Juchu, ein Schönwetterfenster im verregneten Herbst. Schnell eine Tour zusammengestoppelt, die wir noch nicht gegangen sind und die verspricht, keine Sauerei zu werden. In manchen Gegenden ist es ja wirklich ätzend, nach Regenfällen zu wandern. Die beste Ausrüstung wäre in manchen Fällen hüfthohe Gummistiefel oder gleich so ein Ganzkörperkondom, wie sie von Fischern oft getragen wird. Ich hab mir einiges überlegt, mit den Erfahrungen vergangener Jahre verglichen und bin dann auf den Noten im Gebiet des Dürrenstein gekommen. Wir haben bei unseren Wanderungen am Dürrenstein und am Scheiblingstein HIER und HIER ja schon die Schönheit dieser Karstlandschaft kennengelernt und wollen noch oft dorthin kommen, um die Mugeln in der Gegend zu bewandern. Jetzt nützten wir wieder eine Gelegenheit für einen Ausflug in diese schöne Gegend.
Gebietsübersicht Google Earthview 3D
Abfahrt halb sieben über Gaming (Kaffeepause an der Tankstelle), Grubberg, Lunz bis kurz vor Göstling an der Ybbs, dann abbiegen nach Ybbssteinbach und ins Steinbachtal. Das Abendteuer beginnt dann schon bei der Anfahrt bei diesem Tunnel.
Die Engstelle des Steinbach und der Tunnel werden “Die Noth” genannt. Mit TH.
Man fährt da, ich schätze einmal drei Kilometer, ins Steinbachtal rein und kommt zu einem Fahrverbot und einem großen Parkplatz.
Ankunft um 7:24 Uhr am Parkplatz auf 601m. Temperatur etwa 6°C, leicht bewölkt. Vorhersage schaut gut aus.
7:30 Uhr. Dank Anhängerkupplung darf Schlumpfhund bei uns im Freien warten, bis wir abmarschbereit sind.
7:30 Uhr. Der Weg zur Ybbstalerhütte auf 1343m, unserem ersten Ziel, ist beschildert und markiert, da kann eigentlich nichts passieren. Am Schild steht etwas von 2 Stunden und 30 Minuten, Angaben, die wir regelmäßig locker überschreiten. Wir haben ja Zeit. Wir haben diesen Anstieg gewählt, weil wir den noch nicht kennen. Angeblich, so hab ich jedenfalls gelesen, soll es der müheloseste und familienfreundlichste sein. Es gäbe noch einen weiteren Anstieg aus dem Steinbachtal, noch weit vor dem Tunnel dem Hagenbach entlang, der sich an seinem Ende mit dem Anstiegsweg von der Haltestelle Stiegengraben vereinigt und dann ist natürlich noch der Anstieg über den Lechnergraben. Weitere Zugänge zur Hütte sind nur als Rast- oder Endpunkte nach langen Wanderungen zu werten und haben als kurze Hüttenzustiege keine Relevanz.
Gleich, nachdem wir auf unseren Weg eingebogen sind, haben wir rechter Hand den Rothschildteich vor uns.
Unser Aufstieg hier aus dem hinteren Steinbachtal erfolgt durchwegs auf Forststraßen, die mehr oder weniger aktuell sind. Im oberen Bereich eher weniger aktuell. Diese schmalen, steileren Straßen sind nicht mehr schwerverkehrstauglich und dem Augenschein nach mit Kraftfahrzeugen auch sehr leichter Bauart nicht oder kaum mehr befahren.
7:39 Uhr. Schon nach wenigen Minuten verlassen wir die breite, moderne Forststraße und folgen der schmaleren, wesentlich gröberen und sichtlich selten befahrenen Straße aufwärts.
Was uns sofort auffällt ist, es herbstlt ordentlich. Die Blätter werden bunt und fallen zu Boden, die Farbenpracht ist unbeschreiblich. Mit zunehmender Höhe wird auf diesen Wegen die Aussicht auf zumindest die nächste Umgebung immer schöner.
Ich mag ja grundsätzlich Forststraßenhatscher nicht besonders, aber manchmal sind auch Forstraßen und Forstwege schön zu gehen. Diese hier gehören zweifellos dazu.
Je höher wir kommen, desto mehr beginnt der Weg auch schon zu verwachsen. Ein sicheres Zeichen, daß es hier nur mehr wenig Fahrbetrieb gibt.
In manchen Richtungen ist es noch immer recht duster, aber wir hoffen, daß der Wetterbericht wenigstens einmal stimmt. Es soll recht schön werden heute.
