Der Alpengasthof Ruetz in St. Sigmund im Sellrain war ja einige Jahre lang Ausgangspunkt unserer Motorradtouren in Tirol, Italien und Schweiz, wobei mir das Sellraintal sowie die Familie Ruetz irgendwie ans Herz gewachsen sind. Auch heuer waren wir schon hier. Vom 24. Juni bis 27. Juni war St. Sigmund unser Ausgangspunkt für schöne Motorradtouren. Also warum nicht auch einmal hier wandern? Dazu muß ich sagen, obwohl ich schon so oft hier war, hatte ich von der nächsten Umgebung abseits der Straßen nicht viel Ahnung. Einen Eindruck, wie schön es hier sein kann, gewann ich im Zuge einer unserer Pässetouren um 2012 herum, als mich Engelbert Ruetz mit dem Quad zur Sonnbergalm hinauf mitnahm. Diese Alm liegt nördlich der Sellrainstraße genau gegenüber von St. Sigmund auf 1950m Seehöhe. Den Ausblick, den ich von dort nach St. Sigmund hinunter und vor allem ins Gleirschtal hatte, den hab ich nie vergessen und der war mit eine Ursache für unseren Urlaub hier. Was sich daraus entwickelt, davon hatten wir selbst am Tag der Anreise keine Ahnung. Unser erster Tiroler Berg, der Mutenkogel, war aus heutiger Sicht der Startpunkt für eine große, leidenschaftliche Liebesbeziehung zum Gleirschtal und zu den Bergen rundherum.
2. September 2024
Nach 380km Fahrt Ankunft beim Alpengasthof Ruetz in St. Sigmund im Sellrain
Unser Zimmer mit Bad und Balkon.
Dieser Teich liegt oberhalb des Gasthof und am Weg zur Gleirschalm.
Rastbank mit Blick über St. Sigmund
3. September – Mutenkogel 2420m
Ausgangspunkt: Alpengasthof Ruetz in St. Sigmund im Sellrain auf rund 1500m Seehöhe.
Strecke: Ruetz – Wandern in Richtung Gleirschalm-dem Schild “Mute” zu einer breiten Schmelzwasserrinne folgen und dann dem markierten Weg steil nach oben bis zum Gipfel.
Streckenlänge: rund 8km
Tiefster Punkt: rund 1500m
Höchster Punkt: 2420m plus Aufstieg am Grat auf 2530m Seehöhe.
Höhenunterschied: etwa 1000Hm
Zeitaufwand: 7 Stunden 15 Minuten mit allen Pausen und Erkundungen.
Wetter: Leicht bewölkt bei 13°C bis 18°C
Charakteristik: Einfache Wanderung, aber steil. Genau genommen ist der Mutenkogel kein eigenständiger Gipfel, sondern der nördlichste Punkt am Grat zum Räuhengrat 2814m.
opentopomap mit GPS-Track und Streckenprofil
7:08 Uhr. Blick vom Balkon über St. Sigmund.
7:15 Uhr. Nicht nur wir sind startbereit, sondern auch die Zugvögel.
Schon kurz nach dem Gasthof ist der Weg zur Gleirschalm (30min) angeschrieben.
Blick zum Gasthof und nach St. Sigmund
Gemütlich stapfen meine zwei Schlümpfe am Teich vorbei in Richtung Gleirschalm. Im Hintergrund das Seejoch 2808m.
Der nächste Wegweiser lässt nicht lange auf sich warten. Von hier aus sind es jetzt 40 Minuten bis zur Gleirschalm. Je näher man kommt, desto weiter ist man weg, oder so?
Wir sind an der Asphaltstraße, die zur Alm führt und wandern weiter …
… bis zu dieser Linkskurve, bei der …
… man vor einer Brücke dieses Schild findet.
Ab dem Schild folgen wir rechts diesem schönen, grasigen Waldweg aufwärts.
Vom Gasthof bis zum Einstieg legen wir rund 1.3km und 150Hm zurück. Hinter uns ragen das Seejoch (Flaurlinger Rosskogel) 2808m und die Peider Spitze 2808m empor, ersterer wäre über die Sonnbergalm relativ einfach zu erreichen.
