Bisher war ich eher kein Freund von reinen Hüttenwanderungen, also von Touren, die auf keinen Gipfel führen, sondern bei einer Hütte enden. Die Rundwanderung zur Haindlkarhütte und über die Gsengscharte hat meine Einstellung geändert. Auch Hüttenwanderungen können sehr schön sein. Die Idee dazu kam eigentlich aus drei Gründen. Erstens wollte ich wissen, wie mein linkes Knie funktioniert, das sich am Weg zum Natterriegel nach einer unbedachten Drehung etwas komisch anfühlte. Zweitens ist die Tour nicht recht lang, was gut wäre, wenn das Knie nicht meinen Vorstellungen entspricht und drittens wollte ich ohnehin schon lange wissen, wie diese Haindlkarhütte ausschaut und wo sie genau steht. Ich hab von ihr gehört und gelesen, aber leider gibt es, bis auf die Gsengscharte, kein Wanderziel, das man mit der Haindlkarhütte verbinden könnte. Den Peternpfad, den man von hier starten könnte und der mich sogar sehr interessieren würde, den würde ich allerdings wirklich nicht mehr als Wanderung bezeichnen.
Strecke: Gesäuse Bundesstraße Parkplatz Haindlkar-Aufstieg durch’s Haindlkar-Haindlkarhütte 1121m-Gsengscharte 1228m-Im Gseng-Themenpfad neben dem Johnsbach bis zum Weidendom an der Enns-Wander- und Radweg neben der Enns zurück zum Ausgangspunkt.
Streckenlänge: rund 8.5km
Tiefster Punkt lt. Navi: 486m
Höchster Punkt: 1228m
Höhendifferenz gesamt lt. Navi: rund 800Hm
Zeitbedarf gesamt mit allen Pausen: 4 Stunden und 50 Minuten
Wetter: Blauer Himmel und in der Sonne bis 28°C
Fazit: Bei schönem Wetter für die ganze Familie empfehlenswert. Die Gsengscharte ist im oberen Teil steil, aber gut mit einem Stahlseil und mit einer Ketter versichert. Ich würde wegen der schönen Aussicht beim Abstieg diese Runde jederzeit wieder im Uhrzeigersinn gehen, heißt, Aufstieg vom Parkplatz Haindlkar und Abstieg über die Gsengscharte.
Geländeübersicht mapy.cz mit GPS-Track
Übersicht mapy.cz_3D mit GPS-Track
opentopomap mit Höhenprofil und GPS-Track
Wir stellen das Auto in Fahrtrichtung Admont am rechten Parkplatz (der ist den ganzen Tag über schattig!) ab und machen uns fertig. Dazu gehört auch, zum linken Parkplatz rüber zu gehen und die Parkgebühr von €6.- zu bezahlen.
9:15 Uhr. Nachdem wir den Obulus entrichtet haben und der Zettel gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegt, machen wir uns auf den Weg.
Schon nach ein paar Metern erreichen wir die Talstation einer Materialseilbahn, …
… die gleichzeitig als Postamt Haindlkarhütte fungiert.
Vor uns die berühmten und berüchtigten Gesäusewände (höchster Punkt Hochtor 2369m)…..
…. hinter uns der Große Buchstein 2224m hoch.
Ein recht warmer Tag kündigt sich an, aber durch die Nordlage unseres Aufstieges gehen wir meistens im Schatten. Durch einen sehr frühen Aufstieg könnte man sich hier noch einiges Mehr an Schweiß ersparen.
Der wunderschöne Aufstiegsweg führt im unteren Teil (orographisch) rechts, später auch links einer großen Schmelzwasserrinne aufwärts. Im Hintergrund hat man immer den Großen Buchstein mit seinen Trabanten, voraus die Wände der Hochtorgruppe.
Am erstaunlichsten ist die Feststellung, daß man, obwohl man erst eine halbe Stunde unterwegs ist, so viele Höhenmeter hinter sich gelassen hat, daß man bei einem Blick zurück schon überraschend weit in die Tiefe schaut.
Man bewegt sich hier in einer wild zerklüfteten Märchenwelt.
Abkühlung in einem eiskalten Bächlein.
Klar, hinter uns ist ständig der Große Buchstein und vor uns sind ständig die gleichen Wände der Hochtorgruppe. Mit zunehmender Höhe ändert sich aber trotzdem immer wieder etwas. Beispielsweise taucht hier rechts des Buchstein die steile Spitze des Kleinen Buchstein auf. Auch den hat Sonja in ihrer Jugend schon einmal bestiegen.
10:03 Uhr. Trotzdem die Tageszeit schon recht weit fortgeschritten ist und trotzdem der Untergrund hier vorwiegend aus Schotter und Fels besteht, ist es Dank des Schatten für Eddie recht gut auszuhalten. In einer Südlage müssten wir bei solchen Temperaturen (ab etwa 25°C) schon langsam an den Rückzug denken. Ohne Schatten wäre das für Eddie kaum mehr auszuhalten.
