Herbstliche Tour am Montag, den 13. Oktober 2008
Amstetten – B121 Waidhofen/Ybbs – Weyer – B115 Altenmarkt – B117 Buchauer Sattel – Admont – B146 Liezen – Öblarn – Stein an der Enns – Großsölk – Sölkpaß 1790m – Baierdorf – L501 Schöder – B96 Tamsweg – B95 Madling Abzweig nach Thomatal – L19 Innerkrems – Nockalmstraße – Eisentalhöhe 2042m – Schiestlscharte 2024m – B95 – Turracherhöhe 1783m – Predlitz – B97 Murau – B96 Abzweig Schöder – Baierdorf- Sölkpaß 1790m – Stein an der Enns – Öblarn – Liezen – Admont – Buchauer Sattel – Altenmarkt – Weyer – Waidhofen/Ybbs Amstetten
Streckenlänge: 500km – Dauer: 8 Stunden
Am 18. September war ich zum letzten Mal am Motorrad gesessen. Damals hatten mich Schmerzen im Unterleib geplagt, aber trotzdem war es schön, mit der blauen Elise zum ersten Schnee am Sölkpaß zu fahren. Heute, nach zwei total verhauten Urlaubswochen und weiteren zwei Wochen Krankenstand, alles wegen einer massiven Dickdarm Entzündung, haben mir mein Hausarzt und der Facharzt für innere Medizin meine Wiedergenesung bestätigt. Was bin ich froh, dass ich meinen Kollegen in der Firma wieder auf den Wecker gehen kann! Da ich aber gerade frei hatte, beschloss ich, zur Feier des Tages eine Runde mit dem Motorrad zu drehen, damit auch die Seele wieder gesund wird.
Zurück vom Arzt, steckte ich ohne Nachzudenken das Nummernschild von der blauen Elise auf die FZR. Scheinbar lag mir am Herzen, heuer nochmals damit zu fahren, sonst hätte ich das nicht getan. Nachgedacht hab ich, wie gesagt, nicht darüber. Nun war das Motorrad bestimmt, mit dem ich fahren wollte. Jetzt fragte sich nur mehr, wohin die Fahrt den gehen sollte. Da fast alle Touren, sofern ich nicht ins Wald- oder Mühlviertel fahre, Richtung Süden beginnen, fuhr ich los in den Süden, in eine dichte Nebelsuppe hinein. Nach dem ersten Tankstop in Kematen überlegte ich, wohin ich mich den tatsächlich wenden wollte und kam zum Schluss, dass ich zuerst einmal Richtung Schladming fahren würde. Sofern das Wetter gut sei und ich wirklich Lust hätte, könnte ich ja zum Großglockner fahren. Angesagt hatten die Wetterpropheten blauen Himmel und Sonnenschein. Allerdings war die Zeit schon einigermaßen fortgeschritten, es war schon 15 Minuten nach 10 Uhr, als ich daheim wegfuhr. Zum Glockner und zurück wären es 550km, wusste ich.
Die Fahrt nach Weyer, wo der Nebel gottlob schon wieder weg war, durch´s schmale Ennstal und über den Buchauer Sattel verging wie im Fluge. Das war auch kein Wunder, denn viel Unterschied zum Fliegen war ja nicht, außer dass ich das Fahrgestell nicht einzog. Ich stürzte mich die Abfahrten zur Enns hinunter, um mich am Gegenhang wieder mit Karacho hochzuschrauben und legte mich am Buchauer Sattel in die Kurven dass die Funken nur so sprühten. Das Fahren machte mir riesigen Spaß. Nach dem Buchauer Sattel, zwischen Hall und Admont, ging mir kurz Steve Hislop durch den Kopf. Näher will ich darauf aber lieber nicht eingehen, man weiß ja nie, wer mit liest. Es hatte etwas mit der eben befahrenen Straße zu tun und der Frage, wie schnell Hizzy dort wohl gewesen wäre.
