Am Anfang war, nein, nicht das Nichts, sondern eine relativ blöde Idee. Warum nicht an die Nordsee fahren um einen Kaffee zu trinken?
So fragte ich einfach bei den Nordis im „Genesis Board“ an was den höher liege, die Nord- oder die Ostsee?
Zu meiner unglaublichen Verblüffung bekam ich zur Antwort das sowohl die Nord- wie auch die Ostsee auf gleicher Höhe, nämlich auf NN (Normalnull – Höhe des Meeresspiegels) liegen.
Gut, mit so was muß man rechnen wenn man die Frage nicht exakt stellt.
Michael (@Panther oder schwarzer Mizekater) gab der blöden Idee dann allerdings Sinn indem er uns, Alf aus Linz hatte ebenfalls Interesse an dem Unternehmen bekundet, bei ihm und seiner Familie Unterkunft anbot.
Klar kann man über 1000km fahren um irgendwo einen Kaffee zu trinken und wieder abzuhauen.
Jemanden dort zu treffen, persönlich kennenzulernen den man zwar bislang nur über´s Internet kennt, den man aber einfach gefühlsmäßig mag gibt der Fahrt aber doch einen ganz anderen Sinn und macht es auch wirklich lohnend durch ganz Deutschland rauf in den Norden zu fahren.
Nun hatte der Plan also Sinn bekommen.
Im laufe der Planungs- und Vorbereitungsphase von einigen Tagen stellte sich dann allerdings heraus das ich die Tour wohl alleine fahren würde. Auch gut, kein Problem.
Am Abend des 24. Mai waren beide Eisen, die FZR1000 und die XJR1300, vollgetankt und kleines Gepäck im Tankrucksack vorbereitet und es ging relativ bald in die Heia, ich wollte ja frühmorgens losfahren. An Schlafen war allerdings lange nicht zu denken.
So ein Mist. Ich, der alte Depp bin aufgeregt wie ein Neuling und überlege dauernd womit ich den nun fahren soll, mit der Kilo oder mit der XJR.
Die 1000er ist schneller, bietet durch die Verkleidung Schutz, aber beim Heizen werde ich sicher mindestens alle 200km an eine Tankstelle müssen. Außerdem tun mir bei der FZR nach 400km schon immer die Knie furchtbar weh.
Die XJR bietet zwar keinen Schutz, hat allerdings bei moderater Fahrweise eine Reichweite von gut 300km und man sitzt außerdem sehr bequem.
Um 3 Uhr war ich dann so wach das ich beschloß loszufahren.
Tankrucksack auf die XJR geschnallt und um ½ 4 Uhr morgens gings los.
Fahrstrecke : Zuerst auf der Österreichischen A1 und A8 über Linz und Passau auf die Deutsche A3 und weiter bis Würzburg, dann der Schwenk auf die A7 in den Norden, vorbei an Hannover und über A27 – A1 – A28 und A29 bis zur Abfahrt Schortens zur B210.
1050km Fahrt warteten auf mich. Einfache Fahrt natürlich.
Am Anfang ließ ich es noch ganz gemütlich angehen und kaufte mir schon nach gut 130km einen Morgenkaffee wobei auch gleich das Faß wieder befüllt wurde. Mit gemütlichen 130 – 140 – 150 dann weiter, immer so lange ich Lust am fahren hatte. War irgendwie Widerwille zu verspüren hielt ich an und dann kam wieder Faß füllen, Kaffee trinken, eine rauchen und Eistee fassen den ich so gerne trinke.
Etwa 50km vor Wilhelmshaven rief ich dann bei meinem zukünftigem Gastgeber an. Zum ersten mal hörte ich die Stimme zuerst von Karen und dann vom Michael. Ein eigenartiges Gefühl muß ich sagen. Wie Michael aussah wusste ich von Fotos, aber wie die Stimme klingt ist dann doch etwas anderes – unmittelbarer eben. Michael meinte er werde auf mich warten.
Gut. Dann weiter bis zur Abfahrt auf die Bundesstraße und Richtung Schortens.
Mist, ein ordentlicher Stau wie´s scheint. Keine Ahnung wie groß die Stadt ist und wie weit noch weg, aber an einer kleinen Baustelle beginnt ein Stau.
Da sich rechts ein Schotterplatz auftat beschloss ich hier nochmals gemütlich eine Zigarette zu rauchen.
Dann weiter an den Autos vorbei und auch an einem am Straßenrand stehendem Motorrad, einer FZR1000 in blau weiß – und da steht der Michael.
Ich glaub ich spinn.
Standen wir tatsächlich keine 300m voneinander entfernt. Ich kann nur sagen, ich freute mich sehr!
