Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

19. Juli 2013

100 000km mit der blauen Elise – Ein Jubiläum

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 17:28

100 000km mit der blauen Elise – XJR1300 RP10

20130719_xjr_100_000km_001Fast hätte ich es verpennt! Gestern drehte ich noch mit einem alten Bekannten eine schöne, kleine runde über 130km, wobei wir überhaupt keinen Plan hatten, wohin wir fahren würden. Es hat sich durch den Umstand, dass Christian gegen 14 Uhr zu einem Begräbnis musste, halt so ergeben, dass es 130km waren. Als ich daheim den Schlüssel abzog und den Tageskilometerzähler auf Null stellte, fiel es mir auf. Herrschaftszeiten, nur mehr 30km, dann hab ich Hunderttausend voll. Ich zögerte kurz, war versucht, den Schlüssel wieder in´s Zündschloß zu stecken und das Jubiläum gleich zu feiern, aber dann überlegte ich es mir anders. Ich hatte nämlich noch weitere zwei Tage frei und somit Zeit, dieses Ereignis für mich und für meine Elise gebührend zu feiern.

Heute war es so weit. Beim ersten Tageslicht merkte man schon, die Wetterfrösche hatten sich wieder einmal kräftig geirrt. Zumindest was die Langzeitprognose für 5 Tage betrifft. Eigentlich sollte es seit gestern regnen oder zumindest stark bewölkt sein. Eigentlich sind diese Vorhersagen aber seit 3 Tagen aus dem Wetterbericht verschwunden, denn das Wetter hat es sich anders überlegt. Es ist heiß. Dafür hab ich wieder Rückenschmerzen. Ist wohl die Buße für die 483km mit meiner Foxi vor 2 Tagen. Aber schön war´s.

Heute zog ich mir zur Feier des Tages Jeans, die Bellstaff Jacke und die durchgeschliffenen Daytona Stiefel an, mit denen wir beide, meine XJR und ich so viel Spaß hatten, dann krallte ich mir den offenen Helm und fuhr los. Die Frage war nur, wie leg ich die kleine Runde an, dass ich das Jubiläum an einer schönen Stelle feiern kann? 30km ist nicht viel. Da ist wenig Spielraum für einen Irrtum. Wenn ich mich dumm anstelle, feiere ich den Hunderter im finsteren Wald oder in einem Graben! Hier im Alpenvorland geht das schnell. Entweder du bist irgendwo oben, oder irgendwo unten. Oder am Weg von oben nach unten und umgekehrt. Also ohne Aussicht, ohne schöner Landschaft als Hintergrund. Ich dachte mir sogar, wenn mir sowas passiert, dann schieb ich sie auch einen Kilometer retour, nur um mit schöner Aussicht feiern zu können. Ob das überhaupt funktioniert, weiß ich nicht. Muß mich auch nicht mehr interessieren.

Es ging wie nach einem Generalstabsplan. Zuerst Richtung Seitenstetten, dann bog ich frei aus dem Bauch heraus einfach nach Bieberbach ab und fuhr hinten über Seitenstetten nach St.Michael am Bruckbach hoch. Das Kribbeln im Bauch wurde immer größer, der Kilometerzähler näherte sich immer mehr der hunderttausender Marke. Ständig hatte ich Angst, aus irgend einem Grund abgelenkt zu werden und den einzigartigen Augenblick zu versäumen. Meine Güte, wie ein kleiner Junge. Dann bemerkte ich, es könnte sich tatsächlich sogar ausgehen, dass ich den Hunderttausender bei der Aussichtswarte oben an der Alpenvorlandstraße feiern kann. 99 999 zeigte der Tacho, als ich oben an kam. Ein paar Meter noch, dann wäre es geschafft. Vielleicht sogar ein paar hundert Meter? Das wäre blöd, denn dann stünde ich wieder weiter unten, wo die Aussicht noch ganz so schön wäre. Dann, nach einem kleinen Stück bergab war es so weit. 100 000km standen am Tacho. Gratuliere, mein Lieschen, du bist ein wunderbares Motorrad. Dich verkauf ich niemals! Auf die nächsten einhunderttausend Kilometer.

Achteinhalb Jahre und einhunderttausend Kilometer – Wie doch die Zeit vergeht!

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12. Januar 2012

Sieben Jahre mit der Yamaha XJR1300 RP10

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 17:05

Das verflixte siebente Jahr oder Wenn ein XJR-Fahrer auspackt

siebenjahremitderxjr_01Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Über sieben Jahre hab ich die blaue Elise schon. Aber ich bereue keinen einzigen Tag mit ihr. Viel haben wir zusammen erlebt, einige Kilometer zusammen herunter gedreht. Als ich sie am 31. Dezember 2011 nach einer kleinen Silvestertour frisch gewaschen in der Garage abstellte, hatte sie genau 86 759km am Tacho. Was gabs in dieser Zeit, innerhalb dieser Laufleistung, an Schäden und Problemen? Genau davon will ich hier berichten.

