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24. Dezember 2017

2017. 12. 24. Weihnachtsfahrt mit der XJR

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 14:30

Wenn mir vor drei Tagen jemand gesagt hätte, dass ich zu Weihnachten mit dem Motorrad fahre, hätte ich ihn ausgelacht. Am 30. November begann es zu schneien. Es war so kalt, dass der Schnee liegen blieb und zwischendurch kam Neuschnee dazu, was sich bis zum 18. Dezember, dem letzten Tag mit Neuschnee, zu gut 30cm summierte. Ich wohne nicht im Gebirge, sondern im Ybbstal auf rund 230m Seehöhe! “Das wird heuer nichts mit einer Weihnachtsrunde”, dachte ich mir schon. War ein wenig schwer vorstellbar, dass es anders werden könnte. Dann wurde es wärmer. Nicht viel. Grade soviel, dass es nicht schneite, sondern regnete. Das brachte den Schnee zum Schmelzen und der Wärmeeinbruch von gestern gab ihm den Rest.

Als ich heute gegen halb sechs um die Zeitung ging, traute ich meinen Augen kaum. Der Schnee war weg. Nicht restlos, aber fast. Nach dem lesen der Zeitung, gegen halb sieben, nahm ich Eddie, meinen Yorkie, an die Leine und drehte eine Runde. Zuerst durch die Ortschaft, dann über die Ybbsbrücke, rauf zum Schloß und zur Kirche nach Ulmerfeld. Es war noch etwas dunkel, wodurch dich das beleuchtete Schloß und die ebenfalls beleuchtete Kirche von ihrer schönsten Seite zeigten. Es ist unheimlich schön, dort im Park zu sitzen und sich das anzusehen. Mach ich oft mit Eddie. Wir sind schon um vier Uhr in der Früh dort gesessen. Auch beim Bäcker gleich neben dem Schloß war es hell. Backstube wie Kaffeehaus waren erleuchtet und es gingen Leute aus und ein. “Die werden doch nicht heute offen haben?” fragte ich mich. Normal ist auch am Sonntag so bis zehn oder elf Uhr geöffnet, je nach Andrang. Aber am 24. Dezember? Am Weihnachtstag? “Na, wenn das so ist, dann trinke ich jetzt einen Weihnachtskaffee”, dachte ich und ging rein. Danach gingen wir wieder den Berg runter, über die Brücke auf die andere, unsere Seite der Ybbs und Heim. Und dabei hatte ich einen Entschluß gefasst: “Jetzt warte ich noch bis zehn Uhr, und wenn sich der leichte Nebel bis dahin verzogen hat, dreh ich mit der XJR eine Runde”.

Gesagt, getan. Zuerst Eddie ins Haus verfrachtet, dann probiert, ob die XJR überhaupt anspringt. Es war ja sehr kalt in letzter Zeit, also durchaus möglich, dass die Batterie nicht mehr genug Strom liefert. Beim ersten Knopfdruck weigerte sie sich noch, beim Zweiten erwachte sie brummend zum Leben und lief. Also zurück ins Haus. Ich war grade oben und wollte mich umziehen, läutet es an der Haustür. Also wieder runter, aufmachen, schauen, wer da ist. Zwei Mädchen standen vor der Tür, eines hatte eine Laterne in der Hand. “Grüß euch. Was ist?” “Wir bringen das Friedenslicht” meinte das Mädchen mit der Laterne. “Das was?” frug ich etwas ratlos. “Was ist den das? Kenn ich nicht!” Aber während mir das Mädchen erklären wollte, was das ist, das Friedenslicht, fiel es mir ein. “Ach so. Das Friedenslicht! Wusste gar nicht, dass es diesen Bauch auch hier gibt. Das hab ich nur einmal gesehen, und das war, als sich die Leute am 24. Dezember in Großraming von der Kirche das Friedenslicht holten”. Das Mädchen mit der Laterne lächelte. “Ja, das ist das Friedenslicht. Hier bringen wir es von Haus zu Haus”. “Normal öffnet immer eine alte Frau”, meinte sie dann noch, bevor ich eine Kerze holte. “Die alte Frau, die normal öffnet, ist meine Mutter”, antwortete ich.

