Heuer bin ich zwar schon mit allen Motorrädern einige Kilometer gefahren, die weiteste Strecke in einem Stück, mit Pausen natürlich, war allerdings nicht mehr als 320km, und da hat mir schon alles weh getan. Irgendwie bin ich das nicht mehr gewöhnt. Sonst waren meine Tagestouren immer von 300km aufwärts bis zu, im Extremfall, über 1000km. Das ist schon eine Weile her. Ich fahr noch immer genau so gerne Motorrad wie sonst immer, aber ich geb mich mit kleineren Touren zufrieden. Ein bisschen ist Eddie dran Schuld, auch wenn er es nicht weiß. Eddie ist mein kleiner (großer) Yorkie, den ich über alles liebe. Und ein wenig ist vielleicht auch das Alter Schuld. Ich fahr schon 40 Jahre Motorrad. Aber wie gesagt, ich fahr noch immer sehr, sehr gerne, nur diese Besessenheit ist mir abhanden gekommen. Das ist nicht schlimm.
Diese Tour bin ich mit einer Kumpeline gefahren. Ich kenn ihren Vornamen, sie kennt meinen, wir fahren beide gerne Motorrad, mehr brauchts nicht für eine Tour. Wobei sie mich, wenn wir zusammen fahren, immer ein wenig an den Duracell-Hasen erinnert. Alles steht schon still, aber sie will noch immer fahren. “Wo willst du heute hinfahren?” brauch ich gar nicht fragen. “Hauptsache, wir fahren. Wohin ist egal!”
Also Treffpunkt Tankstelle 7 Uhr.
Amstetten – Waidhofen – Weyer – Altenmarkt im Ennstal – Hengstpaß 964m – Pyhrnpaß 954m – Liezen – Espang – Stein an der Enns – Sölkpaß 1788m – St.Peter am Kammersberg – Greimhütte 1680m – Oberwölz Stadt – Oberzeiring – Möderbrugg – Hohentauern 1274m – Trieben – Kaiserau 1100m – Admont – Gesäuse – Hieflau – Mooslandl – Gams – Göstling – St.Georgen am Reith – Große Kripp – Ybbsitz – Hubberg – Urlgraben – St.Leonhard am Wald – Kröllendorf – Bachlerhof
Streckenlänge: 404km
Wir waren beide schon vor 7 Uhr dort, tankten, tranken noch einen Kaffee und besprachen noch, wo es überhaupt hingehen sollte. Bei der Abfahrt zeigte die Guzzi 12C° an. Das war der Grund, warum mir nach einem Kilometer schon kalt war. Mitgeholfen hat auch, daß ich nur ein Hemd unter der Lederjacke trug, dazu Jeans, Stiefel, Handschuhe und Helm. So ungefähr war auch meine Begleitung angeozgen, drum dachte ich mir, “Regnen darf es heute nicht, sonst schauen wir beide aus wie Sau!” Es kam kein Regen. Es wurde aber auch nicht warm. Ich dachte, wenn wir diese Strecke fahren, die ich mir ungefähr im Kopf zurechtgelegt hatte, dann wird das weit und darum wäre es am besten, so schnell wie möglich ins Ennstal zu kommen. Also auf der Hauptstraße, die zugegebenermaßen nicht sonderlich aufregend ist, ins Ennstal und bis Altenmarkt. Unten bei der Brücke die erste Rast. Eine rauchen und die Hände an den Zylindern der Guzzi wärmen. Scheint so, als wären sie genau dafür so gebaut. Bei einer BMW müsste man sich bücken, bei der Guzzi kann man aufrecht stehen bleiben. Sonja – das ist meine Begleitung – meinte “Ich hab schon geschaut, ob du auch so zitterst wie ich, weil mir so kalt war”. “Nein”, meinte ich, “ich hab nicht vor Kälte gezittert. Wenn du mich zittern gesehen hast, dann waren das die Vibrationen des Motors!” Bei diesem Wortwechsel standen wir beide, einer links, einer rechts, bei der Guzzi und wärmten uns die Hände. Boa, war das kalt.
