Hoher Student. Hohe Student? Der? Die? Das Student? Warum Student? Wer studiert da?
Bernhard Baumgartner schreibt in seinem “Wanderparadies Voralpen” von 1996:
“Studena wurzelt nämlich im Altslawischen und bedeutet “die Kalte…..”, was sinnvoll nur mit “……Quelle” zu ergänzen ist. Denn als die Altslawen während der Volkerwanderung auch in dieses entlegene Gebiet vordrangen, wohl um die Salzquelle des Halltales zu nützen, wie schon die Römer zuvor, wird ihnen der mächtige, aus der Student hervorströmende Bach der “kalten Quelle” kaum entgangen sein. Sogar heute noch ist dieses Wasser den Menscchen nutzbar, dient es doch der Versorgung von Mariazell samt Halltal und St. Sebastian.”
Womit geklärt sein dürfte, daß es sich hier nicht um Studenten handelt, von denen die Rede wäre, sondern um kalte Quellen. Kalt war es auch bei unserer Tour recht ausgiebig.
Es war nicht nur kalt, es hatte auch geschneit. Auf Bergen über 2000m Höhe lag Neuschnee. Als wir um 6:30 Uhr von daheim weg fuhren, hatten wir um die 3°C. Beim Erlaufsee waren wir schon bei – 3°C angekommen und südlich von Mariazell, beim kleinen Parkplatz an der Ortsgrenze zu Halltal zeigte die Außentemperaturanzeige vom Auto ähnliches an. Das bedeutet, unsere Tour startete bei einer Temperatur von etwas unter null Grad Celsius, bei leichtem Bodennebel und Trockenheit.
Ich war schon einmal da oben. Am 9. März 2002 war ich einfach Spuren gefolgt, die bergauf führten. Einen Weg konnte man meistens nicht sehen, weil zu viel (sehr harter) Schnee lag, und so hatte ich keine Ahnung, wo sich der reguläre Weg zur Hohen Student befand. Ich folgte einfach diesen Spuren und kam so zum Gipfel, den ich für die Hohe Student hielt. Nach dieser heutigen Tour und nach einer Nachschau im Tourenbuch weiß ich, daß ich damals nicht den Gipfel der/des Hohen Student bestiegen hatte. Das Gipfelkreuz, von dem ich Fotos hab, gehört zum Großkogel mit seinen 1534m, den man auch Hasenspitz nennt. Ich dachte damals, das wäre der Hauptgipfel. Von einem anderen wusste ich nichts.
Mich wundert allerdings nicht, daß ich damals nicht bemerkt hab, daß es da noch einen Gipfel gibt, der um 5m höher ist und der der richtige Gipfel des Hoher Student ist. Aber dazu später mehr. Mein Tempo von damals war jedenfalls beachtlich. Auf- und Abstieg mit rund 670Hm bei gemütlicher Gangweise ohne Rast 3 Stunden und 15 Minuten, sagt mein Tourenbuch. Da war ich aber 20 Jahre jünger und hatte eine andere Einstellung. Vor allem eine andere Kondition. Wenn ich heute mit Sonja und Eddie einen Berg besteige, dann haben wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts anderes zu tun, als den Berg und seine Umgebung zu bewandern und zu bewundern, den wir uns als Ziel vorgenommen haben. Wir haben den ganzen Tag einfach nur Spaß am Berg und unsere einzige Sorge ist, daß Eddie immer genug zu Fressen und zu Trinken hat. Ja, und natürlich unsere Sicherheit. Alles andere zählt nicht.
Erlaufsee und Gemeindealpe um 6:51 Uhr
7:10 Uhr. Abmarsch mit dickem Pullover und Fleecejacke, aber ohne Handschuhe oder Haube. Die Luft ist trocken, es fühlt sich nicht kalt an. Der Nebel macht die Gegend allerdings recht farblos Grau in Grau.
Zwei Stunden steht hier am Schild. Wir grinsen uns an. “Wäre doch gelacht, wenn wir nicht drei Stunden draus machen könnten!”
Ich glaub, da muß man nix erklären. Brrrrr………
Für Eddie sind das paradiesische Zustände. Hitze mag er nicht, aber Kälte umso mehr. Je kälter, desto gut!
Wir stiefeln über die Wiese zum Waldrand, wo nach einem Weidezaun ein schöner Steig beginnt.
Beim Aufstieg muß man sich auch ohne Karte keine Sorge machen. Der Weg ist immer gut sichtbar und auch beschildert.
Das Gelände im Wald ist steil, der Weg ist allerdings so angelegt, daß das Vorwärtskommen nicht mühsam ist.
Wir queren eine Forststraße, verschwinden aber sofort wieder im Wald.
Jetzt macht es sich auch optisch bemerkbar, daß wir vorwärts kommen.
Im Schatten ist es hier beißend kalt, in der Sonne glänzt das Eis, daß die Pflanzen bedeckt.