In Liezen kaufte ich mir an einer Tankstelle einen Liter Castrol, den schon seit Weyer machte mich die rote Kontrolllampe auf den sinkenden Ölpegel aufmerksam. Nun gut, jetzt hat meine treue Kilo 61 000 km auf dem Tacho, jetzt darf sie von mir aus auch anfangen, Öl zu saufen, wie es ihre Artgenossen sowieso alle tun. Sei´s drum. Etwa 1/8 Liter Öl nachgefüllt, eine Zigarette geraucht, dann ging´s trotz des dichten Nebels, der mich seit Hall wieder umhüllte, unverdrossen weiter, dem Sölkpaß entgegen. Mir war nämlich während der Fahrt eine weit bessere Idee gekommen, als zum Glockner zu fahren. Ich wollte zur Nockalm, denn beim höchsten Berg Österreichs war ich ja erst im August mit der kleinen RD400 gewesen. Über die Nockalm fuhr ich heuer noch nicht.
Mit Ausnahme der beiden Radfahrer und dem Pärchen auf der Gold Wing war ich im Sölktal bis zur Passhöhe ganz alleine. Der Sölkpaß gehörte mir. Nebel gab´s schon lange keinen mehr, der hatte sich schon am Ortsende von Liezen wieder aufgelöst. So konnte ich weiter oben die schöne Aussicht genießen. Nur ganz kurz hielt ich für einige Bilder an, auch an der Südseite, wo wieder, wie vor einem Monat, der Haflinger am Teich im Moor stand und Gras in sich hinein mampfte. Dann zog ich weiter, denn zur Nockalm war es noch weit. Rasch hatte ich Tamsweg erreicht und ebenso rasch hatte ich die kurze Verwirrung an der Ortsausfahrt entwirrt, denn dort, wo ich heraus kam, war kein vernünftiger Wegweiser zu sehen, der mich zum Katschberg geleitet hätte. Ich folgte einfach, wie ein Zugvogel, dem Instinkt, sah vor Ramingstein ein Schild, das nach Thomatal wies und bog dort ab, denn dieser Name kam mir bekannt vor. Nach der Ortschaft Thomatal wusste ich auch, woher mir dieser Name bekannt war, denn hier zweigt eine Straße, die L(andesstraße)19, nach Innerkrems ab, zum Beginn der Nockalm Straße. Ich war vor 2 oder 3 Jahren hier schon einmal mit der blauen Elise gefahren, allerdings aus der anderen Richtung, von der Nockalm kommend. Also kann ich mich auf mein Gedächtnis doch ganz gut verlassen, wie sich immer wieder zeigt. Der Grad der Verkalkung hält sich, was mich sehr beruhigt, in Grenzen. Trotz des zunehmenden Alters.
Genau an der gleichen Stelle wie damals hielt ich an, um ein Zigarettchen zu paffen. Dann folgte ich weiter dieser schmalen Straße, die mich immer höher hinauf meinem Ziel näher brachte. Nach der kleinen Ortschaft Bundschuh entdeckte ich einen alten Hochofen, der 1867 erstmals angeblasen wurde und 1907 wieder ausging. Aus der anderen Richtung war mir diese Stätte der Eisen Erzeugung gar nicht aufgefallen. Wahrscheinlich war ich aber auch noch zu sehr von der Nockalm Straße begeistert, die ich damals zum ersten Mal befuhr. Ich muss zugeben, ich hatte keine Ahnung, dass sich hier früher das größte Bergbau Gebiet Salzburgs befand. Nachdem ich aber wieder daheim war, bemühte ich Herrn Google und erhielt eine Menge an Informationen über diese Zeit. Ich finde es immer wieder Klasse, wenn ich mehr über eine Gegend weiß, als nur, dass es dort schöne Kurven gibt.
Gäbe es diesen Hochofen, der natürlich nur Dank seiner Restaurierung noch so gut in Schuss ist, nicht mehr, man käme nie auf die Idee, dass hier Bergbau betrieben wurde. Für mich schaut das alles nur nach Almgebiet aus. Die Vegetation wurde im Verlauf der Strecke immer spärlicher, aber vor allem wies mich der Schnee neben der Straße deutlich darauf hin, dass ich mich schon recht weit oben, deutlich über der 1000m Grenze, befand. Kalt wurde es aber wunderbarer Weise trotzdem nicht. Die Sonne schien ja in ihrer vollen Pracht.
