Ich bin in meinem Leben unzählige Male am Königsberg in Hollenstein an der Ybbs vorbei gefahren und hab auch von Wanderungen dort gehört, ja sogar gelesen. Selber bin ich nie auf die Idee gekommen, dieser bis oben bewaldete Mugel würde sich als Wanderziel lohnen. Keine Ahnung, warum. Ich kenn den Königsberg aus meiner frühen Jugendzeit. 1973 oder 74 hab ich im Rahmen eines Schulskikurs in Saalbach Hinterklemm meine ersten Erfahrungen mit den Brettern, mit denen man im Schnee herum rutscht, erstmals Bekanntschaft gemacht und war nicht begeistert. Meine Eltern hatten mir für diesen Kurs gebrachte Ski gekauft, weil sich neue für einen Anfänger gar nicht rentieren würden, waren sie der Meinung. Vom Skifahren hatten beide absolut keine Ahnung! Diese Bretter waren eine solche Katastrophe, daß ich selbst heute, viele Jahrzehnte später, schlichtweg nur mehr drüber lachen kann. Sie haben mir aber etwas gelehrt. “Da mußt du durch und dann machst du es besser!” Ich hab mir dann vom ersten selber verdienten Geld bessere Ski (Kästle X11, wenn ich mich richtig erinnere) gekauft und lernte damit recht gut umzugehen, und der Berg, an dem ich den Umgang mit den Ski richtig lernte, war der Königsberg.
Damals war noch viele ganz anders als heute. Mein Vater hätte ich nicht zum Skifahren gebracht. Wenn ich das wollte, mußte ich schon selber schauen, wie ich zum Ziel kam, und daß Transportmittel damals war, ohne Auto (dafür war ich ja zu jung) die Eisenbahn. Den “Schofkas Express”, wie ihn mein Vater nannte, gab es ja damals noch. Zuerst mit der Rudolfsbahn bis Waidhofen an der Ybbs und dann weiter auf der Schmalspur der Ybbstalbahn bis Hollenstein an der Ybbs. Am jeweiligen Vortag so einer Reise hatten wir beim Gasthof Rettensteiner angerufen und der Wirt holte uns mit dem VW Bus vom Bahnhof ab und brachte uns zu den Liftanlagen am Königsberg. Am Abend, wenn der Liftbetrieb eingestellt wurde, holte er uns vom Berg wieder ab und brachte uns zum Gasthof, wo wir die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges mit Essen, Trinken und Spielen verbrachten. Ich hab das alles wunderschön in Erinnerung. Vor allem bin ich froh, daß ich am 30. März 2002 die Gelegenheit wahrgenommen hatte, noch einmal in Gedenken an diese schöne Zeit meiner Jugend mit der Ybbstal von Waidhofen über Hollenstein und Göstling nach Lunz am See fuhr, um dann den See zu umrundete und so nebenbei den Maiszinken 1075m zu bestieg. Nicht lange danach wurde diese Bahnlinie stückweise eingestellt, heute sind davon nur mehr ein paar Brücken und Tunnels übrig geblieben. Die Schienen wurden abgebaut und aus der Trasse entstand ein Radweg. Soviel zu meiner bisherigen Beziehung zum Königsberg.
Auf die Idee, den Königsberg einmal zu bewandern kamen wir, weil es sich halt ergab, das dieser langgestreckte Waldmugel bei unseren Wanderungen ständig irgendwie im Blickfeld stand. Egal ob von der Voralpe, vom Gamsstein, vom Hegerberg oder vom Friesling, irgendwie hast du immer den Königsberg vor dir und langsam stellt sich dann die Frage, wie das da oben wirklich ausschaut. Dadurch, daß man ihn ständig von einem anderen Höhenzug aus sieht, wird er ja erste wirklich interessant, weil man seine Form, seinen Kamm (oder sollte man besser sagen, seinen breiten Buckel?) sehen kann und sich dann halt die Frage stellt, wie das ist, wenn man nicht da hinüber schaut, sondern da herüber! Mir geht’s halt immer wieder so. Ich stand auf der Voralpe, schaute zum Gamsstein rüber und wollte wissen, wie es ist, von dort zur Voralpe zu schauen und so bin ich auf den Gamsstein gegangen. Oder ich stand auf der Riegerin und schaute zum Hochstadl rüber, und ja, ich bin dann dem Hochstadl aufs Dach gestiegen und hab zur Riegerin rüber geschaut. Und so weiter und so weiter, zahllose Male in den letzten Jahrzehnten. Das ist, so meine ich, ein wunderschöner Nebenaspekt des Wanderns. Immer neugierig sein, neues kennenlernen und Erfahrungen zu sammeln. Und bei dieser Wanderung am Königsberg haben wir eine ganz neue Erkenntnis gewonnen, nämlich diese: Der Königsberg ist ein wunderbarer Aussichtsberg mit einem wunderschönen, breiten Buckel, der es Wert ist, einige Stunden auf ihm zu verbringen.
