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1. September 2008

2008.08.29.-31 – 8. FZR-Forum Treffen in St. Andreasberg/Harz

Filed under: Touren International — Benzin @ 17:18

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Anreise: Amstetten – A1 bis Linz – A8 über Wels nach Deutschland – A3 bis Regensburg – A93 über Weiden nach Hof – A72 Richtung Berlin – Abfahrt zur B2 Richtung Schleiz – in Gefell Abzweig B90 nach Lobenstein – Leutenberg – B85 nach Saalfeld – Rudolstadt – Weimar – Bad Frankenhausen – über den Kyffhäuser – B80 Nordhausen – B4 Illfeld bis vor Braunlage – B27 südlich Richtung Bad Lauterberg – Abzweig nach D-37444 St. Andreasberg – Internationales Haus Sonnenberg Streckenlänge: 740km

Rückreise: St.Andreasberg – Silberhütte – Odertal – B27 Richtung Göttingen über Bad Lauterberg/Harz – Herzberg am Harz – Göttingen – A7 über Kassel – Fulda – Würzburg – A3 Nürnberg – Regensburg – Passau – A8 Linz – A1 Amstetten Streckenlänge: ca. 780km Streckenlänge insgesamt mit Tour im Harz: 1869km

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Freitag, 29. August – Die Anreise:

Es war also wieder soweit. Das Datum des Treffens war immer näher und näher gerückt. Zuerst vergingen die Monate, dann die Wochen, am Schluß zogen sich die Tage. Ich wartete nur mehr darauf, dass es Donnerstag, der 28. August wurde, den ab diesem Tag hatte ich Urlaub und wollte mich noch auf die Tour vorbereiten. Am Montag hatte ich neue Michelin Pilot Power aufziehen lassen, einen Satz handliches Werkzeug gekauft, wegen der Erinnerungen, die ich noch von der Pässetour im Juni hatte, und war damit beschäftigt, die Klamotten herzurichten. Es war mehr, um die Zeit totzuschlagen, während ich auf den heiß ersehnten Termin wartete, als Notwendigkeit. Es half, die Ungeduld zu ertragen.

Am Donnerstag ging ich zeitig zu Bett und wie immer vor einer größeren Tour, konnte ich natürlich nicht einschlafen. Wieder ging mir lauter Unsinn im Kopf herum, wie zum Beispiel, ob die Routen Wahl gut war oder ich nicht mit der 1000er FZR fahren sollte. Es war ja ein Treffen des FZR Forums. Aber der Gedanke, dass mir ab spätestens 500km die Knie dermaßen schmerzen, dass ich bei einer anfallenden Polizeikontrolle alles gestehen würde, nur um mich in einer Zelle gemütlich ausruhen zu können, ließ mich die Idee rasch wieder verwerfen. Als ich endlich einschlief, war es gegen Mitternacht. Um 5 Uhr sollte der Wecker läuten. Keine schönen Aussichten im Anbetracht der langen Fahrt, die mir bevorstand.

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Bild: Die XJR vor der Gedenkstätte in Mödlareuth

Wach wurde ich gegen halb fünf, ich fühlte mich wie gerädert. Sehr widerwillig nahm ich ein erfrischendes Bad, kleidete mich an, drückte schnell noch eine Kleinigkeit als Magenfüller hinunter und zockelte gähnend in die Garage, zur schon voll beladenen und abfahrbereiten XJR. Im Dunkeln nahm ich die kürzere Variante auf kleinen Nebenstrassen zur Autobahn und als ich eben die Auffahrt hochfuhr – leuchtete ein rotes Licht am Instrumententräger auf! Ich konnte es gar nicht fassen, was da leuchtete. Es war die Ölkontrolle! Über 40 000km hatte ich nie Öl nachgefüllt, da die blaue Elise keines brauchte, und jetzt leuchtete die Ölkontrolle, um 5:45 Uhr in der Früh! Klarerweise hatte ich nicht nachgeschaut, wozu auch. Es war immer alles in Ordnung. Verärgert fuhr ich zur nächsten Autobahnraststätte, um nach dem Rechten zu sehen und siehe da, tatsächlich war im Schauglas nicht mehr viel vom schmierigen Lebenselexier zu erkennen. Grießgrämig suchte ich nach Motorradöl, fand aber keines. Der Tankwart empfahl mir mineralisches Autoöl, etwas anderes hätten sie nicht und die Geschäfte rings herum sollten erst gegen 9 Uhr öffnen. Da wollte ich schon weit nördlich, in Deutschland sein. Verdammte Kacke. Also einen Liter Schell Helix W10-40 gekauft, etwas davon in die Dicke gekippt damit das rote Licht ausgeht, den Behälter in den Rucksack auf der Sitzbank gestopft und weiter ging die Fahrt, ohne weitere Belästigung durch Warnsignale.grenzgebiet2

