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12. Februar 2016

Uhren aus Peking – Beijing Beihai Ltd. und Zhufeng II

Filed under: صنع في الصين - anihC ni edaM — Benzin @ 18:50
Beijing Beihai 50th Anniversary 1958 – 2008 Limited Edition

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, nicht wahr? Wer kennt das nicht? Wahl zur Schönheitskönigin. Wahl zum Adonis des Jahres. Was auch immer. Miss Austria, Miss Germany, Miss World, Miss oder Mister Universum, die schönste Frau, der tollste Mann der Welt. Man schaut das Foto an, nickt und blättert weiter. Plötzlich hält man inne, starrt gebannt auf das Bild. Das Herz pocht bis zum Hals, der Blutdruck steigt, die Luft wird knapp. Was ist passiert? Auf Seite irgendwas ist ein Mädl abgebildet, deren Anblick einem den Atem raubt. Keine Schönheitskönigin, keine Miss irgendwas, ein Mädl aus einem unbekannten Dorf. “DIE ist die schönste auf der Welt!” denkt man sich heimlich und hofft, dass nicht gerade jetzt die Alte (ja, ja, ich bin ein Mann……) über die Schulter schaut. Guggen wird man ja noch dürfen, oder? Schnell blättert man weiter, aber der Anblick dieser Schönheit bleibt noch im Gedächtnis, wenn man Miss World längst vergessen hat.

my_chinese_watchblog_beihai_ltd_002Ja, Schönheit ist nicht genormt. Da gibt’s keine Schablone. Schönheit soll zwar angeblich, bei technischen Produkten wenigstens, planbar sein, aber ob etwas tatsächlich als schön befunden wird, hängt von vielen, vielen Faktoren ab. Vor allem von dem, der schaut. Was mir gefällt, kann bald jemandem gefallen, ich kann aber mit meiner Ansicht von Schönheit auch sehr alleine sein. Das macht nichts. Dadurch wird die Welt nicht langweilig, und dadurch bekommt auch jeder etwas. Vielleicht sogar jeder etwas anderes. Und jetzt zu dieser Uhr, die nicht jedem gefallen muß.

Ich hab ja schon immer was auf schöne Uhren gehalten. Ich kann mich nicht erinnern, jemals nur einfach so eine Uhr gekauft zu haben, damit ich weiß, wie spät es ist. Mir lag immer sehr viel daran, dass sie auch gefällig aussah. Aber selbst meine teuerste Uhr, der Tag Heuer 6000 Chronometer, war nicht Liebe auf den ersten Blick. Sie hat mir gefallen, keine Frage. Sonst wäre sie gar nicht in Betracht gekommen. Bis zum tatsächlichen Kauf war das aber eine längere Prozedur. Ich überlegte mir recht genau, was ich da kaufe. Nicht nur wegen des Preises. Ich hatte damals gar kein Interesse dran, noch eine Uhr und noch eine Uhr zu kaufen. Eine genügt, sagte ich mir. Eine, dafür die Richtige. Das war sie damals, und ich liebe sie noch heute. Die Uhr, bei der es einfach PENG machte – “Muß ich haben!” –  war sie nicht.

PENG, machte es, als ich diese Beijing Beihai Ltd. sah. Das Herz schlug bis zum Hals, die Luft wurde knapp, ich wurde von einer Sekunde auf die andere nervös. Ich kenn dieses Gefühl sehr gut. Mein erstes Motorrad hab ich wegen diesem Gefühl ge- und verkauft. Der Auslöser für den Verkauf war eine Silber Metallic farbene Alfetta GTV 2.0 mit schwarzen Ledersitzen. PENG, und ich hatte keinen Bock mehr auf meine Honda CB750Four, die bis dahin mein Traum war. Diesen Alfa wollte ich haben. Ich hab ihn auch gekauft, und ich hab es nie bereut. PENG machte es auch, als mir ein rothaariges Mädchen nachlief. Ich hätte nie gedacht, dass die mich mag. Ich hab sie auch bekommen, aber ich Trottel hab sie wieder stehen gelassen. Das hab ich bereut. Aber das Leben geht weiter. Und ein paar Jahrzehnte später machte es wieder einmal PENG. Das war diese Uhr. Natürlich hab ich sie gekauft.my_chinese_watchblog_beihai_ltd_003

