Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

23. März 2011

Wenn die Tachowelle stiften geht

Filed under: Geschichten um´s Motorradfahren — Benzin @ 18:08

20110323_ace_josefsberg Schon am frühen Morgen kündigte sich ein wunderschöner Tag an, also lag es nahe, eine kleine Runde zu fahren, denn ich hab noch frei. Da ich bei der Ace vorgestern ein großes Service machen ließ, sie also technisch so gut wie perfekt ist, aber noch immer der Reifensalat Michelin PiPo/Metzeler M5 drauf, so wie ich sie kaufte, lag es nahe, die Ace zu nehmen und vorher die Reifen wechseln zu lassen. Konnte ich gleich mit neuen Hufen loslegen, was mehr Spaß macht.

Beim Reifenhändler das erste Gewürge. Der Hinterreifen war kein Problem, aber beim Vorderen ließ sich eine Schraube der linken Bremszange kaum lösen. Da war wohl ein Grobmotoriker am Werk, der leider auch keinen Drehmomentschlüssel hatte. Kurz vorm vernudeln des Schraubenkopfes löste sich das Ding gerade noch mit einem Knacks. Da sich diese Schraube mit dem vorgeschriebenen Drehmoment wieder befestigen ließ, ohne ganz abzunudeln, bestellte ich zwar telefonisch, sicher ist sicher, gleich vier neue, aber ich konnte doch mit diesem Motorrad weiterfahren. Sonst wäre ich gezwungen gewesen, das blaue Luder in die Garage zu stellen, um ein anderes Gerät auszufassen. Nachdem mich der gewaltige Rutscher (neue Reifen, eh klar) beim Wegfahren vom Händler nicht vom Bock riß („Sautrottel“, dachte ich mir da), stand einer schönen Tour nichts mehr im Weg.

Klar, Vorsicht ist jetzt noch überall geboten, nicht nur wegen der neuen Reifen. Dreck liegt auf den Strassen, staubig ist es auch, und vor allem öfters als einem lieb ist naß mitten in einer Kurve, besonders im Schatten. So gondelte ich gemütlich Richtung Zellerain, um dort wie immer, wenn ich drüber fahre, einen Kaffee zu trinken.

Ich war über die Sonntagberger Höhenstrasse und Gresten zum Grubberg reingefahren, hatte mich in der langen Linkskehre oben, die ab Mitte naß war, nicht auf die Pfeife gelegt, hatte auch schon die kleine Ortschaft Maierhöfen, von der aus man zum Ötscher abbiegen kann, hinter mich gebracht und näherte mich eben zügig der im Sommer recht schnellen Kurvenkombinationen, die jetzt allerdings, Vorsicht!, im Schatten liegen und möglicherweise dreckig und/oder naß sein könnten. Also schau ich auf den Tacho, passe das Tempo Daumen x Pi den Gegebenheiten an und eile mit angemessener Geschwindigkeit durch die schönen Kurven. Zwar nicht besonders schnell, aber doch schön. Lieber etwas gemütlicher, als auf die Fresse fliegen und den Löffel reichen. Auslaufzone gibt’s dort keine.

Beim Ausgang aus dem schnellen Gewusel zieh´ ich wieder stramm am Kabel, lass es, Spaß muß sein, etwas mehr krachen und schau irgendwo auf der Geraden Richtung Steinbrücke, keine Ahnung wieso, auf den Tacho. NULL km/h. „Verdammte Kacke,“ schießt es mir durch den Kopf, „ich bin doch eben noch gefahren!“ „Das gibt’s doch gar nicht!“ Ich schau nochmals, aber es bleibt dabei. Kein Irrtum. 0 km/h. „Also stehe ich, oder wie? Das kann aber nicht sein, denn die Gegend zieht recht hurtig an mir vorbei.“ Ich werde etwas wütend, denn ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wieso der Tacho plötzlich nichts anzeigt. Ich weiß, dass bei der Montage des Antriebes alles gepasst hat, dass er doch gerade vorhin noch etwas anzeigte, also wieso zeigt dieses Miststück jetzt nichts an?

