Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

6. September 2016

Gestatten, Eddie mein Name. Ich bin ein Yorkie.

Filed under: Hundegeschichten — Benzin @ 19:17

Guten Tag, liebe Leute. Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Eddie. Mein Dosenöffner sagt, mein Name kommt von einem gewissen Eddie Lawson, wer immer das sein soll. Mir egal. Hauptsache, ich bekomme regelmäßig eddie_story_20160906_eddie_day1_01 was zu fressen, zu trinken und ich kann knuddeln. Geboren wurde ich am 22. Mai 2016, sagt man. Ich selber kann mich daran nicht erinnern. War wohl ein Tag wie jeder andere und ich hab in meine Decken gehüllt  geschlafen. Angeblich bin ich ganz was besonderes und werde einmal ein ganz großer. Sagt zwar keiner, aber ich spür das einfach. eddie_story_20160906_eddie_day1_02 Bild links oben: Das ist zwar nicht meine echte Mama, aber das ist die Mama, die mich groß gezogen hat.

Ich weiß noch nicht recht, wie ich mich mit meinem neuen Dosenöffner, der mich heute verschleppt hat – er ist offenbar der Meinung, er sei mein Herrchen – ordentlich verständigen soll, denn der redet so komisch. Vielleicht kann der gar nicht richtig deutsch, den der redet ganz anders als die, bei denen ich aufgewachsen bin. Aufgewachsen ist gut, ich bin ja noch nicht einmal 4 Monate alt. Sagen die Leute wenigstens. Ich für meine Person fühle mich dagegen recht erwachsen, und Ich bin ein echter Salzburger aus dem Pongau. Ein richtiger Naturbursch aus den Bergen. Bild rechts: Der erste Kontakt mit diesem Niederösterreicher, der mich verschleppt hat.

Ja, und wie ich da heute gemütlich in meinem Kistchen mit den warmen Decken schlummere, geht die Tür auf, es kommt so ein großer Lackl daher, hebt mich hoch, schaut mich an und, ich fass es einfach nicht, nimmt mich mit. Über zwei Stunden musste ich in so einer komischen, blauen Blechdose auf dem eddie_story_20160906_eddie_day1_001 Schoß dieses Typen ausharren, erst dann durfte ich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen, und die schauen ein wenig seltsam aus. Offenbar gibt es hier, wo ich jetzt bin, angeblich heißt das Nest Amstetten, also anscheinend gibt’s hier keine Berge wie bei mir zu hause. Dafür regnet es, seit ich da bin. Das kann ja lustig werden. Bild links unten: Und das bin ich alleine in meinem neuen Bett, Eddie

Die sind überhaupt recht komisch, wo ich grade bin. Jeder nimmt mich hoch, jeder schaut mich blöd an, als wäre ich das achte Weltwunder. Haben die noch nie einen Yorkie gesehen? Es ist genau so, wie sie daheim in Salzburg immer sagten. Je weiter im Osten, desto seltsamer die Leute. Bin schon gespannt, wie schwer sich der Typ, der sich mein Herr nennt, abrichten lässt. Dass ich während der Autofahrt auf seinem Schoß sitzten will, hat er anscheinend schon begriffen. Jetzt braucht er mir nur mehr was gutes zum Fressen servieren, dann nehm ich noch sein Bett in Beschlag, und die Welt ist wieder in Ordnung. Wenn er sich recht begriffsstutzig anstellt, beiß ich ihn einfach. Den werd ich schon hin biegen, verlasst euch drauf. Und das Niederösterreichische entschlüssle ich auch noch. Oder ich lerne denen salzburgerisch, wenn sie es begreifen. Also bis später, wenn sich mein Dosenöffner ein wenig besser an mich gewöhnt hat. Tschau und pfiat euch, wie wir in Salzburg sagen.

Alles Liebe, Eddie

13. September 2016
Meine erste Woche bei Herrchen

Seit Dienstag, den 6. September, leb ich jetzt in Niederösterreich. Komisch, aber vom ersten Tag an hab ich nicht mehr an meine alte Heimat gedacht. Die Strapazen der langen Fahrt mit dem blauen Raumschiff und die ersten Eindrücke meiner neuen Heimat haben mich ganz schön müde gemacht. Gottlob ist mein Herrchen nicht knausrig und es hat noch ordentlich was zu mampfen gegeben, dann war ich aber so müde, dass ich eingeschlafen bin. Dunkel erinnere ich mich noch, dass mich Herrchen irgendwo hoch nach droben trug und in ein weiches Bettchen legte, dann schlief ich fest ein. Mitten in der Nacht erwachte ich kurz, da lag Herrchen schlafend neben mir. Ich weiß jetzt nicht recht, wie ich dran bin. Entweder, ich schlafe in seinem Bett, oder er in meinem. Ist mir aber egal. Meine Heia ist erstens groß genug für uns beide und außerdem kuschel ich mich eh immer ganz fest zu ihm. Der wärmt so schön. Ich glaub, der mag das sogar, denn als ich ihn am frühen Morgen mit meiner Zunge weckte, hat er sich, glaub ich, gefreut. Jedenfalls hat er mich gestreichelt und wie verrückt mit mir rumgeschmust. Fast könnte man meinen, der ist auch ein Yorkie.

Der nächste Tag, also mein erster ganzer Tag in der Fremde, schien am Anfang, von der Schmuserei am Morgen einmal abgesehen, nicht so lustig zu werden. Er ließ mich zwar schlafen, bis ich von selber wach wurde, aber, na ja, ich werde ja sowieso bei jeder seiner Bewegungen sofort wach. Nö, an und für sich schlaf ich gut, aber kann ich ihm vertrauen? Ich hab zwar keine Angst, dass er mir im Schlaf was antun will, aber vielleicht verschwindet er, während ich schlafe? Wer weiß? Lieber behalte ich ihn noch eine Weile genau im Auge. Ja, und dann ging’s los. Er steht auf, ich auch, aber ich hatte sofort ein paar Probleme. Erstens, wie zum Teufel komm ich aus meinem Bett raus? Ganz schön hoch so ein Ding. Ja, ja. Lacht mich nur aus. Jetzt, nach einer Woche kann ich auch drüber lachen. Ein kleiner Hüpfer, und draußen ist my_dog_eddie_20160912man aus dem Bett. Kein Problem. Aber macht das einmal zum ersten Mal! Mir kam das hoch vor. Herrchen sagt, das liegt daran, weil ich selber nur ein Dreikäsehoch bin. Keine Ahnung, was er damit meint. Dreikäsehoch? Was ist Käse? Was zum Fressen?

Nächstes Problem war die lange Treppe nach oben zur Hundehütte, wo mein Herrchen wohnt und wo ich jetzt wohne. Die Treppe bei der Haustür (ich kenn jetzt schon eine ganze Menge Ausdrücke der Menschen. Treppe, Haustür, Gartenzaun, Straßenkehrmaschine!) war zu keiner Zeit ein Problem. Zumindest nicht nach oben. Schaut flach aus, ist auch flach. Runter war der Ausblick ein wenig imposanter, aber Herrchen hat mir Stufe für Stufe gezeigt, wo ich hin steigen muß, hat mich dann eine Stiege weiter nach unten gesetzt, dann noch eine und noch eine, bis es mir nicht mehr so weit vor kam. Die letzten drei Stufen bin ich von selber runter gehüpft. Seitdem traue ich mir schon zu, rauf und runter zu laufen, ohne Angst zu haben. Aber die Treppe zu unserer Hütte ein Stockwerk weiter oben, die war mir nicht egal. Rauf war weniger Problem. Du darfst dich einfach nur nicht umdrehen. Immer nur die nächste Stufe anschauen und Schritt für Schritt nach oben. Geht ganz einfach. Aber da wieder runter? Alter Schwede! Stell dir einmal vor, wie groß mein Herrchen ist. Ich meine, ich selber bin ja schon ziemlich groß. Aber Herrchen ist noch um vieles Größer. Wenn ich aber oben stand und er unten, dann hat er noch viel kleiner ausgeschaut wie meine Schwester, die noch in Salzburg wohnt. Meine Schwester war aber viel kleiner als ich! Herrchen hat mir aber gezeigt, wie das geht. Zuerst haben wir weit unten angefangen. Er hat mich auf die Stiege gesetzt, und ich bin dann wieder zu ihm runter gelaufen. Ja, ja, das war übertrieben. Nicht gelaufen. Gestiegen. Ganz vorsichtig. Ja, verdammt noch einmal. Ich hatte Angst! Lach jetzt bloß nicht! Warst du schon einmal so hoch oben? Na also.

Jetzt hab ich aber auch keine Angst mehr. Ich lauf mehrmals am Tag rauf und wieder runter. Zwangsweise, nicht freiwillig. Dass geht schon in aller Früh los. Herrchen sagt, er hat Urlaub. Inzwischen weiß ich, was das bedeutet, Urlaub. Das bedeutet, dass er rund um die Uhr nur für mich da ist! Hurraaaaaa……….. Früh am Morgen steht er allerdings schon auf, “um die Zeitung zu holen”, sagt er. “Bleib liegen, Eddie”, sagt er, “ich hol nur die Zeitung!” Ich trau der Sache nicht recht. Obwohl er mich bisher noch nie angelogen hat, geh ich trotzdem lieber mit. Zuerst die Steile Treppe nach unten, dann die flachere nach draußen, dann zum Gartenzaun, und dann das Ganze wieder retour. Dann lieben wir wieder im Bett, ich will eigentlich schlafen, aber nö, er läßt das Licht aufgedreht und liest die Zeitung. Wieso ich weiß, was eine Zeitung ist und was lesen bedeutet? Weil er my_dog_eddie_20160913es gesagt hat. Er, mein Herrchen, hat gesagt, als wir zum ersten Mal die Zeitung holen gingen und als wir dann wieder im Bett lagen, “Eddie”, sage er zu mir, “Eddie, nicht die Zeitung fressen! Zuerst will ich sie lesen, dann kannst du sie fressen!” Ja, und darum weiß ich, was eine Zeitung ist und was lesen bedeutet. Lesen ist das, was Herrchen tut, wenn er am frühen Morgen neben mir im Bett liegt und die Zeitung ist das, was ich nicht fressen darf. Ist doch einfach, oder? Also mir kommt’s einfach vor. Außerdem, schmeckt eh nicht gut, so eine Zeitung.

