Nach tagelangen, teilweise massiven Regenfällen mit Temperaturen, die einem (sehr) frühen Frühling zu Ehre gereicht hätten, gingen wir endlich wieder auf Wanderschaft. Wir wussten, daß wir erst spät wegkommen würden und suchten uns deshalb ein Ziel aus, daß wir kannten, das in der Nähe liegt und das uns eine schöne Aussicht bietet. Etwas, um nach dem tristen Regengrau die Seele zu erfreuen und den Körper auf neue Taten vorzubereiten. So kam mir das Reit-Ahorn bei Gaming in den Sinn, das wir zuletzt am 10. 11. 2022 bei Regenwetter besuchten und daß diese Ansprüche erfüllt. Eine Wanderung auf Waldwegen und Forststraßen mit tollen Ausblicken und als Krönung kurz vor der Rückkehr den Schleierfall, ein 20m hoher Wasserfall unweit der (nicht mehr vorhandenen) Polzbergmühle.
Tiefster Punkt: Polzbergmühle am Neudeckbach 539m
Höchster Punkt: Reit-Ahorn 1178m
Höhenunterschied gesamt: rund 800Hm
Streckenlänge: rund 15km
Wetter: Bewölkt bei 13°C am Ausgangspunkt
Geländeübersicht auf Mapy.cz mit GPS-Track
Austria Maps neueste Version mit GPS-Track
10 Uhr beim kleinen Parkplatz an der ehemaligen Polzbergmühle am Neudeckbach. Wir machen uns für die Wanderung fertig.
Bei 13°C haben wir unsere Westen angezogen, die Gamaschen, die wir für dreckige Verhältnisse mitgenommen hatten, ließen wir allerdings im Auto zurück.
Karte von 1880 mit GPS-Track. Hier ist am Ausgangspunkt die Polzbergmühle eingezeichnet und das Reit-Ahorn heißt noch “Reitkogel – Wildahorn”
Karte von 1910. Statt Reiterkogel-Wildahorn heißt es nur noch Reitkogl. Das bleibt so bis zur Kartenausgabe 1960
Karte von 1960. Ab dieser Ausgabe fehlt die Polzbergmühle in den Karten und der Reitkogel heißt nun “Reitkogel (Wildahorn)”
Ab der Kartenausgabe 1980 wird der alte Name “Reitkogel-Wildahorn” zu Reit-Ahorn zusammengefasst.
Der Weg ist über weite Teile recht einfach zu finden. Obwohl es zum Reit-Ahorn keinen markierten Weg gibt, kann man dem markierten Kartäuserpfad, der nach Lackenhof führt, vom Parkplatz bis kurz vor Dachsbach folgen.
Gleich am Anfang versucht sich ein kleiner Kollege an uns anzuhängen. Wir geben alles, um ihn abzuhängen und gewinnen.
Nach drei Minuten, wir umwandern nur eine Rechtskehre, zweigt der Steig steil nach links in den Wald ab.
In diesem Teil begleitet uns das Rauschen des Fallbach, der, vom Schleierfall kommend, unten in den Neudeckbach fließt.
Wir haben Zeit und für Sonja eröffnet sich ein Fotoparadies
Schon nach 13 Minuten haben wir den Abzweig zum Wasserfall erreicht. Besuchen werden wir diesen aber erst im Abstieg.
Wir erreichen eine alte, verwachsene Forststraße, bei der unser Aufstiegsweg nochmals nach links oben abzweigt.
Soweit es Steige und Straßen betrifft, sind am gesamten Weg keine Schwierigkeiten oder Hindernisse zu bewältigen. Solche “Umfälle” wie hier sind ausgeschnitten.
Man muß nicht sehr aufmerksam sein, um hier Schönheiten der Natur zu finden. Man findet sie praktisch überall.
10:48 Uhr. Dritte und letzte Querung einer verwachsenen, alten Forststraße.
