“Was mach ma den? Geh ma Schwammerl suchen und kochen wir was gutes oder geh ma aufn Prochenberg? Vielleicht find ma ja auch dort Schwammerl, dann hama glei was zum Essen”. So ungefähr entstand die Idee für unsere erste Besteigung des Ybbsitzer Hausberges. Ich war im Frühling 1979 zum ersten Mal mit einem Motorrad (mit meiner Honda CB750Four) bei der Motorradausstellung der Fa. Lietz in Ybbsitz. Damals gab es weit und breit keinen anderen Kawasaki Händler als Lietz in Ybbsitz. Klar gab es noch den Schwandl in Amstetten oder den Grell in Grein an der Donau, aber das waren Honda Händler. Kawasaki war damals mit der Z650 und Z1000 der große Renner. Natürlich fährt man bei der An- wie bei der Abreise am Prochenberg vorbei. Seit damals bin ich, also in den letzten 43 Jahren, hunderte Male am Prochenberg vorbei gefahren oder ich hab ihn aus der Nähe oder Ferne gesehen. Der Aussichtsturm ist sein Wahrzeichen, weithin sichtbar. Nur oben war ich noch nie. Und das nervt mit der Zeit. Ging mir damals, vor x- Jahren mit dem Lugauer und anderen Bergen genau so. Du fährst ständig dran vorbei, warst aber nie oben. Das kann nicht sein und darum sind wir am Dienstag, dem 27. September 2022 zum ersten Mal dem Prochenberg in Ybbsitz auf’s Dach gestiegen. Fast hätte ich ja gesagt, ich bin seit 62 Jahren am Prochenberg vorbei gefahren, aber das weiß ich nicht mit Sicherheit, weil meine Mama nie erzählt hat, ob sie auch während der Schwangerschaft mit dem Papa am Motorrad mitgefahren ist. Die sind damals ja auch überall herum gedüst und waren sicher auch einmal in Ybbsitz. Obwohl sie eigentlich aus dem Waldviertel stammen. Aber wie waren am Ötscher, wieso nicht auch in Ybbsitz?
10:37 Uhr. Parkplatz beim Hof Haselsteiner. Ich hab ja schon bei den letzten beiden Touren gesagt, daß wir grade eine Schlechtwetterperiode haben mit niedrigen Temperaturen und viel Regen. Die 2000er Bergl sind alle weiß. Dieses Kackwetter hält noch immer an, was uns nicht hindert, unterwegs zu sein. Volle Regenmontur, Rucksack regendicht verpackt am Rücken, Eddie an der Leine. Es kann los gehen.
Der Haselsteiner Hof ist ein sehr schöner Hof. Wie große das hier wirklich ist, sieht man später am besten von oben.
Wirklich dreckig ist es trotz dieses Wetters nur ganz am Anfang für ein paar Meter auf diesem Kuhsteig, der dann in einen schönen Feldweg übergeht. Der schlimmste Dreck wird durch ein paar Holzbretter gemildert.
Gleich hinterm Haselsteiner Hof sehen wir die Haselsteinwand (904m), auf der das Heimkehrerkreuz steht.
Wunderschön weich geht es sich in dieser Wiese. Es nieselt ganz leicht.
Der Feldweg geht in eine alte Forststraße über, von der nur mehr ein Steig übrig ist. Der Rest ist verwachsen oder im verwachsen begriffen.
Hier zweigt, gut beschildert, der nasse, steinige Steig ab, dem wir folgen wollen.
Erste schöne Ausblicke tun sich auf.
11:25 Uhr. Wir sind (fast) beim Heimkehrerkreuz auf der Haselsteinwand.
Links der Prochenberg, rechts die Rückseite der Haselsteinwand.
Glei hamas. Eddie ist schon wieder ganz nervös.
Haufenweise gibt es in Österreich, praktisch in jeder größeren Ortschaft, solche Gedenkstätten an die Gefallenen und Vermissten beider Weltkriege. Vielleicht sollte man unsere Politiker, wenn nötig mit Gewalt, zu diesen Gedenkstätten schleppen, bevor die Kriegsgeilheit wieder um sich greift?
Unter uns der Haselsteiner Hof, der der Wand ihren Namen gibt. Links ist Ybbsitz zu sehen. Angeblich, wir haben nicht nachgeschaut (warum eigentlich nicht? Ach ja, wegen dem Wetter), gibt es genau unter dieser Wand einen Festplatz, auf dem tatsächlich jedes Jahr ein Fest veranstaltet wird. Ach ja, es hat schon aufgehört zu regnen.
Recht viel Platz ist hier nicht, wie man sieht.
Weiter geht es vom Waldrand da unten über die Weide (Kühe, Kälber und Stiere! Ich trag Eddie sicherheitshalber, man weiß ja nie) zum Wald und über einen steinigen, nassen Steig weiter aufwärts.
Hier muß man bei Nässe aufpassen, wo man hin steigt, weil das ist rutschig.
Nachdem wir noch nie hier waren, wissen wir nicht, wie weit es noch bis hinauf ist. Ab hier ist das nur mehr ein Stück und man könnte auch ganz einfach auf dieser Schotterstraße bis zur Prochenberghütte gehen. Wir nehmen aber einen unbezeichneten Steig durch den Wald. So lange es bergauf geht, kann nicht viel falsch sein.
Hier zeichnet sich schon ab, daß nicht mehr viel Berg über uns sein kann.
12:18 Uhr. Der Aussichtsturm am Prochenberg 1123m.
