Langsam entwickelt sich die jährliche Glocknertour zum Langstrecken-Marathon. Am Anfang fuhr ich noch von Amstetten aus über Admont und das Ennstal nach Radstadt, erreichte dann über Wagrain St. Johann im Pongau und hatte von dort nicht mehr weit zum Glockner. Die Heimfahrt erfolgte auf der gleichen Strecke, nur eben in umgekehrter Richtung. Mit den Jahren wurde das anders, summierten sich an der Hauptstrecke liegende Bergstraßen dazu, und heuer näherte sich die Tour schon einem motorradfahrerischen Exzess von knapp 700km in 14 Stunden. Das komische daran ist, es macht Spaß.
Amstetten – Weyer – Altenmarkt – Admont – Hengstpaß – Windischgarsten – Pyhrnpaß – Liezen – Schladming – Radstadt – Wagrain – St.Johann im Pongau – Bruck an der Glocknerstrasse – Großglockner Hochalpenstrasse – Winklern – Obervellach – Lendorf – Hühnerberg – Altersberg – Trebesing – Kremsbrücke – Innerkrems – Nockalmstrasse – Reichenau – L65 Hochrindl – B93 Kleine Glödnitz – L63 Glödnitz – L62 Metnitz – L62A – L61 Laßnitz bei Murau – St. Lambrecht – L613 Teufelbach – Niederwölz – B75 – L514 Lachtal – Oberzeiring – B114 Hohentauern – Trieben – L713 Kaiserau – Admont – Altenmarkt im Ennstal – Weyer – Amstetten
Streckenlänge: 692km Zeitdauer: 4:30 – 18:30 Uhr = 14 Stunden Strecke auf Google Maps
Wenn man um halb fünf am Morgen, noch dazu an einem Feiertag, wo kaum jemand zur Arbeit muß, durch die Ortschaften fährt, schauen diese ganz anders aus als am Tag. Auch anders als am Abend, wenn die Reklametafeln leuchten. Gegen fünf Uhr in der Früh leuchtet nicht mehr viel Reklame, dafür brennt überall die Straßenbeleuchtung, so klein kann die Gasse gar nicht sein. Nachts ist ja massenhaft Strom vorhanden, der aufgebraucht werden muß. Man kann ihn ja nicht speichern, und die Kraftwerke nachts abschalten? Das geht natürlich nicht. Da gäbe es in Österreich noch erhebliches Potential für Beleuchtung. Das Land besteht zu einem großen Teil aus Wald, den könnte man auch beleuchten, damit sich die Rehe nicht im Dunkeln verirren.
Auch ein paar Bordelle, die man tagsüber eher für längst aufgelassene Spelunken halten würde, tragen zum Verbrauch des billigen (gibts heutzutage überhaupt noch was billiges?) Nachtstrom bei. Ich fand es irgendwie witzig, wenn im Morgengrauen noch alles zu schlafen scheint, nur im Puff und beim Bauer im Kuhstall brennt Licht.
Der Hengstpaß schaut um halb sechs bei weitem nicht mehr so romantisch aus, wie er wohl noch eine oder eineinhalb Stunden vorher wäre. Ich dachte, da müsste ich vielleicht zum Sonnenaufgang zurecht kommen, aber nein. Der Hexenturm und der Mittelteil der Haller Mauer stand bereits im hellen Sonnenlicht. Nur auf der Sonnen abgewandten Seite war es noch sehr duster. Und kalt. Mann, am Hengstpaß war es richtig kalt. Am Pyhrnpaß war es nicht viel wärmer, und auch gegen Radstadt zu, schon auf der Ennstal Bundesstraße, war es kalt. Ich hatte aber vorgesorgt und holte die gefütterten Handschuhe aus dem Tankrucksack. Dann schaltete ich noch die Griffheizung ein, und schon fühlte ich mich wieder wohler.
Beim Posauner an der Pinzgauer Strasse tankte ich, trank einen Kaffee und stopfte gierig einen sogenannten Bienenstich in mich hinein. Was ein Bienenstich ist? Nein, da wird man nicht von einer Biene gestochen. Die sind ja grade am Aussterben, und Landwirtschaftsminister Berlacovich ist dran Schuld, wenn man den Diskussionen im Fernsehen glauben darf. Dieser Bienenstich ist eine piksüße Cremeschnitte. Genau meine Geschmacksrichtung.
Auch die Richtung bei der Weiterfahrt war nach meinem Geschmack, und zum Glockner war es nicht mehr weit. Karte kaufen, das obligatorische Foto nach der Mautstation, dann gemütlich zur Edelweißspitze gefahren, wo sich schon einige meine Freunde der speziellen Art tummelten, die unvermeidlichen Gummikuhfahrer. Wie eine Seuche verbreiten sie sich wieder über Europa, sobald der Winter vorbei ist. Nein, im Grunde hab ich nichts gegen sie. Sie kommen mir nur zu oft auf meiner Seite entgegen.