Wir fahren gegen viertel nach sieben nach Hollenstein und dort entlang der Straße ins Skigebiet bis Hochschlag auf 833m Seehöhe. Das Wetter ist gut bei leichter Bewölkung und etwas Nebelschwaden. Punkt 8 hr starten wir unser Unternehmen Königsberg.
Nicht zu übersehen ist der Weg, der uns zur Kitzhütte hoch bringen wird.
Rückblick auf den Start unserer Wanderung. Nicht zu übersehen der Nebel, fast wie im Herbst.
Eine der Lifttrassen, die keinerlei Erinnerung in mir erwecken. Es ist für mich, als wäre ich nie hier gewesen.
Nicht all zu steil, kann man die Forststraße zur Kitzhütte dazu benützen, den Müllspeicher im Hirn zu leeren und die Ruhe zu genießen.
Gegenüber von uns ist vom Oisberg nur der oberste Teil zu sehen, der Rest verschwindet im morgendlichen Dunst.
Wenn man erstmals aus dem Wald raus kommt, sieht man, wieviel Berg noch vor einem liegt.
Hier begegnet uns auch das erste Almvieh mit ihrem Halter, der sie grade füttert. Urig fährt er mit dem Futter in der Hand bis zum Ellenbogen in den Schlund der Kuh. Max ist nicht nur der Halter, sondern er bewirtschaftet mit seiner Eva die Alm und die Kitzhütte.
Das Bankerl wäre recht einladend, aber wir widerstehen. Wir müssen nach oben.
Wir schließen auf ein paar Kühe (drei junge Mädels und ein junger Rotzlöffel) auf, die ebenfalls zur Kitzhütte wandern. Sie gehen unerschrocken einfach mit uns mit.
Trotz aller Trödelei treffen wir um 9:15 Uhr oberhalb der Kitzhütte auf den Rest des jungen Almviehs. Egal, ob Mädel oder Bub, die sind alle unheimlich neugierig und manche sogar rotzfrech. Dieser scheckige Rotzhöffel ist besonders neugierig.
Blick zur Kitzhütte 1266m ein Stück unter uns.
Wir sind zur Durnhöhe unterwegs.
Improvisiertes Gipfelkreuz auf einem unbekannten Mugel mit unbekannter Höhe.
Der Dunst verdeckt noch immer den Oisberg gegenüber von uns.
Langsam lichtet sich der Dunst und der Ausblick wird immer schöner.
Blick zurück. Hinter dem ersten Waldmugel ist die Kitzhütte versteckt, dahinter erheben sich noch Almwiesen bis zum Punkt 1409m (ohne Namen), den wir heute noch besuchen wollen. Auf diese Idee sind wir genau hier bei diesem Anblick gekommen.
9:50 Uhr. Gipfelkreuz Durnhöhe 1439m, die hier als Turnhöhe bezeichnet wird, dahinter der höchste Punkt des Königsberg, der bewaldete Schwarzkogel, der mit 1452m um 13 Meter höher ist als die D(T)urnhöhe.
Knapp 5°C waren nicht gerade schweißtreibend.
Blick zurück über unsere Aufstiegsroute und zum Punkt 1409, den wir dann noch besuchen. Links dahinter taucht der Gamsstein aus dem Dunst auf.
Wir bleiben immer am Rücken des Höhenzuges und nähern uns dem Schwarzkogel. Auf der Forststraße unter uns könnte man beim Rückweg die Durnhöhe umgehen.
Blick über die Jagdhütte Vierhütten zum Schwarzkogel
Selbst im tiefsten Kraut gibt es ständig etwas interessantes zu entdecken.
Ein Gamsrudel (höhö…..) umgehen wir beim Aufstieg zum Schwarzkogel nah beim Waldrand.
Dieser Steinbock ist besonders neugierig. Fast wie die Kühe bei der Kitzhütte.
Das bewaldete Haupt des Schwarzkogel ist, bedingt durch die umliegenden Almwiesen, mit Stacheldraht eingezäunt. Wir finden eine Stelle, die mit normalem Draht “geflickt” wurde und ich denk mir, “Das ist nicht zufällig!” Wir steigen dort über den Zaun und finden dann diesen Grenzstein. Jetzt müssten wir uns auf die Suche nach etwas machen, was wie der Gipfel aussieht, was mitten im Wald nicht einfach sein wird.
