Pfingstmontag. Durchwachsene Wetterprognose. Was mach ma? Vorgenommen hatten wir uns den Vogelnestrücken im Sandgraben bei Hollenstein, aber da es die ganze Nacht geregnet hat, war die Chance auf eine Dreckschlacht groß und daher hab ich verweigert. Es sollte nichts großes werden, weil jetzt, ein paar Tage nach unserer Überschreitung des Dürrensteigkamm eine Sehne im Knie etwas schmerzt. “Gehen wir auf die Gemeindealpe?” frag ich, weiß aber, die wird wohl Dank Feiertag überlaufen sein. Bei der Fahrt zum Zellerain sehen wir, daß am ersten Parkplatz in Neuhaus nur zwei Fahrzeuge stehen und ich beschließe spontan eine Planänderung. Gehen wir auf den Großen Zeller Hut! Ist zwar nix neues, wir waren allerdings schon lange nicht mehr oben und von Neuhaus ist der Aufstieg sehr schön.
Streckenlänge: ca. 12.3km
Tiefster Punkt: Neuhaus 989m
Höchster Punkt: 1639m
Höhenunterschied gesamt mit Gegensteigungen: rund 800m
Wetter: Bewölkt bei rund 18°C, um die Mittagszeit leichter Regen
Zeitbaufwand: alles in allem 5.5 Stunden
Karte zur Tour Map Austria mit GPS-Track
Opentopo Map mit GPS-Track und Höhenprofil
Geländeübersicht Mapy.cz mit GPS-Track
9:40 Uhr in Neuhaus an der B71. Unsere leicht gepackten Rucksäcke sind am Rücken, Eddie an der Leine, es kann losgehen.
Der Faltlbach legt seine letzten Meter zurück, bevor er sich mit einem noch namenlosen Wässerchen vereinigt, das zum Neuhausbach wird, der wiederum in Kürze in die Ois fließt, dem Ursprung der 134km langen Ybbs. Bei unserm Abmarsch bleiben mehrere Fahrzeuge, darunter ein Kleinbus, stehen und schütten junge Menschlein aus, die sich ebenfalls anschicken, auf Wanderschaft zu gehen. “Das kann ja heiter werden!” denk ich mir noch, bevor wir das Weite suchen. Der Parkplatz ist in Kürze gut gefüllt, aber ach Wunder, von all diesen Wanderern sehen wir im Verlauf unserer Tour KEINEN EINZIGEN! Keiner von denen ging zum Großen Zeller Hut. Die waren offenbar alle auf der Suche nach dem berühmten Frauenschuh, der hier wächst. Nur sind sie da heute ein wenig zu früh gekommen. Weit und breit kein Frauenschuh. Nicht einmal ein alter, verschlissener.
Diese beiden Wanderer da vorne sind uns mit einer mords Geschwindigkeit davongezogen. Gesehen haben wir sie nie wieder. Auch sie gingen nicht auf den Zeller Hut. Wir folgen dem Faltlbach gemütlich Taleinwärts und lassen uns Zeit. Wir haben es nicht eilig.
Gleich am Anfang haben wir es geschafft, einer falschen Forststraße zu folgen (nein, nicht der beim Höllertalbach links, sondern der nächsten nach der Tierfütterung rechts. Wir haben dann die Winterumleitung genommen, um zurück auf Kurs zu kommen und folgten wieder den Schildern. Wie das geht, sich hier zu verlaufen, wenn man die Gegend eigentlich recht gut kennt und erst vor einer Woche diese Strecke gegangen ist, ist mir schleierhaft, aber wir haben es geschafft. Na, egal. So haben wir auch die Umleitung für Skitourengeher (wegen einer Wildfütterung) kennengelernt.
10:24 Uhr. Forststraßenkreuzung auf der Falt(l)höhe. Ja, das hat heute gedauert bis hierher.
Die gewonnenen 110 Höhenmeter auf die Falthöhe vernichten wir nun wieder beim Abstieg zur Weißen Ois
Die Weiße Ois ist erreicht. Genau hier begann vor einer Woche unser kleines Abenteuer Grenzkammwanderung vom Grenzübergang am Rainriedel über den Schwarzkogel bis zum Wildföhrenriedel, der uns wieder zur Weißen Ois brachte. Heute nützt Eddie die Weiße Ois nur, um seinen Durst zu löschen.
200m östlich von obigem Punkt besuchen wir einen kleinen Wasserfall.
Anschließend folgen wir der Weißen Ois weitere einhundert Meter aufwärts, bleiben dabei am rechten (orographisch links) Ufer, bis sich das Steiglein nach rechts verzweigt.
Hier beginnt unser Aufstieg zum Großen Zeller Hut. Zuerst entlang eines Grabens, der …
… im oberen Bereich immer breiter wird und mit moderndem Totholz gefüllt ist.
Moderat ansteigend folgen wir nun dem Steig durch dichten Bewuchs. Die Luftfeuchtigkeit ist hier tropisch und der Schweiß fließt in Strömen, obwohl die Anstrengung gegen null tendiert.