Nicht mehr weit bis zur Polzbergkapelle
10:53 Uhr. Wir haben die Forststraße bei der Polzbergkapelle erreicht. Immer wieder fasziniert mich dieses alte Blechschild etwas versteckt bei einem Baum.
Mich wundert, daß es noch niemand geklaut hat.
Noch ein paar Meter, dann sind wir bei der Polzbergkapelle
Am Weg zur Kapelle ein Blick nach rechts (Südwesten). Links die nordwestlichsten Ausläufer des Schindelberg und dahinter in Bildmitte der Hetzkogel beim Lunzersee.
In Gehrichtung links (Nordosten, also von dort, wo wir hergekommen sind) hat man folgenden Ausblick: Rechts hinterm Mast der Gamingstein, links daneben der Dreieckberg und links dahinter der Runzelberg.
Achtung, liebe wandernde Rindsviecher. Bitte Abstand von den Weidetieren halten. Einer Kuh mit einigen hundert Kilo Lebendgewicht hast du nix entgegenzusetzen.
Der Weg nach Lackenhof ist immer gut beschildert.
Rückblick nach Nordwesten zum Föllbaumberg
Marterl mit Jagdhaus im Hintergrund. Diese Gegend trug bis zu den Karten des Jahres 1930 den Flurnamen Oberpolzberg, 1930 waren auch die beiden Gebäude schon kartographiert. Ab der Karte von 1960 hieß es Polzberg (ab dann ist auch die Polzbergkapelle kartographiert), das gezeigte Marterl war schon eingezeichnet, ab dem Kartenmaterial von 2000 fehlt die Flurbezeichnung völlig.
Nach Polzberg sind wir in einem weiten Bogen ungefähr der Starkstromleitung gefolgt. Hier ein Rückblick.
In unserer modernen, grünen Welt wachsen keine Bäume mehr, hier wächst Nachhaltigkeit! Für den Wald von morgen. Alter Vater, Grüne Propaganda schon mitten im Wald.
Die Forststraße führt hier in einem scharfen Linksbogen etwas abwärts und dann durch den Wald zum Polzberg hinauf. Entlang dieser Straße werden wir vom Reit-Ahorn wieder hierher absteigen. Wir folgen jetzt auf einem Feldweg weiter dem Kartäuserweg.
In einem kurzen Waldstück stehen einige große, knorrige, alte Bäume, die ich immer wieder bestaune.
Auch das Wegkreuz (oben) und der Bildstock (hier im Bild) haben eine bewegte kartographische Geschichte. Auf der Karte von 1910 sind klar zwei Kreuze zu erkennen, 1930 meint man hingegen nur das Kreuz im Wald zu sehen. In der Karte von 1960 sind weder Kreuz noch Bildstock zu sehen, 1980 nur der Bildstock und ab den Karten von 2000 aufwärts wieder Kreuz und Bildstock.
Blick über Dachsbach zum Ötscher und zum Ötscher Schutzhaus (aber nur in der freien Natur erkennbar, nicht am Foto)
Man könnte von hier aus runter nach Dachsbach und bis zum Reitbauer (offenbar der Namensgeber des ehemaligen Reitkogel) gehen und dann über eine Forststraße (blaue Punkte) zum Reit-Ahorn aufsteigen. Das tun wir aber nicht. Wir biegen unweit der Kuppe in eine etwas verwachsene Forststraße ab und gehen mit schönem Ausblick zuerst einmal bis zu einer Jagdhütte.
Dort vorne beim Mast zweigt die Straße ab, auf der wir bis zur Jagdhütte aufsteigen. Vor uns ist auch schon das Reit-Ahorn zu sehen. Schaut eher wie ein Kogel aus als wie ein Horn und darum war es früher wohl auch ein Kogel. Ja, ja, ich weiß, daß Ahorn kein Horn ist, aber es liest sich so.