Ach ja, bevor ich es vergesse. Am gleichen Tag, an dem wir zum ersten Mal die Zeitung holen gingen hab ich die Straßenkehrmaschine kennen gelernt. Mann, ich sag euch was, das ist eine Höllenmaschine! Wir sind grade zum ersten Mal die Treppe nach draußen runter gegangen, Herrchen hat mich noch getragen, weil ich das noch nicht konnte, und genau als er mich in die Wiese setzt, heult es furchtbar um die Ecke. Ich wusste nicht, was los ist und bin gleich in Herrchens Arme geflüchtet. Der hat mir dann erklärt, dass das nur die Straßenkehrmaschine ist, und dass die eh nur selten wieder kommt. Beim nächsten Mal bin ich wahrscheinlich schon viel älter und größer, sagt Herrchen. Aber dieses Höllengerät vergess ich ganz bestimmt nie im Leben. Mann, bin ich erschrocken.

Was hab ich noch gelernt in dieser Woche? Also Stiegen steigen, rauf und wieder runter, hatten wir schon. Aus dem Bett hüpfen. Wieder ins Bett rein hüpfen. Rein war schwieriger als raus. Von der Bank in der Küche hüpfen. Rauf lernen ich auch noch, sagt Herrchen. Öh, was noch? Hab ich schon gesagt, dass ich eine eigene Leine bekommen hab? Nö? Ich hab eine eigene Leine, ganz für mich alleine. Und ein weiches, breites Brustgeschirr hab ich auch bekommen. Herrchen sagt, ich schau fesch damit aus. Ich hab auch recht schnell begriffen, dass mich mein Herrchen angeleint immer links von ihm haben will. Ich sag’s euch ehrlich, mir wäre egal, ob ich links oder rechts von ihm laufe, aber er will das so haben, sonst zerrt er mich einfach auf die linke Seite. Ich hab wirklich alles versucht, ihn davon zu überzeugen, dass es mir egal ist, auf welcher Seite ich gehe. Der ist aber leider stur wie ein Yorkie, und ich lass mich nicht zum Affen machen, wenn er mich mit der Leine nach links zerrt! Keine Ahnung, wieso der so einen Fimmel mit links gehen hat. Vielleicht, vermute ich jetzt einfach einmal, denkt er, ich muß links gehen, weil ich ursprünglich aus England abstamme. Also nicht ich selber. Ich selber stamme aus Salzburg ab, aber meine Vorfahren. Meine Ur-, Urur- und Urururururgroßältern, die stammen aus England. Mein Ururururur, äh, also einer meiner Vorfahren soll sogar der Graf von Yorkshire gewesen sein. Oder der Yorkie vom Grafen. So irgendwie, hab ich von meiner Mama gehört. Aber die war auch schon eine waschechte Salzburgerin. Ob die auch immer links gehen mußte, weiß ich nicht. Darüber haben wir leider nie geredet.

Autofahren kann ich auch schon. Also mitfahren. Das, was ich am ersten Tag für ein blaues Raumschiff gehalten hab, ist in Wahrheit ein Auto. Und ein zweites Auto gibt’s auch noch in unserer Familie. Das ist so schwarz wie mein Fell und ich mag es nicht besonders. Irgendwie kleiner, lauter, komischer. Ich weiß auch nicht, aber das blaue Raumschiff, äh, ich meine, das blaue Auto, das gefällt mir viel besser. Als mein Herrchen das bemerkte, schüttelte er nur den Kopf und sagte “Wie Trixi. Die hat den Citroen auch nicht gemocht!” Trixi war ein Yorkie, so wie ich. Ein Mädchen. Herrchen trauert sehr um sie. Ich muß ihn immer trösten, wenn er zu sehr trauert. Aber was ein Citroen ist, weiß ich immer noch nicht. Das schwarze Auto mag ich jedenfalls nicht so, wie das Blaue. Die Ledersitze würden auch besser schmecken als die Stoffsitze, aber Herrchen sagt, ich darf sie nicht fressen. Wenn ich genau nachdenke, darf ich nur Hundefutter fressen. Sagt Herrchen jedenfalls. “Nicht die Zeitung fressen”, sagt Herrchen. “Nicht die Schuhe fressen. Nicht die Hose fressen. Nicht den Gürtel fressen. Nicht die Sitze fressen!” Keine Ahnung, was der immer hat. Vorgestern hat er sogar zu mir gesagt, ich darf die Gartenhütte nicht fressen. Hab ich doch gar nicht! Ich hab nur das Geländer vor der Hütte etwas angeknabbert, weil das Holz so herrlich hart ist. Ach ja, und noch was. Bevor ich für heute Schluß machen muß, fällt mir noch was ein. Herrchen hat die Wahrheit gesagt. Alles, was ihm gehört, gehört jetzt auch mir. Die ganze, große Hundehütte, wo wir leben, gehört mir genau so wie die ganze Wiese mit allem Bäumen und Sträuchern. Und ja, ich hab jetzt meinen eigenen Stammbau. 40m ist sie hoch, die Lärche. Und ganz zm Schluß noch was. Herrchen hat gestern zu mir gesagt, ich bin ein Schaf! “Wieso frisst du das Gras?” fragte er mich, als ich gemütlich im Garten saß. “Du bist ein Hund!” Ja, stimmt. Ich bin ein Hund. Ein Yorkie, um genau zu sein. Und wieso fresse ich Gras? Weil es mir schmeckt!

Liebe Grüße Eddie

18. Februar 2017
Neues vom Yorkiesaurus-Kuschelmonster

“Yorkiesaurus? Was soll das sein?” wird sich vielleicht jemand fragen. Na ja, das ist mir grade so eingefallen, als ich diverse Geschichten über besonders große Yorkie las. Laut FCI Standard (FÉDÉRATION CYNOLOGIQUE INTERNATIONALE – Internationaler Dachverband der Hundezucht oder so) soll mein Eddie höchstens 3.2kg wiegen. Tut er aber nicht. Er wiegt heute mit knapp 9 Monaten (geb. 22. Mai 2016) etwa 6kg. Genau kann ich das nicht sagen, weil er nicht ruhig auf der Waage stehen bleibt, ich ihn auf den Arm nehmen musste und es eine Personenwaage war. Aber 6kg ist schon ein ganz schöner Brocken für einen Yorkie. Eddie hat auch nicht kleine, spitze, stehende Ohren, wie es der Standard vorschreibt, sondern große my_dog_eddie_20170213_001Schlappohren. Mit kleinen Ohren würde er auch komisch aussehen, proportional gesehen. Das war mir schon beim Kauf aufgefallen. “Der Kleine hatte nicht nur große Ohren für seine Körpergröße (da war er aber erst 3 Monate alt), sondern auch große Pfoten”, dachte ich mir damals. Heute passt alles perfekt zusammen, genau so, wie beim winzig kleinen schwarzen Miezekatzer, den ich mir vor gut 30 Jahren nach Hause holte. Auch der hatte viel zu große Pfoten, obwohl er in meine Hand passte. Nach fünf Monaten schaute das ganze ganz anders aus. Es passte perfekt, wie bei Eddie.

Irgendwie entspricht Eddie genau so wenig dem Norm-Hund, wie ich nicht dem Norm-Menschen entspreche. Also auch so gesehen sind wir beide ein tolles Team. Der “kleine” Racker hat sich prächtig entwickelt. Obwohl nie abgerichtet, folgt er ganz passabel, hat aber auch seinen Sturkopf, wie sich das für einen Yorkie gehört. Bei einer Ausstellung würden wir zwar nichts gewinnen, dafür gewinnt Eddie mit Sicherheit jeden Kuschelwettbewerb. Er ist ein richtiges Kuschelmonster und entwickelt sich in dieser Hinsicht genau so, wie Trixi war.

Besonders mag Eddie lange Spaziergänge. Spazierengehen, Herumtollen (vor allem im Schnee, es ist ja der erste Winter seines Lebens) und Kuscheln sind neben Raufen (mit mir) seine Lieblingsbeschäftigungen. Und Männchen machen natürlich. Manchmal könnte man fast meinen, er will mir den aufrechten Gang nachmachen. Unglaublich ist auch, wie gerne er sich, ganz im Gegensatz zu Trixi, waschen oder duschen lässt. Es kann ja durchaus vorkommen, dass wir beim Spazierengehen schmutzig werden. Eddie im besonderen. Dreck zieht ihn irgendwie magisch an. Wenn wir mit dem Auto unterwegs waren, ist das ein wenig problematisch, weil ich Wauzi dann in eine Decke hüllen muß, bis wir daheim sind, sonst schauen Herrchen und Auto anschließend genau so aus wie Eddie, schmutzig wie ein Traktor nach dem Ackern. Baden beziehungsweise Duschen war aber von Anfang an kein Problem. Als hätte er von Anfang an genau gewusst, worum es geht, springt er fast von selber (ich lass das aber nicht zu) in die Badewanne und stellt sich mit den Vorderbeinen auf den Rand der Wanne. So kann man ihn schön von oben und unten reinigen. Wie ein Traktor auf der Hebebühne sozusagen. Auch beim Trocknen keine Probleme. Schön gibt er alle vier Pfoten her. Beim Fön hat das am Anfang allerdings ein wenig anders ausgeschaut. Kaum hab ich eingeschaltet, drehte Eddie durch und begann zu jaulen. Erst langsam konnte ich ihn daran gewöhnen. Die warme Luft stört ihn dabei wenig. Es ist das Geräusch, dass er hasst. Eddie hasst auch den Staubsauger. Es genügt, mit dem Staubsauger in ein Zimmer zu gehen, und schon ist der Teufel los. Wild jaulend und bellend umkreist mein Hündchen den Störenfried. Ich hab dafür nur eine Lösung, ich sperr ihn aus dem Zimmer raus. Dann jault er zwar, aber diesen Veitstanz um den Staubsauger herum kann ich mir ersparen.

Jetzt hoffen wir beide, Eddie und ich, das bald der Frühling kommt, dass es warm wird und dass wir vielleicht zusammen unser erstes Berglein erklimmen können. Groß genug wäre Eddie dafür schon. Vielleicht machen wir das am 22. Mai zu seinem ersten Geburtstag.

Hier ist meine Geschichte in Bildern. Mein Herrchen fotografiert mich ja ständig. Ihr könnt hier, wenn ihr auf ein Bild klickt, meine Geschichte verfolgen.







    


Schau einmal, wie groß ich geworden bin.
Das links bin ich am 6. September 2016 mit 3 1/2 Monate. Der rechts bin auch ich, genau zwei Jahre später.

