“Fährst du mit zum Friesling?” fragt Sonja. Ja, natürlich, sag ich, hab aber keine Ahnung, was oder gar wo das ist. So fahren wir am Mittwoch, dem 19. Jänner gegen 13 Uhr nach Waidhofen und bis Opponitz. Dort biegen wir zur Großen Kripp ab und fahren rauf bis zum höchsten Punkt dieser kleinen Paßstraße, der auf 696m liegt. Am Wanderparkplatz stellen wir das Auto ab, ich schnall mir wie am Vortag den Gürtel mit zwei kleinen Trinkflaschen um, binde die Fleecejacke um die Hüfte, weil heute hab ich den Fleece-Pullover angezogen, und häng mir noch die Tasche mit der Gore Jacke um. Dann noch den Hund an die Leine und los geht’s. Start um 13:50 Uhr und Querung der verschneiten Wiese bis zur Forststraße, die gen Süden schräg zum Waldrand führt und sich dann mittles zweier Kehren weit ausholend über die gesamte Westwand des Friesling bis über den Ortsgraben hinaus nach oben windet. Wir gehen aber gleich den Spuren im Schnee direkt zum Waldrand nach und finden dort den Steig, der uns bis zum Gipfel führen wird.
Ich fahr hier mit Auto und Motorrad seit Jahrzehnten über die Große Kripp, bin hier auch schon einmal ein wenig herumgestiefelt, aber den Berg zu besteigen, der gradeaus vor mir steht, auf diese Idee bin ich noch nie gekommen. Fragt mich nicht, warum! Ich hab nicht die geringste Ahnung. Ich wusste bis genau jetzt auch nicht, was der Friesling ist, dabei ist das recht einfach. Der gesamte Berg rechts der Großen Kripp ist der Friesling und auf 1340m ist sein höchster Punkt. Und genau zu diesem höchsten Punkt wandern wir jetzt. Ist doch ganz einfach! Oder etwa nicht? Herrschaftszeiten. Und ich bin so verwirrt, daß ich erst jetzt, etwa 10 Minuten nach dem Abmarsch, auf die Idee komm, einmal ein Bild zu machen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie schön dieser Steig ist!
Ich war ehrlich gesagt auch ein wenig beunruhigt, weil es schon so spät war und weil es ab 17 Uhr stockdunkel wird. Das da rauf schaut von unten auf den ersten Blick zwar einfach aus, aber es ist teilweise steiles Gelände und ich hab nicht die geringste Ahnung, wo der Weg ist, geschweige, wie der Weg ist. Die Sonja kannte den Steig allerdings und meinte, rund zwei Stunden, dann sind wir oben. Wäre um vier Uhr herum und dann noch schnell runter, bevor es finster ist. Puuuu, das macht Stress.
Hinter, oder jetzt rechts neben uns ragt das Alpl (1405m) auf.
Wir steigen immer hoher und sind jetzt auch großteils im Freien. Lange Querungen stehen vor uns, die den Aufstieg einfach und (relativ) flach halten.
Na ja, nicht immer flach. Ist ja ein Berg.
14:16 Uhr. Wir queren die Forststraße, die auch in der Karte (die ich natürlich nicht mit hab) eingezeichnet ist. Es ist die, die wir schon unten hatten. Gleich da vorne auf der anderen Seite geht’s wieder ins Gelände.
Der Steig verläuft unheimlich schön im steilen Gelände und macht den Aufstieg auch im Winter recht einfach. Zumindest, so lange man das Gelände kennt oder eine gut angelegte Spur vorhanden ist.
Je weiter wir hoch steigen, desto besser wird die Übersicht.
Blick ins Ybbstal und zu uns raus.
Blickrichtung Hollenstein mit Voralpe, Königsberg und Gamsstein.
14:58 Uhr. Wir kreuzen die Forststraße zum zweiten Mal. Dazu müssen wir beim Schnapper, der auf die Forststraße führt (Bild oben Eddie am Schnapper) rechts ungefähr 100m leicht bergab gehen. Die Fortsetzung des Steiges könnte man, speziell im Winter, für einen Fahrweg halten. Nach wenigen Metern ist man aber schon wieder in unwegsamen Gelände, nur der Steig führt weiter.