Der erste größere Schaden trat, so meine ich mich zumindest erinnern zu können, bei der Anfahrt zum Glockner im Jahre des Herrn 2007 auf, also schon zweieinhalb Jahre nach dem Kauf. Ich war etwas zu flott den Hügel nach Wagrain hinuntergefahren und wurde von einem Polizisten gestoppt. Für die geringfügige Tempoüberschreitung erhielt ich von einem Schulmädchen eine Zitrone und einen traurigen Papiersmilie, den ich selbst heute noch im Tankrucksack mitführe, als Erinnerung und Mahnung. Bei dieser Kontrolle machte mich der Polizist aufmerksam, dass ich mein Licht ausgeschaltet hätte. „Das kann ich gar nicht abschalten“, antwortete ich trotzig. „Dann ist die Birne kaputt!“, ließ er sich nicht abwimmeln. Recht hatte er. Ich tauschte sie gleich 100m weiter an einer Tankstelle, trank einen Kaffee und zog weiter zum Glockner. Das war Schaden Nummer eins. Bild links oben: Der Tag, ab dem sie mir gehörtesiebenjahremitderxjr_02  Bild rechts unten: Mai 2007 – Tour nach Friesland

Ein weiterer, gleichartiger Schaden trat irgendwann gegen 2010 nochmals auf, genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Diesmal war nur die Birne kaputt, Zitrone gabs keine. Drei oder vier Rücklichtleuchten brannten auch während der 86 000km durch, und damit ich nicht vergesse, der Vollständigkeit halber, ein kapitaler Schaden trat in der Schweiz im Zuge der Pässetour 2008 auf. Da wurde der Druckzylinder der Kupplung undicht und ich mußte einmal Hydraulikflüssigkeit nachfüllen. Dieser Schaden wurde gleich nach der Heimfahrt beim Service erledigt, dann war wieder alles in Ordnung. Bild unten links: Ende März im Gesäuse

siebenjahremitderxjr_03 Was gibts noch zu berichten? Eigentlich nichts. Womit ich mich herzlich für eure Aufmerksamkeit bedanken möchte. Kauft euch keine XJR, das ist langweilig, denn da passiert nichts aufregendes. Die fährt und fährt und fährt……..bis in alle Ewigkeit.

Wie? Ihr meint, das ist Quatsch? Da muß es doch was geben, was sich zu erzählen lohnt? Klar gibts das. Vieles sogar. Einiges könnte ihr bei den Touren, national und international, nachlesen. Nur, negatives gibts nichts zu berichten. Keine Schäden, keine Betriebsstörungen, nichts. Die XJR ist das zuverlässigste Fahrzeug, dass man sich nur wünschen kann. Eine typische Yamaha eben. Ich weiß, wovon ich rede. Ich hab fünf (genau genommen sechs).siebenjahremitderxjr_04

Wie ich zur XJR kam? Nun, das war so eine Sache, damals, im Herbst 2004.
Sie hatte mir schon immer gefallen, auch in der 1200er Version. Besonders in gelb/schwarz/weiß, also den Farben von Yamaha USA, gefiel sie mir gut. Allerdings war ich damals noch nicht reif dazu. Ich fuhr seit 1978 Motorrad, seit 1990 meine FZR1000, und war glücklich damit. Sicher, ab und zu dachte ich an ein anders Motorrad, aber sicher nicht an den Kauf so eines großen, schweren, behäbigen Krapfens. „Sie ist zwar wunderschön, aber fahren möchte ich damit eigentlich nicht. Da kann ich mir auch gleich eine Harley kaufen“, war meine Meinung. Mann, ich hatte überhaupt keine Ahnung, wovon ich da rede! Bild links unten: Im November 2008 am Klipitztörl

siebenjahremitderxjr_05 Gegen Herbst 2004 kam irgendwie, ganz von selber, ein Umdenkprozess in Gang. Sobald ich mich auf meine FZR setzte, mutierte ich zu einem anderen Menschen. Ich brauchte mir nur das Leder anzuziehen, und ich wurde schon ein anderer. Langsam blendete ich alles Unwesentliche rund um mich herum aus, konzentrierte mich auf das, was ich tun wollte. Motorrad fahren – auf meine Art. Sobald der Motor lief, wurde das Fahrzeug zu einem Bestandteil von mir. Es wurden meine Räder, meine Bremsen, mein Fahrwerk, mein Motor. Ich fuhr, nicht das Motorrad. Und ich fuhr schnell. Sehr schnell. Ich hatte Spaß dran, sehr schnell zu fahren. Oft, wenn ich Heim kam nach so einer Heizerrunde, war ich körperlich und geistig ziemlich ausgelaugt, erschöpft. Diese Art, im öffentlichen Verkehr Motorrad zu fahren, forderte regelmäßig seinen Tribut. Tagelang wollte ich dann die Maschine nicht mehr sehen, war satt. siebenjahremitderxjr_06 Bild unten rechts: Juni 2009 am Falzarego Pass

Bis mir zu Bewusstsein kam, dass das irgendwann einmal schiefgehen wird. Zwangsweise! Man kann die Gschöderkurve nicht immer mit +160 fahren und hoffen, dass nur so viel Dreck liegt, dass man höchstens ein bisschen über beide Räder rutscht, sich diese auch wieder fangen. Man kann die Corkscrew für Arme in der Steiermarkt nicht immer mit 170 und abhebendem Vorderrad am Abkipppunkt fahren. Irgendwann kommt einem auf der eigenen Seite so ein Depp entgegen, der meint, genau dort, wo er nichts sieht, muß er jetzt überholen, denn wenn er nichts sieht, dann kommt auch nichts. Und dann komm ich angeflogen! Der müsste (sofern er das überlebt) nicht einmal lügen, „den hab ich nicht gesehen!“, denn der hätte mich bis zum Einschlag wirklich nicht gesehen. Ja, mit der Zeit macht man sich so seine Gedanken über das, was man tut. Auch ein verbohrter Aff wie ich. Vor allem ab 44. Und so kam ich auf die XJR. Bild links unten: 2010 – Am Gotthardpass im „Tal des Zitterns“