    


2019

Jetzt sind wir drei Jahre zusammen, mein kleiner, großer Eddie und ich

Links Eddie am ersten Tag, dem 6. September 2016 bei mir, nachdem ich ihn aus Salzburg geholt habe, und rechts auf den Tag genau nach genau drei Jahren am 6. September 2019. Aus dem kleinen Recker wurde ein großer Lausbub.

Endlich ein neuer Haarschnitt. Ich sehe wieder was!

Schöner Spaziergang am 6. Jänner 2020 in den Voralpen


Jetzt sitzen wir (wegen Corona) daheim, mein Herrchen und ich, und haben viel Zeit zum Raufen und andern Blödsinn.
 
Eddie hat Geburtstag. Geboren am 22. Mai 2016 ist er heute genau vier Jahre alt.
Alles Gute, mein kleiner Schnuckel.

Mein kleiner Kuschelbär am 22.10.2020

Ein Männchen im Wald – oder so…….

3.Dezember der erste Schneefall im Tal.

Eddie am 4. Februar 2021 gegen 10:00 Uhr beim „Eisernen Herrgott“ „In der Brach“ auf 1480m nach 2 Stunden Aufstieg.

 

 

Schöne Grüße von Eddie.

3. September 2016

Trixi, oder wie ich auf den Hund kam – Teil 2

Filed under: Hundegeschichten — Benzin @ 21:17

Oktober 2013
Meine Mutter war wieder daheim. Nach einem längeren Aufenthalt im Unfallkrankenhaus, in dem sie eine neue Hüfte verpasst bekam, wurde sie in eine Reha-Klinik ganz in unserer Nachbarschaft überstellt, wo man sie wieder fürs Leben fit machte. Seit ihrem Sturz in der Küche hatte Trixi nicht nur täglich bei mir geschlafen, sie lief mir auch so ständig nach und lag stundenlang auf meinem Schoß, während ich am Computer beschäftigt war. Sie war direkt eine kleine, langhaarige Klette, die ich nicht mehr los wurde. Irgendwie wollte ich sie auch gar nicht mehr los werden. Ich gewöhnte mich an sie. Sogar zum Einkaufen nahm ich sie schon mit, damit sie nicht alleine daheim war. Dann begann ich sogar, mit ihr spazieren zu gehen. Noch nie im Leben war ich mit einem Hund spazieren gegangen.

Zuerst fragte ich mich, wo ich eine Leine hernehmen sollte. Kaufen war eine Option, aber es gab noch eine Möglichkeit. Ich ging zum Kasten, in trixi_story_011dem meine alte Bergausrüstung verstaut liegt und schnappte mir eine Reep Schnur. “Wie lang muss so eine Leine sein?”, überlegte ich. Ich schätze einfach die Länge, nahm sie mal zwei und verknüpfte die Enden, den Rest schnitt ich ab, dann verband ich Schnur und Halsband mit einer Schlaufe und probierte am Hund, ob das passt. Perfekt! So entstand Trixis Hundeleine.

Unser erster Spaziergang führte uns nur einmal um den Block, also eine Gassenrunde, rund 400m. Trixi war so müde, dass sie gleich im Bett einschlief und erst nach ein paar Stunden wieder wach wurde. Als ich am nächsten Tag die Leine in die Hand nahm, stand Trixi Sekunden später bei der Tür am Gartenzaun und wedelte aufgeregt mit dem Schwänzchen. So drehten wir täglich unsere Runden, die länger und anstrengender wurden, bis wir die Touren in den angrenzenden Wald erweiterten. Von den anfänglichen vierhundert Meter steigerten wir uns langsam zu einer doppelten Gassenrunde von 600m bis zu einer Ortsrunde von über drei Kilometer, und als sie dann noch immer nicht müde war, fuhr ich mit ihr zum Sonntagberg, stellte das Auto am mittleren Parkplatz ab und ging eine Basilika Runde mit ihr, etwa drei Kilometer am Stück, bergauf und bergab. Sie hatte ganz offensichtlich ihren Spaß daran, und ich komischerweise auch. Ich bemerkte, dass ich ein Problem bekam, überlegte, und rief meine Schwester an.

“Hallo, Sonja? Ich hab ein Problem”, sagte ich. “Ist was mit dem Hund?” “Eigentlich nicht, aber irgendwie ja”, und dann erzählte ich ihr, was seit Mutters Sturz in der Küche passiert war. Ich erzählte ihr, dass Trixi zu mir hoch gekommen war, seitdem bei mir im Bett schlief, ich sie zum trixi_story_013Einkaufen mit nahm, sie stundenlang auf meinem Schoß pennte, wenn ich beim Computer saß und wir außerdem seit einiger Zeit täglich spazieren gehen. Und dann sagte ich ihr, dass das so nicht weiter gehen konnte. “Wieso?”, fragte sie. “Willst du das nicht? Wenn nicht, wieso machst du es dann? Du musst nicht mit ihr spazieren gehen!” “Das Problem ist folgendes”, begann ich, “durch all diese Umstände, sie schläft bei mir, pennt auf meinem Schoß, ich geh mit ihr spazieren und all dem Anderen, sie folgt mir ja auf Schritt und Tritt, gewöhne ich mich immer mehr an sie. Wenn du jetzt kommst und sie mit nimmst, damit sie wieder ein paar Tage zu Hause ist, dann bin ich echt sauer! Und darum will ich jetzt was wissen. Wollt ihr den Hund noch, oder wollt ihr ihn eh nicht mehr. Wenn ihr ihn noch wollt, dann brech ich all das sofort wieder ab, bring den Hund in die Küche zurück und aus. Ich hab überhaupt keine Lust, mich so an den Hund zu gewöhnen, nur damit dann jemand kommt und ihn wieder weg holt!” “Willst du sie haben?”, frage Sonja kurz. “Ja!” antwortete ich. “Gut. Reden wir morgen drüber”, sagte sie und legte auf. Wir haben nie wieder drüber geredet. Es war jetzt mein Hund.

Im Jänner passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Es war ein lauer Wintertag, Trixi und ich waren wieder irgendwo unterwegs gewesen. Wir waren eben Heim gekommen, standen in der Küche, da ging die Tür auf und meine Schwester stand da. Sie hat einen Schlüssel. “Hallo, grüß auch!” Bussi, Bussi, Umarmungen. “Ich bin grade zufällig in der Gegen, drum schau ich schnell vorbei”, sagte sie, wandte sich dann freudenstrahlend an den Hund, den ich rechts am Arm hatte, streckte die Hand aus, “Trixe, Mäuschen, wie geht es dir den?” meinte sie strahlend und wollte den Hund streicheln. Grrrrrrr……………..
Ein zutiefst ablehnendes Knurren war zu hören. Die Gesichtszüge meiner Schwester erstarrten. “Trixi, was ist den? Erkennst du mich nicht mehr?”, und wieder wollte sie die Hand ausstrecken. Grrrrrrr…………
trixi_story_016Wieder dieses ablehnende Knurren. Sonja war fassungslos. Ich irgendwie auch, wenn auch innerlich erheitert. “Sonja, ich glaub, mein Hund mag das nicht, wenn er von fremden Leuten angefasst wird”, meinte ich mit einem Lächeln. Sie fand das zwar nicht komisch, trug es aber mit Fassung. Trixi hatte klar zu verstehen gegeben, wo sie nun hin gehörte.

Etwas härter traf es mein Nichte Tanja. Es war ein paar Wochen nach dem Zwischenfall mit Sonja. Tanja war von Wien gekommen, um Oma, also meine Mutter zu besuchen. Natürlich wollte auch sie Trixi liebkosen. Es war ja schließlich viele Jahr lang ihr Hund. Trixi ließ wieder ein drohendes Knurren hören. Tanja standen fast die Tränen in den Augen. “Ihr Hund” hatte sie angeknurrt. Ich hab’s ihr dann aber erklärt. “Schau”, sagte ich, “du lebst schon so lange in Wien. Du und Trixi, ihr seht euch nur sehr selten. Seit August ist Trixi täglich mit mir zusammen. Sie schläft nicht nur bei mir, sie verbringt überhaupt jede Minute, in der ich nicht in der Firma bin, bei mir. Nimm es nicht so tragisch. Du weiß ja noch genau, wie es war, als ihr zwei täglich beisammen ward. Da war es nicht anders. Du hast keine Zeit mehr. Jetzt bin ich ihr neuer Herr”. Sie hat’s verstanden, aber es war ihr sehr schwer ums Herz. Vom eigenen Hund angeknurrt zu werden, damit hätte sie nie gerechnet. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Aber Yorkie sind offenbar so. Der Herr zählt alles, der Rest wird bestenfalls ignoriert. Und oft nicht einmal das.

Der Winter 2013/14 war im Gegensatz zum Winter in Kärnten warm und schneelos. In Kärnten, 200km entfernt, wurden ganze Täler von Lawinen blockiert. Hier im Norden konnte ich den ganzen Winter lang mit Trixi spazieren gehen. Wir waren viel unterwegs. Als es wärmer wurde, machte ich eine seltsame Beobachtung. Ich ließ sie beim Gang über eine Hügelkette frei laufen. Das Gras war noch kurz, konnte ihre Sicht also nicht behindern. Wenn sie sich aber mehr als fünfzig oder hundert Meter entfernt hatte, hatte ich den Eindruck, sie sucht mich, kann ich aber nicht finden. Sie begann ihre Nase in die Luft zu strecken, Witterung aufzunehmen, dann lief sie einmal in diese, dann wieder in die andere Richtung und mir kam vor, sie geriet immer mehr in Panik, bis sie laut zu quietschen begann und im Kreis lief. Rasch eilte ich hin und hob sie hoch. Sie knuddelte sich sofort fest an mich, keuchte, und ihr Herz klopfte wie wild. “Was war den das?, fragte ich mich. “Spinnst du? Siehst du mich nicht mehr? Bin ich unsichtbar geworden?” Sie beruhigte sich wieder, ich stellte sie wieder auf den Boden und ging weiter. Und das Spiel wiederholte sich. Sobald sie eine gewisse Distanz von mir entfernt war, begann sie mich verzweifelt zu suchen und geriet in Panik. Ich dachte mir, sie hätte halt einen schlechten Tag, packte sie ins Auto und wir fuhren wieder Heim. Beim Spaziergang an der Leine fiel mir nichts besonderes auf. Nur eines war komisch. Seit neuestem streifte sie immer wieder die linke Seite des Türstock der Küchentür, wenn sie rein wollte. Ich nahm sie hoch, schaute sie mir genau an, und dann erst bemerkte ich es. Sie war am linken Auge erblindet. Schnell stellst sich aber heraus, dass das kein besonderes Problem war. Ich mußte nur auf ein paar Dinge aufpassen, sonst ging das Leben trixi_story_017normal weiter. Wir drehten täglich unsere runden, und als es warm genug zum Motorradfahren wurde, drehte ich auch mit dem Motorrad wieder meine Runden. Am 4. Juli fuhr ich zum Großglockner.