Bei angenehm kühlen Temperaturen graute der Morgen. Ich erreichte die Deutsche Grenze und zog nach moedlareuth Regensburg, der A93 entgegen, die mich ohne Zwischenfälle bis vor Hof brachte. Dort hielt ich an einem Parkplatz und erkundigte mich, gemütlich eine Zigarette paffend, bei einem ebenfalls hier rastenden Deutschen, wie den der Weg hier Richtung Schleiz angeschrieben und, ob das leicht zu finden sei. Ein Blick auf sein Kennzeichen hätte mich bestimmt stutzig gemacht, aber der gute Mann war sehr hilfsbereit. Seine Frau händigte ihm eine schon recht zerfledderte Karte aus dem Auto, meine lehnte er dankend ab, er habe selber eine, und wollte mir auf seinem Prunkstück den Weg weisen. Das er genau so wenig Ahnung hatte wie ich, war mir schnell klar. Dass in seiner Karte noch die Grenzen der DDR eingezeichnet waren, das war mir aber nicht mehr ganz geheuer. Auf meinen fragenden Fingerzeig auf den ehemaligen Grenzverlauf meinte er nur, „ja, das Ding ist schon ein wenig älter, ich war schon viele Jahre nicht hier heroben“. Und das auch noch in Bayrischem Dialekt. Jetzt erst bemerkte ich sein Münchner Kennzeichen, bedankte mich artig, wimmelte seine weiteren Hilfsversuche mühevoll ddrbrause ab und suchte das Weite. Wenn er „mich“ nach dem Weg gefragt hätte, ich wäre wenigstens im Besitz einer aktuellen Karte gewesen, auf der die vorhandenen Straßen auch eingezeichnet sind. Instinktiv nach Berlin abbiegend, erreichte ich in Kürze die Abfahrt Richtung Schleiz und wenig später hatte ich, über eine Umleitung, mein erstes Etappenziel, die Gedenkstätte der ehemaligen Deutsch-Deutschen Grenze in Mödlareuth, erreicht.P8290012

Ich war zwar in Ungarn, in Jugoslawien und Bulgarien während des „Kalten Krieges“, die Grenze der DDR hatte ich allerdings nie gesehen, aber nichts gutes über sie gehört und gelesen. Beinahe schickanöse Abfertigung durch kalte, bürokratische Beamte, die hier Dienst geschoben haben sollen und dass diese Grenze mehr Angst verbreitet haben soll als fast jede andere auf dieser Welt, diese Dinge hatte ich gehört. Die Sperranlagen und der Schießbefehl auf die eigenen Landsleute, falls diese nach „Deutschland“ flüchten wollten, genoß wohl traurigen Weltruhm. Ein Wachturm war das Allererste, was mir auffiel, bei dessen Anblick es mich, ghgrenzgaenger 17 Jahre nach der Wende, erschaudern ließ. Ein Stück der Mauer, des Elektrischen Zaunes, des Todesstreifens, der Hunde Laufbahn, einen weiteren Turm und einen Bunker besichtigte ich noch, fotografierte alles, rastete noch beim jetzigen Gasthof „Zum Grenzgänger“, der allerdings geschlossen hatte, dann wendete ich mich nachdenklich wieder der Weiterfahrt zu. Hier haben, wie an vielen anderen Grenzorten entlang der 1378km langen „Innerdeutschen Grenze“ , Deutsche aufgepasst, dass Deutsche nicht aus Deutschland nach Deutschland abhauen konnten, notfalls hätten – und haben – sie auf ihre Landsleute geschossen. Ein schauderhafter Gedanke, der selbst mir als Österreicher die Tränen in die Augen treibt. Für mich dermaßen absurd, ja beinahe pervers, dass ich es nicht begreifen kann. Klar, jede östliche Grenze war damals tödlich für illegale Grenzgänger, aber das Deutsche auf Deutsche schießen, die nach Deutschland wollen? Ich kann nur jedem empfehlen, der hier in die Nähe kommt, sich diese Gedenkstätte anzusehen und sie in Erinnerung zu behalten. Sowas darf einfach nie wieder passieren!