Zum verrückt werden schöner, bunter Farn.
Ein Stück weiter oben sprudelt frisches, klares Wasser aus dem Berg. Hier werden wir beim Abstieg unseren Vorrat auffüllen.
Diese Abschnitte können mit modernen Fahrzeugen nicht mehr befahren werden. Alleine die Randbefestigungen aus Stahlgeflecht würden das gar nicht mehr aushalten und ohne diese Stahlanker und Gitter wären große Teile des Weges schon lange in die Tiefe gestürzt.
Uns wird bei diesem Aufstieg eigentlich nie fad. Immer gibt es was schönes, was interessantes zu sehen.
Warum da Bärenlacke steht, weiß ich nicht. Hier war weder Bär noch Lacke. Aber hier zweigt ein noch schmalerer, noch steilerer und noch schönerer Weg zur Hütte ab.
Hier hat sich der Lois verewigt. Weil er das Schild hier befestigt hat, oder weil er hier runtergefallen ist, wir wissen es nicht.
Wir kommen über einen Schnapper und treten in die Karstlandschaft des Dürrensteingebietes ein. Das soll hier früher alles Wald gewesen sein, lese ich. In den Jahren 2007 und 2008 haben schwere Stürme dann für diese Mondlandschaft gesorgt und es soll einige Jahre gedauert haben, bis der Wirrwarr aus umgeworfenen Bäumen bereinigt werden konnte. Ich war hier am 21. Juni 2006 im Zuge einer Überschreitung des Dürrenstein (Lunz Seehof – Stiegengraben) mit dem Hans und dem Christian unterwegs, aber ehrlich gesagt kann ich mich nicht mehr erinnern, wie es damals hier ausgeschaut hat. Erst bei der Überschreitung 2021 (Lunz Seehof – Lechnergraben) kam ich erstmals nach 15 Jahren wieder hier her, aber irgendwie hab ich das komische Gefühl, daß es damals, vor 15 Jahren, nicht anders ausgeschaut hat.
Hier fällt mir die Tafel von weiter unten mit “Bärenlacke” wieder ein. Wir erinnern uns, da stand drauf “Bärenlacke 1187m”. Gleich drauf war wieder ein Schild an einem Baum und da stand drauf, 1170m, obwohl wir aufwärts gegangen waren. Das kann ja eigentlich nicht sein. Ergo dachte ich, vielleicht war das gar keine Höhenangabe, sondern eine Längenangabe. 1187m noch bis zur Bärenlacke. 1170m bis zur Bärenlacke. Ich weiß nicht, wie weit wir seitdem gegangen sind und es gibt hier auch keinen Bären, aber eine Lacke wäre hier. War nur so ein Gedanke.
10:03 Uhr. Da ist sie, die Ybbstalerhütte auf 1343m Seehöhe. Voriges Jahr am 8. September standen hier noch Kühe. Heute ist von Kühen nichts mehr zu sehen. Stehen sicher schon wieder alle im Stall irgendwo unten.
In der Senke hinter der Hütte, eingebettet zwischen Hirzeck und Hühnerkogel, liegt die Wiesenalm, über deren Hänge man hochsteigen muß, wenn man von hier aus den Lechnergraben oder das Grünloch erreichen will.
Man könnte bei der Ankunft gleich über einen Abschneider zur Hütte hoch gehen, aber wir umrunden dieses Bauwerk erst einmal, bevor wir näher treten. Links hinter der Hütte ragt unser Ziel, der Noten empor. Ui, das schaut noch weit aus.
1926 wurde die Hütte hier errichtet, 1938 erweitert und 1988/89 umgebaut, steht auf einem Schild neben der Eingangstür. Da wird die Erweiterung 1938 wohl unter wunderschöner Beflaggung mit dem Hackenkreuz gefeiert worden sein. Für Brauchtum hatte die Nazi ja schwer was übrig.
Auch wenn man gar keine Karte mit hat, sollte man sich hier einigermaßen zurechtfinden können. Man muß sich nur ein wenig umschauen.
Wir verlassen die Hütte gleich wieder, ohne einzukehren, weil wir ja noch was vor haben. Beim Aufstieg zum Noten beobachten wir recht genau die Mugeln hinter der Hütte. Links das Kleine Hirzeck mit 1445m, rechts der Anstieg zum Großen Hirzeck 1565m, das in alten Karten noch als Kl. Hühnerkogel bezeichnet wird. Wir wollen bei Gelegenheit einmal ein paar Tage hier übernachten und die Mugeln in der Umgebung alle besteigen. Mann, ich freu mich schon jetzt drauf.