7:39 Uhr. Wir verlassen den Wald …
… 7:46 Uhr und gleich drauf auch den Waldweg, der bei diesem Geröllfeld endet.
Durch das Schmelzwasser im Frühjahr entstehen immer auch leichte (oder massivere) Murenabgänge, womit sich der “Weg” immer wieder verändert. Den Markierungen kann man nicht immer vertrauen, der Weg nach oben ist aber auch ohne klar. Man geht dort, wo man gehen kann.
7:54 Uhr. Steigspuren und Markierungen deuten an, daß wir den Einstieg erreicht haben. Ab jetzt geht es “Hepp!” stetig steiler werdend nach oben.
Bis hierher muß man kein Wasser mitnehmen. Hier und noch einmal etwas weiter oben bei der Querung einer Rinne kann man Wasser direkt vom Bach trinken oder in Flaschen fassen.
8:19 Uhr. Blick nach St. Sigmund, zu Seejoch und Peider Spitze.
8:19 Uhr. Blick ins Gleirschtal. Wir sind noch immer im Schatten.
8:31 Uhr. Sonnenaufgang überm Freihut 2625m östlich von uns.
Auf etwa 1800m erreichen wir die einzige flache Stelle am Weg unterhalb des Gipfel. Es sind ungefähr 100m Wegstrecke bis zur Querung einer Wasserrinne, aus der man nochmals Wasser in die Flaschen füllen könnte.
8:40 Uhr. Rückblick zur Querung der Rinne. Das Gelände ist hier ziemlich steil. Wir unterscheiden hier nur mehr zwischen “steil”, “ziemlich steil” und “Sausteil”.
8:40 Uhr. Die letzten Bäume vor der Baumgrenze.
Weitwinkelaufnahme. Im Hintergrund der Räuhegrat
Zur Erinnerung an Helmut Rosner, der hier am 10. August 1997 mit einem Segelflugzeug abgestürzt ist.
Da vorne steht der letzte Baum der Baumgrenze. Man könnte von hier aus meinen, der steht alleine und weit oberhalb der Baumgrenze. Alleine steht er, aber nicht oberhalb. Hinter der Geländekante, von hier aus nicht zu sehen, stehen auch noch andere Bäume.
Rechts unser Nachbar, der Freihut.
Kurze Rast und einmal trinken …
… aber gleich geht’s wieder weiter.
10:25 Uhr. Gipfelkreuz in Sicht
Fotografieren wir uns gegenseitig?
11:31 Uhr. Nach ungefähr vier Stunden stehen wir heroben, unweit vom Gipfelkreuz. Hier ist auch schön zu erkennen, daß es sich beim Mutenkogel nicht unbedingt um einen eigenständigen Gipfel, sondern um den Anfang eines langen Grat zu einem höheren Gipfel handelt. Nichts desto Trotz ist es hier wunderschön!
Hinter mir der Vermessungspunkt “Mutenkogel” und das Gipfelkreuz.
Mein kleiner Schlumpf am Mutenkogel
Mutenkogel (auf den Karten von 1880 bis 1930 Muttenkogel) 2420m
Gipfelkreuz Mutenkogel. Im Hintergrund die Sonnbergalm, das Seejoch und die Peider Spitze, beide 2808m hoch.
Tiefblick in Richtung St. Sigmund
Blick ins Sellraintal in Richtung Haggen
Blick in Richtung Grat, der zum Punkt “Räuhegrat 2814m” führt. Diesen Räuhegrat kann man, man glaubt es von hier aus ja gar nicht, auch als Wanderer steil, aber gehbar, unmarkiert durch die “Grube” erreichen. Gutes Kartenmaterial und Orientierungssinn sind dort allerdings überlebenswichtig.
Es dauert nicht lange und wir werden von einem relativ zahmen Steinbock *hust* besucht.
Hier sind sogar noch mehr Steinböcke.
Die Sonja behauptet ja, das sind Schafe, aber was weiß den die? Das sind Steinböcke. Gar keine Frage!
11:26 Uhr. Es ist noch nicht einmal Mittag, das Wetter ist gut, also lassen wir unsere Rucksäcke einfach liegen, wo sie liegen und steigen am Grat entlang nach oben. Schauen wir einfach einmal, wie weit wir kommen.
