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26. Juni 2011

Paessetour 2011 – Zum Gardasee und in die Dolomiten – Paesse bis zum Abwinken

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2937km in neun Tagen

2011_paessetour_001 Nach der Tour ist vor der Tour, sagt ein Sprichwort. Dies war die vierte Auflage von Benzins Pässetour, die uns diesmal zum Gardasee führte. Treffpunkt war der Gasthof Ruetz in St.Sigmund im Sellrain, wo wir wieder wie Könige bewirtet wurden. Ganz reibungslos verlief diese Tour nicht, dafür sorgten technische Probleme und ein Sturz, der jedoch gottlob glimpflich verlief.
Trotzdem war es wiederum eine wunderschöne Tour, die ich nicht missen möchte. Es liegt gar nicht an der Strecke, es liegt an den Leuten, ob so eine Motorradtour schön ist oder nicht. Vor allem, wenn ungeplantes passiert. Erst dann stellt sich heraus, ob die Mannschaft was taugt, oder nicht. Es war wieder einmal die richtige Mischung, die den Ausschlag gab, um gemeinsam Spaß zu haben. Wir verstehen uns einfach gut.

Besonders leid tat mir Axel, der so viel Pech mit seiner Honda hatte, und dass manch Freund nicht dabei war. Aber wie schon am Anfang gesagt, nach der Tour ist vor der Tour, und ich denke, es wird auch nächstes Jahr wieder eine Pässetour geben. Vielleicht sehen wir uns dann ja alle wieder. Nun einige Erlebnisse und Anekdoten dieser ereignissreichen Tour.

Freitag, 10. Juni – Anreise nach Tirol:
Amstetten – B121 Waidhofen/Ybbs – Weyer – B115 Altenmarkt – B117 Admont – B146 Liezen – Radstadt – L163 Wagrain – St.Johann im Pongau – B311 Schüttdorf – B168 Mittersill – B165 Wald im Pinzgau – Alte Gerlos Bundesstraße – B165 Zillertal – B169 – A12 Inntalautobahn – A13 Brennerautobahn – Abfahrt Innsbruck Süd – Mutters – Götzens – Axams – Grinzens – Sellrain – L237 – St.Sigmund im Sellrain
Gasthof Ruetz
Streckenlänge:
412km

2011_paessetour_002 Die Anreise nach Tirol verlief unspektakulär. Auf der ganzen Strecke bis St.Sigmund war relativ wenig Verkehr, speziell für den Freitag vor Pfingsten. Ich Eumel hatte diesen Umstand bei der Planung gar nicht bedacht, und als ich es bemerkte, war es zu spät. „Pfingsten! Das kann was werden!“, dachte ich. Auch die Wettervorhersage hätte man entmutigend finden können. Nun, vielleicht haben wir sogar den Wetterfröschen zu verdanken, dass kaum etwas los war auf den Straßen Tirols, Vorarlbergs und Italiens, denn die hatten absolut mieses Wetter für die ganze Region angesagt, und zwar dauerhaft. Ganz sicher ließen sich viele abschrecken, fuhren woanders hin oder blieben daheim. Allerdings merkten wir nicht viel vom vorhergesagten Sauwetter. Verglichen mit den Verhältnissen der letzten Pässetouren war diese um nichts nasser.

Ich fuhr um 7:15Uhr los, einfach, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Ein Jahr lang hatte ich mich auf diese Tour gefreut. Nun war es endlich soweit. Die erste Rast hielt ich aus Gewohnheit in Admont an der Tankstelle. Laut Google Maps hatte ich 410km vor mir, da kam der erste Kaffee nach knapp 80km gerade recht. Ich hatte es nicht eilig. „Wo fährst du hin?“, frug mich ein fremder Motorradfahrer. „Zuerst nach Tirol und dann zum Gardasee“. „Das hatten wir auch vor, aber wir haben jetzt umdisponiert auf Kroatien. Hast du den Wetterbericht für den Raum Gardasee gesehen?“ „Ja, hab ich“, antwortete ich, „Die ganze Woche absolut beschissen. Wir fahren aber trotzdem!“ „Na, dann viel Spaß“, rief er mir noch zu, dann brauste er ab. Ich trank gemütlich meinen Kaffee aus, dann fuhr auch ich weiter gen Westen. 2011_paessetour_004