Hier, wo der Hang sich Richtung Süden dreht, liegt der Steig in der prallen Sonne und der immer tiefere Schnee wird sulzig. Dort, wo das Gelände steil wird, heißt es immer mehr aufpassen.
Die Bäume sind hier, weil dem Wetter schutzlos ausgesetzt, trotz der Sonne noch immer dick mit Eis bepackt.
An manchen Stellen liegt das Eis meterweise verstreut, wenn der Wind an den Bäumen rüttelt und das Eis von den Bäumen platzt. Es ist, als würde man durch Glasscherben wandern.
Die zwei Schlümpfe fühlen sich hier pudelwohl.
Nanu?
15:20 Uhr. Der Gipfel?
Nein, nicht ganz. Der Vorgipfel mit toller Aussicht. 1339m Seehöhe.
15:31 Uhr. Das ist der höchste Punkt der Friesling. Um hier her zu kommen, muß man am anderen Kreuz (es sind zwei, aber dazu gleich mehr) vorbei über die Wiese (oder im Winter über das Schneefeld) zum Eck mit dem kleinen Wäldchen wandern. In wenigen Minuten hat man es hier her geschafft. Ich finde hier einen Stein, der mir sofort wegen der Farben der Tschechischen Republik ins Auge sticht und diesen Stein nehm ich mit nach Hause.
Die Postleitzahl 27201 der Tschechischen Republik gehört zu Kladno nordwestlich von Prag (sagt Google Maps). Jetzt liegt dieser Stein bei mir daheim am Fensterbrett der Küche. Sollte ich mich jemals von ihm trennen wollen, werde ich ihn mit dem Motorrad irgendwo mit hinnehmen und aussetzen, auf das er einen neuen Besitzer finde. Bis dahin ist Amstetten sein neues Zuhause.
Rückweg vom höchsten Punkt zum Kreuz am Aussichtsplatz. Wie das in Wirklichkeit aussah, kann man auf Fotos nicht zeigen. Das Licht war fast unreal. Die Abendsonne mit einem leicht rötlichen Schimmer, die weiße, glitzernde Schneefläche, eine unglaubliche Stimmung hier am Berg. Am liebsten würden wir noch lange hier alleine bleiben und nur schauen und staunen. Aber wir haben diese Zeit nicht. Zu wenig ist uns das Gelände geläufig und zu unsicher ein Abstieg mit nur einem Licht.
Gleich in unmittelbarer Nähe zum ersten, kleinen Gipfelkreuz am Vorgipfel steht dieses zweite Kreuz. Es wimmelt fast vor lauter Kreuze, die wir verwenden könnten, wenn die Corona Krise (der größte Betrug der Menschheitsgeschichte gleich nach dem Sozialismus in all seinen Spielarten) beendet ist. Kreuzigen sollte man vielleicht für solche speziellen Fälle nicht ganz aus der Mode kommen lassen.
15:55 Uhr. Es nützt ja alles nix. Und wenn’s hier noch so schön ist. Wir müssen wieder runter.
Ein letzter Rundumblick, dann geht’s los. 644Hm im Abstieg warten. Im Laufschritt marsch!
16:03 Uhr. Bis zur oberen Forststraßenquerung 13 Minuten. Und weiter im Laufschritt.
Jetzt kommen wieder die langen Querungen in steilem Gelände runter zur nächsten Überquerung der Forststraße.
Die Sonne beginnt hinter den Bergen zu verschwinden und übrig bleibt ein rötliches Licht in der beginnenden Dämmerung.
Oben war der Schnee schon recht sulzig und rutschig, hier im Schatten des Waldes ist er fest und griffig. Hier ist das Gelände auch am steilsten.
16;39 Uhr. Pffff, unten. 45 Minuten. Geil.
Jetzt kann praktisch nix mehr passieren. Nur mehr wenige Minuten über die vereiste Wiese zum Parkplatz, dann fahren wir gemütlich Heim. War eine tolle Tour die viel Spaß gemacht hat. Danke Sonja!
Waldorf & Statler
Topographische Karte 1:25 000 ÖK71 Ybbsitz letzte Revision 1987. Steig ist hier nicht eingezeichnet.
Hier in der Online-Karte ist der Steig eingezeichnet.