Es wurde eine Tour des Schreckens. Bei der Mautstelle in Ferleiten, nur 230km von daheim entfernt, war ich so müde, dass ich momentan nicht wusste, wie ich wieder nach Hause kommen soll. Stur wie ein Terrier fuhr ich trotzdem zur Edelweißspitze und zur Franz Josefs Höhe hoch und dann auf der Kärntner Seite runter, um auch noch zur Nockalm zu fahren. “Hab offenbar heute nicht meinen besten Tag”, meinte ich zu mir selbst und fuhr weiter. Manchmal musste ich anhalten, weil ich einfach nicht mehr in der Lage war zu fahren. Dann fühlte ich mich plötzlich wieder wohler und fuhr weiter. Die Nockalm ließ ich aus, den Sölkpass nahm ich mit, so kamen trotz allem deutlich über 650km zustande. Zwei Tage später ging ich wieder arbeiten, drei Tage später lag ich im Krankenhaus, unfähig zu sprechen, zu gehen, bar jeder motorischen Fähigkeiten.

Hirnhautentzündung! “Wie steht es um ihn?, fragte meine Mutter. “Wenn er die nächsten zwei, drei Tage übersteht, kann er wieder gesund werden”, antwortete die Ärztin. Das erfuhr ich mehr als ein halbes Jahr später. Nach eineinhalb Wochen zog eine Krankenschwester die Nadeln der Infusionen aus mir heraus, dann kam ein Arzt und baute den Verteiler, den man trixi_story_018mir in den Hals gepflanzt hatte, um mehrere Infusionen und Blutproben gleichzeitig geben und nehmen zu können, wieder aus und ich war überm Berg. “Werd ich jetzt wieder gesund?”, frug ich. “Ja, sie werden wieder gesund”. “Dann will ich Heim!” Die hielten mich für total plem plem. “Sie können doch nicht einmal gehen!”, meinte die Ärztin. Morgen wird sie ein Kollege anschauen, dann machen wir einen Termin aus und sie kommen auf ReHa, dort wird man sie wieder hochpäppeln. “Kommt gar nicht in Frage!”, meinte ich. Ich kann gehen!” und zum Beweis wuchtete ich mich aus dem Bett und ging.

Man kann sich das gar nicht vorstellen. Ich glaub, alleine der Wechsel von der liegenden zur sitzenden Haltung dauerte ewig, und als ich dann endlich stand und ging, stand und ging ich so wackelig, dass mich der leiseste Luftzug umgeweht hätte. Aber ich konnte aufstehen und ich konnte gehen, dass hatte ich bewiesen. Ich konnte die ganze Zeit alleine aufs Klo gehen, auch wenn das ewig dauerte. Ich hatte ja Zeit und nichts besseres zu tun. Erst wenn ich tot bin, brauche ich Hilfe. “Ja, gut. Sie können gehen”, meinte die Ärztin, “aber sie brauchen noch viel Unterstützung, und ein Physiotherapeut wird sich um sie kümmern”.  “Ich muss Heim, trixi_story_019Frau Doktor!” war meine Antwort. “Ich hab einen kleinen Hund daheim, der wartet auf mich! Ich will und ich muss Heim. Sofort! Sie haben gesagt, ich brauch keine Infusionen mehr. Sie haben gesagt, ich werde wieder gesund. Gehen und stehen kann ich daheim auch lernen. Ich hatte schon ein paar schwere Unfälle, ich weiß, wie man wieder auf die Beine kommt, verlassen sie sich drauf!” “Gut, reden wir morgen weiter”, meinte sie.

Am nächsten Tag gegen Mittag holte mich meine Schwester mit dem Kabrio ab. Zwar konnte ich mir kaum vorstellen, wie ich vom Krankenbett zum Auto am Parkplatz kommen sollte, mit einem Rollstuhl kam gar nicht in Frage, aber ich schaffte es. Dann rollten wir gemütlich Heim und ich ließ mir dabei genüsslich den Wind um die Ohren wehen. Ich lebte noch. Als ich in die Küche kam, lag mein Hund unterm Tisch und schlief. Vorsichtig, ganz vorsichtig, aber nicht wegen dem Hund, sondern damit ich mir nicht weh tu, wenn ich hin falle, bückte ich mich runter und streckte meine Hand aus. Plötzlich hob sich die Nase, begann zu schnüffeln, sprang auf, drehte sich um, sah mich groß an, ging ganz langsam auf mich zu und berührte mich mit ihrer Nase, trixi_story_020dann drückte sie ihren Kopf an mich und begann zu zittern. Ich hob sie hoch, drückte sie an mich, wir knuddelten und schmusten, dann drehte ich sie um und schaute mir das Hinterteil an. Sie roch etwas streng. “Meine Güte, die ist ja ganz voll mit Kot! Hat ihr wieder jemand etwas fettes zu fressen gegeben?” Vorsichtig schleppte ich mit dem Hund ins Bad, duschte mein Mäuschen, trocknete und föhnte sie, und erst dann begrüßte ich meine Eltern. Das einzige, was ich wollte, seit meine Birne wieder einigermaßen klar war, ich wollte zu meinem Hund nach Hause, und das hatte ich jetzt erreicht.

Der Weg zurück ins normale Leben sollte noch lange und beschwerlich werden. Zwei Wochen lag ich noch im Bett, dann dauerte es noch ein paar Wochen, bis ich wieder kontrolliert gehen konnte, die erste Septemberwoche ging ich, ich wollte es einfach wissen, arbeiten, dann hatte ich drei Wochen Urlaub und konnte mich noch ein wenig ausrasten und stärken. Trixi war immer an meiner Seite. Nie wurde es ihr langweilig neben mir. Nicht, als ich das Bett kaum verlassen konnte, nicht bei meinen ersten Schritte im Freien und nicht, als wir wieder unsere trixi_story_021ersten gemeinsamen Runde drehten. Trixi war mir Ansporn und treue Begleiterin, bei Tag und bei Nacht. Sie war für mich das Licht in einem langen, finstern Loch, das mich zum Ausgang leitete. Nie hab ich das vergessen. Der Gedanke an meinen Hund war für mich sicher genau so wichtig wie die Hilfe der Ärzte, denen ich ebenfalls herzlich danke. Mit deren Hilfe und mit der Hilfe meines Hundes wurde ich schnell wieder gesund.

Der Winter 2014/15 war im Mostviertel wieder warm und schneearm. Wieder ging ich viel mit Trixi spazieren. Ich hatte unglaublichen Spaß daran, mit ihr unterwegs zu sein. Stundenlang waren wir unterwegs. Wir fuhren in die Steiermark, nach Wien, erkundeten kleine Dörfer in der Wachau, ständig hatte ich was geplant. Besonders Burgen hatten es mir angetan. Ich war ja viele Jahre mit dem Motorrad durch die Gegend gedüst, hatte dabei viel gesehen. Unter anderem auch viel Burgen abseits der Straßen. “Irgendwann werd ich mir das alles genau anschauen”, dachte ich mir damals immer, nur wurde nie was draus. Jetzt, mit meinem Hund, nahm ich mir diese Zeit. Wenn ich frei hatte, fuhren wir los und erkundeten alles, was ich nur vom Vorbeifahren kannte. Ständig hatte ich einen Fotoapparat dabei und hielt alles fest, und deshalb hab ich aus dieser Zeit hunderte Fotos, die mir, wenn ich sie mir heute anschaue, zeigen, wie schön das alles war. Motorradfahren wurde zweitrangig. Dann begann Trixi beim Gehen sehr, sehr unsicher zu werden, fand den Futternapf kaum trixi_story_022mehr und fiel einfach um. “Um Gottes Willen”, dachte ich. Was war passiert? Krankheit? Schlaganfall? Nein. Sie war auch am rechten Auge erblindet. Jetzt hatte ich einen blinden Hund. Das war für uns beide eine ganz neue Erfahrung.

Rasch stellte sich aber heraus, dass wir auch das meistern werden. Ich half ihr, wo ich nur konnte und sie lernten, sich blind zurecht zu finden. Sie lernte, sich vorsichtig zu bewegen, um nicht zu fest an Hindernisse zu stoßen. Vor Stiegen hatte sie Angst. Sie war zu klein und wusste nie, wie weit es noch war, wo es weiter geht. Sie hatte schlicht und einfach Angst. Ab diesem Zeitpunkt trug ich sie, wenn Treppen zu meistern waren. Sie lernte, blind an der Leine zu gehen. Ich lerne, sie mit der Leine zu lenken. Bald hatte sie so viel Vertrauen geschöpft, dass sie trixi_story_023angeleint im vollen Galopp lief, und wenn dabei eine Gehsteigkante bergab zu überwinden war, zog ich die Leine einfach ein wenig nach oben, dann hing sie für einen winzigen Moment in der Luft, und schon ging’s im vollen Galopp weiter. Alles kein Problem. Vertrauen ist alles, und Vertrauen hatte sie zu mir.

Manchmal wurde ich von anderen Hundebesitzern angesprochen, wenn wir spazieren gingen. Wenn dann die Rede drauf kam, dass mein Hündchen 17 Jahre alt ist und blind, erntete ich oft ungläubige Blicke. “17 Jahre? Gibt’s den sowas? Und auch noch blind? Hätte ich nie gedacht, so wie ihr daher gekommen seid.” Nur einmal war auch ich sprachlos. Wieder gingen wir spazieren, kam uns eine jüngere Frau mit einem langbeinigen, schlanken, offenbar noch jungen Hund entgegen. Sie blieb in einiger Entfernung stehen, nahm ihren Hund an die Leine und frug, als auch ich mit Trixi hielt, “Ist das ein Männchen oder ein Weibchen?” “Das ist ein Mädchen”, antwortete ich. “Wieso?”. “Ach, dann ist es ja gut. Meine ist auch ein Mädchen, aber sie ist blind”. “Was?”, meinte ich, “der ist blind?” “Ja. Drum fag ich ja, ob ihrer ein Männchen oder ein Weibchen ist. Damit ich weiß, worauf ich mich gefasst machen muss”. “Keine Sorge”, meinte ich, “meine ist auch ein Mädchen, die tut nichts. Und blind ist sie auch!” Jetzt war diese junge Dame verdutzt. Wir unterhielten uns noch eine Weile über unsere blinden Hunde, darüber, was andere darüber denken, welch komische trixi_story_024Ansichten die oft haben, dann gingen wir wieder unsere eigenen Wege. Erst heuer fragte mich jemand, als ich wieder mit Trixi unterwegs war und die Rede auf ihre Blindheit kam, “Ist das überhaupt ein lebenswertes Leben für den Hund? Der ist doch arm!” “Ich sagte “Schauen sie sich den Hund doch einfach an. Schaut der unglücklich aus? Soll ich sie vielleicht erschießen?” Entsetzt kam die Antwort “Nein, nein. So war das nicht gemeint!” “Meine Oma war auch jahrelang blind, bevor sie starb”, meinte ich noch, “die haben wir auch nicht erschossen!”, dann ging ich mit Trixi wortlos weiter.