In Reitdorf, gleich nach Altenmarkt im Pongau, genehmigte ich mir den nächsten Kaffee und ein Stück Erdbeertorte. Der kleine Gastgarten war einfach zu verlockend und die dunklen Wolken vor mir luden nicht gerade zum Weiterfahren ein. Was ich übersehen hatte war, dass St.Johann im Pongau in einer anderen Richtung liegt als die Schlechtwetterfront. Es blieb trocken.

Im Raum Zell am See dürfte es Freibier ab 8Zylinder und 300Ps gegeben haben, denn die Boliden aus Maranello waren dort eindeutig in der Überzahl. Vorletztes Jahr um diese Zeit wuselten hier Roller zuhauf herum. Nun, ehrlich gesagt weiß ich nicht recht, was hübscher anzuschauen ist, ein großer Haufen Roller oder ein kleiner Haufen Ferrari. Wobei sich mir die Frage stellt, wie viele Ferrari könnte man für alle Roller kaufen, die ich damals sah? Einen? Einen ganz kleinen vielleicht? Gibts überhaupt kleine Ferrari? Oder wäre es umgekehrt vielleicht interessanter? Wie viele Roller bekäme man für einen Ferrari? Für einen Maranello beispielsweise, weil die am häufigsten waren? So viele, dass Zell am See mitsamt dem Glockner in Roller erstickt?

2011_paessetour_010 Den nächsten Kaffee genoß ich dann bei der Abfahrt von der Gerlos, die ich über die alte Straße bezwang. Vom Rastplatz aus kann man einen wunderbaren Überblick über das Zillertal genießen, das allerdings fahrerisch überhaupt nichts hergibt. Die Höhenstraße natürlich ausgenommen. Ich war froh, die Inntalautobahn zu erreichen, steuerte den Brenner an und fuhr über Innsbruck Süd, Mutters und Axams ins Sellraingebiet, wo mich wenige Kilometer vorm Gasthof Ruetz der Regen erwischte. „Merde!“ Eines fällt mir in den letzten Jahren schon auf. Kaum denkt man an Ruetz oder Sellrain, beginnts zu regnen. Aber man gewöhnt sich dran, ja, man geht mit der Zeit richtig los drauf.

Als ich Axel sah, war der Regen jedoch schnell vergessen. Mensch, das Strahlen dieses Mannes macht das größte Sauwetter zum Sonnenschein. Wieder war er über 1000km aus Bremen angereist. Einmal im Jahr in die Berge, koste es, was es wolle. Das ist Enthusiasmus. Der Streich, den ihm die Technik an diesem Wochenende spielte, war grausam. Am späten Abend gesellte sich noch Horst aus München dazu, womit der Spaß, vorerst zu dritt, beginnen konnte.

 

Samstag, 11. Juni – Rundfahrt Tirol – Vorarlberg
St.Sigmund – Kühtai – Oetz – Imst – Hahntennjoch 1894m – L198 Warth – B200 Au – L193 Damüls – L51 – Furkajoch 1761m – Rankweil – L73 – Übersaxen – Düns – L54 Thüringerberg – Thüringen – Ludesch – Bludenz – B188 Tschagguns – Silvretta Hochalpenstraße – Bielerhöhe 2036m – Galtür – Ischgl – Landeck – B171 Imst – Haiming – Haimingerberg – L237 Sellrainstraße – St.Sigmund im Sellrain
Streckenlänge: 359km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_100 In den letzten Jahren meinten wir, eine Regelmäßigkeit festgestellt zu haben. Regen am Abend bedeutet im Sellraingebiet, dass es am nächsten Tag schön ist. Heuer kam eine neue Erfahrung dazu. Oder es regnet. Das kommt ganz auf´s Wetter an. Nach einem späten Frühstück zwängten wir uns in die Lederkombi und machten uns fertig. Eine kleine Rundfahrt durch Tirol und Vorarlberg war angesagt. Vielleicht, wenn wir Glück hatten, würden wir auf der Silvretta Hochalpenstraße mehr sehen als vor 4 Jahren. Damals hatte es wie aus Kübeln geschüttet. Es regnete zwar nicht direkt bei der Abfahrt, aber der Himmel war recht dunkel. „Wie lange würde es trocken bleiben?“, fragten wir uns. 2011_paessetour_105

