Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

14. April 2012

2012. 04. 04. – Mit der Canon FTbn ins Reich der Kröten

IMG_5816_5 Was haben Fotoapparate mit einer Motorrad-Tour zu tun? Je nach Sichtweise eine ganze Menge, würde ich sagen. Auf Tour hab ich eigentlich immer eine Knipse eingesteckt. Früher waren es analoge Kameras, in den letzten Jahren ausschließlich digitale, meist im Poket-Format. Seit neuesten hat mich aber wieder die Liebe zu den Filmknipsen gepackt. Sie sind nicht nur viel schöner als die modernen Plastik-Dinger, sie fühlen sich vor allem mit Abstand besser an. Mit großem Abstand sogar. Und das die Bildqualität einer Digitalen besser wäre und sowieso alles viel billiger, möchte einem auch nur der Verkäufer des Fotoladens einreden. Das ist aber alles Geschmackssache und gar nicht so wichtig. „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“, soll schon Preußenkönig Friedrich II gesagt haben. Ich verkauf´ meine Fotos ja nicht. Jedes System hat seine Daseinsberechtigung. Nur der Anwender entscheidet.

Über die Qualität der Kameras braucht man nicht streiten. Die Zeit wird weisen, was besser ist. Meine ananogen Knipsen sind teilsweise über 40 Jahre alt und funktionieren wie neu. Ich hab auch eine Digital Kamera, bei der nur der Akku kaputt und nicht mehr erhältlich ist, sonst fehlt ihr nichts. Akku tot, Kamera tot. Und das nach nicht einmal 8 Jahren. Das sagt doch einiges. Jedenfalls lassen sich über´s Motorradfahren wie übers Fotografieren schöne Geschichten erzählen. Dies ist die erste einer neuen Serie, und sie ist der Canon FTbn und den Kröten gewidmet.

Ich fahr seit 1976 mit einspurigen Kraftfahrzeugen, und ich fahr sehr gerne. Ich fotografiere allerdings auch sehr gerne. Dieses Hobby betreibe ich seit 1972. Alles begann bei meiner Firmung. Und Kröten mochte ich schon damals.  Laßt mich einfach einmal erzählen.

1972 fragte sich mein Firmpate, der liebe Onkel Karl, was er machen solle? Meine Firmung stand an, und dass quasi Standard-Geschenk zu diesem Anlass war, für einen Jungen zumindest, eine Uhr. Was Mädchen bekamen, weiß ich bis heute nicht und spielte auch keine Rolle. Was interessierten mich damals blöde Mädchen? Pfffff………..006_6A

Mit der Uhr gabs ein Problem. Ich hatte schon eine! Noch dazu eine sehr schöne, von der ich mich keinesfalls trennen wollte, Firmung hin, Geschenk her. Da frug mich meine Mami, „Söhnchen, was wünscht du dir den vom Onkel zur Firmung? Eine Uhr hast du ja schon.“ Ich weiß nicht, was mich dazu bewog, ich weiß nicht, woher dieser Wunsch kam, aber ohne nachzudenken antwortete ich bescheiden, „Ich wünsch mir einen Fotoapparat.“ Der war mir, mit Verlaub, beim Arsch lieber als eine  blöde Uhr! Nicht nur, weil ich eh schon eine hatte. Und so begleiteten mich Knipsen und Fotos durch mein ganzes Leben, bis heute.