Unglaublich freundlich wurde ich in der Familie aufgenommen, von Anfang an fühlte ich mich nicht als Fremder.
An diesem Tag durfte ich noch die Nordsee sehen beim so genannten Jadebusen. Mein Traum war wahr geworden.
Selbst die Nordsee meinte es gut mit mir. Das Wasser war nicht „wech“ wie´s scheinbar sonst zu sein pflegt.
Angeblich sagt man: „Besucher da – Wasser wech“. Ich kann nur sagen: „Ösi da – Wasser da“! Nach einem gemütlichen Abend mit reichlich Abendessen in einem sehr guten Türkischem Restaurant und einem gemütlichem Plausch „daheim“ schlief ich dann ziemlich fest in Laras Bettchen ein, das ist die Tochter des Hauses – süße sechs Jahre alt.
Für Samstag hatten die Leuts für den Ösi eine Motorradtour für 11 Uhr geplant – um 10 Uhr regnete es.
Also packte Michael für mich das Notprogramm aus und mit dem Auto ging’s nach Wilhelmshaven.
Es sollte für mich als Technikinteressierten ein toller, äußerst interessanter Ausflug werden.
Ich hatte nicht die geringste Ahnung das es in Wilhelmshaven ein Marinemuseum gibt und was man dort sehen kann.
Jedenfalls kamen wir dort vorbei und nachdem auch der Michael noch nie dort drinnen war beschlossen wir eine Runde zu drehen.
Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf was es dort zu sehen gab.
Als erstes fällt der „Lenkwaffenzerstörer Mölders“ ins Auge als größtes Museumsschiff Deutschlands.
Dann gibt es noch ein ebenfalls nicht gerade kleines Unterseeboot, die U-10 zu sehen sowie einen Minensucher, ein kleineres Unterseeboot sowie mehrere Torpedos. Nicht zu vergessen der F104 Starfighter am Haupteingang.
Die Schiffe sind von außen und von innen frei zu besichtigen, man sollte sich dazu auf jeden Fall Zeit nehmen.
Ich, der Bergbewohner kletterte in ein Unterseeboot – der absolute Hammer. Sowas hatte ich mir schon immer gewünscht.
Szenen aus dem Film „Das Boot“ fielen mir wieder ein. Wie „Johann das Gespenst“ im Maschinenraum dem dröhnen und stampfen der Maschinen ausgesetzt war oder beim Tiefenruder der Kapitäns „anblasen“ befahl. Jetzt stand ich selber dort und konnte mir alles richtig bildlich vorstellen, sah mit eigenen Augen diese klaustrophobische Enge des Bootes, die schier riesigen Luken aus denen die Torpedos abgefeuert wurden.
Ebenfalls unglaublich ist der Rundgang am und im Zerstörer, vor allem wenn man einen Führer hat wie ich ihn hatte. Ich, der Bergland Bewohner, saß am Platz des Zerstörerkapitäns. Niemals hätte ich mir sowas träumen lassen. Aber trotz aller Schwärmerei sollte man nie vergessen – ein Seekrieg muß etwas furchtbares sein den Wasser hat keine Balken und diese Schiffe sind schrecklich bewaffnet.
Auch Jever war noch am Weg, die Stadt deren Bier selbst bei uns noch so bekannt ist das ich dachte ich spinn. Daheim erzählte ich meine Erlebnisse beispielsweise meiner Schwester die beim Namen Jever gleich sagte: „Dort kommt ein gutes Bier her“. Dann muß es wohl wirklich bekannt sein wenn selbst die Sonja es kennt!!!
Inzwischen sah es punkto Wetter schon wieder freundlicher aus und als wir zurück waren von unserer Rundfahrt wartete schon der Jann und eine junge blonde Dame, die Marion die nie, na sagen wir fast nie ihre Sturmhaube abnimmt, mit ihren Motorrädern auf uns.
Gegen 13 Uhr gings dann los.
Jann als „Führer“ auf der FZR1000Exup gefolgt von Marion mit der 600er Honda, dann ich mit der dicken XJR und Michael mit der FZR10002LA als Geleitschutz.
Ein wenig später sollte noch Johann mit einer ebenfalls dicken Suzuki1200 dazustoßen.
Auf den kurvenreichsten Strassen Frieslands rauschten wir durch eine wunderschöne Gegend, immer Weiden und Windräder im Blickfeld, zumindest wenn es das gefahrene Tempo zuließ. Darüber aber den Mantel des Schweigens.
Jedenfalls wäre ich nie auf die Idee gekommen das Marion noch gar nicht lange Motorrad fährt. Mein Respekt, junge Dame!!