Das bewaldete Große Hirzeck links, der Vorgipfel zum Großen Hühnerkogel zur Rechten, in der Mitte Ybbstalerhütte und Wiesenalm.
Ich war am 5. Juni 2003 (Auf- und Abstieg über den Stiegengraben) hier schon einmal oben, aber ich kann mich hier beim Anmarsch an nix mehr erinnern. In mein schlaues Buch hab ich eingeschrieben, daß es damals sehr heiß war. Von heiß kann heute (oder heuer) keine Rede sein. Gefühlt so um die 10°C, grade richtig zum Wandern.
An den Hängen von großen Mulden mäandern wir durch die Gegend
und steigen dabei immer höher hinauf.
Dieser Hochstand fasziniert mich. Bäume wurden so hoch abgeschnitten, daß sie als Säulen für den Hochstand dienen. Erst beim Abstieg sehen wir, daß die Leiter kaputt ist. Also wenn jemand einem Jäger mit einer Leiter begegnet, dann geht der wohl zu diesem Hochstand.
Wenn wir nicht wüssten, daß es von der Hütte nur mehr 300 Höhenmeter bis zum Gipfel sind, könnte man hier entmutigt werden. Das schaut noch weit aus. Die märchenhafte Landschaft sorgt allerdings für Kurzweil.
Korallen am Berg? Ja, als Pilz.
Gamsstein, Voralpe und Königsberg von links nach rechts.
Diese Steinmandl am Baumstumpf stehen hier haufenweise. Dahinter Kleines und Großes Hirzeck.
Königsberg, Hegerberg, (vom Hegerberg durch den Dunst schwer zu trennend) Oisberg und Friesling, wenn ich nicht irre.
Es geht dann doch wieder etwas forscher aufwärts.
Als Baum hat man hier kein leichtes Leben.
An diesen Aufstieg im Latschental kann ich mich dunkel erinnern.
Rückblick. Hier ist es sehr schön und angenehm zu gehen.
Hier holen uns drei recht sportliche Weiber ein.
Bei dieser Doline warten wir kurz, bis die schnatternden Gänse an uns vorbei marschiert sind.
Der Noten ist ein breiter Kasten mit einem Doppelgipfel. Der Südliche ist der Höhere, die Aussicht ist auf beiden schön. Wir sind hier zwischen drinnen und sehen hier erstmals zur anderen Seite, zum Dürrenstein im Südosten. Boa, alter, ist das geil?
Blick nach Nordosten. In Bildmitte schaut der Ötscher herüber.
Da geht es, die Latschen umgehend, ungefähr entlang der Abbruchkante zum höchsten Punkt rauf.
Blick gen Hollenstein mit Voralpe, Gamsstein und Königsberg
Blick nach Südwesten. Der große Bogen von Schwarzkogel, Ringkogel, Kesselberg und Hocheck, Teile des Hochkar Massives und Ausläufer des ganz großen Bogens der Bergkette, der bis zum Dürrenstein herüber reicht, beginnt dort drüben.
Blick nach Süden. Alpiner Höhenweg, der vom Ringkogel über Hochkirch und Teufelsmauer ……
… bis zum Dürrenstein herüber reicht. Da werden wir noch einiges planen müssen, bis wir das durchführen. Wird zumindest eine Zweitagestour mit Biwak werden, wenn das einigermaßen gemütlich sein soll. Wasser gibts auf der ganzen Strecke keines.
11:23 Uhr. Wir haben uns wieder auf die Socken gemacht, befinden uns wieder zwischen den beiden Gipfel und stiefeln jetzt zum Kleineren hoch.
Wir sind am kleineren Nordgipfel
Blick vom kleineren Nordgipfel zum höheren Südgipfel.
Blick nach Norden (rechts am Gipfelzeichen vorbei v.l.n.r.) zum Großen Hirzeck 1556m und Großer Hühnerkogel 1565m mit seinem Vorgipfel (links der Mugel), Das ist ein recht interessanter Ausblick für uns, weil wir diese Mugel alle besteigen wollen.
Das ist ein ideales Platzerl zum Rasten. Hier quasselt nix, hier ist es still.
Jetzt gibt es auch einmal ordentlich was zu fressen. War heute schon eine dürre Baustelle.
Für Eddie ist egal, wo wir sind. Hauptsache, er kann dabei sein.
Aber es nützt ja alles nix. Wir müssen auch da wieder runter.