Gleich bei der Auffahrt zum Hahntennjoch hätte es mich fast auf die Pfeife gehauen. Axel meinte später, da waren überall Ölflecken auf der regennassen Fahrbahn, aber ich hatte sie schlicht und einfach nicht gesehen. Beim Gasgeben schmierte dann der Hinterreifen recht brutal ab. Mit einigem Glück konnte ich die Kiste noch einfangen. Ab da sah ich nur mehr Öl auf der Straße. Meine Güte, ich kann mir gar nicht vorstellen, was da alles drüber fährt, so viel Öl gibts dort. Fast könnte man meinen, man ist in Saudi Arabien. Ich hatte Schiss wie schon lange nicht mehr. „Bloß nicht auf die Fresse fliegen“, dachte ich.

2011_paessetour_106 Das Furkajoch in Vorarlberg war für mich und Axel Neuland. Eine relativ schmale Straße führt durch wunderschönes Gebiet, und der Regen, seit Warth unser Begleiter, hatte sie sauber gewaschen. Keine Angst mehr, nur mehr Spaß, trotz Regen. Die Dunlop haften wie Superkleber. Irgendwo zwischen Rankweil und Bludenz, also in der Gegend von Übersaxen und Thüringen (nein, nicht in Deutschland!), gibts einen Gasthof Krone mit einem Schotterparkplatz gegenüber. Aufmerksam wurde ich auf diesen Gasthof eigentlich durch die Traktor, die davor standen. Es waren Schweizer, scheinbar auf Ausflug. Ein großer Mc Cormick zog einen scheinbar verreckten kleineren Mc Cormick, als „Geleitschutz“ fungierten zwei dreirädrige Kastenwagen und ein „Bucher“ Traktor. Nein, ich bin kein Traktor Experte, ich weiß das nur, weil´s drauf stand und ich die Fotos hab. Muß auch ein einmaliges Erlebnis sein, mit einem Traktor ins Ausland zu reisen. Wobei Vorarlberg für die Schweizer ja nicht wirklich Ausland ist. Zumindest ist ihre Sprache der „Xibergischen“ ähnlicher als unserer, und sie wohnen auf der gleichen Seite des Arlberg, also der Österreich abgewandten Seite. 2011_paessetour_119

Der Kaffee und das Essen mundeten ausgezeichnet. Diese Gegend rund um den Gasthof, die sich einerseits Dünserberg, andererseits Thüringerberg nennt, ist landschaftlich und motorradfahrerisch ein kleines Paradies. Es ist bei Gott keine Raserstrecke, aber für´s Motorradwandern ein Geheimtip. Wenig Verkehr, unglaublich ruhig und wunderschön, sogar trotz Regen. Man sollte es vielleicht ja gar nicht erwähnen, sonst kommen wieder ein paar Deppen auf die Idee, es dort krachen zu lassen, und dann ist es auch dort vorbei mit der Idylle. Aber ich glaub fast, diese Gegend interessiert zu wenige. Fast ein wenig zu abgelegen und vor allem gibts hier keine „Bikertreff“.