siebenjahremitderxjr_07 „Hmmm“, überlegte ich im September, „wieso kauf ich mir nicht ein Motorrad, mit dem ich Touren fahren kann?“ Sicher, man könnte auch mit der FZR Touren fahren, wenn man wollte. Wollte ich das? Nein, sicher nicht. Nach spätestens 250km schmerzten mir die Knie immer so, dass ich nur mehr Heim wollte. Meine Haxen sind zu lang, oder das Motorrad zu klein. An wirklich guten Tagen fuhr ich sogar 500km, dann war ich allerdings streichfähig und konnte die Beine kaum mehr bewegen. Das war nix zum Tourenfahren. Aber welches Motorrad kaufen? Dazu muß ich sagen, die FZR zu verkaufen stand keine Sekunde zur Diskussion!

Ich überlegte hin, ich überlegte her, ich schaute mir die Honda CB1300 und die Suzuki GSX1400 an, aber keine war mit der XJR vergleichbar. Die Honda wie die Suzuki waren wunderschön, keine Frage, die Yamaha XJR1300 allerdings schien mir einfach perfekt. Ich empfand sie fast als eine (etwas zu groß geratene) Raubkopie der Kawasaki Z900 oder Z1000 der 70er Jahre. Genau so sollte das Motorrad, das ich mir kaufen wollte, aussehen. Das waren damals meine unerreichbaren Traummotorräder. Genug Hubraum, genug Leistung, und diese Optik, die einfach umwerfend auf mich wirkte. Daran hat sich in den letzten sieben Jahren übrigens nichts geändert. Ich finde sie noch immer umwerfend schön. Das muß Liebe sein, oder?siebenjahremitderxjr_08 Bild rechts unten: Juni 2008 Zillertaler Höhenstraße

„Kann ich ihnen irgendwie helfen?“, frug der Verkäufer in Kemmelbach. Ich war zum ersten Mal in diesem Laden, kannte daher niemand. „Ja, vielleicht“, antwortete ich, „ich will mir eine XJR kaufen.“ Im Internet hatte ich noch dazu gelesen, dass die jetzt so quasi im Saisonausverkauf waren, also alle, die noch vom Jahr übrig waren, verbilligt. Sollte es die Farbe, die ich wollte, noch geben, dann würde ich sie einfach sofort kaufen, auch wenn schon der Winter im Anmarsch war. Die Ersparnis war gar nicht so wenig, und wenn ich ohnehin eine wollte, wieso nicht gleich? Links unten: Tour nach Friesland 2009 – Aufgenommen in der Nähe von Hannover

siebenjahremitderxjr_09 „Da hätten wir zufällig eine stehen“, deutete der Verkäufer auf eine silberfarbene im Schauraum. „Sehr gepflegt, wenige Kilometer, und ein kleiner Windschild zum Tourenfahren ist auch schon drauf.“ „Mir wird schlecht“, dachte ich im Stillen. „Die würde ich nicht einmal geschenkt mitnehmen“. Silber, und dieser Schirm! Grumpffff………… „Nein, danke, ich will eine blaue“. „Blaue hab ich im Moment keine da. Aber die da ist wirklich schön. Schau sie dir doch einmal genauer an“. Irgendwie redeten wir aneinander vorbei, auch wenn wir schon per DU waren. „Ich sollte vielleicht einmal erwähnen, dass ich kein gebrauchtes Motorrad will, sondern ein neues! Und vor allem soll es blau sein. BLAU! Ich will eine NEUE, BLAUE XJR haben!“ „Ach so, eine neue.“, kapierte er,  „Da muß ich nachschauen, obs noch eine blaue gibt“. Wir begannen uns zu verstehen. siebenjahremitderxjr_10 Bild rechts unten: August 2009 – FZR-Treffen in Deutschland.

Nach einem kurzen Augenblick kam der Herr Franz wieder daher, grinsend. „Ja, es gibt sie noch in blau“. „Gut“, meinte ich. „Die, die es noch in blau gibt, das ist meine. Kannst du mir das garantieren? Ich will sie nur in blau! Sollte die 2004er nicht mehr in dieser Farbe lieferbar sein, dann lieferst du mir im April das neue Modell, falls es überhaupt einen Modellwechsel gibt. BLAU muß sie sein, verstehen wir uns da?“ „Aber im Frühjahr ist sie wesentlich teurer als jetzt“ versuchte er nochmals einzuwenden. „BLAU muß sie sein! Ob die jetzt gleich oder im Frühjahr geliefert wird, ist mir egal! Es ist mir auch egal, was sie dann kostet. BLAU sagte ich!“ „Ja, hab schon verstanden. Blau. Sie ist ja eh in blau lieferbar. Sagte ich doch vorhin.“ Da hatte er recht. Ich wollte ja nur sichergehen, dass er nicht mit einer silbernen XJR antanzt, auch wenn sie neu wäre. Nicht geschenkt………..

siebenjahremitderxjr_11 12. Oktober 2004 gegen 10:00 Uhr Vormittag. Das Telefon läutet.
„Ja, was gibts?“ „Firma Eckl, Franz. Deine XJR ist da. Ich dachte, das könnte dich interessieren“. „WAS?“ Und ob mich das interessierte! „Wie lange wird es dauern, bis sie zusammengebaut ist?“ wollte ich wissen. „Du, die steht schon im Schauraum“. „Schon zusammengebaut?“ Ich wollte es nicht glauben. „Na sicher. Denkst du, in der Kiste? Ich dachte, ich sag dir das, falls du sie sehen willst.“ „Ich komme gleich!“ Klack, aufgelegt.

