Die diesjährige Glocknertour barg von Anfang an eine Menge Zündstoff. Wenn man es genau nimmt, müsste man „Entzündstoff“ sagen. Die Anzeichen waren vorhanden, nur hatte ich sie, wie vor dem Kettenriß (an der Foxi vor über einem Monat), nicht richtig gedeutet. Dieses Mal lag der Defekt jedoch nicht am Fahrzeug, sondern am Fahrer. Unzufrieden bin ich trotzdem nicht. Es gibt schlimmeres.
14. Juli, 6 Uhr 30 an der Tankstelle in Admont, nach rund 77 von 566 km. „Tanken an der 3, einen Verlängerten bekomme ich noch, bezahlen mit Plastik“. „Für hier oder zum Mitnehmen?“ „Schau mir in die Augen, Kleine, oder wenigstens ans Leder“, denk´ ich mir. Ich werde nie verstehen, warum man einen Motorradfahrer fragt, ob er seinen Kaffee mitnehmen will. Möglicherweise geht das ja tatsächlich mit einer BMW oder Honda mit Einbauküche, aber auf einem 1000er Superbike? Ich bin schon froh, wenn ich genug Platz für meine Brieftasche und den Fotoapparat hab, von einem Becher Kaffee kann keine Rede sein.
„Ja, ich nehm´ den Kaffee mit! Ich setz mich in den Garten, den hier herinnen darf man ja nicht mehr rauchen“, antworte ich. Ich bin ihr wegen der blöden Frage nicht böse, dafür ist sie zu süß mit ihren blauen Augen. Außerdem fragen alle Bediensteten dieser Tankstellenkette, ergo schlußfolgere ich, dass wird ihnen so eingetrichtert und keiner denkt mehr drüber nach. Irgendwann frag ich aber sicher, wohin ich ihn mitnehmen soll oder ob sie gar denkt, ich trinke ihn während der Fahrt. Auf die Antwort bin ich gespannt.
Rund 50km später hätte ich die Glocknertour fast sausen lassen und wäre zum Sölkpass abgebogen. Ich fühlte mich irgendwie seltsam, irgenwie so müde, konnte aber nicht sagen, warum? „Das ist doch Quatsch! Bessere Bedingungen kannst du dir ja gar nicht wünschen“. Es war erstaunlich kühl, relativ wenig Verkehr für diese viel befahrene Straße, also wieso abbrechen, verdammt noch Mal? An meinem seltsamen Gefühl änderte sich aber auch an der kurvenreichen Querspange über Wagrain nach St.Johann im Pongau nichts. Ich fand alles irgendwie so mühsam.
Den schlimmsten Teil der Strecke (fahrerisch absolut anspruchslos, dafür mit 80er Beschränkungen überhäuft) von Liezen nach Radstadt hatte ich schnell hinter mich gebracht und erreichte nach 230km Fahrt, wie jedes Jahr, Bruck an der Glocknerstraße, wo ich, auch wie jedes Jahr, tankte. Ich sag mir immer, ein voller Tank ist nie verkehrt, wenn lange keine Tankstelle kommt. Man weiß ja nie so genau, was einem am Glockner alles einfällt. Die Temperaturen stiegen erwartungsgemäß rasch höher, was aber am Berg kaum unangenehm sein würde. So zumindest meine bisherige Erfahrungen.
Das letzte Stück der Strecke zum Fuschertörl, von weiter unten gesehen.
An der Mautstelle fühlte ich mich schon wie in der Sauna, daher beschloss ich, einfach einmal gemütlich bis rüber zur Kaiser Franz Josefs Höhe zu fahren und beim Rückweg einige Fotos in den Kasten zu bringen. Gesagt, getan. Vor dem Fuschertörl bemerkte ich zum ersten Mal, dass der Foxi etwas die Luft ausging. Drüben, an der niedriger gelegenen Franz Josefs Höhe war es beträchtlich heißer, da ging der Foxi und mir gehörig die Luft aus. Bei der letzten Kehre vor der langen Lawinengalerie wollte ich zwei Autos überholen, aber die einzige Reaktion auf die Gasgriffdrehung (etwa 2500/min im 3. Gang) war, dass sie etwas lauter wurde. Mööööööö…hörte sich das an, wie in Holger Aues Comics, aber die Kiste wurde um keinen Meter pro Stunde schneller. Nach dem Runterschalten hob sie dafür an, wie von einer Tarantel gestochen (können die überhaupt stechen?). So fuhr sich vor 30 Jahren vielleicht ein Renn- 2Takter, aber nicht ein moderner 1000cm³ Viertakter. Wir waren wohl beide an diesem Tag nicht besonders gut drauf.