007_7A Diese meine erste Knipse sollte eine Kodak Instamatic Camera 255X sein. Gleich nach dem Eingang zur Drogerie Edelmann lag sie ganz zuoberst im Regal, ganz hinten rechts in einer Schachtel, die einen blauen Punkt trug. Daneben war ein Karton mit einem schwarzen Punkt, der eine Kodak Instamatic 155X enthielt, aber die wollte ich nicht. Die mit dem blauen Punkt sollte es sein, fragt mich nicht, wieso! Sie begleitete mich am Tag der Firmung zum Hochkar rauf, wo ich meine ersten Bilder schoß, dann begleitete sie mich mit der ganzen Familie zum Österreichring, wo ich die Formel1 Autos fotografierte, später zu weiteren Auto- und Motorradrennen, zu Touren mit dem Moped, zu rauschenden (und rauschigen) Partys und bei meinen ersten Motorradtouren mit der Honda CB750Four. Erst gegen Ende 1979 musste sie meiner ersten Spiegelreflexkamera weichen, der Canon AV-1. Was aus der kleinen Kodak wurde, weiß ich nicht. Verkauft oder verschenkt hab ich sie nie, aber wo sie ist, weiß ich leider auch nicht. Vielleicht liegt sie ja irgendwo in einer Lade und wartet nur darauf, wieder entdeckt zu werden? Wäre schön. Als Ersatz kaufte ich mir letzes Jahr im Spätherbst genau so eine kleine Kamera, inklusive der originalen Tasche und fast wie neu. Ich hab eine riesige Freude damit, auch wenn´s gar keine Filme mehr dafür gibt. Ein Stück Erinnerung an meine Jugend lebt nun  in ihr weiter.008_8A

Am 3. April 2012, also genau einen Tag vor der Motorradtour, von der hier, ob ihr es glaubt oder nicht, noch die Rede sein wird, kaufte ich mir ebenfalls eine Kamera. Ich las, ein Wiener will seinen ersten Fotoapparat los werden und hatte sofort das Gefühl, diese Kamera braucht einen neuen Herrn, bei dem sie es gut hat. Ich mußte sie retten. Ganz besonders mußte ich sie vor einer Banause retten, die sie in der elektronischen Bucht oder am Flohmarkt an eine Banause verkauft, die sie ebenfalls in der Bucht oder am Flohmarkt verkauft. Die kommen mir manchmal vor wie die Gallier, die sich gegenseitig Wein und Kohlen verkaufen. „Wenn die so schön ist wie beschrieben, dann kauf ich sie und fotografiere auch damit!“, beschloss ich und fuhr nach Wien.

013_13A Nachdem ich mit der Bim (Strassebbahn) einen der Randbezirke erreichte, legte ich den letzten Rest der Strecke zu Fuß zurück und wurde, ich hatte mich telefonisch angekündigt, am Gartenzaun erwartet. Es war so ein Typ, der einem aus unerfindlichen Gründen sofort sympathisch ist. Ich besah mir das gute Stück und wusste sofort und ohne zögern „Gekauft!“ Die sah aus wie neu. Wir unterhielten uns eine ganze Weile über´s Fotografieren, über Gott und die Welt, und als das Gespräch zu Amstettens Kellerwohnungen schwenkte, grüßte ich und zog wieder Richtung Heimat, die „neue“ Canon FTbn QL in der Tasche. 014_14A

Am nächsten Tag, die Sonne schickte schon in aller Herrgottsfrüh ihre wärmenden Strahlen aus, packte ich eine GoreTex Jacke als Vibrationsdämpfer in den Tankrucksack, legte die FTbn plus 28/2.8 Objektiv und ein 70-210 Variozoom dazu und zog mit der XJR Richtung Süden. Ungefähr hatte ich schon eine Route im Kopf, aber wo ich genau entlang fahren würde, das entschied ich wie meistens an Ort und Stelle.

Bis Waidhofen kommt selten Freude auf, das wusste ich. Seit kurzem kam eine weitere Geschwindigkeitsbeschränkung zu den zahlreichen anderen dazu, was die 17km noch qualvoller macht. Gottlob ist wenigstens der nördliche Teil der Strecke schon 4-spurig ausgebaut, somit dauert die Fahrt nur mehr 30min statt einer dreiviertel Stunde wie früher, wenn man die LKWs nicht überholen konnte.

016_16A Durchs Ennstal gings flott dahin, und rasch war Altenmarkt erreicht, wo ich Richtung Admont abbog. Aber nur ganz kurz, denn noch vor der Ortsmitte gibts…………..Nein, das verrat ich nicht. Irgendwo da ist eine Abkürzung zum Hengstpass, ein schmales Strässchen, das steil nach unten zur Enns führt. Und noch recht weit oben ist ein kleiner Platz mit Tisch und Bank von wo aus man einen herrlichen Ausblick nach unten zur Brücke genießen kann. Hier hielt ich an, hier sollte mein erstes Bild mit der neuen Kamera entstehen.