Schnell in Schuhe geschlüpft, Lederjacke, Handschuhe und Helm gekrallt, Vater gefragt, ob er mich in etwa zwei Stunden nach Kemmelbach fahren kann, dann das Zeug ins Auto geschmissen, um Zigaretten gefahren, den Erlagschein für die XJR zur Bank gebracht, und ab auf die Autobahn. siebenjahremitderxjr_12 Bild rechts: 20. Juni 2010 – St.Sigmung im Sellrain

„Kann ich ihnen helfen?“ frug die Dame, als ich den Laden betrat. „Nein, ich hol nur meine XJR“ strahlte ich über´s ganze Gesicht. Da stand sie, in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit, Amen….öh. Fast wären mir Federn gewachsen, die Gänsehaut war schon da. Was für ein Anblick? Was für eine Anmut? Was für eine Größe? Boa, der Hobel war groß. Merkte man aber erst, wenn man unmittelbar davor stand. Die war um einiges größer als meine kleine, zierliche 1000er FZR.

siebenjahremitderxjr_13 „Servus“, kam der Herr Franz mit ausgestrecktem Arm daher. „Servus. Ich habs nicht mehr ausgehalten und bin gleich losgefahren“. „Dachte ich mir, drum hab ich dich gleich angerufen“. Wir verstanden uns. „Ich lass dich einmal mit ihr alleine. Wenn du was brauchst, ich bin da hinten“. Dann war ich wieder alleine mit meiner XJR. „Meine Güte, bist du schön!“ Ich konnte es noch gar nicht fassen. Mein neues Motorrad. Meine XJR. Meine neue, blaue XJR! „Du wirst es gut haben bei mir“, dachte ich mir leise, dann rief ich dem Verkäufer. „Du, könnt ihr mir euer Werkstattkennzeichen borgen? Ich will sie Heim stellen.“ „Ja. Sicher.“ Irgendwie seltsam langsam setzte er sich Richtung Werkstätte in Bewegung, wo ich das blaue Kennzeichen vermutete. „Dann müssten wir noch über eine Kaution reden“, meinte er wieder so merkwürdig bedächtig. Ich lachte hellauf. „Du meinst aber jetzt nicht im Ernst, ich bring das Kennzeichen nicht mehr! Oder? Aber von mir aus, was willst du als Sicherstellung haben? Einen Fünfziger? Einen Hunderter? Das Blechding kostet 9.- Euro, das müsste doch genug Sicherheit sein?“ „Es geht nicht ums Kennzeichen, es geht ums Motorrad“. „WAS?“ Mir fiel fast die Kinnlade bei Fuß.siebenjahremitderxjr_14 Rechts unten: August 2007 – Treffen in Bitburg

Irgendwie redeten wir schon wieder aneinander vorbei, kam mir vor. Und wenn ich mein Motorrad gleich vor ihrer Haustür verschrotte, geht denen das einen feuchten Dreck an, dachte ich etwas wütend. „Was kümmert dich, was mit dem Motorrad passiert?“, fragte ich. „Na, wenn was passiert? Ich meine, bis es bezahlt ist?“ Ach du Scheiße, daher weht der Wind! Klar, woher sollte er es den auch wissen? Ich zog die Brieftasche aus der Hose, holte den Bankbeleg heraus und überreichte in dem Verkäufer. „Du hast sie schon bezahlt?“ frage er erstaunt. „Wieso sollte ich von meinem Motorrad reden, wenn es nicht bezahlt wäre?“, fragte ich zurück.

„Bring die Werkstattkennzeichen fürs Motorrad her“, schrie er plötzlich von weitem über den Tresen zu einem Mechaniker, und als der angetrabt kam „und montier das dort auf die blaue XJR. Der Herr Gerstl will mit seinem Motorrad heimfahren.“ Jetzt verstanden wir uns wieder. Dann fuhr ich mit meiner blauen Elise die ersten Kilometer.

siebenjahremitderxjr_15 Es dauerte eine Weile, bis ich mich an sie gewöhnt hatte. Ich saß von Anfang an sehr gut drauf, aber diese Sitzposition war ich überhaupt nicht gewöhnt. Nur einmal in meinem Leben fuhr ich ein Motorrad mit normalem Lenker, und das gehörte nicht mir, sondern meiner Freundin. Sonst hatte ich seit der Hercules nur Stummellenker am Zweirad. Noch was war ganz anders. Die Größe des Fahrzeuges. Meine Güte, kam mir die Dicke groß vor. „Da sitzt man ja im ersten Stock“, dachte ich verwundert. Aber die Aussicht war gut von da oben, ergo würde ich mich daran gewöhnen. Viel mehr Bammel hatte ich vor den Teilen, die da links und rechts vorstanden und in Schräglage schleifen würden. Direkt vorm Schleifen hatte ich keine Angst, aber davor, ausgehebelt zu werden. Sowas hatte ich mit Glück bei der XS750 überstanden, als der Krümmersammler der 3in1 Anlage aufsetzte. Fast wäre die Kiste abgeschmiert. Na, und wenn man die XJR genau anschaut, dann ist die nicht nur hoch, sondern auch sehr breit.

