, hielt an, wunderte mich, sah mich um, und bemerkte, dass ich vor diesem Schloß stand. „Oha!“ Ich war grade daran vorbeigefahren!

20110907_xjr_kriminalmuseum_07 Ja, gut, es ist kein Märchenschloß wie Neuschwanstein, aber hier wohnte auch kein König oder dergleichen. 1584 kaufte der kaiserliche Hofkammerpräsident ( einen Titel hatte er, wie es sich für einen Österreicher ziemt) Helmhard von Jörger die Herrschaft Scharnstein und begann, für sich ein Schlößchen zu bauen. Also arm war er sicher nicht. Die Bauarbeiten dauerten aber, denn fertig wurde der Bau erst unter seinem Sohn im Jahre 1606. Na ja, die Maurer waren noch nie die schnellsten, sagt man ja. Dann gings irgendwie ein wenig drunter und drüber, das Schloß beherbergte eine Forstkanzlei und Wohnungen, war Eigentum des Stift Kremsmünster (komisch, aber wenn gar keiner mehr Geld hat, die Kirche hatte immer eines), diente nach der Hitlerei Flüchtlingsfamilien, um dann langsam, aber sicher zu verfallen.20110907_xjr_kriminalmuseum_08

Eigentlich sollte es der Abrissbirne zum Opfer fallen und ein großer Parkplatz gebaut werden, ja, wenn es da nicht den jungen Magister Harald Seyrl gegeben hätte. Dieser kaufte die Bruchbude und begann, sie wieder zu einem ansehnlichen Schlösschen aufbaute.

Also, nun stand ich praktisch vorm Schloß, am Eingang war ich allerdings schon vorbeigefahren. Zurück, das Motorrad abgestellt und gestaunt. Ach, ich Depp hatte doch glatt diesen auffälligen Eingang übersehen! „Was steht da?“ wunderte ich mich. „Kriminalmuseum“. Das war ja ein Hammer. Noch dazu, wo das Schlösschen keine 50m von der Hauptstraße entfernt steht. Ich hatte es noch nie gesehen, obwohl es, wie oben beschrieben, nicht erst seit vorgestern hier steht.

20110907_xjr_kriminalmuseum_09 Der Eintritt kostet €5.-, die man sich von der feschen Dame an der Kasse gerne abnehmen lässt, dann nimmt sie noch meinen Helm in Verwahrung, und schon kann´s losgehen. Zuerst in den Keller.

Ach du heiliger Strohsack. „Duster hier unten“, dachte ich als erstes, nachdem ich die steile Treppe nach unten bezwungen hatte. Gespenstisch duster da unten. Gespenstisch vor allem deswegen, weil hier Kerker eingerichtet wurden. Nein, sie sind nicht authentisch. Hier gabs nie ein Gefängnis. Aber so könnten anderswo Kerker ausgesehen haben. Die Gitter und das Inventar dürften authentisch sein. Wobei man in diesem Fall unter Inventar Foltergerät zu verstehen hat, neben ein paar unbequemen Strohsäcken, damit man sich für die nächste „peinliche Befragung“ ausruhen kann.20110907_xjr_kriminalmuseum_13

Wer nun, zurück aus dem Keller, denkt, er habe den grusligen Teil hinter sich, der irrt gewaltig! Man kann sich aussuchen, wie sehr man in weiterer Folge geschockt werden will, denn alles ist schön in Bereiche unterteilt. Angefangen von Straftaten aus vorigen Jahrhunderten (die nicht weniger grausam waren als moderne) bis zu Verbrechen der Neuzeit zieht sich die Palette der Schändlichkeiten dahin, mit Zeitungsartikeln und Auszügen aus verschiedensten Publikationen dokumentiert. Abgüsse eingeschlagener Schädel, Fotos, die aus einem Gruselkabinett zu stammen scheinen, aber leider aus Kriminalarchiven stammen, sind genau so vorzufinden wie Tatwaffen und sonstige Gegenstände, die bei Verbrechen benützt wurden. Sogar das Heck eines von Kugeln (ich vermute, der Polizei) durchsiebten Autos ist ausgestellt. Und Folterwerkzeug. Und Galgen! Unter anderem ein originaler Galgen, an dem am 11. August 1948 im Kreisgericht Wels der letzte zum Tode Verurteilte aufgeknüpft wurde. Oder die Garotte, beziehungsweise der österreichische Würgegalgen, der ebenfalls bis 1950 in Betrieb war. Gulp……

20110907_xjr_kriminalmuseum_15 Es gibt aber auch harmlosere Abteilungen. Zum Beispiel die Geschichte der österreichischen Gendarmerie von vor dem ersten Weltkrieg bis in die Neuzeit, oder die Geschichte der Kriminaltechnik, also der Aufklärung von Verbrechen. Auch zu lachen gibts was! Ausgestellt ist auch das Heck eines Gendarmarie-VW Bus, dessen Heckklappe geöffnet sein musste, damit das riesige Radargerät Geschwindigkeitssünder erfassen konnte. Mensch, waren das noch schöne Zeiten. Man musste schon schwer besoffen sein, um dieses Radar zu übersehen. Mich haben sie zumindest mit sowas nie erwischt.

Ich hab keine Ahnung, wie lange mein Rundgang dauerte, aber verlassen hab ich das Museum mit etwas zittrigen Knien. „Na, wie war´s?“, frug die Dame von der Kasse, als sie mir wieder meinen Helm aushändigte. „Na ja. Ganz schön gruselig“, antwortete ich. Dann kaufte ich mir noch in der angrenzenden Schloßtaverne einen Kaffee, ließ mir dabei noch einiges über das Schloß, seiner Geschichte und über den Besitzer erzählen, und setzte dann meine Fahrt fort.20110907_xjr_kriminalmuseum_29

„Wo fahr ich den jetzt hin?“, fragte ich mich noch immer etwas verwirrt. „Ach ja, nach Gmunden wollte ich“. Weil´s am Weg lag, fast, schaute ich auch noch rasch beim Almsee vorbei, und erreichte schlußendlich Gmunden. „Was nun?“ Schönes Wetter, da war natürlch wie immer der Teufel los. Ich hatte keinen Bock, mich im Stau durch den Ort zum See zu quälen. Schon alleine beim Gedanken an das Wort „quälen“ kam wieder die Gänsehaut zurück. Brrrrrr……..

„Und was, wenn ich auf der „Einser Bundesstraße“ wieder Heim fahre?“ Die Bundesstraße 1 führt von Wien über Linz, Wels und Salzburg bis zur deutschen Grenze, „und wenn ich jetzt nach Lambach fahre, dann brauch ich dieser Bundesstraße nur so lange nach Osten zu folgen, bis ich fast vor der Haustür stehe“, überlegte ich, und genau so war es.

Nach einigen herrlichen Stunden auf dem Rücken meiner treuen XJR, der blauen Elise, kam ich wieder wohlbehalten daheim an und war sogar um ein kleines Bisschen gescheiter geworden. Zumindest weiß ich jetzt, dass Schloß Scharnstein ein interessantes Museum beherbergt, und das ist ja auch schon was Wert.

Kleine Übersicht – „Kriminalmuseum Scharnstein“

 

 

 

 

 

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