Schon beim Bildstock war die Aussicht recht gut, aber hier wird sie von Höhenmeter zu Höhenmeter schöner, um nicht zu sagen grandioser. Vor allem, wenn man all diese Berge gut kennt. Im Hintergrund die Scheibe, der nördlichste Punkt vom Kamm zum Dürrenstein.
Wir erreichen offeneres Gelände
Beim Höhersteigen kommen wir an einem recht fest gebauten Jagdunterstand vorbei …
… und genießen wieder die tolle Aussicht.
12:20 Uhr. Wir haben die Schlüsselstelle der Tour passiert, die Jagdhütte, bei der man nicht abbiegen darf, wenn man zum Reit-Ahorn will. Man käme dort zwar bis zu einem Winkel mit Quelle, dort ist dann aber Schluß im Gestrüpp. Wir haben das schon einmal probiert und sind kläglich gescheitert.
An der Jagdhütte vorbei steigen wir genau eine Etage höher bis zur nächsten weiten Linkskehre.
Bei besagter Linkskehre biegen wir rechts in einen alten Weg, der scheinbar auch schon von schweren Maschinen (Harvester) befahren wurde. Wir folgen der am deutlichsten erkennbaren Spur aufwärts.
Wir folgen nicht dem obersten Wegteil, weil mir der im Endstück zu verwachsen ausschaut, sondern wir halten uns gefühlsmäßig (und aus Erfahrung) rechts. Dort folgen wir den Spuren bis zum Ende. Wo der verwachsene Weg endet, ist auf der anderen Seite im Wald eine Forststraßenkehre erkennbar. Diese Kehre steuern wir durch’s Gemüse an.
Wir müssen ein kurzes Stück einen steilen, verwachsenen Hang queren, was nicht all zu schwierig ist. Kurz, bevor das Gelände deutlich verflacht, finden wir noch einen alten Drahtzaun, den wir übersteigen müssen.
Schwammerl gibt es hier auch zur Genüge. Aber auch Schnecken.
Und schwupp die wupp sind wir schon bei der Kehre der Forststraße. Jetzt haben wir uns eine ganz schöne Strecke erspart.
Nach einer längeren Querung kommen wir zu einer Linkskehre, wo man auf keinen Fall rechts auf diesen Waldweg abzweigen darf. Die ist in vielen Wanderkarten nicht eingezeichnet und führt genau südlich unterm Reit-Ahorn ins Nirvana.
Langsam kündigt sich das Ende unseres Aufstieges an.
Der Blick nach links (Südwesten) bietet eine Schau bis ins Gesäuse rein.
Im Hintergrund der große Bogen von der Scheibe über den Scheiblingstein bis zum Hetzkogel, der den Lunzer See umringt.
Dort, wo die Straße (etwas verwildert) wieder nach unten abkippt zweigen wir etwas steiler nach rechts oben zum Endanstieg ab.
Jetzt ist nicht mehr viel Berg über uns.
Wir haben die Weide am Reitkogel erreicht. Hinter uns eine Jagdhütte und einige Kühe, die friedlich im Gras liegen und wiederkäuen.
Jetzt noch ein kleines Stück …
… zum neuen Weide- oder Almkreuz …
… und daran vorbei in den südlichsten Winkel der Alm, …
Ausschnitt der Karte von 1880. Schon hier ist eindeutig ein Kreuz eingezeichnet.
Auf den Karten ab 1960 ist seine Position deckungsgleich mit seinem heutigen Standort im letzten Eck der Almwiese.
13:10 Uhr. Waldorf & Statler am Reitkogel – Wildahorn 1178m
Natürlich wissen wir nicht, wann dieses Kreuz hier aufgestellt wurde, wie alt es ist. Es ist schwer vorstellbar, daß es das Kreuz von 1880 sein könnte. Es ist aber das einzige Kreuz hier, das mich interessiert. Wegen diesem Kreuz bin ich wieder gekommen. Das hat nichts mit Kirche zu tun, sondern ein wenig mit meiner ersten Wanderung hierher. Damals musste ich ein wenig suchen, bis ich es hier im letzten Winkel der Alm fand. Ich mag dieses abgelegene, einsame Platzerl mit dem Kreuz einfach.
