Aufstehen um 3 Uhr, Abfahrt um 3:30 Uhr über Gaming, Grubberg, Zellerain und Gußwerk in Richtung Dürradmer. Irgendwo nach Greith fällt mir auf, daß ich das Schild nach Dürradmer nicht gesehen hab. Gleichzeitig fällt mir ein, daß ich dieses Schild, daß ich sonst immer gesehen hab, wenn ich die Hochschwab Bundesstraße befahren hatte, schon lange nicht mehr sah. “Warum wurde das Schild weggeräumt?” frug ich mich und gleichzeitig war ich mir sicher, daß es die kleine, ehemalige Holzfällersiedlung Dürradmer sicher noch gibt. Oder wohnt dort inzwischen gar niemand mehr? Ich blieb stehen, startete Google Maps und gab “Dürradmer” als Ziel ein. “Fahrzeit sieben Minuten” sagt das Navi und weil wir schon ein schönes Stück hinter Greith sind, weist mir das Navi den Weg über Rotmoos. Das war der Anfang vom Irrtum, der uns am Beginn der Tour noch etwas Kopfzerbrechen machen sollte.
Ich war schon einmal am Hochstadl. Am 28. Oktober 2000 bin ich dem höchsten Berg der Ybbstaler Alpen auf’s Dach gestiegen. Ich hab diese Tour sowohl als sehr schön wie auch als recht anstrengend in Erinnerung. Sicher, der Gipfel des Hochstadl ist sowohl aus Rotmoos wie auch aus Dürradmer nur durch einen weiten Hatscher erreichbar. Und ja, es gäbe eine Möglichkeit, die Entfernung beträchtlich abzukürzen. Insgesamt um gut zehn Kilometer könnte man die Tour abkürzen. Wenn man sich beim Gasthaus in Greith eine Bewilligung der Bundesforste löst, kann man auf der Forststraße bis zum zweiten Schranken hinauf fahren, was die Strecke jeweils um rund fünf Kilometer verkürzt. Das hatten wir aber weder heute vor noch hatte ich das damals, vor über zwanzig Jahren vor. Damals startete ich die Tour aus Rotmoos und hab mich gleich nach dem Steig zur ersten Forststraße, verschlafen, wie ich war, verhaut. Ich bin, statt einmal bei einer Markierung rechts abzubiegen, den ganzen Umweg um den Hasenkogel und den Tannberg herum gegangen und erst dann, nach einem nochmaligen Irrtum, traf ich endlich auf den markierten Aufstiegsweg. Beim Abstieg ist mir der nächste Lapsus passiert und ich bin statt zurück nach Rotmoos über die Kräuterinhütte nach Dürradmer runter gegangen. Nachdem ich dann doch Rotmoos erreicht hatte, war ich recht froh, wieder beim Auto zu sein. Daß es über zwanzig Jahre später am selben Berg wieder etwas wirr zugehen sollte, hätte ich mir allerdings nicht vorstellen können.
Karte zur Tour. Bei der Streckenführung um den Umundumkogel herum bin ich mir inzwischen sicher, daß wir die Variante in Lila genommen haben, also im Uhrzeigersinn herum.
Tour (Rekonstruktion mit Komoot) auf mapy.cz
4:16 Uhr beim Parkplatz am Grubberg in der ersten Kehre, Blick nach Norden. Obwohl es eigentlich ohne Sommerzeit erst viertel nach drei ist, ist es schon recht hell.
Das südliche Ende von Dürradmer, einer kleinen, abgelegenen Siedlung (ehemalige Holzfällersiedlung) in der nördlichen Steiermark, Gemeinde Mariazell, Bezirk Bruck-Mürzzuschlag. Die Häuser schauen alle durch die Bank sehr gepflegt aus und die Ortschaft macht keineswegs einen verlassenen Eindruck. Aber warum hat man dann den Wegweiser von der Hauptstraße entfernt? Na gut, wir haben es ja hierher geschafft.
Genau hier am Rand dieses Weilers hab ich mich auf eine Abstellfläche gestellt, wo kein Parkverbot ausgeschildert war und wir haben uns abmarschbereit gemacht. Um 5:29 Uhr sind wir los marschiert, genau in die Richtung, aus der wir kamen und beim Abzweig am rechten Ast. Wir waren am Weg zu Nappenbachklause und Kräuterinhütte (dachte ich wenigstens).
Schon in aller Früh erfreuten uns wunderschöne Blumen.
Die Schotterstraße ist angenehm zu gehen, wir kommen gut voran.
6:08 Uhr. Wunderschöner Ausblick, aber hier werde ich erstmals stutzig. Wie kann es sein, daß wir am Weg von Dürradmer zur Nappenbachklause so einen schönen Ausblick zum Hochschwab und zum Hochtürnach haben, der sich rechts langsam ins Bild drängt? Das würde ja heißen, daß unter uns Rotmoos liegt. Aber Rotmoos liegt genau SÜDLICH von Dürradmer, während sich die Nappenbachklause WESTLICH befindet! Wir gehen allerdings unbeirrt weiter. Was sollten wir den sonst tun? Alle Wege führen irgendwann und irgendwie nach Rom.