Na, der macht einen Tamtam wegen eines Fotos, werdet ihr jetzt vielleicht denken. Lasst mich erzählen.
Also, ich hielt an diesem schönen Platz, öffnete den Tankrucksack und entnahm die Kamera. Objektivdeckel ab und in die Hosentasche, dann zum Aussichtspunkt, die Szene provisorisch eingerichtet und dann………………
Nein, nicht einfach abgedrückt. Das wäre in die Hosen gegangen. Die Canon FTbn stammt aus der Zeit Anfangs der 70er Jahre. Wann genau der Erstbesitzer diese Kamera kaufte, weiß ich jetzt nicht mehr, aber es war so, glaub ich, um 1975. Diese Fotoapparate waren meistens mit einem Belichtungsmesser mit Cadmiumsulfid (CdS) Fotowiderstand ausgestattet, der zur zuverlässigen Funktion eine Spannung von genau 1.35V benötigte (wer genaueres wissen will, soll bitte selber nachlesen, ich bin kein Techniker für Fotoapparate). Diese konstante Spannung über ihre gesamten Lebensdauer lieferte damals nur eine 1.35V Quecksilber-Batterie, und deren Herstellung ist inzwischen verboten. Die heute erhältlichen 1.5V Knopfzellen führen über weite Strecken der Batterie-Lebensdauer zu falschen Anzeigewerten des Belichtungsmessers, da sich deren Spannung über die Lebensdauer verändert. 019_19A

Findige Bastler haben sich selber Spannungsregler gebaut, oder sie improvisieren mit verstellen der Filmempfindlichkeit, oder sie verwenden Batterien für Hörgeräte, die eine sehr ähnliche, weitgehend konstante Spannung besitzen, aber auch eine sehr kurze Lebensdauer. Mir war diese Problematik schon beim Kauf wohl bewusst, aber ich hatte gar nicht vor, mich mit Batterien zu befassen.

023_23A „Was hätten wir den vor Moskau gemacht? Da hatten wir auch keinen Strom!“, hätte Opa gesagt. Opa war im ersten, nicht im zweiten Weltkrieg, damit wir uns da richtig verstehen. Die Canon FTb braucht zum Funktionieren keinen Strom. Das läuft alles rein mechanisch ab. Mit dieser Kamera kann man selbst dann noch fotografieren, wenn sich das letzte Atomkraftwerk seinen Weg zum Erdmittelpunkt geschmolzen hat. Nur der Belichtungsmesser braucht Strom, und den zieht er unter gewissen Bedingungen auch reichlich aus seiner Versorgung. Falls vorhanden. Ehrlicherweise muß ich jetzt sagen, ich hatte in Waidhofen beim Hartlauer eine Packung Knopfzellen für Hörgeräte gekauft. Nur so, zum Probieren. Ich kannte diese Kamera nicht, nur vom lesen, und hatte die vom Erstbesitzer mitgegebene originale Betriebsanleitung noch nicht gelesen, ergo war ich auf schätzen und Vermutungen angewiesen, was die Sache noch spannender machte. Um die Spannung nicht zu übertreiben, hatte ich aber, ich schäme mich nicht, das zuzugeben, auch eine digitale Kompaktknipse eingesteckt, sicher ist sicher. Denkt jetzt von mir, was ihr wollt, ich steh dazu! Grrrr………..024_24A

Da ich Zeit zuhauf hatte, setzte ich mich als erstes auf die einladende Bank, öffnete mit Hilfe einer kleinen Münze das Batteriefach an der Seite der Kamera, prüfte, wie die Knopfzelle eingelegt werden muß, ohne einen Kurzschluß zu reißen (der hätte mir grade noch gefehlt!) und verschloß das Gehäuse wieder. Meine Spannung stieg, aber würde auch die im Fotoapparat in brauchbare Gefilde steigen? Ein halber Druck auf den Auslöser, wie von Canon Kameras gewohnt, und? Nichts! Kein Ausschlag einer Nadel. Gar nichts tat sich da. Ich werd´ doch nicht!!!! Schnell öffnete ich wieder den Verschlußdeckel, entnahm die Batterie. Nein, die war nicht verkehrt herum eingelegt. Das sollte stimmen, wenn ich das Symbol auf der Unterseite richtig deutete. Die – (Minus) Seite zur Kamera, die + (Plus) Seite nach außen. Also den Deckel wieder verschlossen, die Kamera ans Auge gesetzt, ein leichter Druck auf den Auslöser – nix. Gar nix! Scheisse……………..


