Amstetten – Bachlerhof – Biberbach – Seitenstetten – St.Michael am Bruckbach – Urltalstraße – Tiefenbach – Monumentstraße – Monument der Kaiser Franz Josef Straße – Ramingtal – Kleinraming – Ulrichstraße – Kiernbergstraße – Ennsbrücke Garsten – Klosterstraße – Höllestraße – Hölle – Aschach an der Steyr – Ennskraftwerk Rosenau – B115 – Mühlbachgraben – Mühlbach – Oberdambachstraße – Laussa – Windpark Plattenberg – Wiesenbauergütl – Neustiferstraße – Großau – Ortmühle – St.Georgenstraße – Ertlstraße – St.Georgen in der Klaus – Kematen an der Ybbs. Amstetten
Streckenlänge: rund 150km
Also, ehrlich gesagt, die Rekonstruktion dieser Strecke war jetzt weit schwieriger, als sie zu fahren. Ich kannte diese Strecke zwar zum größten Teil, fuhr sie aber am Samstag zum ersten Mal in einer zusammenhängenden Runde und mit dem Navi zur Kontrolle, weil ein paar blöde Stellen dabei sind, bei denen man sich keinen Schnitzer leisten sollte. Sonst landet man schnell in einem falschen Tal und muß umdrehen, oder man fährt in die falsche Richtung. Geplant war diese Tour nur zum Teil, nämlich der Teil bis Aschach an der Steyr. Der Rest ergab sich durch Improvisation, weil es ab Aschach nur mehr neblig und sehr kalt war. Genau das wollte ich mir ersparen. Aber eigentlich war die ganze Tour Zufall. Ich hätte nämlich gar nicht gedacht, dass man im November noch Motorrad fahren kann.
Im Oktober hatte ich mit den FZRs, der Guzzi und der XJR noch einige Runden gedreht und war jedes Mal der Meinung, diese könnte die letzte Tour des Jahres gewesen sein. Das Glück wollte es, dass der folgende und auch der darauf folgende Tag wieder schön war. Politisch ganz unkorrekt nennt sich das noch immer Altweiber Sommer. Auch am 26. Oktober, dem Nationalfeiertag, war das Wetter schön. Da war aber wegen eines Verwandten-Treffens im Waldviertel an Motorradfahren nicht zu denken. Dann ging’s Wettermäßig bergab und wir drehten daheim die Heizung auf. Es war naß und kalt und ich las lieber ein paar Bücher. Ich tu mir das nicht mehr an. Es wurde so kalt, dass die Vermutung nahe lag, es kommt der Winter. Fast wollte man meinen, man könne den Schnee schon riechen.
Zu meinem Erstaunen war’s am 2. November wieder schön und ich drehte wieder eine kleine Runde um den Sonntagberg. Am 3. war es noch schöner und meine Runde wurde mit 100km etwas länger. Als am 4. wieder die Sonne schien, beschloss ich nach der Morgenrunde mit Eddie, eine größere Runde zu drehen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das könne jetzt aber wirklich die letzte Runde des Jahres sein.
Um 9 Uhr hatte ich das Leder an, die XJR war startklar, es konnte los gehen. Warme Unterwäsche war trotz Sonnenschein von Vorteil, denn mehr als 6C° zeigte das Thermometer nicht an. Aber es würde wärmer werden, davon war ich überzeugt. Außerdem hatte ich ja auch noch die Heizgriffe. Zuerst tanken, dann zum Bachler, einen Kaffee trinken, und dann ging’s wirklich los. Über Biberbach nach Seitenstetten, dann hoch nach St.Michael am Bruckbach und gleich wieder runter ins Urltal und nach Tiefenbach. Die Strecke kenn ich wie meine Hosentasche, noch dazu, wo ich dieses Teilstück sogar am Vortag schon gefahren war. Die Aussicht ist schön, wenig Dreck auf der Straße, was will man mehr?
In Tiefenbach zweigt die Monumentstraße ab und führt auf eine Anhöhe zum Denkmal der Kaiser Franz Josef Straße, die hier von 1897 bis 1901 errichtet wurde. Das war die Zeit, wo meine Oma mütterlicherseits zur Welt kam. Wenn ich dort hin komm, bleib ich immer stehen, zünde mir eine Zigarette an, geh ein Stück eines Güterweges hoch, damit ich die Gegend besser übersehen kann und stell mir vor, wie das damals wohl war, als die Straße gebaut wurde und Österreich noch ein Kaiserreich war. Ochsenfuhrwerke für die Bauern, Pferdekutschen für die Wohlhabenderen, kein Autos, kein Traktor, keine Motorräder und keine Kondensstreifen am Himmel, weil’s auch keine Flugzeuge gab. Vielleicht geht’s ja Dank dem Klima-Wahn wieder zurück in diese Zeit. Wer weiß? Ich denk mir immer wieder, ich glaub, ich hab in einer schönen Zeit gelebt, weil ich im Gegensatz zu meinen Eltern und Großeltern die Auswirkungen kollektiven Wahnsinns nie erleben musste.
Nachdem wir aber gottlob noch in einer freien Welt leben und tun können, was wir wollen, startete ich meine CO² Schleuder und fuhr ins Ramingtal. Auch hier war ich erst vor kurzem, daher wusste ich den Weg zum nächsten Abzweig noch auswendig. Zuerst bis Kleinraming Richtung Steyr, dann links auf die Ulrichstraße und dem Navi nach bis zur Ennstal-Bundesstraße auf der anderen Seite des Hügels, die ich ebenso schnurgerade überquerte wie die Enns. Durch die Ortschaft Garsten ist das Navi wirklich hilfreich, und so erreichte ich auch schnell und ohne Umweg den nächsten Abzweig in die Höllstraße. Höllstraße hört sich gut an, oder? Na ja, Straße ist ein wenig übertrieben. Weg wäre ein besserer Ausdruck. Wie überhaupt die Straßen, die ich bei dieser Tour fuhr, bis auf ein paar wenige Kilometer Ausnahmen, durchwegs mehr oder weniger breitere Güterwege waren. Genau das ist das schöne an dieser Strecke. Keine Hauptverkehrswege, nur kleine und kleineste, teilweise sehr abgelegene Nebenstraßen und Güterwege.
