Amstetten – Sonntagberg – Höhenstrasse – St.Leonhard/Wald – Urlbachgraben – Waidhofen/Ybbs – Weyer – Ennstal – Großreifling – St.Gallen – Admont – Kaiserau – Trieben – Hohentauern – Möderbrugg – Oberzeiring – Lachtal – Oberwölz Stadt – Krumegg – Baierdorf – Sölkpaß – Gröbming – Stoderzinken – Gröbming – Liezen – Pyhrnpaß – Windischgarsten – Hinterstoder – Steyerbrücke – Klaus – Molln- Ober- und Untergrünburg – Steyer – St.Peter/Au – Aschbach – Amstetten
Ziel hatte ich keines vor Augen, außer dem Ende der Straße vor mir. Dass es eine Tour über 408km werden würde, hatte ich nicht im Sinn. Ebensowenig, dass ich die wunderschöne Straße den Stoderzinken hinauf fahren würde. Aber an manchen Tagen im Jahr werden genau das die schönsten Touren.
Gegen 9 Uhr packte ich den Tankrucksack auf die blaue Elise und zog einfach los, der Nase nach. Bis Admont kann man es noch als Standardtour bezeichnen. Vielleicht mal abgesehen davon, dass ich heute einmal an der Nordflanke des Tamischbachturms vorbeifuhr, über den Erbsattel, einer von mir eher selten gefahrenen Variante, die allerdings landschaftlich überaus reizvoll ist. Von Admont über die Kaiserau nach Trieben hatte mich diesmal der Teufel geritten. Nach der Pässetour mit der schwer beladenen XJR war es einfach traumhaft, das unbeladene Motorrad in die engen Kurven zu dreschen und wieder volle Kanne heraus zu beschleunigen. Eine Wohltat für Leib und Motorradfahrer Seele sondergleichen. Die Fahrt ins Lachtal, rauf zu den Liftanlagen und weiter bis Oberwölz Stadt, war nichts besonderes, weil schon oft gefahren. Aber ich war noch nie in die Stadt Oberwölz gefahren, sondern immer nur an der Umfahrungsstraße vorbei. Stadt drückt die Größe der Ortschaft eigentlich falsch aus, den es handelt sich nur um einen größeren Ort, der gerade etwas über 1000 Einwohner zählt. Das Stadtrecht besitzt Oberwölz allerdings schon seit 1305.
Es war Zufall, dass ich von der Umfahrung abbog, somit war es auch Zufall, dass ich der schönen alten Stadtmauer und des lieblichen Stadtkerns ansichtig wurde. Das liest sich jetzt verschnörkelt und wie aus einem alten Buch geklaut, aber genau so sieht auch die Stadt Oberwölz aus. Tatsächlich. Ich war recht verblüfft, hier so alte Stadtmauern vorzufinden. Ich hatte dieses Nest ehrlich gesagt noch nie richtig wahrgenommen, es trotz des Namens für ein bedeutungsloses Bauerndorf gehalten, das man nicht gesehen haben muß. Wieder einmal musste ich erkennen, dass ich mich geirrt hatte. Ich muß mich selbst rügen wegen dieser Nachlässigkeit. Nach einer erkenntnisreichen Ortserkundung und einem köstlichen Kaffee in einem schön gelegenen Gastgarten, nahe der Stadtmauer, zog ich gestärkt weiter, dem nahen Sölkpaß entgegen.
Welcher Teufel mich ritt, als ich einem kleinen Wegweiser folgte, dessen Namen mir überhaupt nichts sagte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Es war allerdings eine äußerst gute Eingebung, denn die Straße führte schmal, in zahlreichen Kurven, immer weiter hinauf, gewährte mir dabei einen immer tolleren Ausblick auf die umliegende Gegend und führte mich zuletzt ans Ende der Welt. Nein, so schlimm war es nicht. Überhaupt war es mehr das Paradies, als das Ende dieser Welt. Den Asphalt hatte ich längst hinter mir gelassen, er endete bei einem Gehöft. Der Schotterweg führte geradewegs in den Wald hinein. Allerdings, ohne dass davor ein Fahrverbotsschild stand, was mich stutzig und neugierig machte. Der Zufall spielte mir einen verschwitzten Mountainbiker in die Finger, den ich frug, wo den diese Schotterstraße hinführe? „Auf eine Alm“, war die Antwort. Allerdings wisse er nicht, ob das Gatter oben offen stünde. Darauf lasse ich es ankommen, dachte ich und fuhr los. Das Holztor war tatsächlich geschlossen, aber die paar Kilometer Fahrt zahlten sich trotzdem aus, den ich gelangte zumindest ins Almgebiet.
