Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

1. Dezember 2008

2008.12.01. – Unterwegs mit der XJR

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 19:56

Strecke: Amstetten – B119 bis zur Donaubrücke bei Grein – B3 bis Mauthausen – KZ- Gedenkstätte Mauthausen – B3 bis Linz – A7 – A1 – Autobahnraststätte Ansfelden – Traun – B139 Kematen an der Krems – B122 Sirning – B140 Steinbach an der Steyr – Ternberg – Losenstein – Hohe Dirn 1134m – Losenstein – Großraming – Maria Neustift – L554 Waidhofen/Ybbs – Bachlerhof Abetzdorf – Allhartsberg – Sonntagberg – Sonntagberger Höhenstrasse – St.Leonhard/Wald – Urlbach Graben – Grestner Höhe – Gresten – Randegg – Hochkogel – Ulmerfeld – Amstetten.

Streckenlänge: 262km

frischgewaschen Als ich heute Morgen um 07:15 die Haustür öffnete, um meinen Vater ins Krankenhaus zu fahren (er hat sich einen Bruch gehoben und wird operiert), dachte ich im ersten Moment, ich spinne! Es war warm wie im frühen Herbst. Sofort spürte ich wieder den Wunsch, mit dem Motorrad eine Runde zu drehen. Etwas später, bei der Heimfahrt, begann mir der Gedanke an eine kleine Motorrad Tour immer besser zu gefallen, trotzdem es rundherum gar nicht so freundlich aussah. Der Himmel war in allen Richtungen recht dunkel, vor allem im Süden türmten sich die Wolken gewaltig hoch in den Himmel, was nichts gutes versprach. Aber, egal was da kommen wollte, ich würde es wenigstens versuchen. Oft kann heuer nicht mehr Gelegenheit sein, mit dem Motorrad auszufahren, es ist ja wieder Schnee angesagt.

Ich ließ es sicherheitshalber 10 Uhr werden, dann zog ich mich warm an, packte die wärmsten Handschuhe, eine zweite Sturmhaube und den Fotoapparat in den Tankrucksack und sattelte die Hühner, oder besser gesagt, die blaue Elise. Wie es so der Brauch ist, zündete ich mir noch eine Zigarette an, und schon begann es zu – regnen! Ein ungläubiger Blick zum Himmel sagte mir, ja, das sind die schwarzen Wolken da oben. Aber es schimmerte 20081201_hohedirn01auch überall blau durch, also verlor ich nicht den Mut, sondern dämpfte den Tschick aus und fuhr los.

Im Internet hatte ich gesehen das es im Osten Österreichs heute am schönsten sein würde, die Temperaturen sollten dort bis zu über 10°C ansteigen. Sicherheitshalber fuhr ich aber rauf zur Autobahnauffahrt, die sich auf einer Anhöhe befindet, von der man rundherum nach allen Seiten einen schönen Überblick über die Gegend hat. Die Fahrt nach Osten hatte ich beim dortigen Ausblick gleich wieder verworfen, den dort war es am aller schwärzesten. Im Westen, wo die Wetterfrösche dichte Wolken und Regen angesagt hatte, dort war der Himmel mehr blau als bewölkt, also an Ort und Stelle umdisponiert und über die Greiner Donaubrücke auf gen Westen, der Sonne entgegen. Mir scheint, die Wetterfrösche haben wahrlich keinen leichten Beruf, denn das Wetter hält sich nur selten an ihre Prognosen. Bild rechts oben: Der Ausblick vom KZ Mauthausen über die Donau in den Süden. Bild links: Das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen.

kz_mauthausen Übermäßig atemberaubend ist die Fahrt auf der 3er Bundesstrasse Richtung Linz ja normalerweise nicht gerade. Die Strasse wurde in den letzen Jahren  total ausgebaut und hat recht viel, um nicht zu sagen, all ihren ehemaligen Reiz verloren. Breit und nicht eben kurvenreich brachte sie mich bis Mauthausen, wo ich beim Anblick des Wegweisers zum ehemaligen Konzentrationslagers den Entschluß fasste, dort einen Sprung vorbeizuschauen. Ich hab mir schon lange vorgenommen, diese Gedenkstätte der unseligen Nazi Zeit zu besichtigen, dazugekommen bin ich noch nie, nicht einmal von außen hatte ich es bis heute gesehen. 3km führt eine schmale Strasse Richtung Norden, und genau dort, wo man erstmals einen schönen Ausblick auf die Donau hat befindet sich dieser Schandfleck der Geschichte Österreichs und Deutschlands.