Im Norden werden der Ötscher und die davor stehende Gemeindealpe sichtbar.
Wir erreichen eine Forststraße, der wir um den Hochkampl herum folgen. Hier ist es im Schatten wirklich bitter kalt, die Aussicht dafür sagenhaft.
Noch bevor uns die Forststraße zu nerven beginnt, zweigt der Steig schon wieder in den Wald ab.
Die Nägel wären für die Schilder nicht mehr nötig.
9:01 Uhr. Eine Stunde und fünfzig Minuten haben wir bis hier her gebraucht. Da vorne ist das Schild, daß zum Gipfel weist.
Wer diesem Hinweis folgt, zum Gipfel hochsteigt, die Aussicht genießt und wieder absteigt, war, wie ich vor 19 Jahren, nicht am Gipfel des Hoher Student, sondern am Haselspitz (oder Großkogel), und er weiß es nicht einmal.
Vorher besteigen wir aber ganz was anderes. Sonja und ich haben die Angewohnheit, jeden Mugel zu besteigen, der sich um einen Gipfel herum zeigt und der irgendwie lohnend scheint. Es geht dabei nicht um Höhe, sondern um Aussicht. Uns täte einfach hinterher leid, wenn wir solchen Mugel nicht bestiegen hätten. Und als wir beim Hinweisschild standen, daß zum Gipfelkreuz weist und ich mich umdrehte, da sah ich so einen Mugel genau hinter uns und wir drehten um und stiegen da hoch.
Der kleine Abstecher hat sich insofern gelohnt, weil wir von hier aus den Gipfel und das Gipfelkreuz sehen konnten. Das da vor uns ist der Haselspitz mit seinem Gipfelkreuz, von dem sicher viele glauben und nach dem Abstieg erzählen, sie hätten den Hoher Student bestiegen.
So schaut das aus, wenn man heranzoomt. Gipfel Haselspitz 1534m
Beim Abstieg von diesem kleinen Mugel ist mir dann ein Missgeschick passiert. Ich hab das eigentlich für unmöglich gehalten. Wir sind da runter gestapft, ich hab immer schön aufgepasst, daß Eddie mit seinen kurzen Beinchen kein Problem hat, weil hier alles ein wenig kreuz und quer durcheinander herumliegt, und dabei hab ich mich in der Richtung verhaut und wir sind irgendwo im Busch gestanden. Entlang unseres Weges waren genau so viele Ameisenhaufen (sehr große Ameisenhaufen) wie dort, wo wir aufgestiegen sind, aber die Richtung war trotzdem falsch. Gottlob denkt Sonja mit und hat dann die richtige Richtung gefunden. Ich meine, passieren hätte ja nix können, aber sinnlos herumgesucht hätte wir sicher einige Zeit. Einmal nicht aufpassen und schon machst einen Blödsinn.
Da waren wir wieder am richtigen Pfad. Wir sind wieder zum Hinweisschild gegangen und dann links zum Gipfelaufstieg abgebogen.
Geschafft. Unser erstes Gipfelkreuz des Tages. Haselspitz oder Großkogel 1534m
Blick ins Halltal, rechts von uns ist die Wildalpe 1523m mit ihren Sendeanlagen.
Rechts im Hintergrund baut sich der Göller auf.
In Bildmitte ist die Wildalpe 1523m zu sehen, die durch den Freinsattel 1106m mit unserem Berg verbunden ist. Es war jetzt grade 9:40 Uhr und wir schienen noch genügend Zeit zu haben, um nach der Besteigung des Hoher Student, falls wir ihn finden sollten, noch da rüber zu gehen und diesen Gipfel mitzunehmen. In Anbetracht des Umstandes, daß es um diese Jahreszeit gegen 16 Uhr dunkel wird und daß wir keine wirklich gute Karte mit hatten, von einer Kenntnis der Gegend ganz zu schweigen, war das recht optimistisch gedacht.
Was soll man davon halten, wenn selbst am Gipfelbuch Unsinn steht?
9:53 Uhr. Wir gehen wieder los und folgen den Spuren, die abwärts und in den Wald führen. Vom Gipfel hier war von einem anderen Gipfel nichts zu sehen, nur bewaldete Hügel rundherum, die ungefähr die gleiche Höhe zu haben schienen.
Schau ma nochmals genußvoll runter und dann geh ma.
Es war kaum windig, aber trotzdem saukalt.
Abstieg in den Wald und, vermutlich, zum Weg, der zum Freinsattel führen sollte. Und irgendwo sollte da noch der Hauptgipfel sein, sofern den keiner geklaut hat. Aber wo?
Schöner Ausblick irgendwo im Wald. Weniger schön war, was ich dann daheim entdeckt hab. Wie man sieht, ist ein Wasserzeichen eingeblendet. Dieser Mist hat sich ganz offenbar am Vortag beim Update des Handy eingeschaltet, ohne daß ich es bemerkt hab. Am Anfang waren die Bilder ja noch ohne Wasserzeichen, dann immer öfters mit, bis am Schluß nur mehr dieser blöde Einblendung zu sehen war. Ist aber recht einfach und schnell wieder auszuschalten. Wenn man es weiß!