Ich entdeckte eine kleine Holzkapelle, die einem Sebastian Leitner und seiner Ursula gewidmet war, die dort von Mitte des 19.Jahrhunderts an bis zum Anfang des 20.Jahrhunderts lebte. Dort legte ich mich in den Schatten eines Baumes, der am Wegrand, gegenüger einer Kuhweide stand. Daneben lag das Rindsvieh, wiederkäuend, ebenfalls im Grase. Mir schien, als passten wir sehr gut zusammen. Es war so idyllisch, dass es schon fast kitschig wirkte. Beinahe wie im Paradies. Bevor mich allerdings auch noch der Schlaf übermannen konnte, startete ich meine Elise wieder und hurtig ging´s die Schotterstraße wieder runter ins Tal. Diesmal fuhr ich, ohne weitere Verzögerung, über den Sölkpaß nach Norden, hinaus ins Tal der Enns.
An einer Tafel, die den Weg nach Gröbming weist, fiel mir ein, dass ich noch nie im Leben am Stoderzinken war, obwohl ich dies schon öfters geplant hatte. Bisher war allerdings immer etwas dazwischen gekommen. Meist war es ein schlichtes Vergessen dieses Vorhabens. So folgte ich einem Wegweiser in Gröbming, der mich zum Zinken leiten sollte. Wie ich trotzdem in einen Steinbruch gelangte, in dem es naturgemäß kein Weiterkommen gab, war mir nicht ganz klar. Auch ein weiterer Versuch an einem Abzweig endete kläglich, diesmal in einer abgelegenen Siedlung. Dort konnte mir aber wenigstens ein vorm Haus sitzendes Pärchen weiterhelfen und mich beruhigen. In den Steinbruch waren scheinbar schon mehrere gefahren, nicht nur ich, denn Fremde, nach dem Weg fragende, waren ihnen durchaus geläufig, wie sie mir auf meine Geschichte mit dem Steinbruch lächelnd erzählten.
Ich folgte den Angaben des Alten, fuhr bis zum „kloan Sagl“, dem kleinen Sägewerk, dann bog ich bei der Brücke ab und befand mich tatsächlich am richtigen Weg zum Stoderzinken. Die Ursache für den „Verhauer“ hatte ich bei dieser Gelegenheit auch gefunden. Es würde nicht schaden, wenn man das Dickicht entfernt, das die Hinweistafel verdeckt. Ein grüner Wegweiser in grünem Dickicht ist zwar gut getarnt, aber nutzlos! Die Bergstraße führt sehr kurvenreich und mit traumhaften Ausblicken rauf bis zu einem großen Parkplatz vor einem Fahrverbots Schild.
Wer lesen kann und dies auch tut, ist klar im Vorteil. Ich ging zu Fuß hinauf bis zu einem Gasthof, auf dessen Parkplatz zahlreiche Motorräder und Automobile parkten, den für Gäste war das Weiterfahren durchaus gestattet! Ich beruhigte mich mit dem Gedanken, etwas für meine Gesundheit getan zu haben, den der kleine Fußmarsch mit Lederkombi und Helm in der Hand, bei höchstens 35C° im Schatten, konnte nicht schaden. Schwitzen ist bekanntlich gesund. Dieser Marsch war, der Menge an Schweiß nach zu urteilen, sogar sehr gesund. Klatschnaß, wie ich war, spielte es keine Rolle mehr, wenn ich weiter hinter´m Gasthaus den Hügel hinaufsteigen würde, denn ich hatte bei der Anfahrt gesehen, dass sich hinter diesem Hügel ein herrlicher Ausblick auf die Gletscher des Dachsteins auftun müsste. Gedacht und getan, stieg ich hinauf, und tatsächlich, ich erheischte einen wunderbaren Blick auf die Dachstein Gletscher. Die Fotos taugen allerdings nicht all zu viel, den gerade aus dieser Richtung schien mir die Nachmittagssonne in die Optik, und da sich der Dachstein doch erheblich weiter entfernt befindet, als es den Anschein hat ……
Ach, was soll´s, ich bin kein Foto Profi und hab´ weder das professionelle Werkzeug noch das Können, um ein Gelingen immer und überall sicherzustellen. Den grandiosen Ausblick konnte mir trotzdem keiner mehr nehmen. In der Erinnerung bleiben mir die Bilder erhalten.
Bei der Abfahrt kamen dann doch nochmals einige wunderschöne Fotos zustande und halten so meine Erinnerung an diese schöne Bergstrecke aufrecht. Falls ich wieder für längere Zeit vergessen sollte, dass man in Gröbming auf den Stoderzinken fahren könnte. Das ich bei der Heimfahrt noch einige Kilometer Umweg in kauf nahm und über den Pyhrnpaß und das Steyertal fuhr, anstatt den direkten Weg zu wählen, hatte wohl mit der Zufriedenheit zu tun, die mich an diesem Tag erfüllte.
Es war einfach ein wunderschöner Tag, genau richtig zum Motorrad Fahren.