einkehr Die Bundesstrasse 90 von Gefell über Lobenstein Richtung Saalfeld ließ dann meine düsteren Gedanken wieder verschwinden. Ich fühlte mich geradezu daheim, zumindest was den Strassenverlauf betrifft. Richtig verträumt und sehr kurvenreich schlängelte sich die Straße einen Bach und einer Eisenbahnlinie entlang, dass es nur so eine Freude war, hier zu fahren. Der Asphalt war von ausgezeichneter Qualität, keine Polizei weit und breit, so konnte ich die Elise genüsslich fliegen lassen. 3km nach Wurzbach lud mich in Klettigshammer ein gemütlich aussehender Gastgarten zu einer Kaffeepause ein. Ich hatte ohnehin einen Durst wie ein Bruchoperierter. Eine Schale Kaffee zu 1.20€ ließ mich den Glauben an die Menschheit wieder zurückgewinnen, bei uns bezahlt man durchwegs das Doppelte, ohne dafür mehr zu bekommen. Recht heimelig fühlte man sich dort noch dazu!

Und wieder ging die Fahrt weiter, durch Ackerland, über Hügel und zwischen Felder, wie im Waldviertel. Immer wieder erstaunten mich die netten Ortschaften. Nett deshalb, weil alles sauber war, hübsch hergerichtet, einfach heimelig. Ich fragte mich immer wieder, wie es wohl „früher“ hier aussah? Ob das alles in den Jahren nach der Wende so hergerichtet wurde, oder ob die Orte auch schon in Zeiten der DDR so aussahen? Ich weiß es allerdings bis heute nicht. Leider. Weimar hatte zwei Überraschungen für mich bereit. Erstens verschätzte ich mich in der Größe dieser Stadt, sie ist, für Österreichische Verhältnisse, sehr groß. Zweitens war dort plötzlich die B85 verschwunden, der ich schon seit etwa 50km gefolgt war. Ein guter „Riecher“ ersparte mir allerdings längeres herumirren. Ich hatte den Weiterweg rasch gefunden und freute mich schon auf den Kyffhäuser, diesem zumindest im Forum legendären Berg, auf dem es eine tolle Motorradstrecke geben sollte. Nicht zu vergessen allerdings auch, das Denkmal mit dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I und Kyffhaeuser_Tilleda die steinerne Figur des Barbarossa. Bild rechts (Quelle): Der Kyffhäuser aus der Ferne

Schon von weitem ahnte ich, dieser Hügel da vorne muß der „Kyff“ sein. Dann fuhr ich, wenig kurvenreich, bis zur Anhöhe, bog rechts ab und erreichte in Kürze eine Lichtung mit Raststation und allem Klimbim, den ich erwartet hatte, nur von Barbarossa war nichts zu sehen. Ich folgte der Straße weiter, an Motorrädern vorbeifahrend, was mich nicht wunderte, der Kyff ist dort ja Legende unter Motorradfahrern, und hatte dann auf einem Hügel – am Hügel liegend sozusagen – ein steinernes Irgendwas vor Augen von dem ich, aufgrund der Entfernung, und weil das Ding verwachsen von Laub verdeckt war, nicht recht wusste, was ich davon halten sollte und was es denn sei. Das Motorrad abgestellt, den Helm abgenommen und den Hals so lange wie möglich gemacht beäugte ich den „Turm“ da oben, als sich ein Motorrad mir näherte. Nicht den Parkplatz, auf dem die XJR stand steuerte der Fahre dieser blauen Maschine an, er steuerte geradewegs auf mich zu. Ich wendete mich der fremden Maschine zu, dann riß ich ungläubig die Augen auf, denn dieses Motorrad war eine GSXR1000 und sofort hätte ich jede Wette gehalten, dass sie ein Friesisches Kennzeichen trägt! Der Michael, aus Schortens an der Nordsee, war auch hier am Kyff!!! Wahnsinn!