6:47 Uhr. Wir kommen zu einer Weggabelung, die ich auf meiner Karte (wo ich zu sein glaube) nicht finden kann. Wir sind seit über einer Stunde unterwegs und müssten uns langsam der Nappenbachklause nähern. Diese Weggabelung hat irgendwie keinen Sinn. Wir entscheiden uns nach Bauchbefühl für den rechten Ast, weil links etwa 200m vor uns eine Seilwinde steht und noch weiter hinten ist ein Sendemast zu erkennen, den ich (im Moment meiner Konfusion) nirgends zuordnen kann. Gleich nach dieser Weggabelung zwei weitere, die nach links führen. Wir wählen die, die älter ausschaut. Nach wenigen hundert Metern mündet diese Straße in wilden Spuren großer Arbeitsmaschinen, ein Mugel ist vollkommen kahl geschlagen und wilde Spuren schweren Gerätes überziehen die Hänge. Da wir keine Ahnung haben, wo wir sind und ohne Gipfel nicht heimkommen wollen, besteigen wir diesen Mugel und feiern einen Gipfelerfolg zweifelhafter Natur.
Waldorf & Statler am Umundumkogel 1119m (wie sich später herausstellt). Wir gehen anschließend am Aufstiegsweg zurück zur Weggabelung und nehmen die nächstbeste Variante, die uns im Uhrzeigersinn um diesen Kogel herum führt.
Vor uns der Hochtürnach ist ein Anhaltspunkt.
Ungefähr der höchste Punkt des Umundumkogel. Ich hab hinter mir runter geschaut und mir eingebildet, da unten eine Straße zu erkennen, hatte aber keine Ahnung, um welche es sich handelt.
Beim Umrunden dieses Kogel kamen wir dann an diese Stelle, und Sonja sagt “Schau einmal, da sind wir doch vorhin oben gesessen!” Jetzt war klar, was das ist.
Auf den Karten hört die Straße, die im Uhrzeigersinn um den Umundumkogel führt, irgendwo im steilen Wald auf, in der Realität findet man dann diese alte Straße, die langsam von der Natur zurück geholt wird, aber noch immer recht gut begehbar ist.
Wie ein Krake sitzt diese Wurzel am Fels.
7:14 Uhr. Hochstadl steht da drauf. Wir sind wieder am richtigen Weg!
Diese Querung gehört zum Aufstiegsweg aus Rotmoos.
7:29 Uhr. Wir erreichen eine Forststraße mit einem Wegweiser.
Jetzt haben wir es amtlich, der Herr Benzin ist ein Depp. Oder der Hochstadl hat írgendwie was gegen mich. Keine Ahnung. Aber im Ernst, er hat mir nichts getan. Im Gegenteil. Meine Verirrungen hier sind immer, im Nachhinein betrachtet, positiver Natur und ich hab Dinge, Gegenden kennengelernt, die ich ohne diese Verhatscher (die in meinem Leben an und für sich sehr selten sind) nicht erlebt hätte.
Einmal sind wir ja noch ins Fettnäpfchen gestiegen. Links war ein markierter Abzweig in ein grasiges Tal hinein und aufwärts. Die Markierungen waren allerdings (so hatten wir den Eindruck) durchgestrichen. Auf der Straße stand ein Schild “Hochstadl” und wir blieben auf der Forststraße, die uns nach Norden in Richtung Jagdhauskogel umgeleitet hat. Dort wieder eine Wegteilung, bei der mir die Galle hoch kam. Fast wären wir zur Mitterberghütte gegangen. Aber nur fast. Nach dreihundert Meter Abstieg (Entfernung, nicht Höhenmeter) blieb ich stehen. “Da stimmt was nicht! Wenn wir dieser Straße folgen, gehen wir nicht aufwärts, sondern abwärts!” Ich hab dann, unwillig, aber auf Sonjas Anraten, die Karte genommen und diese mit Hilfe des Kompass genordet. “Ja leck mich doch am Arsch! Der Hochstadl liegt genau hinter uns!” Also umgedreht, den nächsten Abzweig rechts und gut war es.
8:32 Uhr. Da vorne ist ein gelbes Schild und ein Steig beginnt.
Aha. Nach Rotmoos zwei Stunden und zum Gipfel auch zwei Stunden. Und seit drei Stunden sind wir schon unterwegs, mit allen Umwegen. Das kann ja noch heiter werden. Mit diesem Abzweig hat sich allerdings die Natur der Wanderung komplett geändert. Ab hier wurde es wunderschön, mein Zorn verrauchte ganz schnell und alles war wieder gut. Keine Forststraßen mehr, nur mehr schöne Steige und schöne Natur.
9:09 Uhr. Wir sind an der Baumgrenze und unsere Umgebung wird fast märchenhaft.
Hier rasten wir. Eddie bekommt etwas zu fressen und wir genießen die wunderschöne Natur.
