Um 8:00 Uhr morgens bin ich zu einer Tour aufgebrochen, die mich über den Semmering in die Steiermark bringen sollte. Ich wollte ein paar kleine Pässe fahren und dann zur Teichalm schauen, die ich schon länger nicht mehr besuchte.Das Wetter war herrlich, der Verkehr mäßig, so konnte ich die Fahrt richtig genießen. Es sollte tatsächlich eine tolle Tour werden. 487km legte ich zurück und hab dabei einiges erlebt. Am Vormittag hatte ich eine kuriose Begegnung, von der ich hier erzählen will.
Über das Preiner Gscheid (Einsattelung und Wasserscheide bei der Rax, dem höchsten Berg Niederösterreichs) erreichte ich die Ortschaft Prein und bog dort in eine schmale Straße, die mich recht verwinkelt und interessant nach Süden, zum Semmering führte. In Semmering (ein bekannter Kurort) am Semmering war ich gerade damit beschäftigt, die Orientierung nicht zu verlieren und zur Hauptstrasse zu finden, denn der schmale Pfad, den ich gewählt hatte, mündete im letzten Winkel, als mir mitten auf einer breiten Kreuzung eine Frau vors Motorrad läuft, mit den Händen aufgeregt deutet und etwas in meine Richtung ruft. Ich hatte zwar nichts verstanden, aber ihr Blick schien mir Hilfe suchend und ratlos. Ich drehte mich während der langsamen Fahrt um und sah sie weiter gestikulieren, dachte kurz nach, was sie wollen könnte und entschied mich, umzudrehen, um zu fragen, was den los sei.
Die Dame, Daumen x Pi etwa um die 40 Jahre alt, war ein südländischer Typ, bunt, aber elegant gekleidet und durchaus hübsch. Das wird wohl auch der Grund gewesen sein, warum ich überhaupt auf die Idee kam, umzudrehen. Öhömmm.
Freudig lächelnd, weil ich umdrehte, erwartete sie mich – mitten auf der Kreuzung – und hob, zeitgleich mit meiner Frage, was den los sei, an, mir ihr Leid zu klagen.
„Wissen sie, wo hier das Hotel Panhans ist? Das soll hier irgendwo sein, aber ich finde es nicht“.
„Nö, woher den? Ich bin ja selber nicht von hier!“, antwortete ich.
„Aber schauen sie, da ist doch ein Schild“ zeigte sie geradewegs vor uns auf einen Masten, der tatsächlich ein Schild inklusive Richtungspfeil mit der Aufschrift „HOTEL PANHANS“ trug.
„Nun, dann wird das Hotel wohl auch in dieser Richtung sein“, bemerkte ich mit einem unschuldigen Blick. Was hatte sie den erwartet, wo es sein soll, wenn der Wegweiser eh die Richtung weist?
„Ist das weit?“, fragte sie.
„Wie soll ich das den wissen?“ Ok, vielleicht hat sie mich vorhin nicht richtig verstanden, dachte ich. Sie sprach und verstand aber ausgezeichnet Deutsch.
„Können sie mich mitnehmen?“, frage sie!!!
„Aufm Motorrad????“
„Ja. Warum nicht?“
Ich war ein wenig ratlos ob ihrer Idee, aber die Dame wusste recht genau, was sie wollte! Ohne mit der Wimper zu zucken, machte sie Anstalten, die XJR zu besteigen. Dabei waren doch die Soziusfußrasten hochgeklappt! „Oh mein Gott“, fuhr´s mir durch den Kopf, klappte die Fußrasten runter und stieg, so rasch ich konnte, auf die Elise.
„Wunderbar, danke“, strahlte sie, und im nächsten Augenblick saß sie schon hinter mir am Motorrad.
Ich wette um viel Geld, diese verrückte Henne wäre auch ohne die Fußrasten da hochgeklettert! Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass sich auch das riesige 52 Liter Topcase hinten am Motorrad befand, was ihr überhaupt keine Probleme bereitete!