wiedersehen

Bild: Wiedersehen am Kyff – Horst und Michael

Ich hatte doch keine Ahnung, dass auch er zum Treffen kommen würde. Noch weniger Ahnung hatte ich, dass er, der mit mir erst im Juni aufs Stilfserjoch und in die Schweiz fuhr, hier sein würde am Kyffhäuser, auf den mich mehr oder weniger der Zufall brachte. Auf einer anderen Strecke wäre es näher gewesen nach St. Andreasberg und hier her würden wir im laufe der Samstägigen Tour ohnehin fahren. Den Kyff hatte ich nur so eingeplant, weil er da war, sozusagen. Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich freute, ich fand die Welt einfach großartig. Mitten im Osten Deutschlands kyff_1 traf ich meinen Friesischen Kumpel Michael. Falls ihn jemand mal auf seinem Motorrad irgendwo treffen sollte, dann bitte nicht vergessen – Friese, nicht Ostfriese oder so – da wird er böse! Er war aber nicht alleine hier. Fast alle Motorräder, an denen ich vorhin vorbeifuhr, ohne sie zu beachten, gehörten Leuten, die ich entweder persönlich oder durch die Foren/Board kannte. Der Horst aus München, ebenfalls ein Pässefahrer vom Juni, ein ganz netter Kerl, dann der Jann, der mich gemeinsam mit dem Michael in Österreich besuchte, der Axel den ich von der Friesland Tour her kannte und die Anderen, die ich aus dem Internet und der schriftlichen Quatscherei aus dem GE-Board kannte, alle waren sie hier heroben.

wiedersehen2 Nach einer ersten freudigen Begrüßung fuhren wir dann zusammen, recht flott, die herrlich kurvenreiche Straße auf der nördlichen Seite hinunter und St. Andreasberg entgegen, das nur mehr etwa 70km entfernt wartete, wo all die Leute versammelt sein sollten, auf die ich mich schon seit dem letztjährigen Treffen in Bitburg freute. Als ich mit dem Horst die Unterkunft erreichte, war ich allerdings, im Moment, alles andere als recht freudig aufgelegt.Untitled 17 Erste Begrüßer, die mir die Hand schütteln wollten oder sogar, wie der Achim, mich umarmten, müssen sich ein wenig brüskiert vorgekommen sein ob meiner Schroffheit, aber das hatte einen unerfreulichen Grund. Horst und ich waren zusammen hierher aufgebrochen, um einen Wagen mit Anhänger zu organisieren, der Rest der Mannschaft blieb bei Jens zurück, der mit seiner Aprilia in den Straßengraben geflogen war P8290032und nun verletzt an der Unfallstelle auf Hilfe wartete, die die Anderen organisierten! Rasch hatten die Jungs begriffen, dass etwas passiert war und sofort, ohne zu überlegen, waren einige bereit zu helfen! Damit war meine Mission erfüllt, ich zog mich um, und erst dann konnte ich, noch immer nicht recht lustig aufgelegt wegen des Zwischenfalls, die Leute begrüßen, auf die ich mich so lange freute. Tut mir leid, Leute, das war keine standesgemäße Begrüßung, aber unter diesen Umständen vielleicht begreiflich.P8290034

Bald waren auch die Restlichen wieder beim „Haus Sonnenberg“ versammelt, der Jens war ins Krankenhaus gebracht – ohne all zu schwere Verletzung, Gottlob – das Motorrad geborgen, wir konnten wieder zur Tagesordnung P8290040übergehen. Was sollten wir anderes tun?! Hungrig wie ein Wolf besorgte ich mir einen Napf, gefüllt mit einer Köstlichkeit, von der ich noch immer nicht weiß, was es war, und einen Leib Brot, um das Knurren des Magens zu besänftigen. Der Leib Brot war nicht Absicht, aber kleinere Stücke als diese Brotleibartigen Dinger gab es nicht. Bald hatte ich mich gesättigt, die Augen waren wieder einmal größer als der tatsächliche Hunger gewesen, und gemütlich konnte der Tag ausklingen. Schon um halb neun, glaube ich, ging ich zu Bett. Leicht wackelig von 2 Bier und einem nach Maracuja schmeckendem Sprengstoff Marke „Trinkt sich gut, geht sich schlecht“, den mir Vadim eingeschenkt hatte und der mir den Rest gab. Dann quälte ich mich wackelig noch 7 oder 8mal aufs Klo, bevor ich endlich einschlief, nicht ohne mir auch noch vorher die linke Hand an der Bettkante dermaßen anzuschlagen, dass mir die Tränen in die Augen flossen. Verdammte Kacke, wie kann man bloß von so wenig so besoffen sein! Da wusste ich allerdings noch nicht, dass es noch schlimmer kommen kann.