Steinig und verwachsen sieht es da im Gipfelwald aus.
Hier sind deutlich Wegspuren zu erkennen und wenn man genau schaut, ist diese Ansammlung von Steinen nicht zufällig entstanden.
Zahlen und Buchstaben sind in diesen Fels graviert und mit roter Farbe deutlich sichtbar gemacht. Um genau zu erkennen, was das heißten soll, müsste man den Dreck entfernen. Egal, ob er hier eine Stelle gibt, die noch um ein paar Zentimeter höher ist, ich erkläre das hier zum Gipfel.
Gipfelfoto Schwarzkogel 1451m. Hinterher hab ich dann ein Bild im www gefunden, das einen Vermessungsstein und einen Holzpflock mit roter Farbe zeigt, der den höchsten Punkt markieren soll. Angeblich soll es hier sogar einmal zwei Gipfelkreuze (improvisierte aus Ästen) gegeben haben. Vielleicht hab ich einmal nix besseres zu tun, dann mach ich mich (vielleicht) einmal auf die Suche danach. Bis dahin……..
Wir folgen den deutlichen Wegspuren weg vom besagten Markierungsstein, die uns zu einem steilen Abbruch und zu dieser tollen Aussicht (Richtung Göstling) bringt. Hier sind die Spuren dann zu Ende und durch das steile Gelände bedingt geht’s hier, wenn überhaupt, nur unter erschwerten Bedingungen weiter. Der Planstein und Siebenhütten wären allerdings etwas weiter links und recht einfach (aber nicht über diesen Abbruch) zu erreichen.
Blick zu Siebenhütten (die längst keine sieben Hütten mehr sind).
Wenn du weißt, wo du bist, spielt es keine Rolle, wo du bist.
Beim Rauskrabbeln aus dem Gipfelwald treffen wir genau wieder auf das selbe Restschneefeld mit exakt dem selben Deppentanz, den Eddie hier aufführt….
… und auf den Zentimeter genau kommen wir auch wieder an der selben geflickten Stelle im Zaun heraus. Ab jetzt geht’s genau die selbe Strecke zurück zur Kitzhütte, die wir hergegangen sind und natürlich wählen wir wieder den Weg oben am Buckel des Höhenzuges, weil der viel schöner ist als die Straße.
In Bildmitte der Friesling 1340m, rechts daneben das nordöstliche Ende des Oisberg, auf dem sich als höchste Erhebungen das Alpl 1405m und der Große Schneekogel 1373m befinden, die wir heuer im Winter besucht haben.
Wir bewegen uns jetzt in Richtung südwesten. Rechts von uns sind hier die südwestlichsten Ausläufer des Oisberges (rechts) und (links der Bildmitte) der nordöstlichste Ausläufer des Hegerberges zu sehen. Wenn man den Hegerberg schon etwas besser kennt, kann man sogar die genaue Lage des Kühlhauskopf mit seiner Pyramide, den Wasserkopf 1442m und die Lärmerstange 1477m erkennen. Die Lärmerstange und den daneben gelegenen Hochdreizipf müssen wir allerdings erst besteigen. Das spitze Teil rechts der Bildmitte ganz im Hintergrund ist der Schieferstein bei Reichraming.
Abstieg vom Schwarzkogel, Marschrichtung Südwesten. Unter uns die Jagdhütte Vierhütten, dahinter der Kamm zur Durnhöhe 1439m. Hinter der Durnhöhe die Voralpe bei Hollenstein mit ihrem Doppelgipfel Stumpfmauer 1770m und Tanzboden 1727m, links daneben der Gamsstein 1774m. Und weil das von hier so schön ausschaut, wollen wir jetzt bis ganz nach hinten zum Punkt 1409m gehen und uns das genauer anschauen.
Die Almwiesen sind eine einzige Pracht.
Bei unserer Mittagsrast schauen wir uns unsere Umgebung und den weiteren Weg an, der (hier) noch vor uns liegt.
Der Dunst hat sich restlos verzogen, das Ybbstal liegt uns zu Füßen, dahinter (nördlich) Friesling und Oisberg.
Links der Gamsstein und rechts die Voralpe. Wir kommen immer näher.
Blick über Hollenstein zum Hegerberg. Von hier sind sie schön zu sehen, die Lärmerstange, der Wasserkopf, das Haitzmanneck und der Ausläufer zum Ertltaler Kopf. Ganz rechts im Hintergrund wieder der spitze Schieferstein.