Gleich nach dem Abstellen des Motorrades konnte ich nur den Kopf schütteln, den es ist irgendwie absurd. Ich stand an einem im Grunde wunderschönen 20081201_hohedirn10 Flecken Erde, auf dem man gerne ein Häuschen stehen haben würde. Der Ausblick ist wunderbar. Zu Füßen liegt die Donau, weit im Süden ragen die Berge der Steiermarkt in den Himmel, die heute allesamt weiß vom Schnee leuchteten und hinter und über ihnen türmten sich dunkle Wolken hoch in den Himmel, ein herrlicher Anblick. In dem Moment, wo man sich um die eigene Achse umdreht, ist es allerdings aus mit der Herrlichkeit, denn die hohen, steinernen Mauern, die Türme mit den Glaskanzeln, der Stacheldraht und die vergitterten Fensterlöcher zeugen von der unseligsten Zeit der Europäischen Geschichte. Ich spürte, wie öfters in der Nähe solcher „Denkmäler“, ein unglaubliches Unbehagen in mir aufsteigen, den der Gedanke, was hier völlig unschuldige Menschen mitmachen mußten, ist kaum zu ertragen. Eine unscheinbare Blechtafel gab mir dann den Rest und ich beschloß, keine weitere Zigarette hier zu rauchen, sondern wieder weiter zu ziehen. Wir leben heute in einer modernen Zeit, in der nicht mehr so oft mit Holz, sondern mit Öl oder Gas geheizt wird. Aber eine Blechtafel mit der Aufschrift „Gas Absperrhahn“ am Gemäuer eines ehemaligen Konzentrationslager hat in meinen Augen einen sehr 20081201_hohedirn12üblen Beigeschmack und scheint mir ein übler Scherz zu sein. Dabei bin ich mir sicher, das niemand bei der Montage dieses Dinges an den Abstrusen Zusammenhang gedacht haben wird. Mir ist es jedenfalls übel aufgestoßen, Gesetzt und Montage Pflicht hin oder her. Bild rechts oben, links und rechts unten: Unterwegs auf der Hohen Dirn.

Ab Linz hat man nicht recht viele Möglichkeiten, in den Süden zu gelangen. Das leise Knurren im Magen ließ mich jedenfalls von der A7, der Linzer Stadtautobahn, zur A1 und auf die Raststätte Ansfelden fahren, um mir einen Kaffee und ein Semmerl mit warmen Leberkäse zu kaufen. Trotzdem wir schon einige Jahre den Euro als Währung haben gelingt mir nicht immer, nicht in Schilling umzurechnen. Leider, muß ich sagen, den beim Preis von 4.60 € für eine blöde Leberkäse Semmel und eine Schale Kaffee haut es einem schon den Vogel heraus. Damals, als das Geld noch etwas Wert war, hätte sich keiner für diesen Schmarrn 63 Schilling zu verlangen getraut, ohne um seinen Ruf fürchten zu müssen. Da waren ja die Raubritter wahre Weisenknaben dagegen!

Bei der Fahrt nach Bad Hall erhellte dafür der prächtige Anblick des wild zerklüfteten 20081201_hohedirn07 Sengsengebirges wieder mein Gemüt. Hier, durch diese prächtige Gegend um diese Jahreszeit mit einem Motorrad zu fahren, das ist schon ein herrliches Erlebnis. Über mir war der Himmel blau, nur leicht mit Wolken überzogen und die Sonne wärmte wunderbar. Dort, weiter im Südwesten, standen die weißen Berge und dahinter quollen und türmten sich wilde, dunkle Wolken dem Himmel entgegen, ein schauriger Anblick.