Diesmal sah ich richtig auf die Nordsee mit den Inseln die komischerweise sogar zu Fuß erreichbar sind, jedenfalls wenn das Wasser ganz wech ist. Glaubt man gar nicht das die Entfernung doch 7km beträgt vom Ufer zu den Inseln. Sieht so nah aus.
Herrlichen Lachs konnte ich essen, keine gefärbte Forelle wie bei uns! Und erstmals in meinem Leben aß ich ein Krabbenbrötchen. Lecker, aber eine Fuhre die nach dem Lachsbrötchen einfach nicht zu schaffen ist. Ein Eis bildete den Abschluß, bei dem mir die Marion beweisen musste das ein Stier sturer ist als ein Wassermann. Danke für´s Eis Marion.
Bei der Retourfahrt tauschten dann Michael und ich die Geräte und so konnte ich erstmals sehen wie meine XJR aussieht und wie sie klingt wenn man hinterher fährt. Michaels 2LA fühlte sich jedenfalls bretthart an wie eine Rennmaschine und machte genau das was man von einer FZR erwartet, sie ging wie Sau. Gut möglich allerdings das sich der Michael bei dieser Fahrt in die XJR verliebt hat. Ich kann aber nix dafür!!
Es war jedenfalls ein riesen Spaß mit dieser Truppe unterwegs zu sein.
Abends noch ein richtig gemütliches Beisammensitzen, bei dem ich noch den Fussel und den Axel sowie auch den „Gordon“ mit seiner englischen Frau sowie Jann´s Freundin kennenlernen konnte, wenn auch nur kurz. Das Abendmahl mundete herrlich und die Zeit verging viel zu schnell. Um Mitternacht ging’s zwar in die Heia, gleich einschlafen konnte ich allerdings nicht. Zu sehr gingen mir die Erlebnisse mit meinen neuen Freunden durch den Kopf. Irgendwann hat´s mich dann aber zusammengehauen.
Um ½ 6 wieder Tagwache, diesmal für die Heimfahrt.
Michael hatte schon Kaffee hergerichtet und stand im Leder bereit. Toll!!!!
Zusammen fuhren wir dann im Morgengrauen über die Bundesstrasse durch diese wunderschöne Landschaft zur Autobahn und sogar dort begleitete mich Michael noch eine Weile. Dann eine letzte gemeinsame Abschiedszigarette, ein letzter Händedruck und jeder fuhr wieder seiner Heimat entgegen.
Absolut ereignislos bin ich dann nach rund 10 Stunden Fahrt gesund und wohlbehalten wieder daheim angekommen, etwa 2300km hatte ich in den drei Tagen heruntergespult. Nur beim Helmabnehmen ist mir aufgefallen das ich nahezu Taub war vom Krach den der Superhelm Nolan N94 auf der Autobahn veranstaltet hatte. Zeitweise bin ich um die 180km/h gefahren um den Schnitt ein wenig zu heben und weil es mir Spaß machte.
Da schaffte ich mit einem Faß gerade mal 185km bis zur Reserve und beim nächsten Faß gar nur 163km. Da passten dann 17,5 Liter in den 21 Liter Tank nach 182km Fahrt bis zur Tankstelle. Ich bin dann draufgekommen das langsamer fahren irgendwie schneller ist weil die Kiste sonst säuft wie ein Loch. Aber was will man erwarten von einem Motorrad das einen Luftwiderstand hat wie ein Eckhaus.
Diese drei Tage waren für mich eine herrliche Zeit und ich bin froh das es genau so war und nicht anders!
Das war wohl das Ergebnis von den 3-4% die beim Internet sinnvoll sind – ansonsten fremde Menschen aus verschiedenen Ländern kommen durch ein gemeinsames Hobby, das Motorradfahren und durch eine Internetgemeinschaft die sich Forum nennt zusammen.
Finde ich wirklich schön!
Danke an Michael und Karen die mich so überaus freundlich aufgenommen haben.
Danke auch an Jann, Marion und Johann die mich auf der Tour begleitet haben und mir die Schönheit Frieslands gezeigt haben, soweit das an einem Tag eben möglich ist.
Danke auch an die anderen wie Fussel und Axel, das sie am Abend gekommen sind und ich sie kennenlernen durfte.
Diese meine erste Fahrt in den Norden Deutschlands werde ich Dank dem Michael und der wunderbaren Menschen die ich dort traf bestimmt niemals vergessen.
ein wirklich toller Artikel zu diesem gelungenen Wochenende.
Hier ist allzeit eine Koje und ein Stellplatz für Dein Motorrad frei.
Gruß von der Nordsee
Lara, Karen und Michael
Kommentar by Michael — 6. Oktober 2008 @ 9:52 |Bearbeiten