Die Auffahrt zur Franz Josefs Höhe ersparte ich mir an diesem Tag. Erstens hatte ich noch eine recht lange Strecke vor mir und zweitens werde ich am Pfingstwochenende ohnehin wieder am Glockner sein. Dann gibts wenigstens noch was, was mir, für heuer zumindest, noch neu ist. Hoffentlich ist das Wetter dann wenigstens annähernd so schön wie diesmal. Ich hatte wirklich Glück. Kaiserwetter war angesagt.
In der Nähe von Pusarnitz, an der Bundesstrasse 100 gelegen, kann man in den nördlichen Hängen des Drautales Spital an der Drau umfahren. Ich war das vor ein paar Jahren schon einmal gefahren, allerdings in der umgekehrten Richtung. Damals war das unheimlich mühsam, denn Navi hatte ich damals noch keines. Es war damals wie eine Rätselrallye, deren einzige Aufgabe, auf einem sinnvollen Weg zurück auf die Hauptstrasse zu finden, schier unlösbar schien. Diesmal war die Aufgabe fast schier unlösbar, aus Busarnitz auf den Richtigen Weg in die Berge zu finden. Seit die B100 zur Schnellstrasse umgebaut ist, wurden dort offenbar alle Wegweiser entfernt, die brauchbare Infos zum finden des Weges liefern könnten. Vor allem ist es kaum mehr möglich, einfach auf diese Bundesstrasse auf und irgendwo wieder ab zu fahren. Wie auf einer Autobahn. Dabei lag die Straße, die ich suchte, in Sichtweite! Aber leider durch einen Graben unerreichbar, sonst wäre ich einfach über die Wiese gefahren. Meine Güte. Ich versteh´s ja. Die Anrainer wollen ihre Ruhe haben. Die wollen nicht, dass da Fremde dumm in der Gegend herum fahren. Ich hab´s aber geschafft und die Strasse, die mich nach Gmünd führt, gefunden. Hähä……
Für die Kölnbreinsperre war beim besten Willen keine Zeit mehr. Dazu war es schon zu spät. Ich wollte nicht im dunkeln Heim fahren. So füllte ich in der kleinen Ortschaft Kremsbrücke nochmals den Tank, trank einen Kaffee und fuhr zur Nockalmstrasse, die ich ohne große Pausen überquerte. Es war irgendwie kalt da oben. Brrrrrr……..
Sehr großen Spaß machte die Fahrt über die L65 ins Gurktal und weiter über die Landesstrassen 63 und 62 nach Metnitz. Und von dort nach St.Lamprecht war ein kleines Abenteuer für sich.
Zuerst sah alles nach einer gewöhnlichen, aber eben schmalen Asphaltstrasse aus. Dann wurde die Sache immer enger und enger, und ich verschwand im dunklen Possachwald, wo dann irgendwo der Asphalt aufhörte. Kurz überlegte ich, ob ich irgendwo ein Fahrverbotsschild übersehen hätte, konnte mich aber an keines erinnern. So fuhr ich weiter und erreichte im Wald, nach einer Zuckelfahrt durch lehmigen Dreck, bei dem ständig das Vorderrad abzuhauen versuchte, eine Lichtung auf einer Anhöhe. Zwar ohne jeglicher Aussicht, aber mit einer kleinen Rastbank, einem Marterl und einem Haufen Schilder, die in alle möglichen Richtungen der hier vorbeiführenden Wanderwege wiesen. Es bestand jedoch kein Zweifel, ich befand mich auf einer ganz hochoffiziell öffentlichen Straße, denn sogar hier in der Lichtung war ein Schild mit der Strassennummer aufgestellt. Und ein Wegweiser, der nach St.Lamprecht wies. Das war beruhigend, sonst wäre ich vielleicht noch einem der Wanderwege gefolgt, die sich hier haufenweise gabeln. Wäre einmal was ganz anderes gewesen.
Also gegen die Fahrt über den Grebenzen, den ich hier anscheinend auf dem Waldweg überquert hatte, war der Rest der Tour direkt langweilig. Vor allem, weil da keine neuen Strecken mehr dabei waren. Die restliche Strecke kannte ich mehr oder weniger in und auswendig. Nur kurz nach Moderbrugg, nach dem letzten Tankstop des Tages kam nochmals Abwechslung auf, als ein überholender – ich schätze es war eine Moto Guzzi Stelvio – Amstettner für Kurzweil sorgte. Der hängte sich ganz schön ins Zeug, mich aber nicht ab. War recht unterhaltsam, hinter dem her zu fahren. Der war wenigstens sicher und flott unterwegs, sonst hätte ich die Aktion augenblicklich abgebrochen. Will ja keinen in den Tod hetzen. Würde mich interessieren, wie lange er kurz unter Hohentauern auf seinen Kumpel, der nicht ansatzweise mit kam, warten musste. Hähä….
Nach einer letzten kurzen Pause bei der Bank an der Abfahrt aus der Kaiserau ging´s dann ohne weiterer Unterbrechung wieder zurück nach Hause, wo ich nach 14 Stunden und 692km wieder vor der Garage stand. Ein langer, aber sehr schöner Tag war zu Ende gegangen.
Am folgenden Tag begann es nachmittags wieder zu regnen.
Glück und einen guten Riecher muß man haben.