Wir haben uns ja vorgenommen, alle Berge an der Bundesstraße 71 zu besteigen. Das ist kein Vorhaben, daß wir jetzt rasch und verbissen abarbeiten. Wenn wir Lust haben oder uns im Moment einfach nix besseres einfällt, oder wenn wir keinen Bock auf eine lange Anreise haben, dann fahren wir nach Gaming, trinken an der Tankstelle einen Kaffee und fahren anschließend über den Grubberg nach Langau (Abzweig nach Lackenhof und zum Ötscher) und weiter zu unserem auserwählten Ziel. Dieses auserwählte Ziel war heute das Alpl 1425m.
Diesem Alpl kann man auf mehrere Arten zu Leibe rücken. Die unkomplizierteste, aber auch langwierigste Art wäre, bei der Brücke am Punkt 763 auf der Karte das Auto abzustellen, der Forststraße der Ois entlang bis zum Rechtsabzweig folgen und dann über diese Forststraße, den Berg entgegen dem Uhrzeigersinn halb umrundend, auf den Gipfel zu gelangen. Anschließend das selbe retour.
Eine interessantere Variante wäre, ebenfalls bei dieser Brücke zu parken, der Ois bis zum besagten Rechtsabzweig der Forststraße zu folgen, dann allerdings mit Hilfe von Karte (und eventuell GPS, aber nicht unbedingt notwendig) und Kompass einen noch heute in den Karten eingezeichneten, alten, teilweise schwach zu erkennenden Steig zu suchen und auf diesem beim Kuhalpl den Sattel südlich unterm Alpl zu erreichen. Man braucht dann nur mehr dem Kamm aufwärts zu folgen und erreicht so relativ unbeschwert den Gipfel. Am 21. Juni 2022 haben wir uns auf der Suche nach diesem Steig in dieser Gegend herumgetrieben und ihn auch gefunden. Über einen sinnvollen Rückweg müsste man sich dann auch noch Gedanken machen.
Die meines Erachtens interessanteste Variante ist, dem Alpl über das Waldschöckl zu Leibe zu rücken. Den Anfang des Steigleins haben wir uns einmal gesucht, als wir von einer Bergtour hier vorbei kamen. Der Plan, hier zum Alpl aufzusteigen, reifte heute in der Früh im Bett, weil wir abends nicht einschlafen konnten und deshalb etwas verschlafen in der Früh umdisponieren mußten. Für die ursprünglich geplante Tour war es schon etwas spät und wir wollten nicht unter Zeitdruck kommen. Außerdem ist heute ein Feiertag und die Wanderer drängen sich um die Modeberge. Am Alpl werden wir höchstwahrscheinlich niemanden antreffen.
Ich hab diese Varianten alle vorbereitet, als GPS-Track archiviert und mußte deshalb nur mehr die neuen Daten (die zur groben Orientierung dienen) laden, dann waren wir abfahrbereit. Alpl, wir kommen! Nach dem Schwarzkogel am Montag, in dieser Woche schon die zweite Tour in dieser Gegend.
Strecke: Bushaltestelle Holzhüttenboden-Waldschöckl-Alpl 1425m-Punkt 1420-Forststraße bis Langecksattel-Gugerzipf 1076m-B71-Retour zur Bushaltestelle auf der Bundesstraße
Streckenlänge: rund 11km
Höhenunterschied gesamt: rd. 800Hm
Zeitbedarf: mit allem Drum und Dran 5 Stunden 40 Minuten
Wetter: Temperatur am Morgen um die 8°C, im Tagesverlauf auf 18°C ansteigend. Leicht bewölkt.
Karte (neueste Version) zur Tour. Map Austria mit GPS-Track. Hier fehlt eine Forststraße.
Wesentlich detailgenauere Map Austria von 1960.
Geländeübersicht auf Mapy.cz mit GPS-Track
Mapy.cz mit GPS Track für Liebhaber von 3D Grafiken.
Opentopomap mit Höhenprofil und GPS-Track
8:47 Uhr. Wir haben den kleinen Opel bei der Bushaltestelle abgestellt (Beim Wandern sind seine kleinen Abmaße Gold Wert), die Rucksäcke sind am Rücken, Eddie an der Leine. Jetzt müssen wir nur mehr den Einstieg in den Steig finden, der uns nach oben bringen soll. Wir haben ihn zwar schon einmal gesucht und gefunden, aber es ist nicht so einfach, die Stelle wieder zu erkennen.
Gestern hat es ja gebietsweise geregnet und heute in der Früh ist es stellenweise noch naß oder zumindest feucht, was recht gut ausschauen kann.
