Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

15. Mai 2017

Moto Guzzi V7 III Racer – Die ersten Tage mit der Neuen

“Ist das eine Moto Guzzi?” fragte mich der Wirt in Maria Taferl, als er mir heute so um die Mittagszeit herum den Kaffee in den Gastgarten brachte. Es war ein kleiner Gastgarten, gleich vor der Eingangstür zum Gasthaus, und praktisch daneben, und damit genau vor mir, stand mein Motorrad. “Ja, klar. Das ist eine Moto Guzzi”, antwortete ich. Steht ja eh drauf, dachte ich mir. “Schön”, meinte der Wirt. “Wieviel Kubik hat die?” “Siebenhundertfünfzig”. “Aha”. Er blieb noch eine Weile stehen, dann frage er “kann ich den Zucker wieder mitnehmen? Kann ja gleich wieder zu regnen anfangen”. “Das kann durchaus passieren”, meinte ich, “heute weiß man das nicht so genau”. Seit Freitag weiß man das nie so genau.

Bevor ich von daheim weg fuhr, hatte es schon geregnet. Ich war etwas nach sechs Uhr mit dem Hund spazieren gegangen, und grade als wir wieder daheim waren, begann es zu regnen. “Macht nix”, dachte ich mir, “hab eh noch einiges zu tun”. So fuhr ich gegen halb neun zum Bachlerhof einen Kaffee trinken, dann noch Hundefutter kaufen, und dann fuhren wir, Eddie und ich, wieder heim und ich ging mich umziehen. Es war inzwischen wieder überall trocken geworden. “Jetzt kann eine kleine Runde mit der Guzzi nicht schaden, bevor es wieder zu regnen beginnt”, dachte ich. Ich schob das Motorrad aus der Garage, setzte den Helm auf, und während ich die Handschuhe anzog, ließ ich sie etwas warm laufen. Dieses Motorrad zu starten, das hat Charme.

Du steckst den Zündschlüssel ins Zündschloß, drehst auf ON, dann setzt du dir den Helm auf. Wenn der Helm am Schädel ist, ist auch die Guzzi mit dem elektronischen Systemcheck fertig, und du drückst den Startknopf. Brummm, erwacht sie bollernd und mit einem leichten Rechtskick zum Leben. Diesen Systemcheck macht die XJR auch, dieses Bollern beim Starten, aber vor allem diesen Rechtskick am Seitenständer, das kann nur die Guzzi. Während ich mir die Handschuhe anziehe, stell ich mich dann meistens gerne nach hinten und hör mir das Bollern aus den Auspuffrohren an. Es ist nicht laut, und ich weiß auch nicht, ob das wirklich ein Bollern, oder eher ein Rumpeln ist, mit dem sie zum Leben erwacht, aber es klingt ganz anders, als wenn man einen Vierzylinder startet.

Ich fuhr zur Autobahn hoch, dann bog ich Richtung Grein an der Donau ab und überlegte, wohin ich kurz fahren könnte. Irgendwie schaute es überall nach Regen aus. Irgendwie aber auch wieder nicht. Die Straßen waren trocken, drum fuhr ich nach Grein, trank dort im “Schinakl” am Hafen einen Kaffee und bog kurz hinter Grein in die kurvenreiche Strecke nach Diembach und ins Waldviertel ab. An und für sich bin ich nicht regenscheu. Es ist aber eine Sache, mit einem altbewehrtem Motorrad im Regen zu fahren, oder mit einem mehr oder weniger funkelnagelneuem Motorrad. Es wäre nicht das Wasser, was mich stört. Es wäre der Dreck, der damit verbunden ist. Obwohl, der dürfte mich jetzt eigentlich gar nicht mehr ärgern, denn am Freitag, als ich die Guzzi vom Händler holte, hatte es geregnet. Mann, da war ich wirklich ein wenig sauer. Nach 70km war das schöne, neue Motorrad so dreckig wie ein Traktor nach dem Ackern, und weil die Guzzi schon so dreckig war, und ich natürlich auch, hab ich sie nur kurz daheim hergezeigt und drehte anschließend gleich noch eine kleine Runde. So kamen am ersten Tag 130km zusammen. Wie sagte ich zum Händler, als ich sie abholte? “Natürlich bin ich etwas angefressen, dass es ausgerechnet heute regnet. Aber genau genommen ist es egal, ob sie bei der ersten oder bei der dritten Ausfahrt dreckig wird. Es wird passieren!” Nach dem Motto “Ist der Hochglanz mal ruiniert, fährt es sich ganz ungeniert” fuhr ich die ersten Kilometer mit der Guzzi, im strömenden Regen.