Der Name Beihai bezieht sich auf den nördlichen See in Peking, hab ich irgendwo gelesen. Dort war ich schon einmal. Den Beihai-Park und den Beihai-See hab ich schon einmal gesehen, und zwar im Zuge meiner Reise durch China vor 18 Jahren. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Ich hab keine Ahnung, welche Kriterien bei der Namensgebung dieser Uhr ausschlaggebend waren, aber wenn sie der Uhr nur einen Namen einer schönen Landschaft in Peking, dem Sitz der Firma, geben wollten, haben sie genau den richtigen gewählt. Manchmal wussten die chinesischen Kaiser wirklich, was schön ist. Manchmal aber auch nicht. Parks oder Gärten können die Chinesen jedenfalls auf eine Art anlegen, das können höchstens noch die Japaner. Sonst niemand. Ob es irgendwie zusammenhängt, dass man besonders kunstvolle, verschnörkelte Gärten anlegt, wenn man eine besonders verschnörkelte Schrift schreibt? Irgendwie ist es aber schon verdächtig, dass ausgerechnet die Chinesen und Japaner so schreiben und solche Gärten und Parks anlegen. Im Vergleich zu diesen prachtvollen Parkanlagen schaut der Park im Schloß Schönbrunn in Wien eher so aus, als hätte Franz Josef dort Kartoffel und Gurken angebaut. Nein. War nur Spaß. Schönbrunn ist auch schön. Aber ganz anders.

An dieser Uhr stimmt einfach alles. Es spielt dabei keine Rolle, wer sie baut. Es spielt auch keine Rolle, aus welchem Land sie kommt. Und schon gar keine Rolle spielt es dabei, was sie kostet. Die Beijing Beihai Ltd ist eine der schönsten Uhren, die ich je gesehen hab. Wenn nicht DIE Schönste. Ich kann nicht beschreiben, was mich daran dermaßen fasziniert. Es ist einfach alles stimmig! Ich konnte auch nie sagen, was mich am Alfa so fasziniert hat, dass ich dafür mein über alles geliebte Motorrad verkaufte. Beides zusammen ging damals nicht, also zog das Motorrad den Kürzeren. Wie gesagt, ich hab es nie bereut. Das Ding fuhr sich wie ein Kart.

my_chinese_watchblog_beihai_ltd_001Bei dieser Uhr was das einfacher. Ich mußte dafür nichts verkaufen. Erstens hab ich heute etwas mehr Geld als damals, und zweitens, so teuer ist die gar nicht. Sie ist ja aus China, und nicht aus der Schweiz. Wie wir wissen, lebt der gemeine Chinese ja von einer Hand voll Reis am Tag. Ok. Heute nicht mehr. Und für diesen Preis könnte man sich auch schon etwas mehr als eine Hand voll Reis kaufen. Ich kenn die Reispreise jetzt nicht auswendig, drum hab ich grade gegoogelt. Je nach Geschäft und Packungsgröße gehen sich zwischen 260 und 1200 Packungen Reis aus. Österreichische Preise wohlgemerkt. In China ist das vielleicht eine ganze LKW Ladung Reis. Drum hab ich mir lieber diese Uhr gekauft. Ich esse zwar sehr gerne Reis, aber was mach ich mit so viel? In den Garten kippen? Außerdem hätte auch kein Chinese eine LKW Ladung Reis statt der Uhr gekauft. Vielleicht nicht einmal diese Uhr. Die kaufen heute lieber Schweizer oder Japanische Uhren, und wenn sie genug Geld haben, am liebsten Rolex. Ich persönlich würde mir für den Preis einer Rolex lieber einen ganzen Haufen günstigerer, schöner Uhren kaufen. Zum Beispiel von der Beijing Watch Facroty. Die tollsten Uhren dieser Firma, die mit Email-Ziffernblatt und komplexen Tourbillon Werken, kosten aber zumindest genau so viel wie eine Rolex. Oder mehr. Die Welt ist soooo ungerecht.

Nein. Quatsch. Ich bin froh, in dieser Ecke der Weltkugel geboren und aufgewachsen zu sein. Es gibt absolut keinen Grund, unzufrieden zu sein. Hier kann man wirklich noch seines eigenen Glückes Schmidt sein. “Jeder soll nach seiner Fasson selig werden”, soll schon der Preußenkönig Friedrich II gesagt haben. Genau das versuch ich. Mit Erfolg. Und außerdem muß man nicht alles haben. Ich glaub auch gar nicht, dass es glücklicher macht, alles haben zu können. Wovon sollte man dann noch träumen?my_chinese_watchblog_beihai_ltd_004