12:33 Uhr. Nach viereinhalb Stunden sind wir wieder oberhalb der Kitzhütte.
Rechts gleich neben dem Weg finden wir hier einen Bildbaum und ein Wegkreuz.
Gleich hinterm Wegkreuz steigen wir auf der Wiese, die oberhalb der Straße zu einem Kamm wird und uns über weitere Almwiesen gen Südwesten führt.
Unser weiterer Weg liegt klar vor uns, ebenso wie die Kühe. Das sind kleine kleinen Buben und Mädels, das sind große, erfahrene Kühe und ich frag mich, was die von Eddie halten werden? Die kleinen Rotzlöffel konnten mit ihm nichts anfangen, aber große Kühe?
Es gelingt uns anfangs recht gut, daß wir uns ganz oben am Kamm an den Kühen vorbei drücken, aber dann werden sie auf uns aufmerksam. Und die sind neugierig wie die Jungen! Viele von denen da unten kommen zu uns her. Wir sind da so ruhig und unauffällig wie möglich abgehauen, ich hatte Eddie am Arm, weil die Kühe uns so dicht folgten und ich den Eindruck hatte, die mögen Eddie nicht sonderlich. Angesichts der schwergewichtigen weiblichen Übermacht war auch meinem Eddie klar, daß die beste Taktik hier war, einfach den Mund zu halten und sich so klein und unauffällig wie möglich zu machen.
Hastiges Foto auf der Flucht. LOL
Erst hier, in einem steileren, engen und felsigen Abschnitt konnten sie uns nicht mehr folgen und haben aufgegeben.
Da unten werden wir später zur Kitzhütte zurückkehren.
Immer so gut es geht am Kamm, gleich neben dem Abbruch.
Da heißt es auch einmal, durch einen umgefallenen Baum kraxeln. Die Äste sind aber abgeschnitten. Man sieht immer wieder an solchen Kleinigkeiten, daß auch dieser vollkommen ungekennzeichnete Weg betreut wird.
Langsam nähern wir uns dem südwestlichem Ende des Berges.
Dieser auffällige Stein steht sicher auch nicht rein zufällig hier. Dahinter der Gamsstein.
Ybbstal mit Hollenstein, Hegerberg (links) und Oisberg (rechts)
Seltsame Wegmarken. Nicht der “Baum der Tènèrè”, sondern der Reifen vom Königsberg.
13:38 Uhr. Punkt 1409 ohne Namen, dafür mit Gipfelkreuz.
Aber kein Gipfelbuch. Geklaut?
Was für ein Rastplatz! Gamsstein und Voralpe zum Greifen nah.
Hätten wir nur eine vernünftige, neue Karte gehabt. Hier führen Wegspuren zum Köthlereck runter und von dort sollte man problemlos nach Hochschlag zurückkehren können. Das wäre eine schöne Runde und ein schöner Abschluß. Andererseits, dann hätten wir nicht bei der Kitzhütte einkehren können. Aber ich wäre wirklich gerne diesem Kamm entlang weiter abgestiegen. Es ist so schön hier!
Wir kehren ein Stück auf der Aufstiegsroute zurück, wollen aber auf keinen Fall wieder über die Alm (mit den dicken Kühen) absteigen, obwohl dieser Weg der mit Abstand schönste wäre.
Wir steigen hier nach Süden zu dieser Forststraße ab und kehren so zur Kitzhütte zurück.
Unglaublich, wie viele Höhenmeter wir schon wieder vernichtet haben. Zwischen Gamsstein und Voralpe sehen wir den Großen Buchstein.
Dieser Straße werden wir zur Hütte zurück folgen. Dort oben am Kamm sind wir zum Gipfelkreuz ohne Namen gestiegen.
Die Wolken werden etwas dichter und es wird merklich kühler.
Die jungen Damen und Burschen beäugen uns neugierig. Mit Eddie können die nix anfangen.
Nach einem Schofkas und zwei Drangln geht’s wieder los. Rückblick auf die Kitzhütte.
In ziemlich genau 30 Minuten sind wir hier herunten und in zehn weiteren Minuten beim Auto. Damit haben wir nach 8 Stunden und 30 Minuten unseren Ausgangspunkt wieder erreicht. Den Königsberg werden wir ab nun als wunderschönen Aussichtsberg in Erinnerung behalten und wer weiß, vielleicht kommen wir ja wieder einmal hierher zurück? Vielleicht im Winter?