Vorher war es natürlich tagelang schön. Was sonst? Aber keine Guzzi weit und breit. Zumindest nicht meine! Zwei Wochen vorher sind mir in der Wachau fünf Guzzi entgegen gekommen, als ich mit der XJR eine Runde drehte. Fünf Moto Guzzi auf einmal! Das passiert dir sicher nur, wenn du selber auf eine Guzzi wartest. Sonst nie. Mann, saß ich auf Nadeln. Dabei lief eigentlich alles nach Plan. Genau wie ausgemacht. Ende April, Anfang Mai, hat es geheißen. “Und sei bitte nicht böse, wenn es länger dauert. Die kommt aus Italien”, hat der Händler im Jänner noch gesagt. Jetzt hatten wir Mai. “Hoffentlich regnet ’s”, dachte ich. Da fällt das Warten leichter.

Am 11. Mai, also letzten Donnerstag, ging ich in der Früh mit dem Hund spazieren, und bei dieser Gelegenheit schaltete ich das Telefon ein. Pip Pip, ein unbeantworteter Anruf! Ich schaute auf die Nummer und wählte sofort die Sprachbox. “Firma Schnöll, guten Morgen. Ruf mich bitte ab 9 Uhr unter dieser Nummer an. Danke”. Von einer Sekunde auf die andere schlug mir das Herz bis zum Hals und die Knie wurden weich. “Die Guzzi ist da! Die Guzzi ist da!” dachte ich voll Freude, aber gleich drauf fiel mir ein, “und was ist, wenn sie nicht da ist? Was ist,wenn er mir nur sagen will, sie ist noch immer nicht gekommen? Oder sie wurde noch gar nicht gebaut, weil wasweißichwas? Oder ich bekomm gar keine, weil an alte Reiskocher Fahrer keine Moto Guzzi ausgeliefert werden? Was mach ich dann?” “Das ist doch alles Blödsinn!”, beruhigte ich mich selber. “Er hat gesagt, er ruft mich an, sobald sie da ist. Wieso sollte er anrufen, wenn sie nicht da ist? Weil an alte Reiskocherfahrer…………? Schwachsinn!” Man soll gar nicht glauben, auf was man in so einem Moment alles kommt. Und das Schlimmste, es waren noch fünfzehn Minuten bis 9 Uhr!

“Servus. Deine Guzzi ist da”, meinte Schnöll, als ich anrief. “Und wann kann ich sie holen?”, meinte ich vorsichtig. Wer weiß, ob die gleich das ganze Motorrad geliefert haben, oder vorerst nur ein paar Teile, die grade fertig waren? Die kommt ja aus Italien. “Die steht schon da”, meinte er. “Das heißt, wenn ich jetzt komm und sie bezahle, kann ich die Papiere mitnehmen und sie anmelden, und morgen kann ich sie holen?” Ich wollte so vorsichtig und sicher sein, wie es nur geht. Nicht, dass da jetzt gar keine Papiere mit dabei sind, weil die erst in drei Wochen kommen. Oder irgendwann. “Klar, du bezahlst sie, dann kannst du die Papiere mitnehmen und sie anmelden, und morgen kannst du sie holen”. “Ich komme!”, meinte ich und legte auf.

