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8. März 2021

2021. 03. 08. Runzelberg 953m Rundwanderung

Filed under: Bergwelten - Wanderungen und Ausflüge — Benzin @ 20:46

Bei der Fahrt zum Treffpunkt war ich froh, daß ich meine dicke Gore Tex Jacke im Rucksack hatte. In der Richtung, in der unser Ziel lag, war es schwarz. “Bei schlechtem Wetter ist wandern anders als bei schönem Wetter” dachte ich und war trotzdem fröhlich drauf. Mehr als dreckig werden kann man ja nicht. Reinsberg, der Ausgangspunkt der Tour ist nicht weit weg, also konnte es um 8:20 Uhr schon los gehen. Und am Anfang stand ein Missgeschick, das die ganze Tour beeinflussen sollte. Aber, wie wir dann einer Meinung waren, nicht zum Negativen.

Ich hab von dieser Gegend keine topographische Karte 1:25 000 vom Amt für Eich- und Vermessungswesen, wie ich sie gewöhnt bin. Ich hatte eine. Wo die ist, weiß ich nicht. Diese Karte mit der Nr. 71 hatte schon immer, seit ich sie hab, die Eigenheit, einmal da zu sein, ohne daß ich sie gesucht hätte, und dann war sie wieder unauffindbar. Obwohl ich sie bräuchte. Liegt wohl in der Natur der Sache. Die Karte. Weiblich.

So nahm ich halt, was ich hatte, und das ist eine alte Karte 1:50 000 von freytag & berndt aus dem Jahre Schnee der Gegend um Mariazell, Scheibbs, Lunz am See. Zur Übersicht sind die gar nicht schlecht, aber Gelände kann ich mir drauf keines vorstellen. Das wirkt auf mich genau so plastisch wie eine Schnittzeichnung eines Schneider. Auch da sind relativ schwer Geländeformationen erkennbar. Obwohl ich im Fernsehen vor Jahren einmal gesehen hab, wie Leute versuchten, nach solchen Schnittzeichnungen den Weg zu erklären. Zum Beispiel, wenn ich mich richtig erinnere, von den Weg von Wien nach Italien zur Adria.

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Der Startpunkt unserer Tour am Ortsende von Reinsberg.

Das Missgeschick am Anfang hatte allerdings nichts mit der Karte zu tun, sondern mit deren User. Wir hätten nur 50m früher abbiegen sollen und dort das Auto abstellen. Das wäre der richtige Abzweig nach “Spoßberg” gewesen. Das war allerdings auch nur ein Feldweg, und daher auf der Karte nicht klar ersichtlich, weil der Weg, den wir aus Unachtsamkeit wählten, der war auch ein Feldweg, oder ein Schotterweg. Der Unterschied ist, daß der richtige Weg ziemlich genau nach Osten führt, während unserer, der Falsche, nach Südosten führt. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, wenn ein Kogel dazwischen liegt.

Also stapften wir gemütlich zum Aufwärmen in den Schotterweg rein und kamen gleich an einer Tafel vorbei, auf der der Weiterweg verboten war. Bergbaugebiet. War aber eine sehr alte Tafel, daher nahmen wir das nicht Ernst. Das Bergbaugebiet entpuppte sich als eine große Schottergrube, oder Schotterhalde am linken Rand des Weges, dort, wo wir ohnehin nicht durch wollten. Leider war diese Kiesgrube/Steinbruch oder wasweißich auf der Karte nicht eingezeichnet, obwohl das Ding bestimmt älter ist wie die Karte. Und das ist das Hauptproblem mit dieser Karte. Es fehlen sehr viele Dinge, die in der Natur vorhanden sind, und so wird eine Standortbestimmung halt schwer.

Aber egal, wir wanderten den Weg in den Wald hinein, stiegen höher und höher, bis der Weg zu Ende war. Mitten im Wald. Umdrehen? Suchen? Kommt nicht in Frage. Wir stiegen die steile Leiten durch den Wald hoch und erreichten eine Almwiese, auf deren oberen Rand sich eine Straße oder ein Weg zu zeigen schien, und als wir uns näherten, stand da sogar ein Spiegel am Straßenrand. Ja, es war eine Straße. Eine Asphaltstraße. Und wir kannten diese Straße. Der Knick im Verlauf hat sie sofort verraten. Es ist ein Teil der Straße, die von Gaming durch die Pockau über Reinsberg nach Gresten führt, und diese Straße fahren wir öfters mit dem Motorrad. Jetzt hatten wir wenigstens einen Anhaltspunkt, wo wir uns befanden.