Mich fasziniert auch der Unterschied zwischen s/w und Farbbildern. Das Farbfoto entstand rund eine dreiviertel Stunde nach dem s/w Foto. Kodak BW400CN und Schlecker Fotoland 200/24 um €1.78. Wird wohl ein Fuji sein, vermute ich.

Na, so schlimm ist das auch wieder nicht, beruhigte ich mich gleich wieder. Ich wollte doch ohnehin ohne Batterie fotografieren. Meine Güte, was für eine unnötige Aufregung! Vier Jahrzehnte fotografiere ich schon, über drei davon mit Spiegelreflexen. Klar, immer mit Strom und Belichtungsmesser. Bis auf die „Canon EF“ und die noch unerschwinglichere „New F1“ waren damals, zu Zeiten der alles überragenden AE-1 (vom Preis/Leistungsverhältnis und der Modernität her) und meiner AV-1, alle Kameras auf Strom angewiesen, weil ohne nicht einmal der Verschluß geklickt hätte.

027_27A Wobei die EF sowieso in vielerlei Beziehung eine Ausnahme bildete. Nicht nur war sie damals schier unerschwinglich für kleine Leute – soweit ich das eruieren konnte, kostete sie um 1500 Deutsche Mark, mein Vater verdiente um die 8000.- Schilling im Monat! – sie war auch nicht unbedingt auf die 1.35V Batterien angewiesen, denn sie besaß neben der Eigenschaft, die Verschlußzeiten von 1/1000 bis 1/2 Sekunde rein mechanisch zu bilden auch einen damals ganz und gar unüblichen Spannungsregler, mit dem sie auch trotz 1.5V Batterien ganz normal und zuverlässig betrieben werden konnte, und heute noch kann. Vom gegenüber ihren Schwestern um Welten empfindlicheren Belichtungsmesser auf Siliziumbasis gar nicht zu reden. Ich besitze heutzutage zwei Exemplare davon und hab eine riesige Freude damit. 028_28A

Zurück zur FTb. Also entweder war ich zu blöd, Saft in die Kamera zu hauchen, oder ich hatte abgelaufene, entleerte Batterien gekauft, oder der Belichtungsmesser war kaputt. Aber egal, was soll´s. Also Verschlußschraube wieder ab, Batterie entfernt und im (milden) Zorn gleich weggeschmissen, dann den Deckel wieder zu und durchgeatmet. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen, fotografieren ohne Belichtungsmesser. Schätzen war angesagt.

Jetzt könnte man sagen, wieso nimmt der Depp nicht die Digiknipse als Belichtungsmesser? 1. weil das nicht in meinem Sinn war und 2. und was noch viel schwerer wiegt! Ich hatte einen Kodak BW400CN in der FTbn, und an der DigiKnipse lässt sich die Filmempfindlichkeit nicht verstellen. Die wird immer automatisch eingestellt, also auch mit Zwischenwerten, die´s an der alten SLR gar nicht gibt! Sonst hätte ich mich ja vielleicht dazu hinreißen lassen, ich gebs zu. *Im Boden versink*

004_6A So, und nachdem ich jetzt die Hosen runtergelassen hab, können wir auch Tacheles reden! Von den 70 Bildern, die ich an diesem Tag geschossen hab, ist kein einziges wegen Belichtungsfehler vermurkst! Na gut, eines. Aber mehr nicht, ich schwöre. Nur damit das gleich klar ist. Ich bin doch kein Stümper! Grrrrrrr…………..
Jetzt, wo ich die Bilder kenne, lässt sich auch leicht reden. Vorher war mir mulmig, das kann ich euch sagen. Und wieso 70 Bilder, wenn ich einen 36 Bilder Film eingelegt hatte? Noch bin ich ja mit der Geschichte nicht am Ende, oder? Aber das wäre um eine ganze Menge mehr Murks gewesen, wenn´s schiefgegangen wäre. Ist aber nicht. 005_7A

