Zwei Tage nichts vom Alltag wissen wollen. Zwei Tage nur unterwegs in der Natur, in den Bergen, das war das Leitmotiv unseres kleinen Ausfluges in die Bergwelt der Eisenerzer Alpen. Für Eintagestouren liegt Eisenerz schon hart an der Grenze des Erträglichen. Ich finde es heute nur mehr selten lustig, wenn ich am frühen Morgen (Abfahrt im Sommer 3 Uhr) 100km hinfahren muß, dann meine Tour gehe ,um am Abend nochmals die selben 100km zurück zu fahren. Ab und zu mach ich das noch, aber haben muß ich das eher nicht. Da ist es viel schöner, am frühen Nachmittag anzureisen, das Zimmer zu beziehen, den Gastgeber kennen zu lernen und dann die nähere Gegend zu erkunden, beziehungsweise den Einstieg in die nächste Tour vorzubereiten. Da hat man genug Zeit und ist nicht schon von der Anreise müde.
Unser Stützpunkt: Die Latschen Stub’n von Christa Novotny am Präbichl. Die Privatpension ist für Touren in der Eisenerzer Bergwelt hervorragend gelegen, die Gastgeberin unglaublich liebenswürdig, die Zimmer urgemütlich und mein Yorkshire Terrier Eddie herzlich willkommen. Herz, was willst du mehr?
Montag, 24 Oktober 2022
Die Latschen Stub’n findet man am Präbichl in der Laufstrasse 56, zu der man (aus Norden kommend) nach dem Windrad links abbiegt.
Der Ausblick nach Vordernberg ist grandios, gegenüber der Unterkunft liegt die Vordernberger Mauer und der Reichenstein 2165m
Auch für die Unterhaltung von Hund und Kind ist bestens gesorgt.
Nicht nur Eddie findet unser Zimmer urgemütlich.
Das kurze Unwetter am Abend betrifft uns in der warmen Stube nicht. Für die nächsten Tage ist gutes Wetter vorhergesagt, also kein Grund zur Besorgnis.
Dienstag, 25. Oktober 2022
7:54 Uhr, Blick gen Vordernberg (Süden). Der Himmel ist noch bewölkt, im Tal liegt Nebel, die Temperatur liegt bei geschätzt 10°C
Wir frühstücken und machen uns fertig. Anreise ist keine nötig, unser Abmarschpunkt ist unsere Unterkunft.
Strecke: Einige hundert Meter zurück in Richtung Präbichl Paßhöhe und dann kurz einer Forststraße folgen, Hinweisschild “Leobner Hütte über Knappensteig – Leobner Hütte 1582m – Hirscheggsattel 1699m – Vordernberger Griesmauer 2015m – Hirscheggsattel 1699m – Polster 1910m – Präbichl 1226m
8:15 Uhr. Der Forststraßenhatscher ist recht kurz, es folgt der Aufstieg durch den Wald
Da vorne ist schon der Abzweig von der Forststraße auf den Steig, der durch den finsteren Wald in einer Querung nach oben auf eine Schulter führt.
Aussicht gibt’s nur, wenn man die Lifttrasse des Polsterlift quert.
Schon nach einer halben Stunde kommt man erstmals ins Freie und wird mit einer schönen Aussicht belohnt.
Blick zur Vordernberger Mauer gegenüber.
Wir haben die Schulter erreicht, wo der richtige Beginn des Knappensteiges ist.
Von hier könnte man zum Polster rauf latschen. Vorne bei den Schildern kann man aber auch, wie wir, rechts abbiegen und dem Knappensteig zur Leobner Hütte auf 1582m folgen.
Aber bevor wir los stiefeln, genießen wir nochmals das Panorame.
Die Hütte der Knappensteig Alm.
Und hier beginnt die lange Querung über den Knappensteig zur Leobner Hütte und zum Hirscheggsattel.
Bei diesen Anblicken weiß man, warum man so gerne in den Bergen unterwegs ist.