2011_paessetour_127 Gott, was hasse ich diesen Ausdruck. Ich dachte immer, Biker sind Radfahrer, aber auf den Schildern sind immer Motorradfahrer abgebildet, ergo müssen sie uns meinen. Uns? Nein, uns drei sicher nicht. Diese Bikertreff haben ja oft, oder meistens, etwas ganz besonderes an sich. Sie haben nichts zu bieten, außer einem Parkplatz, aber sind gewillt, Motorradfahrer zu bewirten. Das ist ja schon was, denken sie wohl, und das soll die Tafel mit der Aufschrift „Bikertreff“ ja möglicherweise sagen. Fehlt nur mehr: „Home of warm beer, lousy food, and ugly waitresses. Biker welcome!„, dann kommt´s der Wahrheit schon recht nahe. Aber wie gesagt, sowas gibts dort nicht, die konzentrieren sich mehr auf die Hauptverkehrswege, und das ist gut so. 2011_paessetour_129

Ja, und dann kamen wir zur Silvretta. Das erste, was uns neben dem heftiger werdenden Regen ins Auge stach, war ein recht verbogenes Auto und eine tote Kuh. Eigentlich keine Kuh mit Euter, sondern eine Gummikuh, also eine BMW mit Boxermotor. Dem Fahrer, dem den Kampfspuren nach zu urteilen (man kann sich aber auch irren) die Vorfahrt genommen wurde, war offensichtlich nichts passiert. Er telefonierte mit etwas verdatterter Mine. „So kann ein Urlaub auch enden“, dachte ich, „aber gottlob erwischt es immer die Anderen“. Es war wie ein Gebot zur Vorsicht, denn unser Urlaub hatte eben erst begonnen. Doch trotz Regen war die Silvretta schön. Vor allem recht einsam, und das alleine ist schön.

Der Rest der Tour, vor allem die B171 von Landeck nach Haiming, war recht unspektakulär, wenn man von einem abermals abschmierenden Hinterreifen am Haiminger Berg absieht. Auch dort war Öl auf der Straße. Kein Wunder, dass Öl so teuer wurde. Nach der Rückkehr brauchten wir nur mehr Guido, der ebenfalls schon eingetroffen war, begrüßen und uns von Ruetz köstlich bewirten lassen, dann war der erste gemeinsame Urlaubstag fast schon wieder vorüber. Jetzt musste ich nur mehr die Dusche besiegen.


Sonntag, 12. Juni – Rundfahrt Timmelsjoch – Jaufenpaß – Brenner
St.Sigmund – Sellrainstraße – Oetz – B186 Sölden –
Timmelsjoch (Passo del Rombo) 2474m – St.Leonhard in Passeier – Jaufenpaß (Passo di Monte Giovo) 2094m – Sterzing – Brennerpaß (Passo del Brennero) 1374m – Alte Brennerstraße – Innsbruck – Mutters – Götzens – Axams – Sellrain – St.Sigmund
Streckenlänge: 239km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_200 Uuuaaaaa………….! Mann, was das Wasser kalt. Vor allem, wenn man am frühen Morgen unvorbereitet von einem breiten Strahl getroffen wird. Was denkt man sich dabei, wenn man so eine Dusche konstruiert? Nix wahrscheinlich. Ich hatte diesem Ding von Anfang an misstraut. Sicher, sie schaut auf Anhieb wie eine normale Duschkabine aus, nur dass in der Wand noch weitere Düsen herausragen und die Einfassung nicht eckig, sondern rund ist. „Wie eine Kabine zum Beamen“, dachte ich. Auch von einer Mischbatterie ist nichts zu sehen, nur zwei übereinander liegende, runde, undefinierbare Knöpfe. „Was passiert, wenn ich daran drehe oder drücke?“, fragte ich mich. „Kommt dann Wasser raus, oder stehe ich nackt in Innsbruck vorm Goldenen Dachl?“ 2011_paessetour_203

Versuch macht kluch, also drehte ich an einem der Knöpfe, und oh Wunder, aus dem Brausekopf, der auf und abschiebbar an einer Stange befestigt ist, kam Wasser. Kaltes Wasser natürlich. „Hmmm…, vielleicht sollte ich es eine Weile laufen lassen?“ Dann wurde es mir zu bunt. Ich drehte auch am zweiten Knopf, und ein eiskalter Strahl traf mich von senkrecht oben am Kopf. Auch dort war ein riesiger Brausekopf versteckt! „Uuuuaaaaaaaa……….“. Sofort drehte ich diesen Knopf in eine andere Position. „Uuuuuuaaaaaaaaaaaa………..!“ Jetzt spritzte auch aus den Düsen an der Wand eiskaltes Wasser heraus. Mein ganzer Körper wurde aus allen Richtungen von eiskaltem Wasser geduscht. Panik erfasste mich. „Das Ding will mich umbringen!“ Irgendwie schaffte ich es, dass Wasser abzudrehen, dann verließ ich fluchtartig diese Folterkabine, zog mich an und ging die Wirtin fragen, wie das Zeug funktioniert.