Nun stand ich im hintesten Winkel von Semmering mitten auf einer Kreuzung, und hinter mir saß eine wildfremde Frau, die sich wie eine Katze mit ausgefahrenen Krallen an mir festklammerte. Mir war klar, ich musste jetzt dieses verdammte Hotel finden, denn früher würde sie garantiert nicht mehr absteigen. Also fuhr ich los, und sie krallte sich noch fester an mich. Bild links: Viadukt „Kalte Rinne“ der ÖBB Südbahn
„Aua“, entfuhr es mir. Ich wünschte, sie würde die Krallen wieder einfahren!
„Oh, Verzeihung. Wissen sie, ich bin noch nie auf einem Motorrad gesessen“, und es klang richtig aufgeregt, Wie ein Teenager, der zum ersten Mal am Moped des ersten Freundes sitzt.
„Was???“
„Ja, schon. Ganz früher einmal. Aber nicht auf einem so großen“, erwiderte sie. Mir brauchte sie ja nicht das junge Mädchen vorspielen. Ich hatte den Klapphelm hochgeklappt, sie konnte meinen grauen Bart sehen – ich war natürlich wieder einmal unrasiert – und sie sah, dass ich auch nicht mehr ganz neu bin.
„Oh Herr, das ist ja ein Hammer“, dachte ich mir.
„Fragen wir doch die Leute dort“, meinte sie und wies mit der Rechten nach vorne, wo eben drei Männer Gepäck aus einem Auto luden. Dann krallte sie sich sofort wieder an mir fest. Bild rechts: Ein weiteres Viadukt der Semmeringbahn
„Auaaaa“.
„Verzeihung, ich bin das nicht gewöhnt. Das ist so hoch“, flötete sie wieder.
Ich blieb stehen und fragte nach dem Hotel, obwohl ich keine Aussicht auf eine erleuchtende Antwort sah, denn die Leute waren, so schloss ich aus dem Kennzeichen, nicht gerade aus der Nähe. Es war ein Deutsches Kennzeichen!
Jedoch, einer der Männer wusste tatsächlich, wo das Hotel zu finden war!
„Da fahren sie rauf bis zur Passhöhe, dort befindet sich das Hotel“, erklärte er uns.
„Wie? Auf der Passhöhe??? Sie meinen, oben am Semmering?????“ Etwas irritiert drehte ich mich zur Wildkatze um und sah sie fragend an. Sollte ich mit ihr, so, wie sie war, den Semmering hochfahren zur Passhöhe?
Der Deutsche meinte, er würde sich freuen, diese hübsche Dame hochfahren zu dürfen, und grinste. Er wusste wohl nicht recht, was er von diesem seltsamen Gespann – ich in Motorradkluft, sie im modischen Freizeit Outfit – halten sollte.
„Fahren wir“, tönte es von hinten.
Was blieb mir den nun anderes übrig? So fuhr ich los.
Raus aus der Ortschaft, rechts abgebogen, und über mehrere Kehren zur Passhöhe gedüst. Hinter mir Gekicher.
„Jö, ist das schön“, tönte es wieder von hinten, während wir die Kehren durchfuhren. „Sind sie von hier?“
„Nö“
„Aus Wien?“
„Nö“
„Woher denn?“
Die Alte wurde mir langsam …öööh…..direkt lästig möchte ich nicht sagen, aber so etwas Ähnliches.
„Ich bin aus Amstetten“
„Aha. Bleiben sie hier?“
„Nö!!!!“
Dann überlege ich. Ich konnte sie doch nicht einfach dauernd nur mit „Nö“ abspeisen.
„Ich bin nur zufällig hier vorbeigekommen. Ich fahre weiter in die Steiermark. Ich fahre spazieren und schau mir die Gegend an“.