Das Gelände ist hier nie wirklich steil und der Schutt nie wirklich störend. Auch an Wasser mangelt er hier nicht, die Schmelzwasserrinne ist meist gut erreichbar und naß.
Knapp weniger als eine Stunde sind wir jetzt unterwegs und so hoch, daß wir neben dem Kleinen Buchstein 1990m auch die Tieflimauer 1820m erkennen können.
Großer Buchstein, Kleiner Buchstein und Tieflimauer auf einen Blick.
Ich hatte mir früher oft vorgenommen, den Großen Buchstein zu besteigen, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen und daher kannte ich auch die Lage des Buchsteinhauses nicht. Hier, aus dieser Position, wurde mir erstmals klar, wo das Buchsteinhaus steht. Je höher wir stiegen, desto klarer konnte man es erkennen.
10:46 Uhr. Wir erreichen die alte Haindlkarhütte.
Jetzt sind wir auch auf gleicher Höhe mit einem Felsklotz (Bildmitte), auf dem eine grüne Fahne am Mast weht. Von unten hatte ich mir schon gedacht, “Ist das die Fahne vom Alpenverein oder eine vom Lagerhaus?” Es ist die vom Alpenverein.
An Fotomotiven mangelt es hier wahrlich nicht und man nimmt sich auch schon Zeit, weil …
… kurz nach der alten Haindlkarhütte, unmittelbar hinter einem riesigen Felsklotz, schon die neue Hütte zu sehen ist.
Vor der Hütte kann man sich an einem Brunnen die Trinkwasserflaschen für die weitere Wanderung auffüllen. Eiskaltes, frisches Quellwasser!
Ein paar Minuten nach der alten Hütte sind wir bei der Neuen eingetroffen.
Die Hütte befindet sich in einer wunderschönen Lage, nur auf Fotos kann man das ohne größerem Aufwand kaum darstellen. Wobei es ohnehin so ist, daß Bilder von der Realität fast immer weit in den Schatten gestellt werden. Einfach raufgehen und anschauen.
Wir trinken jeder einen halben Liter Mineral mit Zitrone. Hunger haben wir keinen, sind ja noch nicht lange unterwegs. Nachdem wir unsere Getränke geleert und auch genug gesehen hatten, ging es weiter auf unserer kleinen Wanderrunde.
11:19 Uhr. Auf geht’s in Richtung Gsengscharte. Unweit der Hütte sind Felsbrocken mittels Stahlgitterboxen zu dammartigen Mauern gestapelt.
Blick in Richtung Gsengscharte. Nur ein Pärchen (Bildmitte) war mit uns weiter nach oben unterwegs, sonst waren wir hier vorerst einmal alleine.
Auf festem, sehr gut begehbaren Schotter stiegen wir höher und höher. Hier knallt dir, wenn’s passt, die Sonne gnadenlos auf die Rübe.
Schon nach kurzer Zeit ist die Hütte unter uns um einiges kleiner geworden. (Nein, eigentlich nicht. Sie ist sicher noch genau so groß wie vorhin, nehme ich an. Sie erscheint nur durch die zunehmende Entfernung kleiner)
Bei der Gsengscharte findet man ein nettes Platzerl für eine Rast und sogar eine Holzbank. Der letzte Blick hinunter zur Haindlkarhütte.
Blick über das riesige Schuttkar “Im Gseng” hinweg zur Haller Mauer.
Am Einstieg zum Abstieg gäbe es noch einen Behälter für ein Steigbuch(?) und einen Kerzenhalter oder was immer das sein soll. Steigbuch finde ich keines, was ich finde, schaut, ohne das ich es heraus nehme, aus wie eine nasse, zerquetschte Rolle Klopapier. Aber vielleicht soll das ja auch wirklich nur ein Halter für Klopapier sein. Was weiß den ich schon.
11:34 Uhr. Los geht’s. Runter da. Ich weiß noch nicht, wie gut der Fels haftet, aber zur Not wäre da noch ein gut fixiertes Stahlseil und eine Kette.
Das geht sehr gut da runter. Der Fels ist griffig wie Rennasphalt und das Stahlseil hilfreich. Wenn’s schon da liegt, dann nehm ich es auch, falls unter mir was nachgeben sollte. Tut es aber nicht.
In der Rinne sind sogar Trittklammern montiert. Wozu die sein sollen, weiß ich nicht, aber sie sind da.
11:40 Uhr. Die steile, versicherte Rinne ist kurz und der Rest des Abstiegs ins “Gseng” ist eine riesige Gaudi. Der Schutt ist fein, haftet aber so gut wie guter, griffiger Schnee. Der Abstieg hier ist bis ins Gseng wirklich Knieschonend und vor allem …
11:47 Uhr. … landschaftlich wunderschön!
Wunderschöner Blick zum Admonter Reichenstein
Vom gleichen Punkt aus nach unten fotografiert. Im ersten Moment denkt man sich “Ui, das wird jetzt steil!” Aber nein.