Samstag, 30. August – Tour und Party:

Pünktlich um 8 Uhr läutete der Wecker. Beschwingt und ausgeschlafen wollte ich aufstehen, kam aber vor lauter abreise_2 Rückenschmerzen nur mit Mühe aus dem Bett. „Verdammt, geht das schon wieder los“, dachte ich. Irgendwo umabreise_3 Weimar herum, südlich oder nördlich, ich weiß nicht mehr, war es sehr kühl geworden, hatte sogar ganz leicht geregnet. Oder besser gesagt, es sah so aus, als würde es gleich regnen. Mehr als einige Tropfen waren es aber nicht. Ich hatte mir sicherheitshalber die Regenkleidung angezogen, alleine schon wegen der Kälte, die plötzlich hereinbrach. Die blöden Regenwolken verdeckten ja jetzt nicht mehr nur teilweise, sondern total die wärmende Sonne. Immer wenn fenris es kühl wird, es vorher aber relativ warm war, so wie am Freitag, kann ich damit rechnen, dass ich mir nächsten Tag kaum die Schuhe anziehen kann, so schmerzt der Rücken. Man sollte nicht älter werden, dann würden sich die Sünden der Jugend nie rächen! Wäre aber auch dumm, denn dann wäre ich ja nicht hier. Also wälzte ich mich wie ein Greis aus dem Bett, streckte mit hai_rider einigen Dehnübungen die Glieder und Knochen und ließ mir unter der Dusche einige Zeit genüsslich das heiße Wasser den Rücken hinunterlaufen, was eine richtige Wohltat war. Dem mühsamen Ankleiden folgte, wie bei mir üblich, ein minimales Frühstück, bestehend aus einer Banane und einer Tasse Kaffee, das ich mürrisch – auch wie immer, ich bin ein unglaublicher Morgenmuffel – auf der sonnigen Terasse einnahm, wo auch schon einige andere beim Frühstück sassen. Ich war schon wieder am Weg in die Unterkunft, als mir der Horst über den Weg lief. Er drehe eine Runde, meinte er. Das kam mir gelegen. So etwas in der Richtung war mir auch gerade durch den Kopf gegangen, denn Achims P8300061 geführte Tour sollte ja erst gegen 11 Uhr starten.

Also eilig in die Lederklamotten, den Fotoapparat eingesteckt und ab ging die Post. Ich hab keine Ahnung mehr, wo wir da überall waren. Ich fuhr einfach dem Horst hinterher, der ein Navi hatte. Bei der Ortschaft Braunlage hätte ich gerne den Kohleabbau gesehen. Ich glaubte gehört zu haben, dass es hier sowas gab und auch Horst meinte, dass es hier sowas gibt. Gefunden haben wir aber nichts. War aber egal, wir hatten dafür die kurvigen Straßen fast für uns alleine. Es war kaum Verkehr um diese Zeit. Gegen 10:30 Uhr waren wir – vollgetankt hatten wir in St.Andreasberg auch schon – wieder zurück bei der speez_zx10_2Unterkunft und erwarteten freudig den Beginn der gemeinsamen Ausfahrt. Es dauerte dann doch einige Zeit, bis die Fahrt wirklich losging. Das Navigationsgerät oder die Saftware, oder was weiß ich, irgend etwas in der Richtung machte scheinbar nicht ganz das, was es sollte. War aber auch egal. Mir schien, als wäre sowieso keinen Gruppe pünktlich abgefahren und Unterhaltung in Gesprächen fanden wir ja genug. Miteinander Reden war ja auch mit ein Grund, warum wir uns hier eigentlich trafen, warum wir zum Teil so große Anreise Wege in kauf nahmen.