Mein Hund guckte ein wenig dumm aus der Wäsche, als ich urplötzlich umdrehte und wieder zum Auto ging. Der wird sich wohl gedacht haben “hab ich was angestellt oder was? Ich bin mir keiner Schuld bewusst!” Nö, Hundi hatte nix angestellt. Ich hatte es eilig. Und wie! Heim, umziehen, zur Bank fahren, Geld abheben, Zigaretten kaufen und los ging’s über Steyr nach Sierning und zum Guzzi Händler. Schnell noch bei der Raststätte eingekehrt, einen Kaffee trinken, damit sich die Aufregung legt, dann die letzten paar Kilometer zum Schnöll gefahren. Als ich mit Eddie an der Leine den Verkaufsraum betrat, stand genau nach der Eingangstür links eine Moto Guzzi V7 III Racer. Ich fragte mich, ob das meine sein könnte? Sie war es! Am dreiviertel zwölf war ich wieder in Amstetten und das Motorrad war angemeldet.

Zurück, heute in Maria Taferl: Langsam trank ich im Gastgarten den Kaffee aus, rauchte eine Zigarette und schaute das Motorrad an. Mir ging einiges durch den Kopf, was ich die letzten drei Tage mit meiner Moto Guzzi erlebt hatte. Knapp 450km hatten wir bis hierher schon miteinander verbracht. Bei Regen wie bei Sonnenschein. Das wechselt sich seit Freitag ständig ab. Ich Depp hatte mir ja Regen gewünscht. Vom Händler bis nach Steyr musste ich am Freitag vielleicht fünfzehn Kilometer oder so fahren, und dann nach der langen Stadtdurchfahrt nochmals rund vierzig Kilometer bis zu mir Heim. Zusammen rund 70km. Alles in schönem, gleichmäßigem Schnürlregen. Das war was.

Auf den ersten fünfzehn Kilometern war es mir schwer gefallen, mit der Guzzi grade aus zu fahren. Die Strecke ist breit und topfeben, das heißt, nicht holprig und keine Spurrinnen, aber mir war es schwer gefallen, grade aus zu fahren. Irgendwie hatte ich einen Drall. Das komische war, es war einmal ein Drall nach rechts und dann ein Drall nach links. “Aber wieso?”, fragte ich mich. Ich denke mir, das liegt schlicht und einfach an der Lage der Kurbelwelle. Sämtliche Motorräder, die ich bisher in meinem Leben fuhr, hatten die Kurbelwelle quer zur Fahrrichtung verbaut, weil das zum größten Teil Vierzylinder waren. Aber auch bei den drei Zylindern der XS750  oder bei den zwei Zylindern der RD400 liegt die Kurbelwelle quer zur Fahrtrichtung. Andere Bauarten war ich nie gefahren. Alle meine Sensoren und Gefühle sind auf Kurbelwellen quer zur Fahrtrichtung ausgerichtet.

Bei der Moto Guzzi liegt die Kurbelwelle aber längs zur Fahrtrichtung. Und weil das Ding beim Gas geben beschleunigt oder beim Gas wegnehmen die Drehzahl verringert, merkt man das beim Fahren, weil da eine Masse in Querrichtung beschleunigt oder verzögert. Dieses Kippmoment will man als Fahrer kompensieren, und weil man als alter Vierzylinderfahrer sowas nicht gewöhnt ist, ist man geneigt, überzogen zu korrigieren, was sich in einer schlingernden Fortbewegung bemerkbar macht. Klingt vielleicht lustig, fühlt sich aber nicht so lustig an. Du hast im ersten Moment keine Ahnung, wieso du nicht grade aus fahren kannst und denkst, da stimmt was nicht. “Ist die Gurke krumm?”, ist einer der ersten Gedanken. Dann beginnen sich die Zahnräder der Denkmaschine zu drehen und du kommst auf die Idee, das könnte die Kurbelwelle sein, die diesen Drall verursacht, weil du da irgend etwas anders machst als sonst. Du spürst es, aber du kannst auf Anhieb nicht sagen, was. Du mußt erst draufkommen. Du als Fahrer bist Schuld, weil du diesem Kippmoment zu viel dagegen hältst. Das dauert aber nicht lange. Fred, ein alter Bekannter und unter anderem auch Ex-Gummikuh Treiber erzählte mir, das ist bei einer Gummikuh genau das selbe. Zuerst spürst du das kippen recht ausgeprägt, aber dann verinnerlichst du diese Bewegung, beginnst immer sanfter zu korrigieren, bis Roß und Reiter zu einem Team werden und das alles prima klappt. Und genau so erlebte ich das auch. Inzwischen kann ich tadellos grade aus fahren.