Ein paar Begebenheiten fallen mir ein, die ich besonderen lustig fand. Zum Beispiel diese:
Irgendwo stieg ich grade mit Trixi aus dem Auto aus und machte mich fertig für eine Wanderung. Hund an die Leine, Fototasche umgehängt, vorher nachgeschaut, ob Wasser und Futter dabei ist, dann will ich los. Kommt ein älteres Paar mit einem kleinen Hund des Weges. Er schaut mich schon von weitem neugierig an. Ich warte ein wenig, wir haben ja Zeit. Ich möchte wissen, was da jetzt kommt. “Grüß Gott”. “Auch grüß Gott”. Er schaut noch immer neugierig. Einmal schaut er mich an, dann den Hund, dann wieder mich. “Will der was von mir?, dachte ich. “Will er vielleicht reden? Über den Hund?” “ Was haben sie den da für ein nettes Hündchen?” frug ich höflichkeitshalber. Offenbar hatte er genau darauf gewartet, denn er legte gleich los. “Das ist ein blablabla”, hab ich vergessen, weil noch nie gehört. Eine ganz edle Rasse, von blablabla gezüchtet mit Papiere und Stammbaum blablabla…….”. Offenbar einer, der mit seinem Wuff zu Ausstellungen fährt, dachte ich. “Aha”, sagte ich voller Anteilnahme. “Das ist ja ganz was edler”. trixi_story_025“blablabla………………” ich hab’s mir nicht gemerkt, ging es weiter. Dann frug er, wohl auch aus Höflichkeit, “und was ist ihrer für einer?” “Das ist ein reinrassiger Schlupfhund, mit Stammbaum. Es ist eine 40m hohe Lärche, die bei uns im Garten steht”. Er schaute mich groß an, sie schaute mich groß an, sie tuschelten irgend etwas, grüßten und gingen weiter. Offenbar kamen sie sich verarscht vor. Stimmt, ich hab gelogen. Das mit dem Baum stimmt zwar, wir haben eine 40m hohe Lärche im Garten, aber es ist nicht der Stammbaum meines Hundes. Mein Hund ist ein Mädchen. Die pisst nicht an Baumstämme, die pisst im sitzen!

Das andere Mal in Gaming am Weg zum Kirchenstein, einer kleinen, felsigen Aussichtsfläche am Hang des Gamingsteins, den wir im Zuge einer kleinen, unabsichtlichen Expedition umrundeten und zwangsweise bestiegen, weil ich mich bei einem Abzweig geirrt hatte. Rund dreieinhalb Stunden waren wir unterwegs. Ohne Wasser und ohne Futter, aber lustig war’s trotzdem. Irgendwo auf diesem schmalen Wanderweg in relativ steilem Waldgelände begegneten uns zwei Wanderer, Mann und Frau. Wir grüßten, ich nahm den Hund hoch, damit wir aneinander vorbei konnten, dann stellte ich Trixi wieder auf den Boden und wir gingen weiter, aber noch in Hörweite hörte ich sie zu ihm sagen “Hast du das gesehen? Na, wenn sich die zwei nicht ähnlich sahen, dann trixi_story_026weiß ich auch nicht!” Ich sagte ebenfalls laut zum Hund, “Hast du das gehört? Wir zwei sehen uns ähnlich!” und dann hab ich mich gebogen vor lachen. Ganz verschämt sind die beiden abgezogen. Na ja, sie hatte ja nicht so unrecht. Damals hatte ich, es war Winter, relativ langes Haar, und unrasiert war ich auch. Könnte hinkommen.

Und einmal im Auto. Pyhrnautobahn irgendwo bei den Tunnels. Den Tempomat auf 100km/h, zockeln wir Richtung Abfahrt Klaus zur Heimfahrt. Trixi liegt am Beifahrersitz und pennt, ich knotze im Leder, mit der Linken am Lenkrad, die Rechte hängt über der Armlehne des Beifahrersitzes, die Finger spielen mit Trixis Fell. Ich fand einen Knoten, den sie sich wieder einmal ins lange Haar geputzt hatte. Kam öfters vor. Entweder lösen oder abschneiden, sonst verfilzt das sehr schnell. Weil mir eh grade langweilig ist, beginne ich mit den Fingern den Knoten aufzulösen. Nach einer Weile hebt Hundi den Kopf, dreht sich langsam zur Hand und schiebt diese mit der Nase langsam und vorsichtig zur Seite, dann dreht sie den Kopf wieder nach vorne, legt ihn auf die Pfoten und pennt weiter. Ich fang wieder an, mit den Fingern den Knoten zu suchen und ihn zu lösen. Wieder hebt sie den Kopf, dreht sich langsam zur Hand, schiebt diese mit der Nase vorsichtig weg und legt sich wieder auf die Pfoten, und ich fang wieder von vorne an, den Knoten zu suchen und zu lösen, wie gehabt. Wieder hebt Mäuschen den Kopf, dreht sich ganz langsam zur Hand, schnappt zu, beißt mich in die Hand, dreht demonstrativ langsam den Kopf wieder nach vorne, legt ihn auf die Pfoten und pennt. Ich bin fast vom Sitz gefallen vor lachen! “Ok, ok, ich hab verstanden!”, meinte trixi_story_027ich zu Trixi. Sie ignorierte mich nicht einmal. Das war ja deutlich genug. “Hör sofort auf damit, du Penner! Ich mag das nicht!” hat das zweifellos geheißen. Hundi sagt mir immer, was sie will. Meist versteh ich es auch. Aber ich glaub, jeder Hundebesitzer kennt solche Geschichten zur Genüge.

Im Oktober 2014 war ich mit Trixi am Timmelsjoch, am Jaufenpass und am Brenner. 1000km an einem Tag. Egal, ob im Mai 2015 auf der Edelweißspitze und auf der Franz Josefs Höhe oder im Jahr davor am Timmelsjoch und am Jaufenpass, überall lief mein Wauzi wie in Windhund. “Macht das dem kleinen Hund gar nichts aus? fragten manche verblüfft, selber wie ein Dampfross schnaufend. “Offenbar nicht”, meinte ich und wir zogen weiter. Trixi hat die Höhe genau so wenig bemerkt wie die XJR. Die läuft auch auf jeder Höhe wie ein Uhrwerk.

In der letzten Augustwoche des Jahres 2015 waren wir mit dem Auto in Deutschland beim Reußenkreuz im Odenwald beim FZR Treffen. Bevor wir zum Neckar abbogen, blieb ich an einem Parkplatz stehen und ließ den Hund ein wenig in der Wiese laufen, und weil es hier noch warm war, rundherum schaute es nach Regen aus, setzte ich mich selber auch ein wenig in die Wiese und schaute Trixi beim Schnüffeln zu. Als ich wieder aufstehen wollte, spürte ich im Rücken einen Stich, dann konnte ich nicht mehr aufrecht stehen und auch kaum mehr gehen. Mich Ach und Krach trug ich Hundi zum Auto, setzte mich rein und probierte, ob ich überhaupt noch fahren kann. Das ging problemlos, also fuhr ich weiter. Ich dachte, wenn ich mich im Hotel ein wenig ausruhe, vergeht der Schmerz wieder, und wir können am nächsten Tag etwas schönes unternehmen. Gegen 16 Uhr konnte ich vor Schmerzen kaum mehr stehen, gegen 20 Uhr hab ich den trixi_story_028sprichwörtlichen Hut drauf gehauen und fuhr wieder Heim. Um halb fünf waren wir los gefahren, gegen 2 Uhr Nachts waren wir wieder daheim. Auch das waren 1000km an einem Tag. Hundi hat entweder am Beifahrersitz oder auf meinem Schoß geschlafen. Es war eine schöne, helle Nacht, die Autobahnen waren fast leer, wir waren flott unterwegs. Selbst bei 230 schlief sie wie in Abrahams Schoß. Damals war sie mit Sicherheit der schnellste Hund Österreichs.

Im September wollten wir nach Friesland fahren, Michael und die anderen Friesen besuchen. Zu Mittag schauten wir uns die Gedenkstätte in Mödlareuth an. In Halle an der Saale übernachteten wir im Hotel Konsul. Die Aufregung, vielleicht auch die Anstrengung der Fahrt, die fremde Umgebung und alles Drum und Dran waren für Wauzi zu viel. Ich musste sie fest an mich drücken, damit sie schlafen konnte. Jede Stunde stand ich mit ihr auf und ging raus beziehungsweise in die Brausetasse (musste ich ihr erst beibringen, denn das kannte sie nicht), denn sie hatte kräftig Durchfall bekommen. Am frühen Morgen war sie heiß wie eine Wärmeflasche und auch sonst total im Eimer. Ich hatte Angst um Hundi, rief Michael an, schickte eine SMS, als ich ihn nicht erreichte, “Ich dreh um und fahr wieder Heim, Hundi ist krank”. Wir hätten noch rund 500km fahren müssen, und dann wieder fremde Umgebung, fremde Leute, alles neu, Aufregung. Ich hatte mich verschätzt. Das ging mit Trixi einfach nicht mehr. Ich hab in diesen drei Jahren nie ernsthaft bedacht, wie alt mein Hund eigentlich ist. Da war sie stolze 17 Jahre alt. Sie war so kräftig und trixi_story_029unternehmungslustig, aber das wurde ihr zu viel. Daheim angekommen, fuhr ich gleich zur Tierärztin, die gab ihr ein paar Mittelchen zum Einnehmen, und ein paar Tage später war Mäuschen wieder frisch und wohlauf. Dann kam der Winter.