Genau bei der Einmündung zu diesem Abstieg kommen auch die drei Weiber vom Hauptgipfel runter. Wir bleiben ein wenig stehen, bis sich das Geschnatter entfernt hat und Ruhe eingekehrt ist, dann senkt sich auch der Blutdruck wieder in vernünftige Regionen und wir steigen ab.
Das ist die einzige Stelle der ganzen Tour, die ein bissl mehr Aufmerksamkeit erfordert. Mehr im Ab- als im Aufstieg. Das ist steil und naß und dementsprechend rutschig. Sind aber nur ein paar wenige Meter.
Das hat mich ein wenig an den Yellowstone Nationalpark nach dem großen Brand 1988 erinnert. Ich war dort 1995 und 96 und hab noch viele dieser verkohlten Stümpfe herumstehen gesehen.
Jetzt, beim Abstieg, wir wissen, wo es lang geht, haben wir auch viel Zeit für die Schönheiten der Natur und finden sogar noch Himmelschlüssel.
Ich hab keine Ahnung, was das ist. Total zerfledderter Enzian?
Wir sind schon wieder so weit vom Gipfel weg und haben wieder Zeit für Schabernack.
Wir kommen schon wieder in die Nähe der Hütte, aber links von uns ist weiter unten diese kleine Lacke zu sehen, also könnten wir auch gleich hier durch diesen riesigen Bombentrichter absteigen, an dessen oberem Rand der Steig zur Hütte führt.
Bild oben und unten: Wir sind am Boden dieser riesigen Senke und schauen zu den Rändern hoch. Da wird erst das Ausmaß dieser Trichter klar.
Das war ein schöner Abschneider, der uns einige Zeit erspart hat.
Westlich unter der Ybbstalerhütte muß man beim Abstieg ein wenig aufpassen, damit man den richtigen Weg erwischt. Links geht’s in den Almwaldbachgraben und in den Steinbachgraben, rechts über den Höllgraben zur Haltestelle Stiegengraben.
“Schau einmal” sagt Sonja. “Eine Leiter”. “Nanu?” sag ich. Das ist eine Böschung vor einer Linkskehre und soweit ich mich erinnern konnte, war es eine Rechtskehre (bergauf), in der wir an einem großen, dicken, abgerissenen Baumstamm einen riesigen Baumpilz gesehen hatten. Wir überlegen ein wenig hin und her, dann drehen wir um und steigen da rauf. “Schau ma einfach einmal, was da ist!” Das Geländer ist noch recht fest, die ersten Stufen auch, aber dann wird das recht wackelig. Ich zieh meinen Eddie mehr oder weniger an der Leine da hoch und wir folgen schwachen Spuren auf den Buckel des Hanges.
Nur ein paar Meter vom Weg entfernt auf diesem Bergrücken ein wunderschönes Platzerl, ein umgefallener Baum als Bankerl und vor uns ein umgefallener, verrottender Hochstand als Zeugnis vergangener Tage.
Und genau da steht dieser dicke, vom Sturm abgerissene Baumstamm mit einem dicken Baumpilz als Bewuchs.
Und dann noch dieser Ausblick.
Wir sind wieder bei der Quelle und ich fülle die Flasche für Eddie. Ein wenig Erfrischung kann auch für uns nicht schaden.
Also ich glaub noch immer, daß es sich hier um eine ziemlich große Blindschleiche handelt. Die lag da regungslos und ich dachte schon, die ist perdu, aber nein, noch lebet sie! Ich hab sie angestupst und sie hat mich etwas griesgrämig angeschaut. Ich dachte, für eine Blindschleiche fast zu groß, aber andererseits schaut die weder wie eine Ringel- noch eine Äskulapnatter aus. Bewegte sich auch nicht wirklich wie eine Schlange. Mann, ich hab schon so lange keine Blindschleiche mehr gesehen. Also was jetzt? Schlange oder Eidechse? Die war sicher fast oder gut einen halben Meter lang. So lange Blindschleichen gibt’s doch gar nicht. Oder?
Ach was. Klarer Fall von Blindschleiche. So, jetzt muß ich eine meiner Pillen nehmen, bevor das schlimmer wird.
Da sind wir wieder bei der Jagdhütte am Dürreck
Diese Farbenpracht im Sonnenlicht ist einfach unglaublich.
15:02 Uhr. Wir sind am Rothschildteich und damit am Ende unserer Wanderung angekommen. In gut siebeneinhalb Stunden haben wir etwa eintausendeinhundert Höhenmeter überwunden und viele wunderschöne Eindrücke gewonnen. Ein Tag in der Natur geht damit wieder zu Ende.