Inzwischen hab ich aber auch ein paar andere Eigenarten der Guzzi ergründet. Dazu muß ich aber sagen, ich bin noch in der Lernphase. Das Motorrad ist mir sicher nicht mehr ganz fremd, aber sehr vertraut auch nicht. Es ist überall mit Nässe und Dreck zu rechnen, da bin ich lieber vorsichtig. Grade zu den Reifen, einer nicht ganz unwesentlichen Verbindung von Fahrzeug und Straße, muß ich erst langsam Vertrauen aufbauen und ein Gefühl für sie entwickeln. Seit meiner Honda Ende der 70er Jahre bin ich keine solchen Reifen mehr gefahren. Ja, ja, die Reifentechnik hat sich seitdem weiter entwickelt. Ich weiß. Aber auf den Speichenfelgen der Moto Guzzi sind Diagonalreifen montiert, nicht Radialreifen, wie ich sie gewöhnt bin. Die Dunlop Sportsmart meiner Tausender haften heute bestimmt besser als die Slick von Kenny Robert 1978, und es ist auch bestimmt keine Frage, dass die Pirelli Sport Demon der Moto Guzzi nicht schlecht haften. Aber ich kenn die nicht und es braucht sicher noch ein paar Kilometer mehr, bis ich zu diesen sowas wie Vertrauen aufgebaut hab. Die Reifen der Honda waren damals, so weit ich mich erinnern kann, 3.25 vorne und 4.00 hinten, was ungefähr den Größen 100/130 der Guzzi entsprechen könnten. Das fühlt sich sehr, sehr komisch an, wenn du seit 1990 nichts anderes als 120/180 gefahren bist.

Bei meiner RD400 waren die Reifen sogar noch schmäler als bei der Guzzi und bei der Honda. Dunlop K82 in 3.00 vorne und 3.50 hinten. Diese Reifen schienen mir aber von Anfang an leicht durchschaubar, vor allem hatte die RD nicht viel Schräglagenfreiheit. Bevor da was abgeschmiert ist, haben die Fußrastengummi geschliffen. Das war weit gefährlicher als mangelhafte Reifenhaftung, weil Kipprasten hatte die keine. Das war starr! Ob bei der Guzzi auch was schleift, oder ob man vorher auf die Fresse fliegt, weiß ich noch nicht. Irgendwie werd ich den Grenzbereich herausfinden, aber dazu muß ich die Kiste erst noch besser kennenlernen und Vertrauen gewinnen. Da gibt es noch manche Geheimnisse zu ergründen. Aber dazu zu einem anderen Zeitpunkt mehr, wenn ich mehr weiß. Die Guzzi aus Blödheit hinzuschmeißen ist sicher  das Letzte, was ich vor hab und ich bekomm sicher keinen Werksvertrag, wenn ich wilder Hund spiel. Weder von Pirelli noch von Moto Guzzi.

Jedenfalls ist es so, dass mir die Fahrt mit der kleinen Italienerin von Tag zu Tag mehr Spaß macht. Je besser ich sie kennenlerne, je vertrauter ich mit dem Material werde, desto lustiger finde ich die Fahrt mit meiner Neuen. Erst heute wieder, bei der Fahrt über die kurvenreiche Strecke nach Diembach dachte ich mir wieder, “die Kleine macht sich! Sie ist sehr wendig, zeigt keine besonderen Macken, das Fahrwerk ist gut, die Bremsen von Brembo und die Leistung ist in Ordnung. Sobald man sie einfach bis über 5000/min hoch dreht und damit ein breiteres Drehzahlband nutzt, als für die Einfahrzeit vorgesehen wäre, geht da wirklich was vorwärts. Ich fahr auch die Moto Guzzi nach dem Moto ein, “Ein Motor langsam eingefahren bleibt immer langsam, ein Motor schnell eingefahren wird schnell!” Ich hab die kleine Racer schon jetzt ins Herz geschlossen, das weiß ich sicher, und immer wieder kommt mir eine Fahrt mit ihr auch wie eine Zeitreise vor. Immer wieder denk ich dran, wie das wohl war, damals, als die erste Moto Guzzi V7 mit diesem Zweizylinder V Motor auftauchte. Ich hab Moto Guzzi noch aus meiner Jugendzeit in Erinnerung. Damals kamen sie mir riesengroß vor. Und laut! Meine Moto Guzzi kommt mir eher ein kleines Motorrad vor. Kein Zwerg, aber klein. Vor allem neben der XJR ist sie klein. Und alleine stehend wirkt sie auch nicht größer. Fast im Gegenteil. Ohne direkte Referenz wirkt sie vielleicht noch kleiner, als sie ist. Drum unterschätzt man sie auch leicht.