Den Winter 2015/16 hab ich gefürchtet. Trixi wurde immer kälteempfindlicher. Die Rückenprobleme, die sie seit Jahren hatte, machten sich auch immer stärker bemerkbar. Dieser Winter war nass und kalt. Selten konnten wir spazieren gehen. Mäuschen fror schon, wenn ich sie nur fürs Geschäftchen nach draußen brachte. Oft verkrümmte sich ihr Hiterteil so stark, dass sie vor Schmerzen zu jammern begann oder gar hin fiel, weil ein U-förmiger Hund einfach nicht stehen kann. Dann trug ich sie rasch wieder rein, steckte sie ins warme Bett, kuschelte mich zu ihr und massierte sie ganz vorsichtig, dann war sie wieder ruhig und hatte keine Schmerzen mehr. Aber die Probleme wurde stärker. Offenbar so stark, dass sie nicht mehr gehen wollte. Ich legte sie an die Leine, aber meistens standen wir nur ein paar Minuten vorm Haus. Wenn ich an der Leine zog, zog sie in Gegenrichtung, bis es mir zu dumm wurde. Ich nahm sie wieder hoch, leinte sie ab und trug sie wieder rein. Dann legte sie sich ins Bett und schlief. Je älter das Jahr wurde, desto mehr schlief Trixi. Fressen, trinken, schlafen, und ein wenig schmusen und kuscheln, dass war ihr Tagesablauf geworden. Ja, sie war jetzt wirklich nicht mehr die Jüngste, dass wusste ich. 18 Jahre. Vielleicht sogar ein wenig älter. Kann gut sein, dass sie nicht im August, sondern im Jänner geboren ist, sagt meine trixi_story_030Schwester. Dann war sie diesen August 18 1/2 Jahre alt. Ein kleiner Methusalem, sagte mein alter Zahnarzt im Frühling, als wir uns beim Spaziergang mit den Hunden trafen. Ja, sie war schon ein kleiner Methusalem. Nur ich sah das nicht so. Für mich war sie das süßeste, liebenswerteste Hündchen der Welt. Für mich war sie nicht alt. Dann kam der Juni.

Trixi quietschte mitten in der Nacht. Es war gegen zwei Uhr. Ich zog den Morgenmantel an, nahm Trixi untern Arm und ging die Stiegen runter. “Sie muß raus”, dachte ich. Trixi redete immer mit mir. Sie sagte mir immer, was sie wollte. Rausgehen, trinken, fressen, alles sagte sie mir, und wenn ich die Reihenfolge nicht einhielt, drehte sie sie wieder um. Also zuerst raus in die Wiese, dann zum Wassernapf, nicht umgekehrt, sonst pisste sie in die Küche, bevor sie trinkt. Da kannte sie keinen Spaß. Auf halber Höhe zum Erdgeschoss spürte ich, wie sich der Hund in meinen Armen verkrampfte. Die Beinchen wurden ganz steif, der Kiefer bebte verkrampft, sie keuchte. Der ganze Hund wurde zu einem zitternden, verkrampfen Klumpen. Ich war verzweifelt, wusste nicht was passiert, was ich tun soll. Ich lief raus, setzte mich auf die Treppen und streichelte mein Hündchen. Dann ließ der Krampf nach, sie wurde ganz schlapp, die Atmung beruhigte sich. Ich dachte, sie stirbt in meinen Armen. Ich trixi_story_014versuchte, sie in die Wiese zu stellen, aber sie ist kraftlos umgefallen. Es dauerte gut fünfzehn Minuten, dann war sie, schien mir, wieder normal. Ich war ratlos. Was war passiert? Der Hund war wieder normal.

In der Nacht darauf passierte das gleiche nochmals, nur heftiger. Ich hatte ein wenig nachgelesen. Es war ein epileptischer Anfall, denn ich da mit ihr erlebt hatte. Für den Hund an und für sich ungefährlich, solange es das Herz aushält. Es gibt verschiedene Auswirkungen davon, die heftige Variante erlebte ich in der zweiten Nacht. Sie lag fest an mich gekuschelt im Bett, plötzlich spürte ich, wie der Hund ganz steif wird und zu zittern beginnt. “Heiliger Strohsack, nicht schon wieder!”, dachte ich, drehte mich um, nahm sie hoch, da beginnt sie furchtbar zu schreien. Sie schreit wie am Spieß und zittert dabei wie unter Strom. Zuerst hielt ich sie fest und wollte sie beruhigen, aber dann passierte etwas seltsames. Sie ist mir kurz ausgekommen, und als sie nun frei im Bett stand, hörte sie sofort zu schreien auf und begann, sich wie verrückt im Kreis zu drehen. Davon hatte ich gelesen. Also nahm ich sie hoch, rannte mit ihr die Stiegen runter, zur Haustür raus, stellte sie in die Wiese und wartete, was passiert. Von 2:10 Uhr bis 2:25 Uhr lief sie wie einer Verrückte im Kreis herum. Wie ein Ringelspiel immer gegen den Uhrzeigersinn im Kreis. Ich gab ihr nur manchmal einen Schubbs, damit sie nicht die Richtung verliert und auf der Wiese bleibt, aber sonst ließ ich sie laufen. Sie schien einfach nicht müde zu werden und lief und lief und lief. Sie lief, bis ihr der Treibstoll ausging, oder was immer sie zum Stillstand brachte. Das trixi_story_010ganze Schauspiel hatte vom Anfang bis zum Ende länger als 30 Minuten gedauert. Dann trug ich sie wieder rein, sie trank wie nach einer Wüstendurchquerung, dann ab ins Bett mit ihr, und sie schlief wieder ein, als wäre nichts gewesen. Ich blieb für den Rest der Nacht wach und passte auf sie auf. Am Morgen fuhr ich zum Tierarzt.

“Kann unter Umständen ein epileptischer Anfall gewesen sein, wie sie vermuten. Vielleicht durch eine zu geringe Durchblutung des Gehirns ausgelöst, ich weiß es nicht mit Sicherheit. Wir könnten das feststellen. Blutanalyse, Tomographie, Röntgen und vieles mehr. Am Schluß wissen sie vielleicht, was sie hat”. Dann schaute sie mich an und sagte, “Sie ist 18 Jahre alt.” “Ich weiß”, antwortete ich. “Ein kleiner Methusalem”. Sie gab mir Tabletten, täglich zwei Viertel von einer, einmal morgens, einmal abends. “Wenn sie zu aktiv wird, geben sie ihr nur ein Viertel davon am Tag. Das fördert die Durchblutung etwas. Vielleicht hat sie dann Ruhe”. Ich gab ihr zwei Viertel am Tag, reduzierte dann auf ein Viertel, nichts trixi_story_012passierte mehr. Kein weiterer Anfall. Nur unruhig wurde sie irgendwie. Mehrmals in der Nacht aufstehen, oftmals wegen nichts. Kein Durst, kein Hunger, kein Harndrang. Ich setzte die Tabletten wieder ab, sie wurde wieder ruhiger, hatte keine weiteren Anfälle. Alles war wieder gut.

Anfang August konnte sie wieder nicht richtig kacken. Der Ausgang war wieder verklebt, als hätte sie zu fett gefressen. Mit der Hand ausräumen, duschen, trocknen, föhnen, fertig. Wie so oft. Zwei Tage hintereinander passierte dass, dann bekam sie kurz Durchfall, und dann hörte sie zu fressen auf. Egal, was ich ihr anbot, sie wollte nicht fressen, drehte nur den Kopf weg. Ich nahm das nicht so Ernst. Kam ja vor, dass sie, wenn sie etwas Durchfall hatte, das Fressen ein paar Tage verweigerte. Dann bohrte sie wieder ein Loch in den Fressnapf und holte alles nach. “Wird diesmal nicht anders sein, dachte ich”. Nach vier Tagen wurde ich unruhig. Sie trank zwar sehr viel, wollte aber nichts fressen. Ich ging zum Tierarzt. Leider hatte die Ärztin nicht Dienst, so fuhr ich zum nächstbesten Tierarzt in der Nähe. Der meinte, so schlimm wird das nicht sein, gab ihr zwei Spritzen, “damit ist sie für den nächsten Tag auch noch versorgt”, meinte er, und wir fuhren wieder Heim. Dann hörte sie zu trinken auf. Oder konnte sie nicht mehr trinken? Ich war verwirrt. Vom nicht fressen war sie schon recht geschwächt, aber nun hatte ich trixi_story_015den Eindruck, sie hat vergessen, wie man trinkt! Sie quietschte, als hätte sie Durst. Ich trug sie zum Wassernapf, sie tat auch ganz aufgeregt, als hätte sie Durst. Aber statt mit der Zunge das Wasser zu schlabbern, fand sie das Wasser nicht, und wenn sie es fand, steckte sie den ganzen Rüssel mitsamt der Nase hinein, dass Luftblasen aufstiegen. Irgendwie resignierend trat sie dann zwei Schritte zurück und drehte den Kopf zur Seite, als würde sie mir sagen wollen, “Ich will ja, aber es geht nicht”.

Ich hob sie hoch, nahm den Wassernapf, setzte mich mit dem Hund am Schoß auf einen Sessel und hielt ihr das Wasser so hin, dass sie es leichter erreichen konnte, aber sie steckte entweder nur den ganzen Rüssel mit der Nase hinein, oder sie drehte den Kopf zur Seite. So nebenbei fiel mir auf, dass ihre Pfoten kalt wurden, und ihr Nacken wurde irgendwie so steif. Die Beinchen wurden auch auf seltsame Art steif. So lange sie noch stehen konnte, konnte sie kaum mehr gehen, weil sie sich sonst im Kreis drehte, wie in Zirkel. Sie konnte irgendwie die Beinchen nicht mehr abbiegen, schien mir. Besonders das rechts hinten. Wenn ich sie ins Bett trug, legte sie sich mit lang ausgestreckten Beinen hin und schlief. Auch das beunruhigte mich,dann so schlief sie normal nie. Wieder fuhr ich zum Tierarzt, wieder verpasste er ihr eine Spritze. Das war am Samstag.