Im Herbst 2004 hatte jedoch gar nichts geschliffen, dazu war es einfach zu kalt und das Motorrad zu neu. Ich fuhr zwar noch fast 600 Kilometer, dann kam der Winter, und mit der Kälte und dem Schnee die Winterpause. Im Frühjahr war ich, sobald es das Wetter zuließ, wieder unterwegs und hatte sofort viel Spaß. Ganz am Anfang der neuen Saison kaufte ich mir einen Satz Hepco & Becker Koffer, ein riesiges Givi Topcase und ließ alles auf SW-Motech Halter montieren (ich bin mit den Koffern nur von der Werkstatt bis Heim gefahren, dann nie wieder). Sicher, das hätte ich auch alleine machen können, denn da ist nicht viel dabei, aber die Firma Grell, übrigens ein Honda Händler, machte inklusive Montage so ein gutes Angebot, dass ich nicht nein sagen konnte. Im Zuge der Montagearbeiten durfte ich die damals neu erschienene „CBR1000RR Rapsol Fireblade“ ausprobieren, damit mir nicht langweilig wird. Später durfte ich sogar noch die kleine CBR600RR probieren und war von beiden Motorrädern schwer beeindruckt. Besonders allerdings von der Fireblade.siebenjahremitderxjr_16

Nach der Rückkehr mit der 1000er, ich war gut eine 3/4 Stunde unterwegs gewesen, frug mich der Seniorchef, wie es mir gefallen hätte, und wie sie sich fährt. Natürlich war ich total am schwärmen. „Ein Traum von einem Motorrad, so gutmütig und einfach zu fahren. Persenbeug, hoch ins Waldviertel, Rechtskurve, innen Kapelle, volle Schräglage, 188km/h am Digitaltacho, absolut ruhiges Verhalten, ein Traum…….“. „Vollidiot“, las ich in seinen Augen, blieb aber still. Ist ja egal, was er denkt. „Die da würde ich sofort zurücknehmen“, zeigte er auf meine XJR. „Die schaut noch recht gepflegt aus“. „Würden sie das?“ frug ich grinsend. „Wenn du die Blade kaufst, sofort“. „Wundert mich nicht“, meinte ich dann so beiläufig wie möglich, „die hat nämlich nicht einmal 600km am Tacho“. Sein Kopf ruckte herum. „Die ist neu?“, platzte er heraus.  „Ja“. Damit war unser Gespräch beendet. Wir können trotzdem gut miteinander. Die haben nicht nur Honda, sondern auch eine hervorragende Fahrerausrüstung zu verkaufen, und darum sehen wir uns immer wieder.

siebenjahremitderxjr_17 Am 3. Juni 2005 war ich nach gut 25 Jahren wieder mit einem Motorrad am Großglockner. Seitdem bin ich jedes Jahr zumindest einmal, manchmal auch öfters, auf dieser schönen Hochalpenstraße unterwegs. Weder die Nockalmstraße noch die Kölnbreinsperre hatte ich je besucht, und zahlreiche Strecken, die ich zwar befuhr, von denen ich jedoch nur die Bremspunkte und die gefährlichsten Abschnitte im Schädel gespeichert hatte, sah ich jetzt mit anderen Augen, befuhr ich jetzt mit einem bisher unbekanntem Genuß. Ich hatte Zeit zum Schauen! Ich wusste plötzlich, wie schön es rundherum war!

Es dauerte allerdings nicht lange, dann hatte ich auch dieses große Motorrad im Griff, und alles schien sich, wenn auch langsam, Stück für Stück, fast unmerklich, zu wiederholen. Ich wurde immer schneller, begann bei Regen 1000er Supersportler zu jagen, die Fußrastennippel wurden immer kürzer, der Ausleger des Hauptständers immer dünner, ja sogar die Schleifspuren an den Aufpufftöpfen wurden immer größer. Bei der Pässetour 2010 begannen die Gänge unter Vollast herauszuspringen, oder das Getriebe schaltete gar nicht, wenn der Schaltvorgang zu schnell war. So gemütlich ich damit meistens auch unterwegs war, sobald sich eine Gelegenheit bot, jemand auf einem stärkeren Motorrad zu jagen, herzubrennen, tat ich das. Ich zog sehr selten den Kürzeren. Aber ich war dabei, die wunderschöne XJR zu ruinieren! „Stopp!“, dachte ich. „Bis hier her, und nicht weiter!“ Noch ist es nicht zu spät, noch ist sie nicht kaputt. Aber lange könnte das mit dieser Fahrweise nicht mehr dauern. siebenjahremitderxjr_18 Bild rechts unten: Oktober 2009 – Krumlov

Ich war die ersten paar Jahre ausschließlich mit der XJR gefahren, hatte damit fast verlernt, wie man mit einer 1000er fährt, wie man brutal fährt. Dann kam die Lust wieder. Die Lust, mit beiden Motorrädern zu fahren. Und als ich die 1000er wieder so im Griff hatte wie zuvor, war das für die XJR der reinste Horror, denn dann fuhr ich mit ihr auch nicht viel anders. Das änderte sich erst, als ich umdachte. Ich wollte nicht nur die XJR nicht ruinieren, ich wollte gar kein Motorrad mehr ruinieren. Vor allem wollte ich mich selber nicht ruinieren. Ich fand das plötzlich alles blöd und kindisch. „Ich muß nicht mein Eigentum ruinieren, mein Leben riskieren, um Spaß zu haben!“ Entweder war das der Zeitpunkt, wo ich sowas wie intelligent wurde, oder einfach nur alt?