Beeindruckend war zu sehen, wie von jedem einzelnen Gletscherzipfel ein Wasserstrom rauschend zu Tale schoß. Beim Blick nach unten zur Pasterze fielen mir Ereignisse der letztjährigen Pässetour ein, als wir (fast) alle zusammen da unten herumkrochen und die Wildheit der Landschaft genossen. „Der Glockner weint, weil übermorgen der Petzi verbrannt wird“ ging mir plötzlich die Phantasie durch. Carsten war mit uns da unten gewesen, heute ist er tot. „So ein Schmarrn, genau diese Gedanken kann ich jetzt gar nicht gebrauchen“, wurde ich wütend. Nichts kann die Dinge mehr ändern! Ich stapfte zur Kilo und machte mich wieder auf den Weg nach drüben, auf die Salzburger Seite.
Gemütlich schlängle ich mich zur Edelweißspitze hoch, als mir eine Gruppe Motorradfahrer entgegenkommt. Einer der Gruppe (auf einer GS, wie immer in solchen Situationen) sticht in der Kehre direkt zur Innenseite, wo ich fahre! „He, he, he, schleich dich!!“, ruf´ ich ihm entgegen. Klar, es hätte nicht viel passieren können, bei annähernd Schrittgeschwindigkeit. Trotzdem hätte der gute Mann nach unten schauen können, bevor er dieses unsinnige Manöver fährt! Außen rum ist der Radius einer Kehre so groß, da kann man auf einem Chopper mit langer Gabel locker herumfahren, aber mit einer GS ist das für einige einfach nicht möglich. Die letzten 10 „Geisterfahrer“ saßen ausnahmslos auf einer Boxer BMW. Ausnahmslos alle in scharfen Kurven auf meiner Seite, alle hätten locker den großen Radius außen fahren können, auf IHRER Seite. Vor zwei Wochen gleich drei hintereinander in der gleichen Kehre (in NÖ). Keiner der 3 hatte es für nötig befunden, nach oben zu schauen!! Dafür hatte ich nach unten geschaut und reagiert, als ich Gummikühe im Anmarsch sah! Man könnte fast meinen, auf solchen Geräten sitzen außergewöhnlich viele Volltrotteln. Das stimmt nicht. Niemand ist vollkommen!
Als ich die Kilo am Ende einer parkenden Motorradkolonne abstelle, fällt mir ein Typ auf, der eben diese Kolonne fotografieren will und denke, „das wird wohl der Besitzer der Triumph sein, die ich gerade verstellt hab. Na ja, ist eben meine auch am Bild, so hässlich ist sie ja nicht“. Ich nehm den Hut von der Rübe, zieh die Handschuhe aus und will einen weiten Bogen um den „Fotografen“ machen, um nicht mit am Bild zu sein, da höre ich „Servus! Das gibt doch nicht!“
Suchend schau ich umher, da steht der Typ mit dem Fotoapparat vor mir und lacht mich an. „Du meine Güte“, sag ich, und reich ihm die Hand. „Ich wollte gerade aus deinem Bild gehen“. Darauf Erwin, „und ich dachte mir grade, das gibts ja nicht, den kenn ich“. Wir lachten beide. Erwin, in kurzen Hosen, hatte überhaupt nichts mit dieser Triumph zu tun. Es war reiner Zufall, dass er eben dieses Bild schießen wollte. Er sah mir schon beim Rauffahren zu, konnte aber nicht wissen, wer der Fahrer dieses bunten Motorrades war. Er ist ein pensionierter Arbeitskollege von mir und mit seiner Frau in Salzburg auf Urlaub. Der Zufall wollte es, dass wir uns auf der Edelweißspitze wieder sahen.