“Kommen sie am Montag wieder”, meinte er. Montag Vormittag fuhr ich wieder hin. Trixi konnte nicht mehr stehen. Sie schien auch nicht mehr steif zu sein. Sie war, wenn ich sie hoch hob, weich wie ein Handtuch. Grade, dass sie noch den Kopf hob und auf meine Schulter legte, wenn ich sie mir auf den Körper legte. Ich war in der Früh von der Arbeit Heim gekommen, hatte sie in der Küche am Boden liegend, seltsam verdrückt, vorgefunden. Dort, wo sie mit dem Kopf am Boden lag, blieb der Abdruck einfach so und ging nicht mehr raus, so, als wäre das Gewebe nicht mehr elastisch. Erbrochen hatte sie offenbar auch. Ihr Fell war ums Maul mit irgend etwas braunem verschmiert. Das konnte auch die Paste sein, die mir der Tierarzt für sie gab. So eine Art Astronauten Nahrung, die ich ihr mit einer kleinen Spritze in den Mund geben sollte. Offenbar hatte sie das Zeug gar nicht geschluckt, sondern nur so im Mund gehabt, was dann im Schlaf heraus gelaufen war. Ich reinigte sie mit einem nassen Tuch, untersuchte sie, ob sonst noch was im Maul wäre, was ihr gefährlich werden konnte, dann steckte ich sie ins Bett und wartete, bis wir wieder zum Tierarzt fuhren. Der gab ihr wieder eine Spritze, und wir fuhren wieder Heim. Heute frag ich mich, sah dieser Mann nicht, was mit Trixi los war? Oder glaubte er, ich kann die Wahrheit nicht ertragen?

Gegen 14 Uhr hatte sie drei so ähnliche Anfälle wie oben beschrieben, nur kürzer und leichter, dann lag sie friedlich, und wie mir schien entspannt, im Bett und atmete laut und deutlich vernehmbar. Mir war jetzt klar, sie liegt im sterben. Ich legte sie mir auf die Brust, bettete ihren Kopf auf meinen Arm und streichelte sie. Sie atmete ganz ruhig und gleichmäßig, als wäre sie beruhigt, dass ich bei ihr bin. Dann legte ich sie ins Bett, zog mir was hübsches an, holte den BMW vors Haus, denn den Citroen hat sie nie gemocht, dann legte ich ihre Decke auf den Beifahrersitz und holte Trixi. Vorsichtig legte ich sie auf ihren Platz und fuhr ganz langsam zum Tierarzt. Um 15:55 Uhr starb sie in meinen Armen.

Ich weiß nicht, was ich alles falsch gemacht hab, aber ich glaub, sie war nicht krank. Sie war 18 Jahre alt, oder gar ein halbes Jahr älter. Als sie aufhörte zu fressen, als sie, aufhörte zu trinken und als sie nur mehr im Bettchen lag und atmete, da hatte sie sich wohl einfach nur zum Sterben hingelegt. Sie hatte das Ende ihrer biologischen Fahnenstange erreicht. Für Tiere ist das was ganz natürliches. Nur Menschen machen ein Drama draus. Ich hätte sie nicht mehr zum Tierarzt bringen dürfen. Niemand konnte sie mehr retten. Sie hätte in ihrem Bett sterben können und hätte dabei gespürt, dass sie daheim ist, dass ich bei ihr bin. Dann hätte ich sie im Garten begraben sollen. Daheim, wo sie hin gehörte. Ich hab’s vermasselt. Ich hab es nicht besser gewusst, und das tut mir so leid. Aber ich kann mir Vorwürfe machen, so viel ich will, es ist zu spät.

Niemand kann mir meine Trixi zurück geben, aber ab jetzt hat sie hier ihren Platz.
In meinem Herz wird sie sowieso immer bleiben.

31. August 2016

Trixi, oder wie ich auf den Hund kam – Teil 1

Filed under: Hundegeschichten — Benzin @ 18:49

18 Jahre, oder gar 18 und ein halbes Jahr, so genau kann sich keiner mehr dran erinnern, wurde meine kleine Maus, bevor sie kraftlos, aber, wie ich hoffe, friedlich in meinen Armen einschlief. Das Ende nahte relativ schnell. Sie war zwar schon länger blind und hörte schlecht, aber daran hatte sie sich genau so gewöhnt wie ich. Ich sah und ich hörte für sie, und als die Beinchen schwächer wurden und der Rücken schmerzte, hab ich sie getragen. Wir verstanden und prächtig. Wir waren ja ein tolles Team, meine kleine Trixi und ich. Dabei wollte ich gar nie einen Hund. Aber nicht ich hatte mir diesen Hund ausgesucht. Der Hund suchte sich mich aus, und das kam so.

Irgend wann im Verlauf des Jahres 1998 oder Anfang 1999 kam meine Schwester auf Besuch, dessen Hauptzweck es war, einen kleinen Hund vorzustellen. Nicht, dass ein Hund für sie neu gewesen wäre. Sie hatte ja einen, und zwar ein goldiges, lockiges, schwarzes Chow Chow Weibchen trixi_story_001namens Gina, oder um genau zu sein, Albine von der lockeren Wiese. Aber wer will schon “Komm her, Albine von der lockeren Wiese!” rufen und vor allem, wozu? Bei  “Gina!” kam sie auch nur dann, wenn es ihr passte. Also Hunde waren nichts neues für sie. Aber für Tanja, ihrer älteren Tochter. Dieser gehörte der neue, kleine Hund. Wenn’s nach dem Mädchen ging, sollte es eigentlich eine Katze werden. “Mama, ich will eine Katze!” quengelte der kleine Quälgeist ständig herum. “Nein”, sagte ihre Mama, “Katze gibt’s keine. Aber du kannst einen Hund haben, der so groß ist wie eine Katze!” So wurde aus der Katze ein Hund.

Sie suchten den kleinen Hund nicht bei einem Züchter, sondern sondierten Zeitungsinserate. Das Internet war ja damals noch nicht so weit entwickelt wie heute. “Kleiner Hund nur in gute Familie abzugeben” oder so ähnlich lautete das Inserat, dass sie fanden und ein Foto war dabei. Es handelte sich um einen Yorki Mischling. Das weckte Interesse. Klein und knuffig. Noch dazu, zumal es sich um einen Hund aus der Pflege von Edith Klinger handelte, die damals eine eigenen Fernsehsendung hatte, in der allerlei alleinstehende Tiere, meist aus großer Not gerettet, ein neues Zuhause suchten. Also riefen sie an, bekamen einen Termin und fuhren hin. Nach allerlei Fragen rückten die Pfleger dann auch mit der Geschichte dieses Hundes heraus. Vermutlich noch kein Jahr alt, hatte der kleine Wauzi in den letzten sechs Monaten vier verschiedene Besitzer, die das kleine Tierchen allesamt wieder zurück brachten, weil das “Mistvieh” weder stubenrein war noch gehorchte. Ja, und gebissen hat der Kleine auch. Aus Angst, aber das wusste offenbar keiner. Trotz allem nahm meine Schwester diesen Hund mit und fuhr Heim. Und dann besuchte sie uns, um den neuen Hund vorzustellen.

Von diesem Besuch bemerkte ich anfangs nicht viel, denn ich wohne im Haus oben, meine Eltern unten. Dann ging die Tür des Wohnzimmers auf, und meine Schwester kam mit einem kleinen Hund herein. “Ach, ein kleiner Hund” war wohl ziemlich alles, was mir dazu einfiel. Ein paar Augenblicke später war meine Play Station kaputt. Der kleine Köter hatte mit seinen spitzen Zähnchen ins Steuerkabel gebissen und damit anscheinend einen Kurzschluss oder sowas in der Richtung verursacht. Dabei hatte Hundi großes Glück. Das Kabel daneben wäre Stromführend gewesen. 220V Wechselstrom! So lernte ich Trixi kennen. trixi_story_002

Unsere nächste Begegnung war etwas persönlicherer Natur. Wieder war Sonja mit dem kleinen Hund zu Besuch, diesmal interessierte ich mich etwas mehr für ihn. Nicht, weil die Versicherung eine neue Play Station bezahlt hatte. Die alte war auch noch fast neu. Nein. Es war sowas wie Neugierde. Ich hatte Erfahrung mit Meerschweinchen und Katzen, eine ZIege hatte ich auch kurz einmal und manche meinen, ich hätte einen Vogel, aber einen Hund hatte ich nie. Vielleicht interessierte mich dieser Hund auch nur deshalb, weil er so klein war. Ich weiß es nicht mehr. Ich hob ihn hoch, streichelte ihn und stupste mit meiner Nase gegen seine. “Auaaaa!” Erschrocken setzte ich den Hund zu Boden. Er hatte mich in die Nase gebissen! Damit war ich nicht alleine, wie ich erfuhr. Auch Sonja und ihr Lebensgefährte wurde von Trixi in die Nase gebissen. Bei Gerhard war sogar die Nasenwand durchgebissen. Komischerweise war ich damals der Einzige, der drüber lachte. Aber einmal ehrlich, wie kann man den so blöd sein, mit seiner Nase den Zähnen eines fremden Hundes  so nahe zu kommen? Diesem kleinen Hund waren wir damals alle fremd! Man stelle sich das einmal vor! Keiner von uns wusste genau, was dieses Tier bisher erlebt hatte. Wir wussten nur, dass er sehr schreckhaft war, was bedeutete, gut war es ihm wohl nicht gegangen. Und dann kommt so ein großer Lackl daher, hebt ihn auf und sein Schädel kommt mit diesem großen Zinken in der Mitte auf Tuchfühlung. Was würden sie als kleiner Hund tun? Da muß man doch vorsichtshalber zubeißen! Ich konnte das dem kleinen Wauzi ehrlich gesagt nicht übel nehmen. Es gibt aber auch welche, die suchen Schuld grundsätzlich immer bei anderen.

Dann vergingen Jahre, über die es aus meiner Sicht nicht viel zu erzählen gibt. Manchmal war Trixi zur Pflege da, meistens war sie aber weit weg. Nicht unbedingt weit für mich, aber weit für so einen kleinen Hund. Ich wusste, dass es ihn gibt, mehr aber nicht. Ein einziges Mal beschäftige ich mich in all den Jahren mit Trixi näher, das war  am 12. August 2001. Sie war wieder einmal zur Pflege da und ich nahm sie, weil mir anscheinend nichts besseres einfiel, zu einer kleinen Wanderung mit. Ich schnappte mir ihre Leine, setzte sie ins Auto und fuhr nach Gresten zum Schwarzenberg, und dort stieg ich dann über Forst- und Almwege  zum Kamm hoch und ging mit ihr bis zum Gipfelfels, den ich mit Trixi unterm Arm erstieg. Dort saßen wir beim Gipfelkreuz, ich rauchte eine Zigarette und bannte Landschaft und Hund auf Film. Und genau das ist der Grund, wieso ich heute noch ein Foto von Trixi aus dem Jahr 2001 hab. Das war, kommt mir heute fast vor, der erste kleine Wink des Schicksals. Ich hatte das Foto von einem Hund, der fast genau 12 Jahre später meiner wurde und um den ich heute weinte, weil ich ihn so liebte.