Diese Inschrift war für mich sehr erhellend. Die Welser Werke in Gresten und Ybbsitz sind mir ein Begriff, aber ich dachte, irgendwo gelesen zu haben, daß die Familie Welser aus Deutschland stammt. Dabei sind das waschechte Waidhofner! Solche Familien wie die Familie Welser brauchst du, um ein Land groß und wohlhabend zu machen. Und Politiker, wie wir sie grade jetzt haben, brauchst du, um dann alles wieder zu ruinieren und die Bevölkerung arm zu machen. Politiker bauen nicht, weil sie es nicht können. Aber sie zerstören, weil das können sie! Das ist das Einzige überhaupt, was sie können!
Die Prochenberghütte ist die älteste Alpenvereinshütte von Niederösterreich und wurde am 16. 7. 1888 eröffnet.
Wir legen die Rucksäcke im Winterraum ab, ziehen uns trockene Sachen an und dann geh ich mit den Kindern spielen.
Nachdem sich der große Fratz ausgetobt hat, gehen wir zum Kreuzkogel, wo das Gipfelkreuz steht. Dieser Kreuzkogel war noch vor einigen Jahren total verwachsen ohne Ausblick, hab ich gelesen. Heute steht hier kein Baum mehr und man hat einen tollen Ausblick.
Rückblick zum echten Gipfel, wo der Aussichtsturm steht.
Rawuzel was here. Es folgt eine 360° Schau.
Und dann schreiten wir zur Krönung des Tages.
Wir sind wieder zurück bei der Hütte. Im Winterraum (unversperrt) liegt noch unser Zeugs, daß wir jetzt wieder holen. Jetzt steigen wir noch auf den Aussichtsturm.
Jeder, der was auf sich hält, zeigt genau dieses Bild vom Prochenberg als Beweis, daß er am Turm war. Also, ja, wenn das so ist, dann hier mein Beweisfoto.
Das ist etwas, was man vom Kreuzkogel aus nicht sehen kann, weil der bewaldete Prochenberg dazwischen ist. Genau gegenüber von uns in Bildmitte ist das westliche Ende des Schwarzenberg bei Gresten, den wir am 20. September umrundet und überschritten haben.
Wir sind schon wieder nach unten unterwegs und finden diesen Pilz. Wie der heißt, hab ich vergessen, aber angeblich ist er ungenießbar und schmeckt wie eine Schuhsohle. Oder so irgendwie. Wobei ich mich frag, woher jemand weiß, wie eine Schuhsohle schmeckt?
Auf dieser Felskanzel waren wir im Aufstieg nicht oben. Ergo müssen wir das nachholen. Ich: “Müssen wir auch da oben gewesen sein?” Sonja: “Ja!” Recht hat sie. Wir würden uns nur ärgern, wenn nicht.
Blick an der nördlichen Flanke des Prochenberg vorbei nach Ybbsitz
Haselsteinwand und Haselsteiner Hof auf einen Blick. Auf die Haselsteinwand werden wir beim Abstieg nicht noch einmal steigen, weil es schon wieder nach Regen ausschaut und wir eh schon naß genug sind.
Wir sind wieder bei der Almwiese, wo die Kühe, Kälber und Stiere stehen. Die schwarze Madam da schaut zwar böse, rührt sich aber nicht von der Stelle. Ich hab Eddie hochgenommen und trag ihn unterm linken Arm.
Zwei Kühe und ein riesiger Stier, weiter am Rand (nicht im Bild) Kälber. Und genau hier, neben dem Stier, rutsch ich aus und mich hauts auf den Arsch, daß der Dreck nur so spritzt. Ich weiß ja nicht, ob es wahr ist, weil ich war ja damit beschäftigt, mich aufzurappeln und dabei Eddie nicht zu verlieren, den ich noch immer am Arm hielt (und der nicht den leisesten Muxer machte!), aber Sonja hat gesagt, der Stier hat geschmunzelt, als hätte er sich gedacht “So a Dotsch!” Jedenfalls haben die sich nicht bewegt, als ich hingefallen bin. Das wäre wohl unter ihrer Würde gewesen.
Das war dann schon nach meinem “Umfall” und Eddie lief wieder aus eigener Kraft. Um uns hat sich keiner gekümmert.
14:25 Uhr. Nach nicht einmal vier Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt. Hinterm Haselsteiner Hof türmt sich die Haselsteinwand auf und es regnet wieder, wie am Anfang der Tour.
Am Ausgang von Ybbsitz fällt mir noch diese Skulptur auf, die auf der alten Bahntrasse der Schmalspurbahn Waidhofen – Ybbsitz steht, die es, wie die Schmalspurbahn nach Lunz, ebenfalls nicht mehr gibt.
Zum Schluß dieser Tour muß ich noch ein Fazit ziehen. Als wir beim Auto zurück waren, waren wir beide an den Oberschenkeln, an den Unterschenkeln und am Gesäß naß. Und das, trotzdem wir beide Regenhosen angezogen hatten, die man auch zum Motorradfahren trägt. Ironischerweise haben beide Hosen mir gehört, weil Sonja die ihre daheim vergessen hatte. Ich hab ja mehrere. Gehabt. Gehabt deshalb, weil ich nach der Heimkehr gleich beide Hosen in der Mülltonne entsorgt hab. Eine Regenhose, bei der man im Regen pitschnass wird ist genau so sinnvoll wie eine Brille, mit der man nichts sieht! Ich hab ja noch eine dreilagige aus GoreTex, die taugt auch was. Allerdings haut es einen damit bei Plustemperaturen schnell aus den Socken. Die sind eigentlich für den massiven Wintereinsatz gedacht. Mal sehen, wie sich das weiter entwickelt.