Aber wir müssen auch wieder gehen. Sonja findet beim Rückweg wieder ein paar Sachen.
In der Nähe des neuen Almkreuz von 2020 (kein Gipfelbuch!) lassen wir uns zu einer gemütlichen Rast nieder.
Momentan haben wir rund 18°C. Wir ziehen uns frische, langärmelige Leibchen und die Westen an und …
… hängen die nasse Wäsche zum Trocknen auf.
13:45 Uhr. Rückkehr zur Jagdhütte. Man könnte dann einfach links hinter der Hütte vorbei gehen und weiter bis zum Stierhaltkogel. Genau das haben wir am 20. Juli 2021 gemacht. Damals sind wir so wie heute aufgestiegen, dann rüber zum Stierhaltkogel und über Schneegrübl und Neudeckgraben zurück zum Ausgangspunkt.
Der Rückweg ist einfach. Vom Reiterkogel runter zur Forststraße, auf der wir raufgekommen sind, dann nicht links runter, sondern dem Weg rechts folgen, bis man auf eine weitere Forststraße trifft, die von rechts oben (vom Polzberg) kommt. Dort links und dann immer dieser Straße folgen ohne abzubiegen, bis man unten bei einer Wiese raus kommt, die man schon kennt.
Der Weg ist teilweise schon recht zugewachsen. Einmal kommt man an eine Stelle, wo man gradeaus und auch rechts gehen kann. Rechts erkennt man ein etwas schiefes Holztor. Da muß man durch und dann links weiter.
Da hinten ist der etwas verzwickte Abzweig mit Holztor. Es ist hier und jetzt saukalt. 11°C zeigt mein Thermometer. Wir sind froh, daß wir die langärmeligen Leiberl (Merino) und die Westen angezogen haben.
Auch hier beim Abstieg immer wieder eine wunderschöne Aussicht. Scheibi und Hetzkogel
An dieser Jagdhütte da oben sind wir am 4. April 2023 am Weg zum Polzberg vorbeigekommen.
In meinen Augen ein grandioser Blick über den Schwarzen Ötscher zwischen Saurüssel (links) und Alpl (rechts) hindurch zum Zwieselberg.
Hier nochmals in leichtem Zoom
Je weiter man absteigt, desto weniger wird allerdings die Aussicht. Liegt in der Natur der Sache.
Jetzt sind wir wieder auf der Straße, auf der wir im Aufstieg bei der Kehre gradeaus über die Wiese unter der Starkstromleitung in den Wald gingen.
Zurück im ehemaligen Oberpolzberg
Nun liegt der Föllbaumberg vor uns.
Blick ungefähr in Richtung Grubberg
Bei der Polzbergkapelle rasten wir nochmals ausgiebig.
Blick am Gamingstein vorbei zu Dreieckberg und Runzelberg
15:37 Uhr. Der Finale Teil unserer Wanderung beginnt.
Zwei Minuten später die erste Straßenquerung
Blick zum Fadenauberg
Der Steig zum Wasserfall ist nur recht kurz
Und jetzt schreiten wir zum Finale
Das Kreuz da oben dürft neu sein. Keine Ahnung, was es bedeutet bzw. wofür es steht.
Zurück bei der Kreuzung und jetzt rechts runter.
16:16 Uhr. Nach sechs Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt. Jetzt ziehen wir uns komplett um, fahren nach Gaming zur Tankstelle und trinken einen Kaffee und dann fahren wir Heim und kochen uns was gutes. Also dann bis zum nächsten Mal, irgendwann und irgendwo in den Weiten dieser schönen Welt.