Wir verstanden uns auch an diesem Tag prächtig. Ich ließ sie im Almgebiet, ganz entgegen dem Rat meiner Schwester, ohne Leine laufen. Sie ging ein paar Schritte voraus, und als zuerst das Gras höher als der Hund wurde und das Gelände immer steiler, folgte sie ein paar Schritte hinter mir, immer grade so weit zurück, dass sie mich noch sehen konnte. An diesem Tag war sie ein guter, kleiner Bergkamerad. Dass wir beide fast auf den Tag genau 12 Jahre später zueinander finden und ein Herz und eine Seele werden, dass wäre mir nicht im Traum eingefallen, und ich meine sogar, nicht einmal der Hund hätte sich das in seinen, oder in ihren, kühnsten Träumen vorgestellt. Aber meistens kommt es erstens anders als man zweitens denkt. Oder so.

Die Jahre vergingen aber nicht nur für mich. Auch die Kinder meiner Schwester wurden älter, und damit auch Tanja, die Besitzerin von Trixi. Die Beiden waren unzertrennlich, bis das Leben unaufhaltsam seinen Lauf nahm. Grundschule, Mittelschule, Matura, Fachschule in Wien, Berufsausbildung, Arbeitsplatz und Wohnung in Wien. Das kleine Mädchen war eine Frau geworden und stand mit beiden Beinen mitten in ihrem jungen Leben. Zurück in Ybbs an der Donau blieb ein kleiner Hund, und weil auch dort das Leben nicht stehen blieb, Sabrina war ebenfalls schon aus der Schule, meine Schwester sowieso berufstätig, war das kleine Yorki Mädchen, ohne dass das jemand wollte, alleine angekommen. Na, nicht direkt alleine. Meistens kümmerte sich meine Mutter um Trixi, denn weil weder Sonja noch Kinder in Ybbs tagsüber daheim waren, kam der kleine Wauzi zu uns in Pflege. Es fehlte ihr eigentlich an nichts. Es gab Wasser und zu fressen, sie hatte den ganze Garten für sich alleine und konnte tun und lassen, was immer sie wollte. Nur ein richtiges Frauchen oder Herrchen, das hatte sie nicht. Und dann kam jener Tag im August 2013, an dem mir fast das Herz stehen blieb, und dessen Folgen mein Leben auf ungewöhnliche Art veränderte. Aber ganz anders, als ich ursprünglich dachte. Gott sei Dank.

Es war ein Tag so ungefähr mitten im August 2013 gegen 22:00 Uhr. Ich war grade von der Arbeit Heim gekommen, hatte die Haustür versperrt, die Jacke ausgezogen und wollte sie eben an die Garderobe hängen. Und wie es der Teufel will, schau ich so nebenbei zur offenen Küchentür hinein. Was ich sah, verschlug mir den Atem. Nein, es war nichts mit dem Hund. Es war schlimmer.

trixi_story_003Ich sah die Beine meiner Mutter ausgestreckt am Boden liegen! Momentan stand ich wie angewurzelt da, dann aber begann mein Kopf zu arbeiten. “Ganz ruhig bleiben! Jetzt schaust du da einmal, was los ist, und egal was du siehst, du wirst das jetzt mit Fassung tragen!” befahl ich mir. In meinem Innersten sagte mir ein beklemmendes Gefühl, das ist der Tag, den die Meisten fürchten. Der Tag, an dem du deine Mutter verlierst.

“Hannes, bist du das?” hörte ich die Stimme meiner Mutter. Ich ließ die Jacke einfach fallen und war mit einem Sprung in der Küche. Da lag tatsächlich meine Mutter am Rücken, den Kopf auf ein Kissen gebettet, dass sie sich von einem Sessel gefischt hatte. “Bin ich froh, dass du da bist”, sagte sie. Ich kannte mich nicht wirklich aus, was da los war. Dann erfuhr ich es. Sie war ausgerutscht und gestürzt, wobei sie sich, so war sie sich den Schmerzen nach sicher, den Oberschenkelhals oder die Hüfte gebrochen hatte. Mein Vater lag schon im Bett, hört ohne Hörapparat praktisch nichts, schreien hatte daher, so Mama, gar keinen Sinn und kostet nur Kraft, und weil sie so lag, dass sie auf die Küchenuhr schauen konnte, wusste sie, in spätestens einer dreiviertel Stunde kommt der Sohn Heim, und dann wird alles wieder gut. Und so hatte sie sich den Polster vom Sessel, der gottlob in Reichweite lag, gezogen, damit sie bequemer liegt und wartete auf mich. Nachdem sie mir das erzählt hatte, musste ich mir insgeheim eingestehen, das war mit Abstand die brutalste Geschichte, die ich von einer Hausfrau je gehört hab. Punkto Härte und Kaltblütigkeit könnten sich da einige Männer eine große Scheibe abschneiden.

Ich verständigte die Rettung, die verständigte, weil die Schmerzen für einen Transport ohne Schmerzmittel nicht möglich war, den Notarzt, der sie mit einer gewaltigen Dosis ins Reich der Schmetterlinge schickte. Diese Dosis war nötig, weil die ersten zwei Spritzen überhaupt keine Wirkung zeigten. Dabei war nicht Mutter das Weichei, sondern die Leute der Rettung. Freilich entfleuchte meiner Mutter ein Schmerzensschrei, als sie versuchten, Mama auf die Trage zu hieven. Kein Wunder bei der Schwere der Verletzung. Sie meinte aber sofort, “kümmert euch nicht drum, wenn ich da drauf liege, ist der Schmerz ja wieder vorbei!” Das trauten sich die jungen Männer aber nicht und riefen den Notarzt. Ja, und dann war Mama weg, Papa, Bub und Hund waren alleine. trixi_story_004

Für mich war das kein Problem, für Vater durfte es keines sein. Mama war nicht da, um für ihn zu kochen, also musste er seinen Hintern selber in Bewegung setzen. Der kann das, wenn er muß. Normal muß er aber nicht. Vater war Zeit seines Lebens (der ist auch schon 82) ein äußerst fleißiger Mann, aber ein Pascha, wenn er daheim ist. Wenn da ein Löffel zu Boden fällt, bleibt der liegen, bis er entweder verrostet ist oder bis ihn jemand anders aufgehoben hat, so einfach ist das. Oft schon hab ich mir gewünscht, der Herr Papa wäre einmal beim Militär gewesen. Nicht, weil Krieg spielen lustig wäre. Aber er wüsste, wo sich seine Kleidung befindet. Der kennt nicht einmal seinen eigenen Kleiderschrank. “Hab ich kein frisches Hemd? Frische Hosen? Wo sind Socken? Und die Schuhe?” Mama wird’s schon richten. Wozu hat man ein Weib?

Genau das war der Grund, wieso ich wusste, jetzt muß ich mich um den kleinen Hund kümmern. Bei Vater wäre er vermutlich, ich würde sogar sagen, mit Garantie, auch nicht verhungert, aber vermutlich wären für Hundi dürre Zeiten angebrochen. Für sich selber versteht er in Not zu sorgen, aber wenn der Hund weder kochen kann noch einkaufen geht, hat er Pech gehabt. Nun ja, dann bekam der kleine Wauzi eben von mir Wasser und Fressen. Ich bin ja nicht so. Außerdem würde das jetzt länger dauern, dass wussten wir schon am nächsten Tag. Oberschenkelhalsbruch und Beckenzertrümmerung, voraussichtliche Dauer bis zur Widerherstellung mehrere Monate. Dann nahm Trixi ihr Schicksal selber in die Pfoten.

Höchstens ein paar Tage waren seit dem Zwischenfall in der Küche vergangen. Ich glaub, nicht mehr als drei. Ich hatte frei, es war später Nachmittag, ich saß hier beim Computer und beschäftigte mich mit diesem Blog, da hörte ich etwas quietschen. Zuerst achtete ich gar nicht drauf, aber dieses Quietschen hörte nicht auf. Immer wieder war da irgendwo ein Quietschen zu hören. “Oder, wart einmal, das ist nicht irgendwo”, dachte ich, “das ist vor meiner Wohnzimmertür!” Etwas ratlos stand ich auf und öffnete die Tür. Was, bitte, sollte da vor meiner Tür quietschen?

Es war Trixi. In all den rund vierzehneinhalb Jahren, in denen sie im weiteren Sinne ja auch zur Familie hier gehörte, war sie noch kein einziges Mal auf die Idee gekommen, die Treppen zu mir hoch zu steigen. Kein einziges Mal! Chester, der andere kleine Hund, der öfters, so wie auch jetzt grade wieder, zur Pflege hier ist, der kam und kommt immer wieder zu mir hoch, kratzt an der Tür, schnüffelt ein wenig herum, wenn ich öffne, und verschwindet wieder. Trixi tat das nie. Seit unserer gemeinsamen Besteigung des Schwarzenberges vor zig Jahren hatten wir nicht mehr viel miteinander zu tun. Nicht einmal höflichkeitshalber. Wenn sie da war, war sie da, wenn nicht, dann nicht. So war zumindest meine Sicht der Dinge. Vielleicht hab ich sie sogar dann und wenn gestreichelt, aber ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Intensiv können meine Gefühle für sie nicht gewesen sein, sonst könnte ich mich dran erinnern. Die Tour zum Schwarzenberg, die war damals aber schön, und die hab ich nicht vergessen. Hundi offenbar auch nicht.

Ich öffnete die Tür, sie kam herein, schnüffelte ein wenig herum, aber statt wieder zu gehen, sprang sie im Schlafzimmer ins Bett und schlief ein. Und damit könnte ich unter dieser Hundegeschichte jetzt praktisch den Schlußstrich ziehen, denn seit damals hat Trixi diese Räumlichkeiten nie wieder, im sprichwörtlichem Sinne zumindest, verlassen. Sie hat sich an diesem Tag einen neuen Herrn ausgesucht, und sie hat einen gefunden, der nicht wusste, wie schön es sein kann, einen Hund zu haben. Ich meine, es kann natürlich auch schön sein, eine Frau zu haben. Keine Frage. Nur, mit dem Hund muß ich keine Sorgen teilen, die ich ohne ihn gar nicht hätte. Mit einer Frau schon. Es folgten drei der schönsten Jahre meines Lebens.

Aber das ist eine andere Geschichte

Bis später……………

Powered by WordPress