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Die Wegtafeln an der Straßenkreuzung, wo wir oberhalt nach der Leitenkraxelei wie die Bären aus dem Gebüsch brachen.

Wir entschieden uns, sämtliche Pläne über Bord zu werfen und einfach der Nase und dem Gefühl nach zu wandern. Wir hatten Zeit, bis es dunkel wird, also noch einige Stunden. Und es kam auch gar nicht so drauf an, wo wir genau wanderten. Das Ziel war der Runzelberg, der Rest war Beiwerk. Also stiegen wir von unserem Standort ungefähr 200m (Entfernung, nicht Höhe) ab und folgten der Straße, die zum Mitterbauer hoch führt, und dort stiegen wir nach Hochschlag und über die Westflanke zum Gipfel des Runzelberg. Ja, ja. Berühmt wird man damit nicht, einen 953m Berg zu besteigen. Das ist auch gar nicht wichtig. Die Aussicht vom Runzelberg ist wunderschön, das genügt doch! Von Hochschlag bis zum Gipfel lag hart gefrorener und vom Wochenende, vermute ich, recht gut zertretener Schnee, auf dem sich schön gehen ließ.

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Aufstieg zum Runzelberg
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Der erste Ausblick nach Süden mit dem breiten Zürner
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Am Gipfel
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Rundblick vom Gipfel, rechts der Zürner und ganz hinten links der Bildmitte der Ötscher

Nach einer ausgiebigen Gipfelrast mit Wasser und Futter für Eddie stiegen wir wieder zum Bauern nach Hochschlag ab, nicht ohne vorher Jacke und Handschuhe anzuziehen, weil es so kalt wurde, um dann gleich rechts vom Bauernhaus wieder den Hang zum Gipfel des Hochschlagmugels aufzusteigen. Warum? Weil es da war! Dieser Hochschlagmugel ist laut Karte (wenn ich das richtig deute) 861m hoch und seine höchste Erhebung, eine weite Kuppe, liegt im Wald ohne Aussicht. Oder nein, eigentlich falsch. Es gibt eine Aussicht. Sogar eine recht beeindruckende. Nach der Gipfelkuppe fällt das Gelände zuerst sanft ab, um dann steil nach unten zu kippen, und es bildet sich Richtung Nordosten ein recht deutlicher Waldgrat, der laut (einer guten) Karte etwa 200 Höhenmeter nach untern führt. Und wir drei standen dort oben und schauten dem Verlauf dieses Waldgrates folgend nach unten. Der Austausch eines Blickes, ein nicken. “Geh ma da runter? Schaut cool aus!” “Ja”. Geh ma da runter! Wenn es zu steil wird, müssen wir halt wieder rauf kraxeln”. Das ist uns ja gottlob erspart geblieben, weil das wäre ein ordentlicher Tschoch geworden.

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Abstieg vom Runzelberg und anschließend Aufstieg rechts am Hof vorbei zur Kuppe des Hochschlag 861m

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Kuppe des Kogels, ein letzter Blick zurück und dann Abstieg in die Steilen, verschneiten Flanken.

Und so folgten wir dem Grat nach unten. Zuerst recht moderat, dann an einem Hochstand vorbei führend immer steiler werdend und auf einem Gemisch aus Blättern, Dreck und Schnee. Und vielen Ästen und ganzen Baumstämmen, die da kreuz und quer im ständig steiler werdendem Gelände herum lagen. Zuerst mußte ich nur dafür sorgen, daß ich eine Route durch das Gewirr von Bäumen und umgefallenem Gewächs suchte, auf der auch mein Hund nach unten steigen konnte. Ich kann nicht nur auf mich selber achten, mein kleiner Schlumpf muß ja auch mit. Und so stiegen wir vorsichtig, Schritt für Schritt da runter und das Gelände wurde immer steiler und steiler. Dann hatte ich das Gefühl, wir dürfen dem Grat nicht mehr folgen, sondern wir müssen in die Flanke und dort absteigen. Wenn da eine steile, felsige Stufe am Grat kommt, haben wir keinen Spielraum mehr, um dem Gelände zu folgen, wie wir das möchten. Dann wird uns der Weg aufgezwungen, und das möchte ich hier nicht. Also stiegen wir in die steile Flanke und ich folgte teilweise einem Wildwechsel, weil der ein wenig mehr Halt bietet als das lockere, naße und schneebedeckte, Zeugs, von dem keiner wusste, was drunter ist. Hier möchte man sich auf keinen Fall weh tun!