Also, nachdem ich die ersten Aufnahmen im Kasten hatte, wuchs meine Zuversicht. Klar, ich konnte das Ergebnis auf keinem Monitor kontrollieren, weil nicht vorhanden. Aber ich glaub, man spürt das, wenn man richtig handelt. Sicher, man kann sich auch irren. Am Tonale-Paß dachte ich letztes Jahr auch bei der Abfahrt, ich mach alles richtig, und dann lag ich plötzlich auf der Fresse. Da unterlief mir auch ein Fehler, oder es ging was schief, wie auch immer. Mit der Canon FTbn ging nichts schief, das weiß ich jetzt. Das Gefühl, gut drauf zu sein, trog nicht.

Unten bei der Eisenbahnbrücke gleich das nächste Bild, und hier wünschte ich mir sehnlich, ein Zug würde kommen. Was weiß ich wie oft ich diese Szene schon fotografiert hab, aber nie mit Zug, immer ohne Nur einmal, mit dem Auto, stand ich dort, und ein Güterzug fuhr über die Brücke. Das war ein schöner Anblick. Nur Fotoapparat hatte ich keinen mit. Bilder rechts oben und links unten: Einmal in Farbe, und einmal s/w eine halbe Stund früher.

031_31A Der nächste wunderschöne Stop ist immer der enge, schluchtähnliche Bereich bei der Anfahrt zum Hengspass. Zum Fotografieren nicht grade recht geeignet, obwohl ungemein attraktiv. Dieser Teil ist so eng und einerseits vom Bach, andererseits von den Felswänden begrenzt, dass man kaum zu einem ordentlichen Fotoschuß kommt. Wo soll man sich hinstellen, damit man eine Wirkung erzielt? Dazu kommt noch das Licht da drinnen. Im engen Schlauch ist es zappenduster, und außerhalb bei Sonnenschein blendend hell. Grade richtig, um alle Belichtungsmesser dieser Welt zum Narren zu halten. Aber das konnte mir ja mangels Strom nicht passieren. Also wieder einfach die gewichtige Erfahrung von 40 Jahren durch den Sucher schauen in die Waagschale geworfen, einen Wert eingestellt, bei dem ich am wenigsten Bauchschmerzen hatte, und was soll ich sagen? Das sind wohl ziemlich die besten Bilder geworden, die ich dort je schaffte! Ich schmeiß gleich morgen alle Batterien und Akkus meiner Kameras weg, ich schaff das auch so. Oder halt, lieber nicht. Dann funzt ja nix mehr, weil das moderne Graffel Strom zum Leben braucht, nicht nur zum Messen! Dann mach ich eben die Augen zu und schau nicht auf die Messwerte. Oder ich schau gar nicht in den Sucher, wie die Lomographen, oder wie die heißen. Einfach draufhalten, „Knips“, und dann warten und staunen, was man fotografiert hat. Aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass mir das zu blöd wäre. 036_36A Bilder der Kröten: Die kleinen Amphibien fühlen sich über und unter Wasser wohl, das sieht man.

In Windischgarsten konnte ich der Versuchung natürlich nicht widerstehen. Ich fuhr in die Ortsmitte und kaufte mir im Gastgarten der Konditorei einen Kaffee, ein Erdbeertörtchen und eine Chreme-Schnitte. Ja mein Gott, ich neige nicht zum Dick werden, ich darf das! Hätte mich die fesche Bedienung gefragt, was ich als nächstes wünsche, hätte ich wohl gesagt, „das trau ich mir nicht zu sagen, ohne den Helm aufzusetzen!“ Boa, ist die fesch.

Nach einem Foto über die Ortschaft hinweg, das ich bei der Ausfahrt zum Pyhrnpass knipste gings ohne weitere Unterbrechung nach Admont, wo ich mir einen weiteren Kaffee nicht verkneifen konnte. Ich kehre fast immer an der Tankstelle ein, vor allem, wenn die süße Bedienung da ist. Ups……….