Wie schaut das im Vergleich zu Ihren Vorfahren aus, die mir so riesig in Erinnerung sind? Ihre Länge beträgt 2185mm, ihre breite 755mm und ihre Höhe 1100mm. Der Radstand entspricht mit 1445mm ziemlich genau dem ihrer Ur-Vorfahren und sie wiegt fahrbereit, also mit Benzin, 209kg. Der Tank fasst 21 Liter. Ihr Stammvater, die Moto Guzzi V7 von 1967, war die erste Moto Guzzi mit diesem charakteristischem V2-Moto quer stehend im Rahmen eingebaut und wurde von Ernst Leverkus, dem bekannten Tester der 60er und 70er Jahre, als riesengroßes Motorrad beschrieben, vor dem einem fast Angst und Bange werden könnte. Dabei hatte sie den gleichen Radstand wie die V7 III Racer von 2017, die mir heute eher klein vorkommt. Also wäre auch dieses für damalige Verhältnisse riesen große Motorrad gegen die XJR von heute ein kleines Motorrad. So haben sich die Zeiten und die Ansichten geändert. Interessant ist vielleicht noch, dass diese erste V2-Guzzi damals aus 700cm³, ohne Katalysator und ohne Euro5 Norm rund 42 DIN Pferdchen leistete, leer 245kg auf die Waage brachte und vorne wie hinten mit Reifen der Dimension 4.00-18 ausgerüstet war. Ihr Fahrverhalten wurde insgesamt, wie das aller Moto Guzzi, als sehr gut beschrieben.

Die spätere Ambassador hatte erstmals volle 750cm³ und leistete bei Messungen etwas über 50 DIN Ps bei 6500/min. Die Maße dieses Motors: Bohrung x Hub = 83x70mm. Drehmoment 6.0 mkg bei 5000/min. 4 Gänge, Radstand 1435mm, also 10mm weniger als meine V7 III Racer! Sie wog allerdings leer 244kg. Ein fester Brocken. Das war offenbar noch alles dickes Eisen und nicht Aluminium. Die Bereifung war die gleiche wie beim Vorgängermodell, die Höchstgeschwindigkeit betrug ungefähr um die 180km/h. Dort dürfte sich auch, im Höchstfall, die Höchstgeschwindigkeit der V7 III Racer bewegen. Eher weniger, weil die scheint recht kurz übersetzt, was ihr sehr gut passt.

Die Moto Guzzi V7 Sport von 1971 könnte man als den echten, direkten Vorfahren der heutigen V7 III Racer bezeichnen. Ihr V2 wurde von Ernst Leverkus noch als “Trumm von einem Kompakt-Motor” bezeichnet, der es mit allen Gegnern ihrer Hubraumklasse aufnehmen konnte, die damals BSA, Honda, Norton und Triumph hießen. Sie war dank ihrer Farbgebung, einem giftigem gelbgrün, dem roten Rahmen (nur die erste Serie) und mit dem Stummellenker auch optisch die erste sportliche Moto Guzzi V7. Die Leistung der V7 Sport wurde anfangs werbewirksam mit 70Ps (SAE) angegeben, von denen dann für den deutschen Markt, also mit zivilem Auspuff und all dem Firlefanz, der bei SAE Messungen weg bleibt, noch 62 DIN Ps übrig blieben, die aber laut Ernst Leverkus für gute und gemessene 200km/h Höchstgeschwindigkeit reichten. Die Motormaße dieser Sport betrugen 82.5 x 70 und blieb damit unter der magischen 750cm³ Grenze, was für eine Zulassung für den Rennsport essentiell war. Der alte Motor hatte um ein paar Kubikzentimeter zu viel.

