Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

21. Oktober 2016

Uhren aus St.Petersburg – Raketa 2209

Filed under: СДЕЛАНО В CCCР - Made in USSR — Benzin @ 15:57

Raketa 2209 mit Yashma Stein-Ziffernblatt

Das Raketa Kaliber 2209 ist ein Uhrwerk, das Sammlern wie Liebhabern heute offenbar unlösbare Rätsel aufgibt. “Wozu wurde es gebaut?”, wird immer wieder gefragt. So weit mir bekannt ist, konnte diese Frage noch niemand zufriedenstellend beantworten. Das Kaliber Raketa 2209 besitzt, wie die Bezeichnung sagt, einen Durchmesser von 22mm, also einen kleineren Durchmesser als andere Kaliber von Raketa, aber den selben wie Uhrwerke von Poljot, Luch oder Vostok. Auch die restlichen Abmessungen sind mit den 22mm Kalibern der anderen Firmen vergleichbar, ja selbst die 23 Lagersteine sind gleich. Ein wirklicher Unterschied besteht in der Konstruktion. Diese ist weder mit Luch, noch mit Poljot oder Vostok vergleichbar, weil wesentlich komplizierter, was diesem Uhrwerk auch einen gewissen schlechten Ruf, die Zuverlässigkeit betreffend, einbrachte. Aber einmal davon abgesehen trieb Raketa mit diesem Uhrwerk ein recht seltsames Spiel, und daher wird immer wieder my_ruskie_blog_raketa_2209_jaspis_001die oben erwähnte Frage nach dem Sinn dieses Kalibers gestellt. Raketa baute, so schaut es zumindest aus, nie Uhren, die so klein oder flach gewesen wären, dass dieses spezielle Uhrwerk gerechtfertigt gewesen wäre. Ganz im Gegenteil. Dieses Uhrwerk wurde unter anderem auch in Taschenuhren eingebaut!

Eine Theorie, aufgestellt in einem großen internationalen Uhrenforum besagt, irgend jemand weit oben hätte vielleicht den Befehl zur Entwicklung dieses Kalibers gegeben, und weil es in der ehemaligen Sowjetunion zwar Leute gab, die Befehle gaben, deren Sinn man aber offenbar nicht wirklich verstehen musste, weil sich in Wirklichkeit niemand wirklich drum kümmerte, hatte Raketa ein Problem. Sie besaßen ein kleines, dünnes Uhrwerk, aber kein sinnvoll passendes Gehäuse dazu und bauten, weil irgendwas mußten sie ja damit machen, dieses spezielle Uhrwerk dann überall ein, wo ihnen sonst nichts passendes einfiel. Also auch in große Taschenuhren. Ob diese Theorie stimmt, kann ich nicht sagen, aber sie klingt zumindest sowjetisch plausibel. Der gesamte Ostblock war voll von Dingen, die keinen wirklichen Sinn machten, und trotzdem wurde es gemacht. Seltsam ist nur, my_ruskie_blog_raketa_2209_jaspis_002dass Uhren mit diesem Kaliber oft unverschämt hohe Preise erzielen, während gleichartige Uhren mit anderen Uhrwerken wesentlich günstiger zu haben sind. Bei Uhren ist es offenbar so oder so ähnlich wie bei manchen alten Motorrädern. Je schlechter die Konstruktion war, je weniger davon deswegen verkauft wurden oder überlebten, desto teurer und geschätzter sind sie heute unter Liebhabern. Eine seltsame Welt.