017_19A Wenn man aus Hall, gleich nach Admont, hinausfährt Richtung Buchauer-Sattel, dann durchfährt man eine scharfe Linkskurve, und falls man dort das Motorrad in die Wiese stellt und sich die Mühe nimmt, abzusteigen und zu schauen, dann kann man einen traumhaften Blick auf den Gesäuse-Eingang genießen. Vor allem bei so einem Wetter, wie ich das vorfand. Wieder mehrere Aufnahmen, und dann weiter zum Abzweig, wo man grade aus auf den Buchauer-Sattel fährt, und rechts zur schmalen Straße abzweigen kann, die zum Eingang des Gesäuse führt. Genau dort bog ich ab. Und nach einem weiteren Foto kam ich ins Reich der Kröten.002_4

Wie oft ich diese Strecke schon fuhr, kann ich nicht sagen. Bei dreiunddreißig Jahren Motorradfahren und pro Jahr einer Fahrt wären das bis jetzt dreiunddreißig Fahrten, wenn ich mich nicht verrechnet hab. Bei fünf Fahrten pro Jahr hundertfünfundsechzig Fahrten und so weiter. Ich bin dort jedenfalls schon so oft gefahren, dass ich mich fast blind fahren traue und trotzdem alleine aufgrund der Unebenheiten wüsste, wo ich mich genau befinde. So ungefähr auf ein paar Meter jedenfalls. Der Krötentümpel war mir allerdings noch nie aufgefallen! Ich fuhr so vor mich (oder sagt man „vor mir?“) dahin und freu mich, dass so ein schöner Tag ist, da sehe ich diesen zauberhaften Ausblick durch die Büsche, übers Wasser auf diese herrliche Landschaft. Ich kenn dort mit Ausnahme des Buchstein und des Admonter-Reichenstein jeden Gipfel auch von oben, aber dieser Ausblick da unten ist ebenfalls traumhaft, das sag ich euch. So oft kann ich dort gar nicht fahren, dass ich nicht immer wieder aufs neue begeistert bin. Ja, begeistert! In solchen Situationen wird mir immer wieder ganz deutlich bewusst, wie wunderschön meine Heimat ist, wie gerne ich hier lebe. Auch wenn es anderswo ebenfalls schön ist, sogar wunderschön, mit diesem Österreich möchte ich nichts in der Welt eintauschen.

003_5 Ich stieg ab, nahm die FTbn aus dem Tankrucksack und fotografierte. Ganz langsam, bedächtig wählte ich den Bildausschnitt, wählte die Belichtung, und dann „KLICK“, dieser schöne Klang des mechanischen Verschlusses. Alte Kameras sind nicht nur optisch schön, sie sind auch zuweilen ein Ohrenschmaus. Der Klang des Verschlusses ist es auch, der mich die Canon EOS 60D der EOS 600D vorziehen lässt, so komisch das auch sein mag. Der Auslöser der 600D klingt immer so, als würde die Kamera auseinander fallen, der der 60D ist dem Klang der alten Kameras recht ähnlich und beleidigt die Ohren nicht. 004_6

Und für die Banausen hinter ihren Knipsen sei gesagt: NEIN, der Klang dieser Verschlüsse wird nicht elektronisch hergestellt. Das ist kein virtueller Firlefanz wie das Klicken des gar nicht vorhandenen Blinker-Relais moderner Autos. Auch diese Kameras haben bloß einen Schlitzverschluß, genau wie die 40 Jahre alte FTb, nur eben elektronisch gesteuert und somit bei Bedarf ungemein schnell. Ich sag das nur, weil ich vor kurzem Zeuge eines Gesprächs wurde, bei dessen Verlauf ich fast abgebrochen bin vor lachen. Es gibt allerdings Kameras, die haben auch keinen echten, mechanischen Verschluß mehr. Ob da auch was KLICK macht, weiß ich nicht. Bild unten: Die Voralpe bei Promau