Der Grat ist noch breit und gut zu gehen. Es gibt sogar Steigspuren.
Das ist noch immer alles recht einfach und schön zu gehen.
Blick über die Alm zum Freihut
11:37 Uhr. Wenn das so einfach weiter geht, dann kommen wir aber noch weit nach oben!
11:40 Uhr. Wir haben eine Art Krone aus Fels erreicht, über die man etwas kraxeln muß. Ich suche einen Weg und finde auch einen.
Sonja kommt mit Eddie nach, dann kraxle ich auf diese Felskrone rauf und sie warten, bis ich einen Weg gefunden hab.
Geschafft. Ich sitze auf der Krone (lt. Navi 2530m) und sehe den Weiterweg. Jetzt müsste noch Sonja nachkommen. Ich ruf ihr auch und sie hört mich, aber ich höre ihre Antwort nicht. Sie ist da irgendwo unter mir und ich weiß nicht, wo. Kein Sichtkontakt. Dann, beim weiterkraxeln, bemerke ich was. Diese Felsen sind alle komplett lose. Die haben keinen Zusammenhalt. Alles wackelt, bewegt sich und verrutscht, sobald man es berührt. Ich hab überhaupt keinen Zweifel, daß Sonja und ich da noch einige Höhenmeter höher kommen würden. Das ist überhaupt nicht schwierig. Zumindest bis zur nächsten “Krone” da oben kämen wir bestimmt. Wir sind aber nicht alleine. Wir haben Eddie mit! Ich spreche, so schwer es mir auch fällt, ein Machtwort. Mit Eddie gehen wir hier nicht weiter! Ich will und kann nicht riskieren, daß er sich eines seiner Beinchen verletzt. Das ist es nicht Wert. Bis hierher und nicht weiter. Wir kehren um! DAS ist nix für Eddie. Die Verletzungsgefahr ist zu groß.
Wie ein kleiner Adlerhorst schaut der Platz aus, wo Sonja mit Eddie auf mich wartet.
Blick ins Gleirschtal in Richtung Lampsenspitze
Rückkehr zum Mutenkogel. Das ist der Gupf da ganz vorne.
Blick ins Kraspestal, dem westlichen Nachbartal des Gleirschtal
Da oben die Felskrone, auf der wir waren.
Wir sind wieder im grasigen Flachteil des Mutenkogel.
Jetzt noch da hinauf und unsere Rucksäcke holen.
12:11 Uhr. Nicht ganz eine Stunde hat unser kleiner Ausflug gedauert. Wir besuchen noch einmal das Gipfelkreuz…
… schauen noch einmal auf den Grat zurück, den wir erkundet haben, …
… noch einmal ein zauberhafter Blick ins Gleirschtal und (etwas rechts der Bildmitte) zur Lampsenspitze 2876m, dann …
… machen wir uns auf den Weg nach unten. Es ist 12:16 Uhr.
Das Wetter ist stabil, wir haben alle Zeit der Welt und genießen den Abstieg.
Man kann sich hier problemlos den Bauch mit Heidelbeeren vollschlagen. Es ist für die Leute, die sonst alles pflücken, was sie am Wegrand finden, viel zu mühsam, hier herauf zu steigen. Jeder Wanderer findet hier genug für sich selber.
13:05 Uhr. Fünfzig Minuten ab Gipfel.
Madam hat offenbar wieder was gefunden, wofür ich zu blind war.
Wie beim Aufstieg queren wir wieder diese Wasserrinne …
… und erfreuen uns am einzigen flachen Wegstück am Berg
Wir sehen wieder ins Sellraintal hinaus.
Ich bin fast unten in der Schmelzwasserrinne
Pffff. Egal, wie das Gefälle jetzt noch wird, es ist für uns flach. Jetzt rasten wir einmal eine Weile.
Der Kleine da hat auch eine Rast verdient.
Irgendwo im Bachbett verewigen wir uns (jedenfalls bis zu den nächsten Regenfällen).
Wir kommen wieder zum Kinderspielplatz
… haben wir nur mehr ein kleines Stück zum Ruetz hinunter.
Nach sieben Stunden, fünfzehn Minuten, nach etwas mehr als acht Kilometer und eintausend Höhenmeter, nach vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen sind wir wieder …