Über die Tour selber kann ich nicht all zu viel sagen, ich weiß größtenteils nicht mehr, wo wir überhaupt waren. Das ist einer der Nachteile, wenn man sich damm_3hinter einem Tourguide anhängt. So schön es ist, dass man sich um nichts kümmern braucht, so schlecht ist es, weil man hinterher keine Ahnung mehr hat, wo man überhaupt war und wie man da hin gelangte. Es muß aber so ähnlich gewesen sein, wie es oft meine Runden um Mariazell sind. Man fährt viele Kilometer im Kreis herum, ständig hat man neue Strecken unter den Reifen, aber man entfernt sich nie wirklich weit von einem zentral gelegenen Ort. P8300068 Immer wieder las ich auf Wegweisern die Namen Braunlage, Bad Lauterberg und noch einen oder zwei mir langsam geläufige Ortsnamen, aber die Strecke war immer eine andere.

Bild: Tourguide Achim

Wieder, wie am Vortag, fühlte ich mich auf diesen Straßen wie daheim. Es ging entlang von Bächen, über Hügel und zwischen Feldern hindurch, immer schön reich an Kurven und auch an Wald. Immer wieder versuchte ich, diese Gegend mit einer Gegend bei uns daheim zu vergleichen. Immer wieder ist mir dabei die Steiermarkt eingefallen, weil auch diese so Wald- und Kurvenreich ist. Aber dem Harz fehlen einfach die schroffen Felswände und steilen Flanken der über 2000m hohen Berge der Steiermarkt, um beide wirklich vergleichen zu können. Inzwischen hab ich aber trotzdem eine Gegend gefunden, mit der ich den Harz vergleichen kann. Das Waldviertel. Auch das Waldviertel ist so reich an Hügel, Kurven und kleinen lieblichen Ortschaften wie der Harz, nur der Asphalt ist bei uns nicht so griffig. Zumindest meistens nicht.

Der Straßenbelag war mir hier sowieso nicht ganz geheuer. Langsam, es war schon fortgeschrittener Nachmittag, näherten wir uns der kohle_3 Motorradfahrerischen Hauptattraktion des Gebietes, dem Kyffhäuser. Ich war jetzt schon mehrere hundert Kilometer hier auf Bundesstraßen gefahren und hatte noch keinen einzigen schlechten Straßenabschnitt gesehen. Zumindest nichtkohle_2 solche Straßenstücke, wie sie bei uns in den Bergen sehr zahlreich vorkommen, geflickt, dass es einem beinahe die Plomben aus den Zähnen schüttelt und das Fahrwerk bis an die Grenzen beansprucht wird. Öfters ging mir der Gedanke durch den Kopf, „die haben die gesamte DDR neu asphaltiert, anders ist das nicht möglich“! OK, der Schmarrn mit der DDR ist schon so lange her, dass sich nur mehr die Alten daran erinnern können, wenn sie sich erinnern wollen, und kaum jemand will die Kacke mehr hören. Aber als Ausländer bringt man die östlichen Bundesländer der BRD automatisch mit der Vergangenheit in Verbindung. So wie viele heute noch erwarten, im Vietnam Urlaub auf zahllose Bombenkrater zu treffen, oder dass in China die Menschen noch in blauer Schlosser Kleidung und mit der Mao Bibel in der Hand kohle_4 herumlaufen. Das ist alles Schnee von gestern, ich weiß das aus eigener Erfahrung. Aber in den Köpfen Fremder sind diese Dinge eben oft noch vorhanden und schwer ausrottbar, wie´s scheint. Bild Links: Mittag bei der Köhlerrast