Wenn man das Steiglein einmal gefunden hat, ist es eine Freude, hier zu gehen. Zumindest im unteren Bereich bis zur ersten Forststraße. Der Wermutstropfen ist halt, dieses Steiglein wird heute offenbar nur mehr selten begangen und ist vor allem im oberen Bereich durch Unwetter und andere Umwelteinflüsse (NEIN! KEIN VON MENSCHEN VERSCHULDETER KLIMAWANDEL!) stellenweise nur mehr schwach zu erkennen oder gar zerstört. Zahlreiche umgestürzte Bäume erschweren in manchen Bereichen das Vorwärtskommen zusätzlich.
9:08 Uhr. Die erste Forststraße ist erreicht. Bis hierhier ist der Steig in sehr gutem Zustand. Hier gehen wir so weit nach links (leicht Südwesten), bis wir den Grat erreichen, an dem wir zum Gipfel hochsteigen. Steigspuren sind am Einstieg zu erkennen.
Blick zum gegenüber liegenden Saurüssel
Die Forststraße liegt schon ein Stück unter uns. Der Wald ist mäßig steil, der Weg noch (!) recht gut und schön angelegt.
Es gefällt uns hier recht gut.
9:29 Uhr.Tiefblick nach Holzhüttenboden. Jetzt kommen ein paar Stellen mit sehr schönen Ausblicken
Wie viele Jahre hat das Moos wohl gebraucht, um diesen Stumpf so zu bedecken?
Das ist einer von vielen Gründen, in die Berge zu gehen.
Die verspielte Version von obigem Ausblick
Erste, leichte Anzeichen von Mühsal kündigt sich an. Nur so als Vorgeschmack auf Kommendes.
Links von uns ist Ende im Gelände. Das schaut aus wie im Krieg. Rechts herum geht einfacher, dafür wird dort das Gelände um einiges steiler.
Da hörte er eine Stimme aus dem Himmel “Knie nieder und bete, danke Gott dem Herrn, denn es könnte noch viel schlimmer kommen!” Also kniete er nieder und betete, und es kam noch viel schlimmer.
Pffff. Das erste Schlachfeld hätten wir hinter uns gelassen. Vom Weg ist hier nichts mehr zu sehen.
Als Entschädigung wieder ein traumhaftes Platzerl mit Blick zur Scheibe.
Morgentau hängt wie Eis an den Gräsern
Ein zertrümmerter Hochstand bietet wunderbare Fotoperspektiven
10:01 Uhr. Wir erreichen eine Forststraße, die nirgends eingezeichnet ist. Was nun? Das Navi ist dein Freund.
Der Kamm, auf dem wir rauf steigen, ist hier so breit, daß man ihn kaum erkennen kann und die neue, nirgends eingezeichnete Straße ist nicht hilfreich. Das Navi zeigt mir an, wo der Kamm ist und wir finden auch Steigspuren in die gewünschte Richtung. Und selbst, wenn es ein Wildwechsel wäre, egal. Hauptsache, die Richtung stimmt.
Das Steiglein ist schwach zu erkennen und führt in die richtige Richtung, also folgen wir ihm.
10:22 Uhr. Wir erreichen die nächste …
… und bis zum Gipfel letzte Forststraße.
Wieder suchen und finden wir einen Einstieg für den Weitermarsch. Wieder sind zarte Steigspuren an der richtigen Stelle zu finden.
10:51 Uhr. Waldschöckl 1228m. Hier ist nichts besonderes und auch keine Aussicht. Nur ein Stein mit einem X steckt im Boden und ich weiß nicht, ob zufällig oder gewollt. Der oder das Waldschöckl ist, wie der Elferkogel am benachbarten Zwieselberg, ein bewaldetes Schöpferl ohne Bedeutung. Ein Gelände- und Orientierungspunkt, für den man nicht extra hochsteigt.
Einziges besonderes Merkmal hier sind diese “Schwarzfußbäume”. Schaut urig aus.
Das ist der Waldschöckl vom Gegenhang aus gesehen. Schaut genau so witzig aus wie der 11erKogel.
Der Ausblick zum Scheibi ist von hier aus allerdings toll.
Weniger toll ist das Schlachtfeld vor uns am Weg zum Gipfel. Wir müssen in die rechte, östliche Flanke ausweichen, um diesen Trümmerfeldern zu entkommen. Gottlob hat das Geschirr von Eddie einen Tragegriff. Gehen könnte er hier nicht mehr.
11:14 Uhr. Wir sind jetzt in freiem Gelände und haben meistens gute Aussicht.
Saurüssel, Kleiner Ötscher und Ötscher
9. Mai und hier stehen haufenweise Schneerosen.
Plötzlich stoßen wir auf einen zwar bewachsenen, aber relativ breiten und gut erhaltenen Weg. Wie die Karte von 1960 ja zeigt, war dieser Berg früher mit zahlreichen Steigen überzogen.
Recht viel Berg ist jetzt nimmer über uns und der Ausblick ist wunderbar.