Der Knappensteig quert das Polsterkar
Sperre, damit die Kühe nicht zur Leobner Hütte wandern.
Die Chinesen würden das Ding “Elefantenrüsselbaum” nennen und Busladungen von Touristen hin karren.
Das Gelände ist teilweise steil, der Weg immer sehr angenehm zu gehen.
Wir nähern uns der Schlüsselstelle des Knappensteig, eine Felsnase, die man auf einem versicherten Stück Weg umrundet.
Bei Angsthasen sorgt dieses Gedenkkreuz gleich für Stimmung…
… und die Sicherung sorgt für moralische Unterstützung
Und hier geht’s mit schöner Aussicht um’s Eck herum
Das war es dann auch schon mit der Schwierigkeit am Knappensteig.
Um die nächste Ecke herum kommt auch schon die Leobner Hütte auf 1582m in Sicht.
Der Ausblick kann sich hier überall sehen lassen.
Wir halten uns hier aber nicht lange auf, sondern wandern gleich dem Hirscheggsattel entgegen, der nur mehr knapp über 200 Höhenmeter von uns entfernt ist. Im Hintergrund unser höchstes Ziel des Tages, die Vordernberger Griesmauer. Wer an der felsigen Ecke am Knappensteig Probleme hatte, der sollte sich im eigenen Interesse auf keinen Fall näher mit der Vordernberger Griesmauer beschäftigen, auch wenn man da mit einem (bergerfahrenen) Hund rauf wandern kann.
Am Hirscheggsattel auf 1699m steht ein riesiger Gittermast einer Hochspannungsleitung, die mit dazu beiträgt, daß wir ein so komfortables Leben führen können und das die Grünen so gerne zerstören würden, wenn wir sie lassen. Dahinter im Südwesten der weiche Rücken des Polster, den wir später besteigen werden.
Im Nordosten haben wir die steilen Wände der Vordernberger Griesmauer vor uns. Das ist unser Ziel des Tages. Schau ma einmal, wie das wird.
Hier beginnt eine andere Welt. Die Wege des Herrn sind oft hart und steinig.
So eine steinige Trümmerwüste entlockt der Madam nur ein freudiges Lächeln.
Unser Nachbar im Nordwesten ist der Pfaffenstein und der Höhenzug zur Frauenmauer
In unserem Rücken ist der Polster 1910m
Bei diesem Latschenfeld liegt ein großer Felsblock, hinter dem wir Schutz vor dem starken, kalten Wind suchen. Wir ziehen unsere GoreTex Jacken an, Haube und Handschuhe werden griffbereit verstaut, dann geht’s weiter aufwärts in der Trümmerwüste. Die Aussicht ist sagenhaft.
So karg und beschissen können die Verhältnisse gar nicht sein, daß nicht trotzdem irgendwo Leben hervor lugt.
Es müsste auch sehr dick kommen, daß Madam nicht mehr strahlt.
Der Weg ist zwar steinig, aber immer noch recht gut zu gehen.
Irgendwo hab ich gelesen, daß dieser Felszacken “Keppelzahn” heißen soll.
Hier ist eine eindeutige Identifizierung des Weges nicht immer einfach und man sucht sich teilweise seinen Weg selber. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Manche besser, manche schlechter. Man muß halt immer aufpassen, daß man sich nicht selber in die Scheiße hinein reitet.
Rechts im Hintergrund ragt die TAC Spitze 2019m hoch. Das Gipfelkreuz ist schön zu sehen. Diese Spitze ist aber nur mit leichter Kletterei zu erreichen.
Dunkle Nebelschwaden steigen auf und verziehen sich wieder. Der Wind weht sehr stark und kalt, aber trotz allem ist es hier märchenhaft.
11 Uhr. Richtigen Weg gibt es hier keinen mehr und trotzdem ist klar ersichtlich, wo man gehen muß, um rauf zu kommen. Glei hamas geschafft!
Vordernberger Griesmauer 2015m
Es ist hier sehr wenig Platz, der Wind weht stark und es ist kalt.