Diese auf 2008 Stück limitierte Uhr gibt’s es bis dato in zwei Versionen. Das ist deshalb möglich, weil die BWAF nicht die gesamte Serie auf einmal baute, sondern je nach Nachfrage kleinere Serien auflegt. Dadurch können im Laufe der Zeit Verbesserungen einfließen, dadurch ergibt sich aber auch, dass innerhalb der Serie Unterschiede bestehen. Dass freut vielleicht die zukünftigen Sammler. Die Urversion sah geringfügig anders aus. Vor allem unterscheiden sie sich durch das neue Uhrwerk. Wie der Vorgänger ist auch dies ein Handaufzugkaliber, das neue B18 besitzt im Gegensatz zum Vorgänger SB18 jedoch auch eine Datumsfunktion. Die man verwenden kann, oder auch nicht. Bei dieser limitierten Beihai wird sie nicht verwendet. Man braucht aber für ein Datum kein eigenes Uhrwerk mehr, man kann ein und das selbe verwenden. Ist bei den eher kleinen Stückzahlen der Pekinger Uhrenfabrik vielleicht gar nicht so unwesentlich.

my_chinese_watchblog_beihai_ltd_zhufeng_01Der für mich persönlich interessanteste Unterschied ist die fehlende englische Aufschrift der Originalversion. Bei der Erstversion stand am Ziffernblatt unter dem stilisierten Tiān’ānmén  “Beijing Watch” drauf. Bei den neuen Modellen, und zwar nicht nur bei der Beihai, sondern bei allen neuen Modellen der BWAF, sind an derselben Stelle chinesische Schriftzeichen zu finden, die vermutlich das gleiche bedeuten, aber wesentlich besser aussehen. Es schaut einfach chinesischer aus. Hierbei handelt es sich ja nicht um einen “China-Kracher”. Dies ist kein von billigen Arbeitskräften zusammengeschusterter Schrottwecker. Die ist eine wunderschön gefertigte Uhr einer chinesischen Manufaktur, und da kann man, verdammt noch einmal, als Chinese auch stolz drauf sein! Und das kann man durch chinesische Schriftzeichen auch zeigen! Für so ein wunderbares Produkt ist es auch keine Schande, wenn “China Made” drauf steht. Ein chinesischer Uhrmacher ist nicht zwangsweise ein schlechterer Uhrmacher! Es gab auch einmal eine Zeit, als Honda, Kawasaki, Suzuki und Yamaha ausgelacht wurden. Die, die am lautesten lachten, gibt’s heute nicht mehr oder nur mehr in stark verkleinerter, unbedeutenderer Form. Heute lacht keiner mehr. Es gibt auch in China Hersteller, über die man nicht lachen sollte. Es wäre vielleicht besser, sie sehr ernst zu nehmen, sonst erstickt man früher oder später an der eigenen Selbstgefälligkeit, wie das zahllosen europäischen Motorradherstellern gegangen ist. Natürlich gibt es auch Schrott aus China. Nicht einmal selten. Nicht selten steht heute aber ein europäischer Name drauf.

Beijing Zhufeng II

Zhūmùlǎngmǎ Fēng ist der chinesische Name des höchsten Berges der Welt, des Mount Everest. Es ist (lt. Wikipedia) die phonetische Widergabe des tibetanischen Namens Qomolangma, “Mutter des Universums”. Zhufeng ist die Abkürzung. Was für ein Name für eine Uhr! Der höchste Berg der Erde! Nach offizieller chinesischer Auffassung ist das auch legitim. Der Everest steht auf chinesischem Gebiet. Egal, wie das der Rest der Welt sieht. Manche Europäer sehen das zwar ganz anders, aber das liegt vermutlich auch nur im Auge des Betrachters. Die meinen, China hätte Tibet und Nepal besetzt. Das gehörte nie zu China. Die chinesische Kultur ist allerdings rund 4000 Jahre alt. Da sind die Germanen noch im Neandertal herum geirrt und die Vorfahren der heutigen Amis lebten noch auf den Bäumen Europas, etwas spitz formuliert. In diesem Zusammenhang frag ich mich, wie es Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts zum sogenannten “Boxeraufstand” kam? Was hatten die alle in China zu suchen? Noch dazu bewaffnet. Urlaub wird das ja wohl nicht gewesen sein? Soviel zu Ansichten in Sachen Weltpolitik. Und nun wieder zu Uhren.my_chinese_watchblog_beijing_zhufeng_2_003