„Wau! Das muss schön sein, mit diesem großen Motorrad herumzufahren!“ Bild links unten: Die Rottenmanner Tauern
„Ja, Das ist es!“ Sie krallte sich jetzt gar nicht mehr so arg an mir fest. Sie hatte schon begriffen, dass sie auch so nicht hinunterfällt. Ich war ja sehr vorsichtig mit ihr unterwegs.
Oben hielt ich an einer Kreuzung mit einem dieser unübersichtlichen Wegweiser, wie sie mich auch in Italien zur Verzweiflung gebracht hatten. Ein Mast, der von oben bis unten voller Schilder mit den Namen der Hotels ist, die sich in dieser Strasse befinden. HOTEL PANHANS las ich und deutete auf das Schild.
„Da, in dieser Strasse ist ihr Hotel“, meinte ich und machte mich fertig, sie absteigen zu lassen.
„Gut. Fahren wir“, sagte sie.
Grumpffff………………
Ich erspähte gerade auch noch ein Polizeiauto, das wenige Meter vor uns am Straßenrand parkte. Mehrere Männer standen dort, einige mit Zettel und was weiß ich noch in der Hand, aber keiner kümmerte sich um uns. Also fuhr ich los, in die Seitenstrasse hinein.
„Es macht richtig Spaß, auf diesem Motorrad zu sitzen“, tönte es wieder von hinten.
„Aha“, dachte ich, „jetzt hat sie am Motorradfahren auch noch einen Narren gefressen! Frag jetzt bloß nicht, ob sie mitkommen will. Die steigt sonst heute nicht mehr ab.“
„Schauen sie mal, da vorne ist es ja“, machte ich sie auf einen großen Hotelkomplex aufmerksam.
„Ach ja, dann sind wir ja schon da“, meinte sie.
Ich hielt an, und kaum stand die Mühle, war sie schon herunten.
„Danke vielmals. Das war nett von ihnen. Ich wünsche ihnen noch eine gute Fahrt“, sprach sie, dann nahm sich ein Bediensteter des Hotels um sie an, der zufällig herausgekommen war. Offenbar kannte er die Dame. Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Mir warf er einen komischen Blick zu, den ich nicht zu deuten vermochte, dann hatte ich auch schon umgedreht und zischte ab.
Eigentlich schade, dass mir erst später der Gedanke kam. Ich hätte dem Hotelangestellten meine Kamera in die Hand drücken sollen, damit er uns am Motorrad fotografiert. Denn das glaubt einem ja kaum jemand. Die ganze Westseite des Semmering hinunter lachte ich noch über dieses Erlebnis und hätte, irgendwie, zu gerne gewusst, wie sie auf die Frage „Wollen sie mitkommen?“ geantwortet hätte.
Aber andererseits will ich die Antwort lieber gar nicht wissen. Sie hätte ja JA sagen können! Bild oben rechts: Viadukt der Rudolfbahn im Gesäuse
wannst in geographie aufpasst hättst dann wissast das da ötscher der höchste berg von nö ist-hab dich trotzdem lieb mfg leo
Kommentar by ^steinmetz leopold — 10. Februar 2010 @ 17:30
Servus Poldi
Schade, über 30 Jahre hast du mir jetzt schon verheimlicht, dass du mich liebst. 🙂
Zum Ötscher und seiner Höhe.
LIEBER Poldi
Ja, ich hab wieder einmal die Bergln durcheinandergebracht. Die Rax ist nicht der höchste Berg Niederösterreichs.
Entschuldige vielmals.
Der Ötscher ist es aber auch bei weitem nicht!
Schon einmal vom Schneeberg gehört? Daumen x Pi ist der um 200m höher als der Ötscher.
Macht aber auch nix. Die Welt geht deswegen nicht unter.
Trotzdem schöne Grüße Hannes
Nächstes Mal zahlst beim Bachler einen Kaffee, du Sack.
Kommentar by Benzin — 10. Februar 2010 @ 20:04