siebenjahremitderxjr_19 Ich überholte meine treue alte FZR recht aufwändig und fand nach einer kurzen Eingewöhnungszeit wieder richtig Spaß damit. Mehr sogar, als je zuvor, denn jetzt hatte ich diesen irren Drang zum Rasen überwunden. Allerdings fuhr ich noch immer schneller, als das mit der XJR je möglich wäre, und wenn ich umstieg von der FZR auf die dicke, breite XJR, dann flogen die Funken, dass es nur so ein Spaß……Nein, das war kein Spaß, das war eine Schande! So ein schönes Motorrad so zu mißhandeln, das ist eine Schande, und kein Spaß. Dafür wurde die XJR nie gebaut. Seit dieser Einsicht schleift die Elise nicht mehr. Ich hab gelernt, sie in allen erdenklichen Situationen schleifen zu lassen, und dann hab ich gelernt, sie NICHT schleifen zu lassen. Das Zweitere war härter zu lernen. siebenjahremitderxjr_20

Mit der XJR kann man tatsächlich fast alles machen. Sie ist unglaublich wendig, hat einen Lenkereinschlag fast wie ein Fahrrad, womit engste Wendemanöver möglich sind. Aufgrund der guten, angenehmen Sitzposition und des breiten Lenkers kann man praktisch jeden Rutscher abfangen. An der Ostseite des Preiner Gscheid, wo immer ein wenig Sand liegt, fuhr ich nicht nur einmal mit rutschendem Vorder- und Hinterreifen rauf, fast wie ein Dirt Tracker, und es kam kein Bisschen Streß auf. Zum Pfitscherjoch (na, nicht ganz natürlich, das ist verboten) fuhr sie sich im ärgsten Dreck wie ein Fahrrad, zum Pordiojoch rutschte sie mit dem Heck wie eine MotoGP Maschine, als die Reifen überhitzten, und auf schottrigen Almstraßen fährt sie sich so einfach, als wäre sie auch dafür gebaut worden. Sogar nach Diembach (irre Kurvenorgie in OÖ) ist sie recht flott zu fahren. Die XJR macht fast überall Spaß.

siebenjahremitderxjr_21 Schwer beladen hört der Spaß, zumindest in engen Kurven, allerdings sehr schnell auf. Dann wird sie sehr mühsam. Die wieselflinke blaue Elise mutiert dann zur dicken Berta und zieht dir nicht vom Beschleunigen die Arme lang, sondern vom Herumwuchten, und lässt in kürzester Zeit die Muskeln schmerzen. Dann hilft nur mehr eines, weg vom Gas! Rollend ist egal, wieviel man aufgeladen hat. Da fährt sie sich wieder wunderbar einfach.

Damit die Elise etwas entlastet wird, hab ich eine blaue YZF1000R dazu gekauft. Sie war die Nachfolgerin der FZR1000, mit dem gleichen Motor. Man sitzt auf ihr sehr gut, kann lange Strecken fahren. Durch ihr geringes Gewicht fährt sie sich natürlich ganz anders als die XJR. Auch, so komisch das klingt, tut mir um die Ace nicht leid, um die XJR hingegen schon. Das hatte letztes Jahr am Tonale seinen Vorteil, als ich auf die Fresse flog. Waren nur ein paar Kratzer, na und? Um die XJR hätte ich geweint.siebenjahremitderxjr_22

Was mach ich, wenn meine schöne blaue Elise, die bisher noch nie gelegen ist (auf Holz klopfe), einmal altersschwach werden sollte? Eine Neue kaufen? Die RP19, dachte ich damals, als sie heraus kam, sollte ja mit der Einspritzung zumindest sparsamer im Verbrauch sein als meine mit den Vergasern. Die Dicke kann nämlich ordentlich saufen, wenn die Umstände passen. Lange Autobahnetappen in Deutschland beispielsweise, wo man´s einmal ein paar hundert Kilometer krachen lässt, quittiert sie mit unglaublichem Durst. Wie ein Bierkutscher beginnt sie dann zu saufen, bis zur Reserve vergehen dann nur mehr 150km. Die XJR hat einen 21 Liter Tank, sollte ich vielleicht erwähnen. Ebenfalls erwähnen sollte man aber auch, dass es fast nicht möglich ist, dass sie bei wirklich schneller Fahrt nicht sauft. Man braucht sich doch nur die Stirnfläche anschauen, dann weiß man alles. Breit wie ein Eckhaus, nur nicht so windschlüpfrig.

Das witzige an der Sache ist, das der Hans, ein Freund, der die RP19 mit der Einspritzung fährt, ganz genau so viel Benzin wie ich mit dem Vergasermotor verbraucht. Dafür ruckelte meine nie, seine schon. Bis sie umprogrammiert wurde. Ein Update ist bei meiner nicht notwendig, da hält sich die Elektronik noch in Grenzen. Das fehlt mir noch. Ein Motorrad, das man regelmäßig updaten muß. Dann wird´s Zeit zum Aufhören.

Ach ja. Also, was mach ich, wenn meine XJR, die blaue Elise, einmal wirklich altersschwach wird? Kauf ich mir dann eine Neue, sofern es sie dann noch gibt? Liebe Firma Yamaha, so leid es mir tut, aber eine neue XJR will ich nicht. Dann lasse ich sie lieber generalüberholen, alles neu machen, wenn´s sein muß, aber durch eine Neue wird sie nicht ersetzt. Ihr habt die RP10 viel zu gut und zu schön gebaut, als dass ich sie ersetzen würde.