Ich gestehe, die Zhufeng war nicht Liebe auf den ersten Blick. Sie hat mir gefallen, aber das Gefühl “Will ich haben” begann sich erst nach und nach zu regen. Ausschlaggebend dafür war wohl die Beihai. Die Everest ist ihr nicht unähnlich, aber doch irgendwie ganz anders. Reden wir einmal über die Gemeinsamkeiten. Der Durchmesser ist etwa gleich. Ich hab nicht nachgemessen, aber wenn ich sie nebeneinander halte, sind sie gleich groß. In beiden werkelt auch das gleiche Uhrwerk, das B18 Handaufzugkaliber. Hier zeigt sich auch der erste große Unterschied. Die Everest hat ein Datumfenster, die Beihai hat keines. Wir erinnern uns, das B18 ist ein datumfähiges Kaliber. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass die Beihai kein Datumfenster hat. Es gibt eine unlimitierte Ausführung mit Datum, wie es auch eine Ausführung mit Automatikwerk mit Datum gibt. Ohne Datum gefällt sie mir aber wesentlich besser. Seltsamerweise stört es mich an der Everest nicht wirklich. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit sind es einfach zwei total unterschiedliche Uhren. Die Urausführung besaß kein Datum. Das war mit dem SB18 Kaliber auch gar nicht möglich.

my_chinese_watchblog_beijing_zhufeng_2_002Ein großer, und auch in gewisser Hinsicht irreführender Unterschied besteht an der Rückseite der Uhr. Die Rückseite der Beihai ist am Rand nur etwas abgeschrägt, ansonsten schmiegt sich der Glasboden eng und eben über die gesamte Fläche der Rückseite ans Uhrwerk. Der Glasboden ist also nicht einfach nur drauf geschraubt, wie bei anderen Uhren, er ist integraler Bestandteil der Konstruktion und gibt den Blick absolut unverzerrt auf das gesamte Werk frei. Das ist auch bei der Everest so, nur ist die Rückseite der Everest nicht komplett flach, wie bei der Beihai. Beide Uhren sind um einiges größer als das Uhrwerk, beide Uhren sind, nachgemessen, 10mm dick. Die Everest schaut wesentlich dicker aus! Bei der Everest besitzt nämlich nur der obere Teil, ich würde sagen, die obere Hälfte, der Uhr den großen Durchmesser des Ziffernblattes. Die unteren 5mm sind auf den Durchmesser des Uhrwerkes verengt, womit sich ein Absatz ergibt, der, zufällig oder gewollt, das Aufziehen der Uhr erleichtert. Wobei man hier anmerken muß, dass sich die Beihai aufgrund der größeren Zwiebelkrone genau so einfach aufziehen lässt. Die Everest besitzt diese Krone aber nicht. Braucht sie auch nicht.my_chinese_watchblog_beijing_zhufeng_2_007

Die Ur-Everest wurde mit einem Lederband mit Faltschließe ausgeliefert, die Everest II kommt mit einem feingliedrigen Stahlband mit der selben Faltschließe, mit der auch das Band der ZunDa ausgestattet ist, die ich vielleicht ein anderes Mal gesondert vorstelle. Funktionell wie optisch gibt’s da nichts auszusetzen. Selbstverständlich befindet sich, wie auf der Aufzugskrone, auch auf der Faltschließe das Markenzeichen der Firma, das stilisierte Tor zum himmlischen Frieden. Das Uhrband lässt sich unter Zuhilfenahme einfacher Werkzeuge, sofern man nicht zehn Daumen besitzt, auch leicht selbst auf die passende Länge kürzen. Dazu braucht man keinen Uhrmacher.

Das hochglanzpolierte Stahlband ist Geschmackssache. Ich finde, es passt ganz gut zur Everest. Wer gerne Milanaise Bänder trägt, dem wird auch dieses Band gefallen. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich es nicht eines Tages gegen ein Lederband tausche, wenn mir das richtige über den Weg läuft. Ich glaub, es täte der ganzen Uhr gut, wenn das Band nicht gar so glänzt. Auf Bildern hab ich sie mit einem Python Band gesehen, da läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Andererseits weiß ich nicht, wie man zur Haut eines Python kommt, um daraus ein Uhrband zu machen. Wenn das nur die Überreste vom Häuten sind, macht das nichts. Wenn deswegen eine Schlange dran glauben müsste, würde mir das sehr viel ausmachen. So viel, dass ich verzichte. Ich liebe Schlangen. Vor allem Python. Ich hatte schon eine in der Hand. Toll, kann ich nur sagen. Fühlt sich noch toller an, als die Everest mit Python Band, da bin ich sicher.

Einen schönen Tag noch………………..

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