Der Kyffhäuser ist ein eigenes Kapitel. Motorradfahrerisch hat er auf der südlichen Seite nicht sehr viel zu bieten. Auf der nördlichen Seite dafür um so mehr. Das ich als Österreicher, der mit Bergstrecken geradezu aufgewachsen ist, den Kyff, wie er liebevoll und kurz genannt wird, ins Herz geschlossen habe, liegt an der Streckenführung und am Straßenbelag. Schon am Vortag, als ich die Kollegen aus dem Norden und Horst traf, sind wir recht P8300073 herzerfrischend den kurvenreichen Berg hinuntergezogen. Die Straße ist relativ schmal, die Kurvenradien eng, der Asphalt griffig wie eine Rennstrecke. Auf so einer Strecke kann, so glaube ich, beinahe jeder Motorradfahrer Spaß haben, ohne dabei offensichtlich sein Leben zu riskieren. Durch die Enge scheint die gefahrene Geschwindigkeit höher, als sie wirklich ist. Ein Blick auf den Tacho bestätigt, dass die Kurven kaum mit 100km/h gefahren werden können, zumindest die engeren von den zahlreichen an der Nordseite. Die Stützen der Leitplanken sind mit Abweiser beplankt, damit man nicht in die Stützen einschlägt im Falle eines (Hin)Falles. Man glaubt zumindest, dass man relativ unverletzt davonkommen könnte. Ausprobieren will ich das aber lieber nicht. Ich hab mich, anders als die Kollegen, damit begnügt, den Berg zweimal rauf und dreimal (einmal am Freitag) runter zu fahren, davon zweimal ganz gemütlich runter, um mir diese herrliche Strecke richtig anzuschauen, auf mich einwirken zu lassen. Hinunter macht die Strecke genau so viel Spaß wie hinauf, aber da sollte nicht so viel Verkehr sein wie am Samstag. Das links an der XJR der Hauptständer aufsetzt, ist alltäglich, dass rechts auch der Auspuff schleift und ich dabei nicht auf die Pfeife fliege, das war mir neu. Ich dachte immer, das aufsetzende Rohr würde mich aushebeln. Dank dem Kyff weiß ich jetzt, dass auch das geht!

barbarossa_2 Bevor der Materialverschleiß bedenkliche Ausmaße annahm – die Wandstärke des Auspuff ist ja sehr begrenzt – wollte ich nun, endlich, den Barbarossa sehen. Also nach der zweiten Auffahrt nicht wieder umgedreht, sondern, wie am Vortag, nach hinten wo die Rastplätze und Verkaufsstände sind, dort das Motorrad abgestellt und gesucht, wo es da den Hügel am Hügel hinaufgeht. Ein breiter Fußweg – es ist eine Zubringerstrasse für das obere Museum und die Verkaufsstände -brachte mich in Kürze zu einem Schmiedeeisernen Tor, an dem ich meinen Obulus von 6€ zu P8300107entrichten hatte. Dann wurde ich zu Kaiser Wilhelm I und zu Barbarossa vorgelassen. Ich bin nicht der Interessierteste vor dem Herrn, was diese geschichtsträchtigen Bauwerke anbelangt, aber wenn ich schon so weit fahre, dann will ich es auch gesehen habe. So dachte ich, und wurde nicht enttäuscht. Da oben hat man einen recht netten Ausblick auf die Gegend, die von hier so flach aussieht wie das Burgenland. Ich will nicht weiter auf all das hier gesehene eingehen, ich hab davon sowieso nicht viel Ahnung. Aber anzuschauen ist alles P8300101 recht schön. Warum man hier vor gut 110 Jahren ein Denkmal für den Kaiser gebaut hat, das soll jeder selber nachlesen, den es interessiert. Mir genügte der Anblick und das Wissen, dass dies alles schon lange hier steht. Ich bin bestimmt nicht der Einzige, der hier nicht recht weiß, um was es geht. Schon die Nazi sollen hier Gedächtnisfeiern abgehalten haben, obwohl Barbarossa wie Kaiser Wilhelm mit der braunen Kacke gar nichts zu tun hatte. Nicht einmal die Ziegel sind hier braun, sondern rot.