In Holzhüttenboden, nach der Steinbrücke, frisst mich die Wut, und ich halte an. „Wieso geht dieses Dreckstück nicht mehr?“, frag ich mich, reiß den Helm von der Birne, zieh die Handschuhe aus und beug´ mich zum Vorderrad in der Erwartung, einen verdrehten Tachoantrieb zu sehen. Ich sah auch etwas, aber keinen verdrehten Antrieb, sondern eine lose baumelnde Tachowellenhülle. „Eigenartig. Wenn ich mich recht erinnere, sollte dieses Ding mit dem Antrieb verschraubt sein. Ist es aber nicht!“, überlegte ich. „Was guggst du?“, schien die Hülle zu fragen. Natürlich war sie leer. Die Tachowelle hatte, der Schwerkraft folgend, irgendwo zwischen den schnellen Kurven und meinem jetzigen Standort das Weite gesucht. Ich hatte schlicht und einfach die Tachowelle verloren. Mir ist ja schon einiges passiert, aber das noch nicht. Was nun?

Ich beschloss, umzudrehen und zu schauen, ob ich sie gar wieder finde. Eigentlich unsinnig, denn sie musste bei nicht gerade geringem Tempo davongeflogen sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Graben lag, war weit höher, als dass ich sie auf der Strasse fand. Aber wer nichts sucht, der findet auch nichts. „Vielleicht hat ja letzten Sommer einmal jemand eine Tachowelle verloren, und ich finde sie jetzt?“ Eine Kette hatte ich auch schon einmal gefunden, also wieso nicht eine Tachowelle? Wobei, mit einer Kette hätte ich jetzt gar nichts anfangen können. Ich hatte ja eine. Was mir fehlte, war……Na, ihr wisst schon.

Also den Helm wieder auf die Birne, Handschuhe angezogen, und in die Richtung, aus der ich eben gekommen war. „Das ist doch absoluter Quatsch“, dachte ich. „Die findest du niemals“. Ich war gerade fertig mit diesem Gedanken, da sehe ich in Strassenmitte………..

“Das gibt’s nicht!“ Da liegt mitten auf der Strasse eine Tachowelle! Ich blieb stehen, lauf´ zurück, schnapp mir die Welle. „Teufel auch, hat hier doch glatt jemand eine Tachowelle verloren, und ich finde sie! Mal sehen, ob sie bei mir passt?“ Ich nehm´ den Hut wieder ab, zieh die Handschuhe aus, steck die Welle in die Hülle und siehe da, sie passt wie angegossen. Was ein Glück. Sogar frisch geschmiert war sie, wie meine! Aber das gibt’s doch eigentlich gar nicht, denn meine ist bestimmt in den Graben geflogen, bei dem Hammer, den ich drauf hatte. Egal. Ich hatte wieder eine Tachowelle, noch dazu eine passende, frisch geschmierte, und so zog ich, die ganze Strecke lachend, mit dreckigen Fingern zum Zellerain hoch und ließ mir den Kaffee gut schmecken.

Da die restlichen 200km der Tour nichts aufregendes mehr passierte, erspar ich mir und euch, davon zu erzählen und halte freudig fest: „Ich hab wieder eine Tachowelle!“ Vielleicht ist es ja eh meine Eigene? Wer weiß.

11. März 2011

Yamaha FZR1000 3LE EXUP Bj. 1990 – Meine Zwillinge

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 16:49

exup_1990_2 exup_1990 Die FZR1000 Modellreihe gab es 1990 in zwei Farbdesigns. Weiß/Rot/Blau, wie links, und in dezentem Anthrazit, wie rechts. Als ich mir damals meine  erste FZR1000 3LE kaufte, wählte ich die dezente Version, weil sie mir erstens sehr gut gefiel, und weil sich diese Version von der bunteren insofern abhob, als sie nicht gängig war. Die meisten Besitzer hatten die buntere 1000er gewählt, die auch schon als 2LA in ähnlichem Design sehr beliebt war. Inzwischen sind 21 Jahre vergangen, in denen ich mit meiner FZR viele schöne Fahrten erleben durfte. Letztes Jahr im Februar gesellte sich eine FZR1000 3LH Fox-Eye dazu, und nun besitze ich plötzlich drei davon. Wie es dazu kam, lest ihr in der folgenden Geschichte.  Quelle Bilder links und rechts – Yamaha Bild links unten: Günther (mit Opa) nimmt Abschied von seiner FZR.