Beim Wegelagerer Häuschen am Beginn der Nockalm Straße, das genau genommen eine Mautstelle ist, wurden mir 7 Euro abgeknöpft. Dafür erhielt ich aber eine Tageskarte (die einen ganzen Tag zum Befahren dieser Straße berechtigt, egal wie oft man sie verlässt), eine Info Broschüre und, für Motorradfahrer besonders wichtig, einen Aufkleber. Für daheim, zum Angeben. Dann durfte ich mit einem „Gute Fahrt“ passieren. Gleich nach diesem Häuschen beginnt der Spaß. Die erste von 52 Kehren der 35km langen Strecke könnte hier mit etwas Pech, vor allem mit kalten Reifen, gleich die Spreu vom Weizen trennen und für Gelächter oder Aufruhr sorgen. Je nach schwere der „Brezn“. Wobei man sich, nur so beiläufig erwähnt, wenigsten ungefähr an die 70km/h Beschränkung halten sollte, die entlang der ganzen Nockalm Straße gilt, sonst könnte der Betreiber der Straße einmal sauer auf Motorradfahrer werden. Vor allem, wenn etwas passiert! Allerdings war die Verkehrsdichte gegen Null angesiedelt. Zumindest im Vergleich zu einem warmen Sommertag, an dem es ohne weiteres passieren kann, dass man auch mit einem Motorrad die Lust am Überholen verliert und einfach der Prozession folgt, die der Eisentalhöhe entgegen……. äh, ja, meistens entgegen schleicht. Es ist eben eine Ausflugsstraße und kein Hauptverkehrsweg.
Seltsam, alleine der Name Eisentalhöhe, der höchste Punkt der Nockalm Straße, weist ja auf Eisen hin. Aber das war mir, bis zu dieser Fahrt, noch nie aufgefallen. Da hatte ich aber auch vom Hochofen weiter unten nichts gewusst. Man lernt nie aus! Auf 2048m findet man dort eine Parkmöglichkeit und eine Hütte, in oder vor der man sich laben kann. Oder einfach die Gegend und die Aussicht genießt, sofern man einen Platz erhascht. Diesmal war das kein Problem, denn die beiden Motorradfahrer und die wenigen anderen Gäste ließen genügend Platz für eine Tasse Kaffee und für mich, einem rundherum glücklichen und zufriedenen Menschen, der, da bin ich sicher, vor Glück ein Sau dämliches Grinsen im Gesicht hatte. Zum Glücklich sein hatte ich auch allen Grund, den ich war endlich wieder dem Bett, oder wenigstens dem „eingesperrt sein“ im Zuhause, entfloh´n. Ein Zugvogel ist eben eingesperrt unglücklich, auch wenn er krank ist!
Recht flott gelangte ich von dort oben wieder in tiefere Regionen, von wo aus die Straße nochmals kurvenreich auf über 2000m zur Schiestlhöhe hoch führt. Es machte mir richtig Spaß, die engen Kurven mit Schmackes zu durchfahren. Beinahe hätte ich dabei eine (ältere?) Lady auf ihrer Harley erschreckt, die recht unsicher am Eingang so einer Kehre herum eierte. Aber kein Problem, ich bin kein Unhold. Ich holte weit aus und ließ sie hinter mir, weiter eiernd, zurück. Dann ging’s, stetig abwärts, der 95er Bundesstraße entgegen, die mich, links abzweigend, sehr steil und kurvenreich zur Turracher Höhe hinauf brachte. Ein kurzer Halt, ein Foto und eine Zigarette, dann die lange Abfahrt, dem Turrach Bach entlang, nach Predlitz hinunter. War nicht ganz ungefährlich dort, wie bei dieser Tour überhaupt öfters. Ich fürchte, ein Stadt Bewohner, der nicht viel aufs Land kommt, könnte an so einem herbstlichen Tag, bei flotter Fahrt, öfters in Sturzgefahr kommen, als ihm lieb ist, den im Schatten der Berge oder Wälder passiert es immer wieder, dass die Straße überraschend nass ist. Nur wo, das weiß man nie genau. Mit Glück ist schon der Kurveneingang nass, mit weniger Glück wird es in der Mitte oder am Ausgang, wenn der Hahn schon wieder gespannt ist, glitschig. Zur Nässe kommt oft genug noch Laub oder gar Dreck, der von den Landwirtschaftlichen Fahrzeugen überall auf die Straßen gebracht wird, was eine richtige Schmiere ergibt, auf der man recht leicht ausrutscht. Aber so ist das nun einmal im Herbst.