Und so handelten wir uns Meter für Meter da die steile Flanke dieses Kogels runter und kamen oberhalb einer Forststraße raus. Jetzt hatten wir nur mehr die paar Meter zur befestigten Straße, dafür noch steiler als vorher und haltlos. Es war schlicht und einfach ein Abbruch, der entsteht, wenn man eine Straße in steiles Gelände baggert. Und so bin ich halt da ins Steile gestiegen, ausgerutscht und am Hosenboden den Hang zur Straße gerutscht, mein Hund an der Leine voraus oder hinterher, ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall sind wir tadellos unten angekommen. Und NP1 steht am Abbruch oben und grinst übers ganze Gesicht. Ich bin nicht einmal besonders dreckig geworden.

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Und hier bin ich dann in der Nähe von Liefersöd wie eine Wildsau aus dem Wald auf die Forststraße gefallen. Das war vielleicht nicht sehr elegant, dafür aber flott.

Jetzt sahen wir unterhalb eines breiten Sattel ein Bauernhaus und den Anfang einer Straße und gingen dort hin, um zu schauen, wo wir denn da gelandet waren? Wie schon gesagt, mit dieser Karte kann ich einfach nichts anfangen, selbst eine gewöhnliche Orientierung fällt mir drauf schwer. Liefersöd heißt es dort und es scheint sich dort auch recht öd zu leben. Eine Bäuerin hat uns dann erklärt, wo wir nach Reinsberg zurück kommen könnten, und wir folgten dem Rat nach einer kurzen Rast, natürlich nicht, ohne einen weiteren unbenannten Kogel zu ersteigen, nämlich den gleich nordwestlich vom Haus gelegenen, dessen höchste Erhebung ebenfalls im Wald versteckt war. Eine Routenplanung war uns inzwischen längst vollkommen egal. Wir gingen dort, wo es uns grade Spaß machte. Und nachdem wir die höchste Erhebung dieses Mugels, über einen Stacheldrahtzaun steigend, bestiegen hatten, folgten wir dem Kamm gen Südwesten, über einen Stacheldraht steigend, wieder nach unten und kamen dort, wie wo anders vor ein paar Tagen, an einem Meer von Schneerosen vorbei. Es war teilweise so weiß, es hätte auch Schnee sein können. War es aber nicht. Es waren Blumen.

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Weg zum Hof Liefersöd, der Sattel und dahinter der nächste bewaldete Mugel, der erstiegen wird.

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Ein Meer aus Schneerosen

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Bei der Burg

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Blick auf Reinsberg

An einem Hochstand vorbei und zurück beim Sattel, stiegen wir an das untere Ende der Weide und kamen dort an einer Forststraße vorbei, die uns dann mehr oder weniger direkt zur Burg oberhalb von Reinsberg brachte, bei der wir nochmals Rast hielten. Und nachdem wir dann auch noch einem mit Seilen gesichertem Weg (sowas wie ein Abendteuerweg für Kinder und Jugentliche, sehr schön angelegt) nach untern folgen, waren wir nach fünfeinhalb Stunden wieder in Reinsberg und beim Auto zurück. Und erst kurz vorm Auto kamen wir an dem Abzweig vorbei, der aus dieser Tour vermutlich eine ganz andere gemacht hätte. Es muß nicht immer alles bis ins Detail geplant sein, damit es schön ist. Improvisation ist oft genau so schön und vielleicht in vielen Fällen noch viel lustiger.

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Karte zur Tour

Schöne Tag noch…………………

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