In dieser Hölle war ich zum ersten Mal vor ein paar Monaten. Es ist nur eine kleine Ortschaft zwischen irgendwo und nirgends. Beim Anblick der Ortstafel fiel mir gleich wieder “Go To Hell” ein, das mich wiederum an die Einzelgenehmigung meines dicken, blauen Bär erinnerte, bei der ich es mit einem Ingenieur Hell zu tun hatte, der mir das Leben etwas schwer machte. Ja, seltsame Gedanken und Erinnerungen begleiten die Wege mancher Motorradfahrer.
Nach der Ortschaft Hölle führt die Straße einen Hang zu einer Anhöhe hoch, wo ich wieder eine rauchte und Maxi (einen Hund) mit seinem kleinen Herrn kennenlernte, und drüben führt die Straße wieder runter nach Aschach an der Steyr. Eigentlich wollte ich weiter runter ins Steyertal fahren, aber bald hielt ich an und drehte um. Je weiter ich ins Tal der Steyr kam, desto trüber wurde die Nebelsuppe, und so ganz nebenbei wurde es bitter kalt. Gefühlt fiel die Temperatur innerhalb eines Kilometers um gut 10C°. “Ja bin ich den blöd?”, frug ich mich und drehte um. In Aschach bog ich dann, dem Navi folgend, das ich beim Umdrehen auf ein anderes Ziel eingestellt hatte, auf eine Straße ab, die ich heuer auch schon einmal fuhr, an deren Verlauf ich mich aber nicht mehr erinnern konnte, und erreichte zu meinem Erstaunen das Ennskraftwerk Rosenau, wo ich zum zweiten Mal die Enns überquerte.
Vorhin, bei der Rast am Hügel oben, wo ich den kleinen Jungen mit seinem Hund kennenlernte, war mir schon aufgefallen, dass ich von dort aus den Windpark am Plattenberg sehen konnte. Zu den Windrädern kann man stehen, wie man will, aber als Orientierungsmarke eignen sie sich hervorragend. Während ich mit dem Hund spielte, überlegte ich schon, ob ich meine Tour nicht hier und sofort modifizieren sollte, um wieder zum Plattenberg zu fahren? An und für sich ist der Plattenbarg nichts besonderes. Mit seinen 919m Höhe überragt er nur geringfügig die umliegende Hügellandschaft. Der Ausblick ist allerdings, zumindest nach Süden, Osten und Westen, wunderschön. Nach Norden gibt die Aussicht nicht viel her, da wird es ziemlich flach. So scheint es zumindest vom Plattenberg aus.
Nach der Überquerung der Enns fuhr ich auf der Bundesstraße kaum einen Kilometer Richtung Steyr und bog dann schon wieder rechts in den Mühlbachgraben ab. Die enge Straße führt durch ein ebenso enges Tal den kleinen Mühlbach entlang in die Ortschaft Mühlbach und, links abzweigend und die Kirche umfahrend, über eine Höhenstraße auf die andere Seite der Hügel wieder runter nach Laussa. Von dort einfach weiter Richtung Großraming und oben am Sattel links abbiegend der Beschilderung folgend zum Windpark am Plattenberg.
Meistens raste ich da oben bei den Windrädern ungefähr eine halbe Stunde, schau mir die Landschaft an und fahr dann nach Hause. Und wie meistens, standen auch dieses Mal die Windräder still. “Wie viel Strom die wohl im Jahr erzeugen?”, fragte ich mich zum wiederholten Male. Ob die Betreiber vom Strom leben, den sie erzeugen? Oder von der Förderung? Ach, lassen wir das. Normal fahr ich bei der Rückfahrt wieder runter zum Sattel und folge dann der Straße nach Großraming und nach Waidhofen, aber diesmal wollte ich es anders machen. Ich hatte daheim auf der Karte eine Möglichkeit gefunden, wie man auf Güterwegen zumindest einen Großteil der Strecke bis Waidhofen oder Böhlerwerk abseits der Hauptstraße schaffen könnte. Nur wie, war die Frage. Ich hatte es noch nie probiert. Aber wie gesagt, dieses Mal hatte ich das Navi mit. Und damit es mich nicht wieder austrixt, wie das schon einmal passierte, schaltete ich es dieses Mal auf “Kürzeste Strecke” um. Und siehe da, es zeigte mir einen Weg, auf den ich noch nicht gekommen war.
Über einen Höhenweg und durch dunkle Wälder, man frage mich bloß nicht wo genau, arbeitete ich mich auf mir total unbekannten Wegen immer weiter in den Osten vor, bis ich vor Böhlerwerk mir bekanntes Gelände erreichte. Und weil ich zum Abschluß nochmals ins Ybbstal schauen wollte, erklomm ich nach der Wieser Höhe die Steigung nach St.Georgen in der Klaus und setzte mich aufs Bankerl, auf dem ich öfters sitze und ins Ybbstal schaue. Nach einer Zigarette zog ich gemütlich ins Ybbstal und stand 4 Stunden und 150km nach der Abfahrt wieder vor der Garage. Am Sonntag kamen Nebel und Kälte wieder und es begann auch zu regnen. Gut möglich, dass das wirklich die letzte Tour des Jahres war.
Einen schönen Tag noch………………