Der Herbst hat aber auch noch etwas anderes zu bieten, als die Gefahr, wegen Dreck auf der Pfeife zu liegen. Jetzt wird die Landschaft auch durch die bunten Wälder verzaubert und aufsteigender Dunst oder Nebel, von der Sonne beleuchtet, schimmert in mystischem Glanz. Liest sich bestimmt recht kitschig, ist aber in Natura wunderschön, und nicht selten wirklich kitschig schön! Den ganzen Tag über war ich immer wieder durch diesen Zauber des Herbstes begeistert und kann mich kaum an dieser Pracht satt sehen. Ich möchte in keinem Land leben, wo es immer gleich heiß oder kalt ist. Um nichts in der Welt.
Die 22km Bundesstraße von Predlitz bis Murau, landschaftlich recht schön und auch kurvenreich, aber stark befahren, vergingen recht zügig, obwohl ich, wieder einmal, kurz anhielt, um etwa 1/8 Liter Öl nachzukippen. Die rote Birne machte sich wieder bemerkbar. Ich dachte auch schon darüber nach, wo ich den nun die Heimfahrt antreten sollte. Ich war noch gut 200km von daheim entfernt und hatte mehrere Möglichkeiten. Aber bei den Kreisverkehren in Murau, wo die Entscheidung fallen musste, bog ich, irgendwie ohne nachzudenken, wieder zum Sölkpaß ab und hatte bald darauf wieder dessen Paßhöhe erreicht. Nun stand ich schon zum zweiten Mal hier heroben, und wieder hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht. Mein einziger Gedanke war: „Die Welt ist so schön!“
Während der Heimfahrt, die mich über die gleichen Straßen führte wie die Anreise, gab es keinerlei Besonderheiten mehr, die sich zu beschreiben lohnen. Bis auf den Umstand, dass mir am Buchauer Sattel etwas auffiel. Ich spürte das Motorrad gar nicht! Ich fuhr einfach. ICH fuhr! Das muss wohl schon den ganzen Tag so gewesen sein, den kein einziges Mal hatte ich mich über eine verhaute Kurve, eine versaute Linie geärgert. Kein einziges Mal verschwendete ich einen Gedanken daran, dass etwas nicht passen könnte. Ganz anders, als heuer bei den drei anderen Ausfahrten mit der FZR. Die Kilo war mir wieder so vertraut wie zuvor, als ich die blaue Elise noch nicht hatte. Ich war einfach zu wenig damit gefahren in letzter Zeit, das hatte sich bemerkbar gemacht. Aber das war auch schon alles. Die alte Kilo bereitete mir wieder genau so viel Fahrspaß wie früher. Nichts mehr mit „Ich hab´s verlernt“! Ich fuhr zwar sowieso immer sehr gerne mit der FZR, aber ich ärgere mich immer so, wenn ich einen Stiefel zusammenfahre, wenn´s nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle. Auch wenn ich wissen müsste, warum das so ist. Ich kann eben nicht anders.
An diesem Tag gab´s keinen Grund zum Ärgern. Ich war mit einem wunderschönen Motorrad eine herrliche Tour gefahren und hab jeden Kilometer genossen.
Nun wird meine Kilo gereinigt und gewartet, dann zugedeckt. Nächstes Jahr im Frühling, wenn der Dreck wieder von den Straßen weg gespült ist, packe ich sie wieder aus und tobe damit durch die prächtige Landschaft meiner Heimat.