Mein Navi sagt, wir sind am direkten Weg zum Gipfel, aber da drüben ist eine Anhöhe, die scheint auf den ersten Blick noch höher zu sein als hier bei uns. Wir sind allerdings noch nicht ganz am höchsten Punkt.
Vermessungsstein und zwei Holzpflöcke
11:56 Uhr. Eddie am Gipfel des Alpl 1425m.
Wir gehen dann zu diesem kahlen Platz da vorne. Da sieht man vielleicht besser.
Auch hier, am äußersten Eck, steht ein Hochstand.
Wie es sich für echte Bergsteiger gehört, mit Karabiner und Seil gesichert.
Tiefblick in Richtung Maierhöfen. Von hier ist auch der Gugerzipf schön zu erkennen. Jetzt besuchen wir noch den Nebengipfel, der um fünf Meter niedriger ist.
Eddie kugelt in einem Restschneefeld herum.
Auch hier haben wir beim Aufstieg mit einigen Sturmopfern zu kämpfen.
Diese Bäume sind so flach verwurzelt, daß sie mitsamt der ganzen Wurzel ausgerissen werden.
Von hier hat man einen besseren Ausblick nach Westen und Süden
Blick in Richtung Kräuterin (Hochstadl)
Schnee, Schneerosen und Schwammerl, alles innerhalb weniger Quadratmeter.
Hier kugelt dann Eddie wieder herum, eh klar.
Jetzt folgen wir einer steilen, groben Forststraße bis zu einer feineren, schönen Haupt-Forststraße.
Das braucht vielleicht noch ein bissl Arbeit, bis diese Straße wieder befahrbar wird.
Fad wird es auf dieser Forststraße nie.
13:27 Uhr. Jetzt gehen wir zum Langecksattel und dann über den Gugerzipf hinunter
Am Langecksattel. Links ist eine Sackstraße, deren Ende wir noch sehen werden, rechts könnte man in einem weiten Bogen um den Berg herum nach Holzhüttenboden absteigen, die Straße rechts gradeaus führt zwar weit nach unten, endet dann aber mitten im Hang. Wir gehen jetzt schnurgradeaus weiter am Kamm zum Gugerzipf.
Am Anfang können wir sogar eine Weile auf einer Fahrspur bequem gehen.
Wo die Fahrspur endet, geht es dann wieder wild ins Gelände.
Faulsäcke könnten auch links auf der Forststraße gehen, kommt im Prinzip auf’s selbe raus. Nur zum Gugerzipf kommt man so nicht. Aber ganz im Vertrauen und unter uns, man versäumt nix.
Nochmals ein schöner Blick zum Scheiblingstein
14:05 Uhr. Man glaubt es kaum, aber das ist der Gugerzipf. Es ist ein wenig steiniger als an anderen Stellen, aber sonst ist da nix.
Oder sagen wir so. Da war nix. Jetzt ist da was. Eh nur mit Filzstift.
Das Ende besagter Sackstraße, die links unter uns war. Da drüben ums Eck steht auch eine uralte Holzhütte weiter unten im Wald. Die haben wir uns einmal angeschaut und sind dann über die steile Flanke in den Taglesbachgraben abgestiegen.
So, und jetzt weiter nach unten durch den Wald zur Bundesstraße.
Das ist, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, recht einfach.
Saurüssel, dahinter der Kleine Ötscher.
Sonjas Aufmerksamkeit und Röntgenaugen entgeht nichts. Bin gespannt, was sie jetzt wieder gefunden hat.
Eine fette, pelzige Raupe. Ein Frittat sozusagen.
14:47 Uhr. Unter uns ist die Taglesbach-Forststraße zu erkennen.
Wir haben uns heute so lange im steilen Wald aufgehalten, daß wir beschließen, genau hier jetzt nochmals zu rasten und erst dann ganz nach unten zu gehen. Heute ist uns bis jetzt noch kein Mensch begegnet.
Wie es sich gehört, purzeln wir nicht einfach aus dem Wald heraus, sondern wir schreiten durch ein Tor.
Das sehe ich heute zum ersten Mal. Könnte einmal nützlich sein.
Vom Taglesbach zurück zum Auto brauchen wir bei gemütlicher Gangart 26 Minuten. Dabei können wir uns noch einmal das Alpl und (rechts) den (oder das?) Waldschöckl anschauen. Rechts über uns ist der lange Kamm vom Alpl zum Gugerzipf.
Blick zum Goganz und zum Auto. Noch rund 150m, dann sind wir am Ausgangspunkt zurück. Es war eine recht schöne und einsame Tour, grade so, wie es uns gefällt. Nicht immer, aber immer öfters. Dann pfüat Gott und bis zum nächsten Mal, irgendwann und irgendwo.