Nun, nicht nur die Wege des Herrn sind unergründlich.

exup_1990_3Wir schreiben das Jahr 2011. Ich suchte nach einer schönen, blauen Lederkombi, möglichst von Dianese, weil die mir von der Stange weg wie angegossen passen. Aber so sehr ich auch suchte, egal ob bei meinem mir bekannten und vertrautem Händler oder im Internet, ich fand keine. Entweder, wie bei Dainese, war sie gerade aus dem Programm gestrichen worden, oder sie passten mir bei einer Anprobe einfach nicht. „Kruzifix, das gibts doch nicht“, dachte ich, „wieso soll es keine schöne blaue Kombi mehr geben?“ Lederkombi fand ich keine, aber eine 1000er FZR. exup_1990_4

Es war nur das Bild einer, wie mir schien, originalen FZR Bj.1990. Eines der Bilder, die zuhauf im Internet herumgeistern. Wieso ich genau auf dieses Bild klickte, weiß ich nicht, aber der Link führte nicht einfach irgendwo hin, sondern zu einer, was ein Zufall, Österreichischen Verkaufsplattform. Da saß ich nun, und staunte. „Schau dich an, da verkauft einer aus der Wr.Neustädter Gegend eine scheinbar wunderschöne FZR“. Lange betrachtete ich das Bild, überlegte, dann notierte ich die Telefonnummer und wählte. „Ja, die ist in sehr gutem Zustand. 2. Besitz, Original, 38 000km.“ Eigentlich kann das fast nicht sein, dachte ich. Andererseits, möglich ist es schon, wenn sie mehr gestanden ist als gefahren wurde. Es gibt ja Leute, die ein Motorrad besitzen, kaum zum Fahren kommen, es aber trotzdem nicht hergeben wollen. Ich kenn solche. „Ich schau sie mir an“, meinte ich, und wir vereinbarten einen Termin.

exup_1990_5 Was nun? Was, wenn sie nur am Bild schön ist, aber in Wirklichkeit ein Haufen, wie die YPSE aus Vorarlberg letztes Jahr? Gut, Wr.Neustadt ist nicht weit weg, keine 200km. Dann war es eben eine Spazierfahrt. Was aber, wenn sie wirklich so schön ist wie am Bild? Dann fahr ich hin, schau sie mir an, muß wieder heimfahren, weil ich sie ja schlecht in den Kofferraum stopfen kann. Dann kommt ein anderer Interessent und kauft sie vom Fleck weg. Was dann? Alles schon passiert, vor allem, wenn der einen Anhänger mit hat! Wer zuerst die Kohle auf den Tisch legt, der nimmt sie mit. Also Anhänger besorgen und Vater fragen, ob er mir seinen Wagen mit Hacken leiht. Weitere 15 Minuten später war auch dieses Problem aus der Welt geschafft.exup_1990_6

Zwei Tage später. Schon von weitem sehe ich einen jüngeren Mann (jedenfalls jünger als ich, was keine recht Kunst ist) vor einem Haus stehen und mir irgendwie freudig entgegenblicken. Ich hatte mein Kommen vor wenigen Minuten telefonisch angekündigt. Er winkt, ich bleib stehen. Ja, wir (mein Vater und ich) sind angekommen. Mit dem Anhänger und dem Amstettner Kennzeichen waren wir ja leicht zu erkennen. Da stand sie in der Garage, die FZR, direkt so schön wie am Foto. Gottlob war dies ein recht schöner Tag, ohne Schneefall, ohne Regen, mit gutem Licht und milder Temperatur. Also die Kilo aus der Garage geschoben und begutachtet. Herrschaftzeiten, wie lange hab ich die FZR schon nicht mehr in diesem Design gesehen? Jahre ist es her. Originale FZR1000 sind schon sehr selten geworden.

exup_1990_7 Ich fand auf Anhieb keine gravierende Macke. Aber ich würde sie, hoffentlich, finden. Falls vorhanden. Keine besonderen Verkleidungsbrüche, was schon fast an ein Wunder grenzt, keine Kratzer, keine Einschlagspuren am Lenkanschlag, nichts. Nur eine längere, geringe Schleifspur am Auspufftopf, was in Verbindung mit einer kaum wahrnehmbaren Schürfspur an der rechten Kanzelecke auf einen Sturz schließen lässt, der weiters keine Folgen hatte. Genau so schaut meine schwarze FZR auch aus. Auch gestürzt, ebenfalls ohne Folgen. Kann passieren und stört nicht, wenn sonst nichts krumm ist. Wieder überlegte ich lange. „Wo liegt hier der Hund begraben, sofern es überhaupt einen gibt?“ Der Lack war so kräftig, dass ich sogar an eine Neulackierung dachte. Aber wer sollte sich das antun, und warum? Wenn das ein neuer Lack war, dann war das so professionell gemacht, dass es ein Schweine Geld gekostet haben müsste oder zumindest einen absoluten Profi als Freund bedurfte. Wenn das eine Nachlackierung war, dann war sie professionell. Wie gesagt hatte ich dieses Design schon so lange nicht in Original gesehen, dass ich das gar nicht mehr ehrlich beurteilen konnte. Jedenfalls sah sie absolut Original aus mit ihren kräftigen Farben. Absolut Original das ganze Motorrad, bis auf die roten Bremszangen und einer zusätzlichen Lackierung an der Sozius_Sitzabdeckung, die genau zum restlichen Design passte. Mein Gott, ein wenig Individualität sei gestattet! „Wo liegt hier der Hund begraben?“exup_1990_8