006_8 Beim Blick über den Tümpel sind sie mir dann aufgefallen, die Kröten. So viele Kröten sah ich noch nie auf einen Haufen. Mein Gott, sind die süß. Ich tastete mich auf den ziemlich verrotteten Steg hinaus, setzte mich und fotografierte. Sind die putzig! Aber nach dem dritten Bild war die Idylle plötzlich zu Ende. Der Film war voll! „So ein Mist“, durchfuhr es mich. Was nun? Ach ja, was ich noch erwähnen sollte, in der Digitalknipse war seit dem Phyrnpass der Strom ausgegangen. Also nix mehr mit fotografieren.008_10

Dann ein rascher Entschluss. Ich ging zum Motorrad, packte die Kamera in den Tankrucksack, setzte den Helm auf die Rübe, umgedreht, und zurück nach Admont. Ich fand einen Laden, der Analogfilme führt, packte zwei 24 Bilder Farbfilme in die Tasche, und kehrte zurück zu den Kröten in ihr paradiesisches Reich. Und dann setzte ich mich zu ihnen auf den Steg, fotografierte und schaute ihnen zu. So muß sich Gott am Freitag gefühlt haben, bevor er den Menschen und damit das Chaos erschuf.

010_12 Der restliche Verlauf dieser Fahrt ist eigentlich nach den Erlebnissen bei den Kröten kaum mehr erwähnenswert. Über Landl und Palfau führte mich der Weg zurück zum Abzweig in den Sandgraben, den ich durchquerte und so meinen Weg nach Hollenstein fand. Unweit der Ortsausfahrt sah ich einen Fischreiher am Ufer der Ybbs sitzen, aber als ich abstieg, die Kamera auspackte, dass 70-210mm Objektiv draufschnallte und mich der Böschung näherte, sah ich einen aufsteigenden Reiher abzischen und war natürlich überzeugt, das wäre „meiner“. So ließ ich jede Vorsicht fallen und latschte lautstark zur Böschung. Wer mehr erschrocken war, ich oder der noch immer dort stehende Fischreiher, sei dahingestellt, jedenfalls zischte er ab wie bei einem militärischen Alarmstart und ich erwischte seinen Arsch grade noch von weitem, als kleiner verschwommener Fleck am Foto zu sehen. Natürlich waren 210mm viel zu kurz. Aber egal. Ein altes Sprichwort in der Naturfotografie sagt: „Egal, wie lange dein montiertes Rohr ist, es wird um 100mm zu kurz sein“. In vielen Fällen kann man damit leben, in einigen nicht. Dieser war so einer, das Bild taugt nur für den Mistkübel. Dafür fand ich am Ufer der Ybbs ein paar schöne Blumen, die nicht abhauten, und eine Raupe, die es auch nicht sonderlich eilig zu haben schien, die mussten dann als Ersatz herhalten. Was mich ebenfalls freute.

Zu guter letzt verrate ich euch noch was. Der Belichtungsmesser der FTbn rührt sich doch. Nein, ich hab nix repariert. War ja auch gar nichts kaputt. Ich hab den Hauptschalter der Kamera gefunden.

Ps.: Und genau das ist im Moment die Art, wie ich meine Freizeit am liebsten verbringe. Ein Motorrad, Benzin im Tank, eine alte Kamera mit Film und etwas Zeit. Mehr braucht´s nicht zum Glücklich sein. Ich werd´ in Zukunft immer weider einmal so eine Geschichte bringen, wo eine meiner alten Kameras eine tragende Rolle spielt. Alte Kameras und eine schöne, gemütliche Motorradtour passen einfach gut zusammen.

PPs.: Alle Fotos auf dieser Seite stammen, mit Ausnahme dem ganz oben links, aus der Canon FTbn und wurden gleich nach dem Entwickeln bei ColorDrack vom Negativ gescannt. Es kann schon einmal passieren, dass der Scann weit nicht so gut ist wie das originale Bild, aber da kann weder die Kamera noch der Film was dafür. Scanner sind auch nur Menschen.
Ach ja, und noch was. Wieso steht da meistens FTbn? Also wieso ist da ein kleines n angehängt? Weil´s auch eine FTb gibt. Die ist um 2 Jahre älter und ein kleines Bisschen (aber wirklich nur ein kleines Bisschen!) anders. Ich hab auch die. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

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