Die Heimfahrt wurde von Kilometer zu Kilometer mühsamer, was ich auf die unglaubliche Hitze zurückführte. 35°C zeigte irgendwo eine Anzeige die Lufttemperatur an, was sich im Leder wie um die 100° anfühlte. Normal stört mich das nicht sehr, ich bin recht Hitze resistent. An diesem Tag empfand ich das Qualvoll wie noch nie zuvor. In Radstadt, wo ich den letzten Tankstopp einlegte und eine Flasche Fruchtsaft leerte, glaubte ich beim Aufsetzen des Helmes, ich bekäme keine Luft mehr, so dick schien mir das Zeug schon zu sein. Ich fühlte mich müde, als hätte ich die FZR die bisherige Wegstrecke geschoben, wozu kein Grund bestand. Sie fährt tadellos! Mann, war ich k.o. In Admont hörte ich mir nochmals die Frage an, ob ich den Kaffee mitnehmen wolle, bejahte wieder (aber nur bis in den Garten), beäugte das Getue zweier Amstettner Harley Fahrer und rauschte dann der nahen Heimat entgegen.
Normal könnte ich etwa hier den Tourbericht beenden, denn mit Ausnahme des kleinen Intermezzo mit dem Ducati Monster Fahrer, der auf einer meiner Lieblingsstrecken dachte, er sei schnell, war nichts aufregendes mehr passiert. Was danach kam, war für mich aufregender, aber nicht gerade lustig.
Etwa 2 Stunden nach meiner Heimkehr lag ich totmüde im Bett und schlief rasch ein. Tags darauf war ich in noch wesentlich schlechterer Verfassung. Ich fühlte mich, als wäre ich nicht von einer erholsamen Motorradtour heimgekehrt, sondern aus 40 Jähriger Kriegsgefangenschaft mit Zwangsarbeit in einem Bleibergwerk. Tags darauf, also am Freitag, Besuch beim Arzt und die Frage „ist es möglich, beim Motorradfahren einen Sonnenstich zu bekommen“? „Ja, das gibts“, meinte der Arzt. Da ich am nächsten Tag arbeiten musste und nicht sicher war, ob ich schon in der Verfassung dazu war, schrieb er mich in den Krankenstand, den ich je nach Bedarf konsumieren konnte oder nicht. Das größere Problem würde der Personalersatz am Wochenende sein. Gehts oder gehts nicht, war jetzt die Frage.
Wenige Stunden später stellte sich eine ganz andere Frage. „Werde ich im Krankenhaus bleiben müssen oder nicht?“ Der Laborbefund hatte gezeigt, dass diese Blutwerte nichts mit einem Sonnenstich zu tun haben, dass da im Körper eine schwere Entzündung verborgen ist. Wo, das stellte sich dann im Krankenhaus heraus. Der Hausarzt hatte mich nach Kenntnis des Blutbefundes angerufen und sofort dorthin überwiesen. Darmentzündung, ein schon öfters durchgemachtes Leiden. Ich hatte alle Symptome auf die Hitze geschoben, und als es noch kühl war, hab ich es einfach verdrängt.
Merde
Glocknertour ist heuer noch ausständig.
Wenn das Herbstwetter schön wird, werd ich sicher noch hinfahren!
Der Sommer is mir heuer ja besonders kurz vorgekommen.
War er wirklich so kurz ?
Kommentar by Herr Heizer — 1. September 2010 @ 23:24
Ja, leider.
Der Sommer war wirklich sehr kurz.
Bin heuer sehr wenig zum Fahren gekommen Hauptsächlich fuhr ich mit den beiden Kilos.
Aber was ich fuhr, das war schön.
Vielleicht passt es und wir können zusammen fahren?
Kommentar by Benzin — 2. September 2010 @ 7:23
Glocknertour ist heuer noch ausständig.
Wenn das Herbstwetter schön wird, werd ich sicher noch hinfahren!
Der Sommer is mir heuer ja besonders kurz vorgekommen.
War er wirklich so kurz ?
Kommentar by Herr Heizer — 1. September 2010 @ 23:24
Ja, leider.
Der Sommer war wirklich sehr kurz.
Bin heuer sehr wenig zum Fahren gekommen Hauptsächlich fuhr ich mit den beiden Kilos.
Aber was ich fuhr, das war schön.
Vielleicht passt es und wir können zusammen fahren?
Kommentar by Benzin — 2. September 2010 @ 7:23