Das Gelände mag steil sein, der Weg wir niemals steil. Wunderschön angelegt schlängelt es sich in engen Serpentinen durch latschenverwachsenes Felsgelände. Absturzgefahr verspüren wir hier nie.
Das hier ist eine seltsame Stelle. Hier standen im Schatten zwei junge Leute aus Rumänien. Schienen beide sehr fit zu sein, er hatte in einer Tragekraxe ein Kleinkind sitzen, daß sie so mit auf Tour nahmen. Bis hierher alles ganz normal. Was ich seltsam fand war, die sind nicht einfach an diesem Trümmerhaufen seitlich vorbei gestiegen, sondern durch ein enges Loch hindurch gekrochen. “Wie kann man den auf so eine Idee kommen?” frug ich mich. Daheim hab ich dann, rein zum Spaß, nach “Haindlkarhütte” und “Gsengscharte” gegoogelt und bin so auf dieses “Felsloch” gestoßen, durch das Wanderer offenbar des öfteren hindurch kriechen. Mir käme nie in den Sinn, mich da durch zu zwängen, wenn ich so locker seitlich vorbei kann. Als Notunterstand könnte man das Loch verwenden, wenn dich da ein Gewitter überrascht. Da im Loch ist sogar ein Drahtgitter drinnen, daß, so meinte ich, ein Hineinkriechen verhindern sollte. Ich kenn mich da wirklich nicht aus, was das soll.
Ein paarmal glaubt man, man ist gleich unten, was sich regelmäßig als Irrtum herausstellt. Das macht aber gar nichts. In dieser Gegend und auf diesem weichen Untergrund geht man gerne auch stundenlang.
12:46 Uhr. Wir scheinen wieder im Erdgeschoss zu sein.
Die Felsen im Hintergrund gehören, vermute ich, zum Ödstein.
Bei einem schattigen Bankerl halten wir Rast und genießen die Aussicht zum Admonter Reichenstein.
Unser Weg zum Weidendom ist ein sogenannter Themenweg. Der “Wilde John” erklärt irgendwas. Was das Thema sein soll, darüber hab ich mich nicht informiert. Ist ganz offenbar was für Kinder. Ich fühle mich zwar des öfteren als großes Kind, meine Interessen sind aber anders gelagert. Bei diesen Themenwegen hab ich immer ein komisches Gefühl. “Zwergenweg”, “Weg der Planeten”, “Druidenweg”, “Schmetterlingsweg” und sowas. Das erinnert mich immer ein wenig an “Das Tal der Millionen Schmetterlinge” von Ephraim Kishon (Link PDF Kurzfassung der Geschichte). Für Kinder finde ich das ja noch verständlich, aber es fahren auch genug Erwachsene auf sowas ab. Immer mehr Disney World, weil die Natur alleine zu wenig ist.
Von hier aus kann man mit einer Rakete zum Ödstein hinauf fliegen. Ich hab reingeschaut, aber im Moment war kein Start vorgesehen.
Blätter für Naturkunde und Naturschutz 1943 Gesäuse/Johnsbachtal (sehr interessant)
Der wilde John erzählt hier den Kindern nichts vom Pferd, sondern vom Frauenschuh.
Wir sind bei der Gesäusestraße B146. Ein Blick zum Hochtor, dem König des Gesäuse.
Auch hier ist alles recht lieb und (wie man offenbar glaubt) für die Bedürfnisse von Kindern zurechtgeschnitzt. Wir wollen hingegen eigentlich nur zum Parkplatz Haindlkar zurückkehren.
Eine Biene labt sich grade an einer Blüte
Ein alter Teil der Bundesstraße ist heute ein Rad- und Wanderweg und umgeht einen Tunnel, der nur für Kraftfahrzeuge erlaubt ist.
Je nach Blickwinkel verändert sich die Landschaft beim Blick zum Gesäuseeingang ganz erheblich.
Beim Blick genau über die Enns lugt links hinten der Admonter Reichenstein hervor.
Hier bietet sich nochmals ein Blick nach Norden zum Großen Buchstein.
Wir sind schon ganz kurz vorm Endpunkt unserer kleinen Tour. Blick durch ein breites Schuttkar zur Hochtorgruppe.
14:05 Uhr. Wir sind zurück am Ausgangspunkt. Grade vorhin haben wir nochmals ein Paar getroffen, das ebenfalls mit einem Hund zur Haindlkarhütte wanderte. Die sind aber am Aufstiegsweg wieder abgestiegen. Nun ziehen wir uns noch gemütlich um, dann fahren wir Heim und kochen uns was gutes zum Essen. Wieder einmal sind ein paar wunderschöne Stunden in der Natur zu ENDE gegangen. Ich würde diese Runde jederzeit wieder in der selben Richtung gehen. Also pfüat Gott und bis zum nächsten Mal, irgendwann und irgendwo.