Wir stapfen den Wegspuren nach durch den Wald und ersteigen wieder eine leichte Böschung, und plötzlich wird uns klar, daß wir uns in Sichtweite des Gipfelkreuzes vom Hauptgipfel “Hoher Student” befinden. Es ist sehr kalt und diese Gipfelböschung ist mit kleinen, feinen, teilweise bizarren Eisskulpturen bedeckt. Die sind so schön, daß wir sehr drauf achten, wo wir hinsteigen, weil wir diese eisigen Kunstwerke der Natur nicht zerstören wollen.
Umso mehr ärgert mich jetzt diese beschissene Werbeeinblendung von Samsung. MUSS DAS SEIN, IHR ÄRSCHE?
Links hinterm Gipfelkreuz der Göller. Es ist hier genau so wie beim anderen Gipfel, dem Haselspitz. Man kann herumschauen, wie man will, von einem weiteren Gipfel ist nichts zu sehen. Nur bewaldete Hügel, die ungefähr gleich hoch sind. Das ist wirklich kurios.
Wir steigen recht direkt zur Almhütte der Studentalm ab, die vom Gipfel nicht nur recht nah scheint, sondern auch ist, und folgen dann einem Forstweg bis zu einem Kahlschlag. Und weil unsere Karte eh nicht viel taugt und wir Zeit haben, steigen wir dem Kahlschlag entlang zuerst mäßig steil, dann sehr steil abwärts.
Das Gelände ist hier nicht nur steil, sondern hundefeindlich. Vor allem feindlich für kleine Hunde. Hier liegen die Äste abgeschnittener Bäumer wahllos herum, offenbar so, wie sie der Harvester fallen lassen hat, und die verkleben Eddies Beinchen dermaßen, daß er nicht mehr vorwärts kommt. Ich trag ihn sicherheitshalber. Na ja, das ist er ja schon gewöhnt.
Wir wissen ehrlich gesagt hier Dank unserer miserablen Karte nicht wirklich genau, wo wir sind, aber die Nase sagt uns den Weg und wir folgen der Nase……..
Den hat anscheinend irgendwann einmal ein Blitz abgefackelt.
Nachdem Weg, Hütte und Umgebung wieder einigermaßen zur Darstellung auf unserer Karte passt, wissen wir wieder, wo wir sind. Das ist die Jagdhütte südöstlich des Ochsenhalterstein am Weg zu Ringboden und Freinsattel.
Die Hütte wird da eher nicht gemeint sein, schätze ich. Das Schild ist bestimmt zugelaufen.
Hier haben wir ein paar Minuten gerastet und sind dann weiter gewandert.
Ein seltsamer, hohler Baum und ein schönes, großes und leeres Schneckenhaus. Letzteres liegt jetzt bei mir daheim am Fensterbrett der Küche.
Wir stiefeln jetzt gemütlich einem recht schönen, teilweise auch recht steilem (vom Gelände her) Pfad folgend abwärts, der in unserer Karte auch nicht vorkommt und erfreuen uns an der wilden Landschaft.
Der Bildbaum mit Kreuz könnte der sein, der auf unserer Karte beim Ringboden ziemlich genau östlich des Ochsenhalterstein eingezeichnet ist. Den Steig, den wir anschließend absteigen, gibt es auf unserer Karte nicht (da ist eine Forststraße eingezeichnet!), bei Opentopomaps jedoch sehr wohl.
Ein wunderschönes Steiglein. Da kommt Freude auf!
Wir steigen das schöne Steiglein runter, treffen unten auf eine Forststraße, die zum Freinsattel 1106m führen soll, haben die Hoffnung, noch die Wildalpe besteigen zu können, fahren lassen, und verkoffern uns noch, indem wir in eine Sackstraße laufen, von der wir glauben, wir könnten uns den Weg ins Obere Halltal ersparen und einen kürzeren Weg direkt nach Halltal finden. Was wir finden, ist ein silberner Löffel, der jetzt auf meinem Fensterbrett als Andenken liegt.
Das Halltal hat uns wieder. Oberhalt eines Sägewerkes kommen wir aus dem Wald heraus, steigen über die Wiesen zur Bundesstraße 21 ab und folgen dieser am Grünstreifen neben der Fahrbahn rund 4km weit bis zum westlichen Ende der Ortschaft Halltal, wo auf einem kleinen Parkplatz an einem Feldweg unser Auto steht.
14:35 Uhr. Nur mehr wenige Meter zum Parkplatz. Nach 7 Stunden und 25 Minuten ziehen wir uns um und fahren über den Grubberg und Gaming, wo wir uns noch an der Tankstelle einen Kaffee kaufen, wieder nach Hause. Eine wunderschöne Tour auf den, die oder das Hohe Student ist zu ENDE.