Ich will nur meine blaue Elise, und zwar FOREVER.

11. März 2011

Yamaha FZR1000 3LE EXUP Bj. 1990 – Meine Zwillinge

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 16:49

exup_1990_2 exup_1990 Die FZR1000 Modellreihe gab es 1990 in zwei Farbdesigns. Weiß/Rot/Blau, wie links, und in dezentem Anthrazit, wie rechts. Als ich mir damals meine  erste FZR1000 3LE kaufte, wählte ich die dezente Version, weil sie mir erstens sehr gut gefiel, und weil sich diese Version von der bunteren insofern abhob, als sie nicht gängig war. Die meisten Besitzer hatten die buntere 1000er gewählt, die auch schon als 2LA in ähnlichem Design sehr beliebt war. Inzwischen sind 21 Jahre vergangen, in denen ich mit meiner FZR viele schöne Fahrten erleben durfte. Letztes Jahr im Februar gesellte sich eine FZR1000 3LH Fox-Eye dazu, und nun besitze ich plötzlich drei davon. Wie es dazu kam, lest ihr in der folgenden Geschichte.  Quelle Bilder links und rechts – Yamaha Bild links unten: Günther (mit Opa) nimmt Abschied von seiner FZR.

Nun, nicht nur die Wege des Herrn sind unergründlich.

exup_1990_3Wir schreiben das Jahr 2011. Ich suchte nach einer schönen, blauen Lederkombi, möglichst von Dianese, weil die mir von der Stange weg wie angegossen passen. Aber so sehr ich auch suchte, egal ob bei meinem mir bekannten und vertrautem Händler oder im Internet, ich fand keine. Entweder, wie bei Dainese, war sie gerade aus dem Programm gestrichen worden, oder sie passten mir bei einer Anprobe einfach nicht. „Kruzifix, das gibts doch nicht“, dachte ich, „wieso soll es keine schöne blaue Kombi mehr geben?“ Lederkombi fand ich keine, aber eine 1000er FZR. exup_1990_4

Es war nur das Bild einer, wie mir schien, originalen FZR Bj.1990. Eines der Bilder, die zuhauf im Internet herumgeistern. Wieso ich genau auf dieses Bild klickte, weiß ich nicht, aber der Link führte nicht einfach irgendwo hin, sondern zu einer, was ein Zufall, Österreichischen Verkaufsplattform. Da saß ich nun, und staunte. „Schau dich an, da verkauft einer aus der Wr.Neustädter Gegend eine scheinbar wunderschöne FZR“. Lange betrachtete ich das Bild, überlegte, dann notierte ich die Telefonnummer und wählte. „Ja, die ist in sehr gutem Zustand. 2. Besitz, Original, 38 000km.“ Eigentlich kann das fast nicht sein, dachte ich. Andererseits, möglich ist es schon, wenn sie mehr gestanden ist als gefahren wurde. Es gibt ja Leute, die ein Motorrad besitzen, kaum zum Fahren kommen, es aber trotzdem nicht hergeben wollen. Ich kenn solche. „Ich schau sie mir an“, meinte ich, und wir vereinbarten einen Termin.

exup_1990_5 Was nun? Was, wenn sie nur am Bild schön ist, aber in Wirklichkeit ein Haufen, wie die YPSE aus Vorarlberg letztes Jahr? Gut, Wr.Neustadt ist nicht weit weg, keine 200km. Dann war es eben eine Spazierfahrt. Was aber, wenn sie wirklich so schön ist wie am Bild? Dann fahr ich hin, schau sie mir an, muß wieder heimfahren, weil ich sie ja schlecht in den Kofferraum stopfen kann. Dann kommt ein anderer Interessent und kauft sie vom Fleck weg. Was dann? Alles schon passiert, vor allem, wenn der einen Anhänger mit hat! Wer zuerst die Kohle auf den Tisch legt, der nimmt sie mit. Also Anhänger besorgen und Vater fragen, ob er mir seinen Wagen mit Hacken leiht. Weitere 15 Minuten später war auch dieses Problem aus der Welt geschafft.exup_1990_6

Zwei Tage später. Schon von weitem sehe ich einen jüngeren Mann (jedenfalls jünger als ich, was keine recht Kunst ist) vor einem Haus stehen und mir irgendwie freudig entgegenblicken. Ich hatte mein Kommen vor wenigen Minuten telefonisch angekündigt. Er winkt, ich bleib stehen. Ja, wir (mein Vater und ich) sind angekommen. Mit dem Anhänger und dem Amstettner Kennzeichen waren wir ja leicht zu erkennen. Da stand sie in der Garage, die FZR, direkt so schön wie am Foto. Gottlob war dies ein recht schöner Tag, ohne Schneefall, ohne Regen, mit gutem Licht und milder Temperatur. Also die Kilo aus der Garage geschoben und begutachtet. Herrschaftzeiten, wie lange hab ich die FZR schon nicht mehr in diesem Design gesehen? Jahre ist es her. Originale FZR1000 sind schon sehr selten geworden.