11:08 Uhr. Der erste schöne Ausblick
11:12 Uhr. Blick zum Dürrenstein
Wir folgen schon längere Zeit einem breiten Riedel nach oben, der uns zum Ostgrat des Großen Zeller Hut führen wird, auf dem wir aufsteigen. Der Weg ist uns gut bekannt, das Navi läuft nur zur Streckenaufzeichnung mit, wir haben alle Zeit der Welt. Allerdings haben wir unsere GTX-Jacken griffbereit auf den Rucksack geschnallt. Der Wetterbericht scheint wieder einmal recht gut zu stimmen. Regen ist für die Mittagszeit angekündigt, es zieht deutlich zu.
Wir waren immerhin schon eineinhalb Jahre nicht mehr hier und darum sind uns diese Hindernisse neu. Kein Problem, sie werden bewältigt.
Es ist so weit. Salzburger Schnürlregen setzt ein. Und das in Niederösterreich!
Blick zum Schwarzkogel, den wir vor einer Woche bestiegen haben.
Ötscher und Gemeindealpe
Wir steigen am breiten Ostgrat höher und genießen eine immer besser werdende Aussicht. Das Wetter hält uns ein wenig zum Narren. Kaum wollen wir die Jacken ausziehen, beginnt es gleich wieder ordentlich zu regnen.
Kurz vor uns fliegt ein Auerhahn auf, …
… setzt sich aber noch in Sichtweite auf den Ast einer Lärche. Das Vieh sitzt genau in Bildmitte und beobachtet uns.
Gemütliche Rast im Schutz zweier Bäume.
Genau am Ostgrat des Großen Zeller Hut verläuft die Landesgrenze Niederösterreich/Steiermark. Hier vor uns steht einer der Grenzsteine.
Blick zurück zum Schwarzkogel, dem nächsten höheren Punkt im Grenzverlauf.
Hier nochmals aus einem etwas anderem Blickwinkel, weil’s so schön ist. Wie eine Pyramide thront der Schwarzkogel am Grenzkamm.
Blick zu Hochstadl, Riegerin, Großer Geiger und Ebenstein, alles Berge, auf denen ich schon zumindest einmal war.
Kleine Pause in schöner Umgebung.
Wir sind in der Latschenzone und es wir etwas steiler. Der gehbare Teil des Grat verengt sich zusehends.
In einer engen Latschengasse wird der Weg steil und feucht und die Aussicht tendiert links und rechts gegen null, …
… dafür wird der Blick nach hinten immer grandioser.
Jetzt wird es zusehends flacher, was heißt, wir nähern uns der Gipfelregion.
12:28 Uhr. Großer Zeller Hut 1639m
Die Gemeindealpe, 7.5km von uns entfernt und mit 1626m Höhe fast genau so hoch wie der Große Zeller Hut.
Wir halten uns allerdings nicht all zu lange am Gipfel aus. Es ist recht kühl. Jetzt wieder zurück durch die Latschengasse den steileren Abschnitt nach unten.
So, die unangenehmen, rutschigen Felsen hab ich hinter mir.
Schöner Ausblick. Besonders dann, wenn man weiß, daß man da schon (fast) überall oben war.
Hier in der Flanke liegt sogar noch etwas Restschnee.
Beim Abstieg erlebt man die selbe Landschaft immer ein wenig anders als im Aufstieg.
Hier kommen uns die einzigen Leute entgegen, die wir heute am Berg treffen. Es wird eine recht wortkarge Begegnung.
“Grüß euch”.
“Grüß euch”.
Das war’s. In meinem Kopf spinnt sich die karge Unterhaltung weiter:
“Geht’s ihr auch auf’n Berg?”
“Nein, heute nicht. Und ihr? Kommt’s ihr vom Zeller Hut?”
“Nein, von der Gemeindealpe!”
“Aha, auch schön. Pfüat euch”.
“Ja, ihr uns auch!”
Wie das halt abläuft, wenn sich Alm-Öhis in den Bergen treffen.
Baumpilz ist besser als Fußpilz
13:52 Uhr. Wir sind wieder bei der Ois und beim Steinmann, der den Abzweig zum Zeller Hut markiert.
Premiere. Wir waren schon öfters hier, aber heute sind wir erstmals über die Brücke gegangen. Sonst gehen wir weiter unten durch den Bach.
Bei diesem kleinen Teich rast wir ausgiebig.
Vor uns zwei Wanderer auf der Suche nach dem Frauenschuh. Sonja hat denen erklärt, warum es hier noch keinen Frauenschuh gibt, aber das wollte nicht in den Kopf hinein. “Es ist doch eh immer so warm!” Ja, bei euch im Wohnzimmer. Auf die Frage, ob wir Frauenschuh gesehen hätten, antworte ich freundlich, “Nein, aber da hinten im Wald liegt ein Paar Holzschuhe”. Dann sind sie mit ihrem Elektroauto davongesurrt.
15:07 Uhr. Zurück in Neuhaus. Der Parkplatz war noch immer gut gefüllt, wo die Leute hingekommen sind, wissen wir nicht.
Gleich hinter der Kirche am Hang der Friedhof von Neuhaus.
So. Jetzt den Rucksack ins Auto, den Track abspeichern und dann umziehen. Anschließend fahren wir über Gaming, wo wir uns an der Tankstelle (unvermeidlich) einen Kaffee kaufen, wieder Heim und kochen uns ein gutes Erdäpfelgulasch. Dann pfüat Gott und bis zum nächsten Mal, irgendwann und irgendwo in den Weiten dieser Welt.