Ja, ich kannte das Friedenslicht. Ich lernte es vor ein paar Jahren bei meiner Weihnachtsrunde mit der XJR kennen. Auch da hatte ich Glück und am 24. Dezember lag kein Schnee. Kommt immer wieder vor. Ich fuhr über alle möglichen Umwege nach Großraming und hatte die XJR genau vor der Kirche abgestellt, wo ich gemütlich eine rauchte. Ständig gingen Leute in die Kirche und kamen wieder raus. Einige grinsten nur, einige schüttelten den Kopf und ein paar frugen, ob mich nicht kalt wäre. Allen war gemeinsam, dass sie eine erloschene Laterne in die Kirche trugen und mit einer erleuchteten Laterne aus der Kirche kamen. Da ich nicht wusste, was das soll, frug ich. “Wird ja wohl nicht wegen eines Stromausfalles sein”, dachte ich. “Sagen sie einmal, wieso tragen sie Laternen in die Kirche? Und wieso leuchtet die Laterne, wenn sie wieder raus kommen? Habt ihr keinen Strom daheim?” Dort wurde mir das Geheimnis des Friedenslichtes erklärt. Das hatte ich noch nie zuvor gehört oder gesehen.

Nachdem die Mädchen zum Nachbar weiter gezogen waren, zog ich mir warme Unterwäsche an, dann die Lederkombi, eine Gore Tex Jacke, nahm eine Sturmhaube, warme, gefütterte Handschuhe und Helm, und los ging’s. Zuerst einmal zur Tankstelle tanken, einen Kaffee trinken und eine rauchen. Dann weiter nach Ludwigsdorf rauf und rüber zur Autobahnauffahrt. Dort bei der nächsten Kreuzung links über Ardagger bis Grein, wo ich die Donau überquerte und bei der Schiffsanlegestelle eine Pause einlegte. Wieder paffte ich eine Zigarette und schaute dabei den Enten in der Donau zu. Das war ein Geschnatter. Danach ging’s weiter, der Donau entlang bis Persenbeug, über die Donau nach Ybbs an der Donau und nach Wieselburg, wo ich über Steinakirchen nach Randegg fuhr. Die Gegend ist schön, die Straßen waren trocken, der Verkehr sehr spärlich, es war nicht zu kalt, außerdem hatte ich Heizgriffe, die die Finger wärmten, Herz, was willst du mehr?

Wie oft hab ich mir an solchen Tagen schon gedacht, “Weißt du eigentlich, wie glücklich du bist? Bist du dir im klaren, dass es nur ein paar Flugstunden weiter ganz anders aussieht. Du hast immer genug zu Essen, du lebst in einem Land, in dem Frieden herrscht, du hast ein Dach überm Kopf und du hast ein Motorrad, mit dem du, wann immer du willst, eine Runde drehen kannst. Alter, du hast riesiges Glück, hier geboren zu sein und du musst den Großeltern und Eltern dankbar sein, dass sie aus den Ruinen des Zweiten Weltkrieges wieder so ein wunderschönes, lebenswertes Land gemacht haben!” Ich glaub, ich hab mir das schon sehr oft gedacht und ja, ich bin dankbar, dass ich in diesem schönen, friedlichen Land leben darf. Und ich wünsch mir, dass auch in allen anderen Ländern Frieden herrscht und jeder dort leben kann, wo er hin gehört. In seiner Heimat!

Nach etwas mehr als zwei Stunden und nach 97km stand die XJR wieder in der Garage. Eddie, mein kleiner zotteliger Freund, begrüßte mich freudig, ich war wieder daheim.

 

Allen ein Frohes Weihnachtsfest und schöne Feiertage………………….

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