Ziemlich genau von der selben Stelle hab ich vor fast 23 Jahren ebenfalls fotografiert. Interessant, wie der Bewuchs in diesen Jahren noch deutlich dichter wurde.
9:41 Uhr. Der erste Blick zum Gipfel (links hinten). Schaut noch weit aus, die Erfahrung sagt aber, das ist nicht mehr so weit.
Die steilen, verwachsenen Hänge des Tannstein 1814m (östlich des Hochstadl)
Die nordöstlichen Abbrüche des Hochstadl
Hinter uns links Fadenkamp 1804m und rechts Graskogel 1742m
Wir sind am Nordgrat und schauen erstmals in Richtung Nordwesten zum Hochkar und …
… zum Verbindungsgrat, der über den Tremelsattel bis zum Dürrenstein führt.
Unsere Welt hier wird immer steiniger.
10:50 Uhr. Gipfelkreuz in Sicht. Das steht allerdings nicht am höchsten Punkt.
Wir gehen vorerst am Gipfelkreuz vorbei zum Gipfelbuch, das sich beim höchsten Punkt befindet.
Da vorne ist der höchste Punkt.
Hochstadl 1919m, der höchste Berg der Ybbstaler Alpen.
Grat Mitterkeil und Kleiner Hochstadl
Riegerin, Ebenstein und die beiden Griessteine inmitten der Bergwelt des Hochschwabgebietes.
Der Hochtürnach und dahinter der Hochschwab
Hochkar und Grat zum Dürrenstein
Blick zum Gipfelkreuz, das nördlich von uns steht.
Blick zu Salza und Hochschwab Bundesstraße B24 eintausenddreihundert Höhenmeter unter uns.
Alles hat ein Ende und wir müssen wieder gehen. Ein langer Abstieg liegt vor uns. Zurück lassen wir zwei Wanderer, die ebenfalls aus Dürradmer zum Hochstadl stiegen. Es waren die einzigen Menschen, die wir heute getroffen haben.
Blick über den Nordgrat. Und was sieht man da?
Die Berge bei Hinterwildalpen und dahinter das Hochkar. Genau vor uns müsste der Gratanstieg sein, der von Hopfgarten über den Buchsattel zum Hochstadelplateau führt. Ich möchte mir das gerne einmal anschauen, weiß aber noch nicht, ob mir das nicht zu steil (oder zu gefährlich) ist. Der Weg ist markiert und nummeriert.
12:26 Uhr. Vor uns der Fadenkamp …
… und hinter uns der Hochstadl sind wieder hoch über uns.
13 Uhr. Der Fadenkamp verschwindet hinter uns in der Ferne.
Ab jetzt geht’s meist (98%) auf einer groben, harten Schotterstraße abwärts. Noch 600 Höhenmeter bis zum Ausgangspunkt. Auf dieser Straße ist es teilweise (vor allem für Eddie) unangenehm heiß.
13:45 Uhr. Rast im Schatten eines Bildbaum.
Da vorne ist eine Gedenkstätte.
Zur Erinnerung an die “Große obersteirische Windwurfkatastrophe 1966/67
2.000 Hektar Wald wurden verwüstet, rund 1.500.000 Festmeter Sturmholz lag am Boden und über 1.000 Arbeitnehmer der Österreichischen Bundesforste waren in der Aufarbeitung, im Straßenbau und in der Wiederaufforstung eingesetzt. Eine großartige Gemeinschaftsleistung, für die öffentlich Dank und Anerkennung gebührt.
Damals hat ein Sturm, wie Stürme das halt seit ewigen Zeiten so tun, einen riesigen Schaden angerichtet. Und was haben die Menschen damals, Mitte der sechziger Jahre gemacht? Haben sie sich hingesetzt und gegen (oder für) das Klima gestreikt? Wollten sie Treibstoff, Energie und Lebensmittel unleistbar verteuern? Wollten sie den Menschen die Freiheit und alles nehmen, was ihnen etwas Wert war im Namen der heiligen Klimakirche? NEIN! Sie haben angepackt und mit vereinten Kräften unter Aufbietung all ihres Wissen und Könnens die Schäden beseitigt, wie rechtschaffene Menschen das früher nach Katastrophen getan haben. Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das heute noch einfach so möglich wäre, ohne daß die Klima-Nazi davon profitieren wollen und im Namen ihrer Geistesstörung das Volk drangsalieren. Was werden diese Idioten wohl in dreißig oder vierzig Jahren nach einer Naturkatastrophe fordern? Daß “Klimaleugner” am Altar der Klimakirche als Menschenopfer dargebracht werden, um die Götter zu besänftigen? Schicken wir diese Idioten in die Wüste, wo sie hin gehören!
14:17 Uhr. Jetzt haben wir nicht mehr all zu weit.
14:43 Uhr. Dürradmer in Sicht.
14:48 Uhr. Ein paar Meter noch, dann ist die Tour nach nicht ganz neuneinhalb Stunden und sicher über 20 Kilometer zu ENDE. Trotz aller “Komischheiten”, die sich zugetragen haben, waren es wieder einmal wunderschöne Stunden in der Natur.