Ich hab diese Uhr nicht wegen des Kalibers 2209 gekauft. Ganz im Gegenteil. Ich hab sie trotz dieses Kalibers gekauft. Der Grund, warum ich sie kaufte, ist das Ziffernblatt. Weder ist es lackiertes, noch emailliertes Blech, sondern Stein. Es handelt sich trotz der geringen Abmessungen um eine Herrenuhr – Raketa baute nie Damenuhren – mit vergoldetem Gehäuse und einem Ziffernblatt aus Jaspis, oder Yashma, wie dieses Gestein im russischen heißt. Jaspis ist eine mikrokristalline, feinkörnige Varietät des Minerals Quarz und gehört wie dieses zur Mineralklasse der Oxide mit einem Stoffmengenverhältnis…………….Äh, ja, also, wenn sie genau so wenig Ahnung von Mineralogie haben wie ich oder davon, was Jaspis ist, und wenn sie genau so Bauklötze staunen wollen wie ich, dann lesen sie doch my_ruskie_blog_raketa_2209_jaspis_003bitte den Beitrag im Link, der zu Wikipedia führt. Wenn ich da weiter erkläre, mach ich mich höchstens lächerlich. Ich hab keine Ahnung von Gestein. Aber darum ging’s mir bei diesem Ziffernblatt eigentlich auch gar nicht. Es ging mir darum, dass es aus Stein ist, und deshalb ist auch kein Ziffernblatt genau so wie ein anderes. Jedes Ziffernblatt ist ein Unikat, und genau das fand ich so reizvoll daran.

Raketa baute mehrere Varianten von Uhren mit Ziffernblättern aus Stein, mit verschiedenen Gehäusen und unterschiedlichen Uhrwerken, mir sind aber, bis jetzt zumindest, nur zwei Steinarten bekannt, die verwendet wurden. Roter Jaspis und grüne Jade. Die Preise, die verlangt werden, bewegen sich bis an die eintausend Dollar Grenze. Ob diese Mondpreise auch schon einmal bezahlt wurden, ist mir unbekannt. Mit etwas Geduld kann man ein schönes Stück wie dieses hier gezeigte um rund $100.- bis $200.- erstehen, je nach dem, wie bekannt man beim Verkäufer schon ist und ob er sich davon Folgegeschäfte erwartet. Oder wie auch immer. Internet-Geschäfte sind oft genau so seltsam wie Gottes Wege. Und ob man so eine Uhr dann auch tragen will, ist wieder eine ganz andere Frage, denn nach heutigen Maßstäben ist sie mit ihrer Abmessung von 27 x 35mm in der Tat nicht größer als eine Damenuhr. Zu ihrer aktuellen Zeit, also in den späten 60er und frühen 70er Jahren hatte man offenbar noch andere Vorstellungen von der Größe einer Uhr. Damals waren allerdings auch Kleinwagen noch wirklich klein.

 Raketa 2209 vergoldet von 1968

my_ruskie_blog_raketa_2209_001 my_ruskie_blog_raketa_2209_002
Auch in dieser Uhr werkelt das Kaliber 2209, das Gehäuse ist AU20 vergoldet, wie auch die Zeiger und Stundenmarken vergoldet sind. Dieses Modell ist, vor allem in sehr gutem Zustand, relativ rar und wird oft in schlechtem Zustand, dafür aber zu sehr hohen Preisen angeboten. In einem Raketa Katalog, der die Modelle von 1968 zeigt, trägt diese Uhr die Produktnummer 813099.
my_ruskie_blog_raketa_2209_fixedbrucelet_gold_001 my_ruskie_blog_raketa_2209_fixedbrucelet_gold_002
Dieses Prachtstück findet sich ebenfalls im Katalog von 1968 und trägt die Nummer 693141. Gehäuse wie Band sind vergoldet und gehören bei diesem Modell untrennbar zusammen, wie die Bilder zeigen. Federstege gibt es keine. Ich frag mich aus diesem Grund, wie das mit der Länge des Uhrbandes in der Praxis aussah? Kürzen oder verlängern kann man das, so weit ich das sehe, nicht. Um es an unterschiedliche Armdicken anzupassen, müsste es verschieden lange Uhrbänder gegeben haben. Ich kaufte sie, weil ich sie unglaublich hübsch finde und hatte dann noch dazu das Glück, dass mir diese Bandlänge zufällig passt. Ein Glied nur kürzer, und es wäre ein Stück für den Schaukasten.

50. Jahrestag der Oktoberrevolution 1917

my_ruskie_blog_raketa_2209_50th_okt_001 my_ruskie_blog_raketa_2209_50th_okt_002 my_ruskie_blog_raketa_2209_50th_okt_003
Raketa Kaliber 2209 zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution 1917. Das Gehäuse ist AU20 vergoldet, am Ziffernblatt findet sich neben der Jubiläunsaufschrift noch die Landkarte der Sowjetunion.

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. TrackBack URL

Leave a comment

Powered by WordPress