Leider konnte ich mir nicht all zu viel Zeit nehmen, um alles ausgiebig P8300105 anzusehen. Ich musste ja wieder zu den Kollegen zurück, die inzwischen den Berg rauf und wieder runter geheizt waren, dass sich der Reifengummi verflüssigte. Trotz Präsenz der Polizei! Das ist auch so ein eigenartiges Kapitel am Kyff. Schon bei der ersten Auffahrt waren wir, vier oder fünf Motorräder hintereinander, auf einen PKW aufgelaufen. Um zu überholen, hätten wir die Sperrlinie überfahren müssen. Was sich als schwerer Fehler entpuppt hätte, den im oberen Drittel stand in einer Linkskurve die Polizei. Die Anwesenheit der bewaffneten Behörde auf so einem Berg hätte bei uns sofort zur Einstellung sämtlicher Heizerei geführt. Nicht so hier! Den Polizisten war es scheinbar scheißegal, ob man am Knie an ihnen vorbeirodelte oder der Auspuff brüllte wie Sau. Solange man nicht die Sperrlinie überfuhr, kümmerte sie das überhaupt nicht. Und die Motorradfahrer ebensowenig! Nur ab und zu zogen sie sich einen, vielleicht aus Langeweile, aus dem Verkehr, um die Papiere und das Fahrzeug zu kontrollieren. So wie bei unserem Foren Mitglied U.H., bei dem sie allerdings Pech hatten. Der „Illegale“ Fighter, wie sie wohl dachten, ist absolut wasserdicht. Alles eingetragen. Noch dazu ist U.H. fast 60 Jahre alt. Das muß beim Lupfen des Hutes auch ein aha-Erlebnis gewesen sein! Diese Geschichte kenne ich allerdings nur vom Erzählen, nicht vom Dabeisein. Es war in einer anderen Gruppe.

800px-Stolberg_Harz Bild links: (Bildquelle)Stolberg mit wunderschönen Fachwerkbauten

Die Rückfahrt über etwa 70km verging viel zu schnell. Vor allem im Kurort Stolberg wäre ich gerne länger geblieben. Ich muß gestehen, so einen schönen Ort hab ich, glaube ich, noch nie im Leben gesehen! Ab der Ortseinfahrt hat man den Asphalt durch Kopfsteinpflaster ersetzt, was hervorragend zu den Fachwerkbauten passt, die diesen Ort zieren. Der ganze Ort besteht, wie´s scheint, aus lauter wunderschönen Fachwerkbauten, die aus dem 15. – 18. Jahrhundert stammen. (Info Wiki) Ich war dermaßen begeistert von diesem Ort, dass ich mir jetzt, Tage nach dem Treffen, vorgenommen habe, dort nochmal hinzufahren. Mit der Bahn! Ich bin auch Eisenbahn Freund, und Stolberg besitzt einen Bahnanschluß aus Leibzig. Das wird ein netter, kleiner Wochenendausflug und die Akkus der Kamera sind dann bestimmt voll geladen!!

uh_snork Relativ geladen, wenn auch, Gottlob, nicht ganz voll, war ich dann auch um 2 Uhr P8300113 nachts, als ich zu Bett wankte. Mir graute bei der Vorstellung, dass ich in diesem Zustand am Morgen gut 800km mit dem Motorrad fahren sollte. Schuld waren die lieben Kollegen aus dem Forum, oder besser gesagt, die nette Unterhaltung mit einigen. Ich, als an Alkohol nicht (mehr) gewohnter, hatte doch im Laufe des schönen Abends nicht nur ein gegrilltes Stück totes Tier mit Erdäpfelsalat verdrückt, sondern auch das eine oder andere Bier und zwischendurch die Kostproben des lieben U.H., die zwar teilweise nach Medizin schmeckten, aber, wie ich am nächsten Tag bemerken sollte, keine größeren Schäden verursachten. Zumindest keine Langzeitschäden. Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, mit wem ich mich aller unterhalten habe. Einige hab ich zwar noch im Gedächtnis (oder was davon übrig blieb), aber sie zu bierwagenerwähnen, wäre unfair den Ungenannten gegenüber. So schweige ich und brauche mich nicht zu schämen. Hoffentlich. P8300119

Wie immer war natürlich schade, dass man nicht mit allen ausführlich tratschen kann. Die Zeit ist zu kurz, die Leute zahlreich. Aber es wird von Jahr zu Jahr besser. Ich lerne einige besser kennen, andere neu. Ich finde es schön, dass wir uns wenigstens einmal im Jahr begegnen und etwas zusammen unternehmen. Das ich beim zu Bett gehen nicht der nüchternste war, hab ich schon erwähnt. Wie es mir in der Nacht ergangen ist, bleibt mein Geheimnis! Am nächsten Tag sollte der Abschied und die Heimfahrt kommen, bei der ich ein eigenartiges Verhalten der Deutschen Kraftfahrer feststellen musste. Aber das erzähle ich – vielleicht – ein anderes mal.

Ich freue mich jedenfalls schon auf das Treffen im nächsten Jahr. Egal wo!

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