Der Motor der Moto Guzzi V7 III Racer Baujahr 2017 besitzt im Vergleich dazu eine Bohrung von 80mm und einen Hub von 74mm, woraus sich 744cm³ ergeben, und dieser Motor leistet heute mit 3 Weg Katalysator und Stand Euro5  52Ps bei 6200/min. Die Unterschiede zu den alten Vorgängermodellen sind vielfältig. Die gravierendsten Unterschiede dürften sein: elektronische Benzineinspritzung, Anti Blockier System und eine von Moto Guzzi entwickelte Traktionskontrolle. Die Urversion der Baureihe V7 Sport endete 1974, ihr Nachfolge, die Le Mans Baureihe, endete irgendwann gegen Ende der 80er Jahre.

Sportliche Motorräder mit 750cm³ wurden bei Moto Guzzi mit der V7 Classic Serie erst wieder nach der Jahrtausendwende eingeführt. Ihr Motor stammte nicht aus der ursprünglichen V7 Sport, der Le Mans Serie oder von den großvolumigen V2 Motoren, sondern von den kleinen V50 und V35 Modellen von 1977. Sie unterschieden sich von den anderen Modellen nicht nur im Hubraum, sondern in der Form des Brennraumes, der statt im Zylinderkopf im Kolbenboden untergebracht war, der sogenannte Heron Brennraum. Diese Brennraumform bringt allerdings neben Kompaktheit auch einige Nachteile mit sich, die mit den neuen Motoren der V7 III Baureihe ausgemerzt wurden. Ob man sich damit in Zukunft wieder der Leistung der V7 Sport von 1971 nähern wird und ob dieser Rahmen dafür die notwendigen Reserven hätte, um das ohne zu großem Aufwand zu bewerkstelligen, das wird die Zukunft zeigen. Man darf gespannt sein. Für die Retro Welle, die grade modern wird, braucht Moto Guzzi jedenfalls nichts neu erfinden. Die haben noch nie was anderes gebaut. Eine Moto Guzzi ist nicht Retro, die ist Original. “Made in Mandello del Lario” steht stolz am Drehzahlmesser. Seit 1921 werden sie dort gebaut. Einer der Gründe, und ein nicht unbedeutender, wieso ich sie schlussendlich gekauft hab.

Die heutige Tour, kurven- und genussreich wie sie vom Anfang bis zum Ende war, endete mit der Abfahrt von Maria Taferl und einem wunderschönen Ausblick auf die Donau. Nach weiteren 60km, mit einem breiten Grinsen im Gesicht gefahren entlang von Wiesen und Feldern stand die kleine Guzzi wieder neben ihren dicken Geschwistern in der Garage. Rund 140km waren dazu gekommen. Insgesamt stehen jetzt 520km am Tacho. Wie ich zu Moto Guzzi kam, erzähl ich in einer anderen Geschichte, und wie sie sich verhält, was sie kann, in einer noch ganz anderen, wenn ich es weiß und sie besser kenne. Nur soviel im Voraus. Ich kam zu Moto Guzzi zwar nicht grade so wie die Jungfrau zum Kinde, aber eigentlich wollte ich eine Suzuki kaufen. Und wer jetzt meint, sowas wie ein Déjà-vu zu erleben, dem kann ich nur sagen: Ging mir genau so.

Einen schönen Tag noch……………..

 

Wer sich gerne einmal eine Moto Guzzi V7 Racer in Action anschauen möchte, dem kann ich DIESES schön gemachte Filmchen empfehlen, das entlang des Pacific Coast Highway 1 in Kalifornien gedreht wurde. Der Fahrer ist Jamie Robinson, der jetzt solche Sachen macht, falls ihn jemand kennen sollte. Es handelt sich zwar um das Vorgänger Modell V7 II Racer, aber hübsch anzuschauen ist es allemal. Optisch sind die Unterschiede ja nicht so groß.

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