Blick zum Trenschling (Hochturm 2081m), zum Lamingsattel 1677m und zur Leobner Mauer 1870m (rechts)
Ich schreib uns rasch ins recht zerfledderte Gipfelbuch ein, dann schauen wir noch einmal rundum und machen uns an den Abstieg.
Die Besteigung der Vordernberger Griesmauer ist selbst mit (bergerfahrenem!) Hund nicht sonderlich schwierig. Beim Gipfelanstieg und am Gipfel würde ich aber dringend empfehlen, den Wauzi an die kurze Leine zu nehmen. Es ist wenig Platz, sehr steil, brüchig und der Hund kann weit hinunter fallen!
Beim Abstieg (wie schon gesagt, im Gipfelbereich gibt es keinen richtigen Weg mehr) gehen wir nicht ganz absichtlich einen anderen Weg als aufwärts. Wir sind jetzt ganz nah bei den Felswänden statt viel weiter rechts (von hier aus gesehen) im Geröll. Beim Aufstieg hatte ich schon diese Wegspuren an der Wand gesehen, wollte aber nicht mehr queren und dachte, diesen Weg könnte man ja beim Abstieg nehmen, was wir dann auch nicht ganz freiwillig getan haben. Es ist hier steiler, als es auf den Bildern ausschaut und durch das Geröll muß man sehr aufpassen, um nicht auszurutschen.
Den unangenehmeren Teil hama hinter uns.
Da oben sitzt ein riesiger Steinbock und beobachtet uns.
11:50 Uhr. Rast am Hirscheggsattel.
Jetzt gibt’s auch einmal etwas zu fressen.
Aufstieg zum Polster und Rückblick zur Vordernberger Griesmauer 2015m, zur TAC Spitze 2019m und zum Griesmauerkogel 2034m
Der Trenschling mit dem Hochturm 2081m und der Leobner Mauer 1870m
Bei der Besteigung des Polster aus dem Hirscheggsattel kommt erst weit oben sowas wie ein Berggefühl auf. Vorher steigt man über einen begrasten Mugel, der nicht viele Eindrücke hergibt, ausgenommen seine tolle Umgebung.
Rückblick über den Hirscheggsattel
Blick über die Mugel des Polster zum Niederpolster 1796m. In Bildmitte (Hintergrund) der Tamischbachturm 2035m
Gipfel Polster 1910m. Im Hintergrund Gipfelkreuz und Gipfelmast (Sendeturm, der das Tal nach Vordernberg abdeckt)
Die Besteigung des Polster ist zwar nicht besonders aufregend, seine Gipfelschau kann sich hingegen wirklich sehen lassen. Deshalb ist er auf jeden Fall eine Wanderung Wert.
Da bleibt dir fast die Spuke weg!
Blick nach Südwesten: Unter uns die Paßhöhe des Präbichl, dahinter links die Vordernberger Mauern, Eisenerzer Reichenstein 2165m und Rössl 1855m, daneben der Erzberg, an dessen Höhe seit dem 11. Jahrhundert gearbeitet wird.
Blick nach Nordwesten über den Erzberg zu Kaiserschild 2033m und Hochkogel 2105m, Buchstein 2224m und Tamischbachturm 2035m
Blick nach Nordosten ins Hochschwabgebiet.
Beim Abstieg nehmen wir den Pfad zur Polster Schutzhütte. Hier kommt man an eine Stelle, an der es nur so vor Bankerl wimmelt. Ergo rasten wir hier und setzen uns.
Polster Schutzhütte auf 1709m in Sicht
Wir queren wieder einmal den Hang und steigen immer weiter ab.
Tiefblick zur Paßhöhe und zum Reichenstein hinüber.
14:27 Uhr. Vor ziemlich genau sechs Stunden sind wir hier vorbei gegangen. Jetzt nehmen wir uns die Zeit, auf diesem Bankerl zu rasten, dann gehen wir zur Laufstraße runter und zurück zu unserer Latschen Stub’n.