exup_1990_7 Ich fand auf Anhieb keine gravierende Macke. Aber ich würde sie, hoffentlich, finden. Falls vorhanden. Keine besonderen Verkleidungsbrüche, was schon fast an ein Wunder grenzt, keine Kratzer, keine Einschlagspuren am Lenkanschlag, nichts. Nur eine längere, geringe Schleifspur am Auspufftopf, was in Verbindung mit einer kaum wahrnehmbaren Schürfspur an der rechten Kanzelecke auf einen Sturz schließen lässt, der weiters keine Folgen hatte. Genau so schaut meine schwarze FZR auch aus. Auch gestürzt, ebenfalls ohne Folgen. Kann passieren und stört nicht, wenn sonst nichts krumm ist. Wieder überlegte ich lange. „Wo liegt hier der Hund begraben, sofern es überhaupt einen gibt?“ Der Lack war so kräftig, dass ich sogar an eine Neulackierung dachte. Aber wer sollte sich das antun, und warum? Wenn das ein neuer Lack war, dann war das so professionell gemacht, dass es ein Schweine Geld gekostet haben müsste oder zumindest einen absoluten Profi als Freund bedurfte. Wenn das eine Nachlackierung war, dann war sie professionell. Wie gesagt hatte ich dieses Design schon so lange nicht in Original gesehen, dass ich das gar nicht mehr ehrlich beurteilen konnte. Jedenfalls sah sie absolut Original aus mit ihren kräftigen Farben. Absolut Original das ganze Motorrad, bis auf die roten Bremszangen und einer zusätzlichen Lackierung an der Sozius_Sitzabdeckung, die genau zum restlichen Design passte. Mein Gott, ein wenig Individualität sei gestattet! „Wo liegt hier der Hund begraben?“exup_1990_8

Also den Motor starten und einmal hinhören und schauen, was sich dann tut. Raucht er, gar blau? Klappert er wie ein Sack Nüsse? Fast mit Bedauern mußte ich feststellen, dass er, obwohl kalt, sofort ansprang und genau so lief, wie ich das von einem guten FZR1000 Motor erwarte. Kein Geklapper, kein blauer Rauch, kein Öl am Auspuffende. Auch nicht extra gesäubert. Läuft wie eine Turbine. „Wo liegt hier der Hund begraben?“

exup_1990_9 Die kurze Probefahrt war grauenhaft. Sowas hatte ich bei einer FZR noch nie erlebt. Das Ding pendelte wie ein alter Leiterwagen, sobald man die Hände vom Lenker nahm. Entsetzlich! „Da hat´s aber was gravierendes!“, durchfuhr es mich erschrocken. Nachdem ich nach dieser „Probefahrt“ wieder lange relativ nachdenklich vor diesem Motorrad hockte und mir kein plausibler Grund für dieses Pendeln einfallen wollte, bemerkte ich die fast platten Reifen. „Ach du Scheiße, die steht ja fast auf der Felge!“ Dass sie eckig gefahren waren, war mir nicht entgangen. Besonders der Vorderreifen war eine Schande. Aber dass viel zu wenig Luft in den abgenudelten Reifen war, das hatte ich verpennt. Dass das dieses schreckliche Pendeln auslösen könnte? Ich war noch nie zuvor ein Motorrad mit solchen „Nudeln“ und ohne Luft gefahren, daher wusste ich das nicht. Aber nachdem ansonsten keine Anzeichen eines schweren Sturzes zu erkennen waren, was sollte sonst der Grund sein? Ja natürlich, wenn da kaum Luft in den Reifen ist, dann kann das passieren. Ich hoffte inständig, dass das der wirkliche Grund war, dass ich nichts übersehen hatte, und kaufte sie. Es gab keinen wirklichen Grund, sie stehen zu lassen. Das war am 19. Jänner. exup_1990_10

Am 9. März war sie fahrbereit. Ich meine fahrbereit, so wie ich mir das vorstelle. Angemeldet ist sie schon länger. Ich hatte sie weitgehend zerlegt, alles durchgesehen, penibel gereinigt, Service gemacht, die hintere Bremsscheibe gegen eine neue Wave von ABM, wie sie auf den beiden anderen FZR drauf ist, getauscht, das originale Federbein gegen das mir vertraute Wilbers 631, einen güldenen Antriebssatz von Supersprox mit DID Kette in 530, denn auch Schmuck muß sein, montiert, daher auch die Fußrasten gegen rot eloxierte von Lucas gewechselt, und sie zuletzt auf einen Satz Bridgestone BT16 Pro gestellt. Auch vorgestern war ein wunderschöner Tag, sogar die Sonne lachte zur Feier. So schob ich sie in den Garten, fotografierte sie zig-Mal, setzte mich davor und rauchte gemütlich eine Zigarette. Wunderschön ist sie, die Zwillingsschwester meiner schwarzen FZR1000 3LE EXUP. Jetzt hab ich den Jahrgang 1990, so wie er hier erhältlich war, komplett.

Ach ja, zum Pendeln. Bei der Fahrt zum Reifenhändler wurde mir fast Angst und Bange. Ich hatte inzwischen ja keine Luft nachgefüllt. Das war eine gottlob kurze, aber grausige Fahrt. Bei der Heimfahrt mit den neuen Hufen war wieder alles so, wie es sich für eine gute FZR gehört. Günther, da ist tatsächlich kein Hund begraben. Entschuldige mein Mißtrauen. Du hast mir da wirklich ein sehr schönes Motorrad verkauft. Die Hübsche wird´s gut bei mir haben.


Meine Zwillinge – Yamaha FZR1000 3LE Bj.1990

 

 

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