Also den Motor starten und einmal hinhören und schauen, was sich dann tut. Raucht er, gar blau? Klappert er wie ein Sack Nüsse? Fast mit Bedauern mußte ich feststellen, dass er, obwohl kalt, sofort ansprang und genau so lief, wie ich das von einem guten FZR1000 Motor erwarte. Kein Geklapper, kein blauer Rauch, kein Öl am Auspuffende. Auch nicht extra gesäubert. Läuft wie eine Turbine. „Wo liegt hier der Hund begraben?“

exup_1990_9 Die kurze Probefahrt war grauenhaft. Sowas hatte ich bei einer FZR noch nie erlebt. Das Ding pendelte wie ein alter Leiterwagen, sobald man die Hände vom Lenker nahm. Entsetzlich! „Da hat´s aber was gravierendes!“, durchfuhr es mich erschrocken. Nachdem ich nach dieser „Probefahrt“ wieder lange relativ nachdenklich vor diesem Motorrad hockte und mir kein plausibler Grund für dieses Pendeln einfallen wollte, bemerkte ich die fast platten Reifen. „Ach du Scheiße, die steht ja fast auf der Felge!“ Dass sie eckig gefahren waren, war mir nicht entgangen. Besonders der Vorderreifen war eine Schande. Aber dass viel zu wenig Luft in den abgenudelten Reifen war, das hatte ich verpennt. Dass das dieses schreckliche Pendeln auslösen könnte? Ich war noch nie zuvor ein Motorrad mit solchen „Nudeln“ und ohne Luft gefahren, daher wusste ich das nicht. Aber nachdem ansonsten keine Anzeichen eines schweren Sturzes zu erkennen waren, was sollte sonst der Grund sein? Ja natürlich, wenn da kaum Luft in den Reifen ist, dann kann das passieren. Ich hoffte inständig, dass das der wirkliche Grund war, dass ich nichts übersehen hatte, und kaufte sie. Es gab keinen wirklichen Grund, sie stehen zu lassen. Das war am 19. Jänner. exup_1990_10

Am 9. März war sie fahrbereit. Ich meine fahrbereit, so wie ich mir das vorstelle. Angemeldet ist sie schon länger. Ich hatte sie weitgehend zerlegt, alles durchgesehen, penibel gereinigt, Service gemacht, die hintere Bremsscheibe gegen eine neue Wave von ABM, wie sie auf den beiden anderen FZR drauf ist, getauscht, das originale Federbein gegen das mir vertraute Wilbers 631, einen güldenen Antriebssatz von Supersprox mit DID Kette in 530, denn auch Schmuck muß sein, montiert, daher auch die Fußrasten gegen rot eloxierte von Lucas gewechselt, und sie zuletzt auf einen Satz Bridgestone BT16 Pro gestellt. Auch vorgestern war ein wunderschöner Tag, sogar die Sonne lachte zur Feier. So schob ich sie in den Garten, fotografierte sie zig-Mal, setzte mich davor und rauchte gemütlich eine Zigarette. Wunderschön ist sie, die Zwillingsschwester meiner schwarzen FZR1000 3LE EXUP. Jetzt hab ich den Jahrgang 1990, so wie er hier erhältlich war, komplett.

Ach ja, zum Pendeln. Bei der Fahrt zum Reifenhändler wurde mir fast Angst und Bange. Ich hatte inzwischen ja keine Luft nachgefüllt. Das war eine gottlob kurze, aber grausige Fahrt. Bei der Heimfahrt mit den neuen Hufen war wieder alles so, wie es sich für eine gute FZR gehört. Günther, da ist tatsächlich kein Hund begraben. Entschuldige mein Mißtrauen. Du hast mir da wirklich ein sehr schönes Motorrad verkauft. Die Hübsche wird´s gut bei mir haben.


Meine Zwillinge – Yamaha FZR1000 3LE Bj.1990

 

 

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