Die Anzeige, ich hatte extra so umgeschaltet, daß man die Temperatur sieht und nicht den Tageskilometerzähler, wie normal, zeigte ständig zwischen 10C° und 13C° an. Nie mehr. Das blieb auch so bis Stein an der Enns, wo Sonja mit dem Tschobber (28Ps) tanken wollte. “Deffekt” stand an der Säule, an der ich hielt. Das stand allerdings auch an der Säule, an der Sonja hielt. Das stand auf jeder Säule und auch auf jeder Seite, kam ich dann drauf. Jetzt erst fiel mir auf, daß das Gebäude der Tankstelle, der Verkaufsraum, leer war. Geschlossen. Eingegangen. Das ist Pech. Ich hatte allerdings ungefähr 3km vorher auch eine Tankstelle gesehen, die mir vorher, so meine ich, noch nie aufgefallen war. Also umgedreht und zurück zur anderen Tankstelle. Dort tankten wir beide und gingen bezahlen. “Wie lange gibt es den schon diese Tankstelle? Ist mir noch nie aufgefallen, dabei fahr ich seit rund 40 Jahren zum Sölkpaß”. “Seit ungefähr 1960”, war die Antwort. “Aha, da schau her. Die ist so alt wie ich” meinte ich und drückte mir einen Kaffee vom Automaten. War wohl bisher immer unsichtbar, wenn ich vorbei fuhr, dachte ich mir und ging nach draußen, den Kaffee trinken.
Na ja, und dann gings weiter zurück nach Stein und über den Sölkpaß. Ich hab keine Ahnung, wie oft ich da schon mit Auto und Motorrad drüber gefahren bin. Langweilig wird mir das nie. Die Gegen ist unheimlich schön, die Straße weitgehend schmal, Kühe sind auf und neben der Straße und die Aussicht ist wunderschön. Herz, was willst du mehr? Bei der obersten Kehre blieben wir, wie ich das fast immer mache, stehen und schauten uns die Gegend an, dann fuhren wir weiter. Fahren wie ein Duracell-Hase war die Devise. Immer nur fahren. Und besonders schön war, daß es südlich des Sölkpasses warm wurde. Zuerst 15C°, dann 18 und dann über 20C°. Das war schön!
Nach St.Peter am Kammersberg kam ich dann noch auf die Idee, zur Greimhütte zu fahren. “Was ist? Fahren wir zur Greimhütte?” frug ich und wie nicht anders zu erwarten nickte Sonja mit dem Kopf. Also los, auf zur Greimhütte. Das Problem an der Sache ist, daß von den rund 6km rund 4km nicht asphaltiert sind. Schlaglöcher wie Bombenkrater erwarteten uns, aber oben ist die Aussicht wunderschön und es ist sehr ruhig. Vor allem, weil die Hütte zugesperrt hatte. Dürfte dauerhaft sein, denn als ich letztmals oben war, war der Hüttenwirt offenbar einer aus Bayern, weil eine Bayrische Fahre vor der Hütte hing. Die ist weg und die Hütte schaut ziemlich verlassen aus. Beim Rauffahren mußte ich die Traktionskontrolle (ja, die Guzzi hat sowas! Sind ja immerhin 52PS, die man auf die Straße bringen muß!) ausschalten, sonst wäre ich stehen geblieben. Die hat die Leistung so weit reduziert, daß der Motor zu ruckeln begann. Na ja, was man hat, daß hat man. Zurück runter kam mir kürzer vor als rauf. Sonja hat nicht gemeckert. “Wenn der da fährt, kann ich da auch fahren”, denkt die und fährt einfach.
Den Rest der Strecke legten wir hurtig und fröhlich zurück und standen nach 9 Stunden und 404 Kilometer beim Bachlerhof, um zum Abschluß einer wunderschönen Tour nochmals einen Kaffee zu trinken.
Sonja meinte, “Jetzt hängen dir wieder die Ohren runter”. Ja. So ungefähr fühlte ich mich auch.
Einen schönen Tag noch…………………….