In der Nähe von Steinbach im Steyertal bog ich nach Osten ab, folgte der Strasse über einen Anhöhe hinüber nach Ternberg im Ennstal, um dort auf der breiten, aber schön kurvenreichen B115 nach Losenstein zu gelangen. Hier muß man von der Hauptstrasse in den Ort abzweigen, denn die neu gebaute Variante der Bundesstrasse führt durch einen Tunnel am Ort vorbei. Nicht abbiegen muß man natürlich, wenn man nicht vorhat, so wie ich, auf den Berg zur Rechten hinaufzufahren. Die „Hohe Dirn“, so der Name dieses Berges, ist nicht hoch. Nur wenig über 1100m ragt er hinauf. Ganz oben befinden sich Liftstationen, denn auf der anderen Seite kann man bei guter Schneelage mit Ski den Berg hinunterfahren und mit dem Lift wieder hoch. Durch die geringe Höhe benachteiligt, dauert die Skisaison auf diesem „Hügel“ allerdings nie recht lange, in warmen Wintern kann es auch vorkommen das überhaupt nie gefahren werden kann. Dafür ist im oberen Bereich der Ausblick recht schön. Das war ja auch der Grund, warum ich da hoch fuhr.

20081201_hohedirn30Der Ausblick reicht ziemlich weit in den Süden hinein, dort, wo die höheren Berge der Steiermarkt stehen, die heute nicht grün waren wie die Hohe Dirn, sondern mit einer dicken Schnee Schicht überzogen leuchteten. Natürlich ließ ich mir die Gelegenheit für ein paar schöne Bilder nicht entgehen, dafür ließ sich der dort oben recht heftige Wind nicht die Gelegenheit entgehen, mir den Helm mitsamt den Handschuhen vom Motorrad zu wehen. Bild links: Hochkogelblick zum Ötscher

Bei der Heimfahrt musste ich noch einmal über eine Anhöhe, die sich zwischen Großraming und Waidhofen befindet. Auch dort schlug der Wind zu und  knallte mir den Helm mitsamt den Handschuhen vom Motorrad. Wäre wohl besser, den Hut gleich auf den Boden zu legen, dachte ich lachend, dann gings weiter über Waidhofen zum Bachler Wirt in Abetzdorf, um einen Kaffee zu schlürfen. Eigentlich wollte ich anschließend nach hause fahren, aber als ich aus der Gaststätte trat in die angenehm warme Luft, der blaue Himmel über mir, da war´s vorbei mit dem Vorsatz. Wer weiß, wann es wieder so schön ist, dachte ich, und für über Allhartsberg zur Sonntagberger Höhenstrasse hinauf.

Bei einem einschichtig gelegenen Feuerwehr Depot traf ich einen Radfahrer, der mir  20081201_hohedirn32erzählte, daß der Wind östlich von St.Leonhard so stark wehte dass es ihn einige Meter in die Wiese neben der Strasse geweht hatte. Grinsend meinte er, er wäre auf der Geraden mindestens so eine Schräglage gefahren wie man sonst nur mit dem Motorrad in einer Kurve fährt. Das er nicht aufgeschnitten hatte, das bemerkte ich, als ich bei der Weiterfahrt mehrmals von einer Bö erwischt wurde, die mich beinahe mitsamt der gut 260kg schweren Elise in den Graben geblasen hätte. Da wusste ich, wovon er gesprochen hatte und war froh, nicht auf einem leichten Fahrrad zu sitzen. Flott vergingen die restlichen Kilometer bis hinüber zur Grestner Höhe, dann hinunter in die Ortschaft Gresten und über Randegg und dem Hochkogel zurück in die heimatliche Garage.

Zufrieden leiß ich mir noch eine Zigarette schmecken, schrubbte auch noch das dreckige Motorrad sauber, denn der Rosthaufen von vor zwei Jahren war mir auch eine Lehre, dann stellte ich bei zunehmender Dämmerung die blaue Elise wieder in die Garage und schloss das Tor. Ein wunderbarer Tag neigte sich dem Ende zu. Bild rechts oben: Abfahrt vom Hochkogel ins Donautal.

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