2011_paessetour_206 „Das ist doch ganz einfach! Da sind zwei Knöpfe, die…….“ „Ja, die kenn ich schon. Und wenn ich dran drehe, kommt von überall kaltes Wasser raus!“ knurrte ich missmutig. Axel oder Horst, ich weiß nicht mehr wer, erzählte mir später, er hätte zwei Jahre mit dieser Dusche gekämpft. Ich hab´s dann doch irgendwie geschafft. Ja, ich hab es sogar geschafft, dass dort, wo ich es wollte, warmes Wasser herauskam. Nur wie, das weiß ich bis heute nicht. Ich hab einfach mit der Hand durch den Spalt, den ich offen ließ, von außen natürlich, so lange probiert, bis es passte. Fragt mich bitte nicht, wieso es plötzlich passte!

Es sollte ein traumhafter Tag werden. Zumindest, was das Wetter betraf. Für den Axel wurde es zum Albtraum. Es war für ihn der Anfang vom Ende der Tour. Die verdammte Technik dieser Honda hat wieder einmal zugeschlagen. 2011_paessetour_207

Bei Kaiserwetter erreichten wir das Timmelsjoch und anschließend St.Leonhard in Passeier, wo ich im Ort einen Gasthof suchen wollte für eine Kaffeepause. Wir waren schon so oft hier vorbeigefahren, aber noch nie stehengeblieben. Das kann´s doch nicht sein. Beim Kreisverkehr am Abzweig nach Meran verfranzte ich mich kurz, erwischte statt der Einfahrt in den Ort die Ausfahrt nach Meran, drehte aber sofort um und bog richtig ab. Beim Umdrehen meinte ich, „Verdammte Scheiße!“ gehört zu haben. Ich sah Axel hinter mir umdrehen und dacht noch „na mein Gott, wegen der fünf Meter so einen Aufstand!“ und fuhr weiter. Dann stand ich eine Weile alleine am engen Ortseingang. „Wo sind die den bloß?“ Als Horst kam und herumfuchtelte, schwant mir böses. Da war etwas passiert! Aber was? Dann die Hiobsbotschaft: „Axels Honda ist verreckt“.

Zurück beim Kreisverkehr traf ich auf den Rest der kleinen Mannschaft. Axel einigermaßen sauer, die Honda offensichtlich ohne Strom. Mäusekino tot, lässt sich nicht mehr starten, war die vorläufige Diagnose. „Wird doch nicht wieder, wie vor zwei Jahren, der Regler sein?“ Nach längerem Hin und Her kamen wir drauf, dass sie sich anschieben lässt und dann läuft. „Ok, dann darfst du ab sofort nur mehr bergab stehen bleiben“, war mein Kommentar. Dann fuhren wir zum Stroblhof einen Kaffee trinken.

2011_paessetour_214 Die Fahrt über den Jaufenpass war schön, und auch der Brenner zeigte sich von seiner besten Seite. In Österreich herüben lud wieder ein schöner Gastgarten zum Kaffee und zum späten Mittagessen ein. Das Naturschnitzel mit Beilagen war dermaßen gut und reichlich, dass man auch den Namen der Gaststätte, Gasthaus Wolf bei Steinach am Brenner, erwähnen kann. Da kehr´ ich jederzeit wieder ein.

Ab Matrei befuhren wir die „Alte Römerstraße“, die uns, wie jedes Jahr, muß man schon sagen, an der Skisprungschanze vorbei nach Innsbruck brachte. Schnell kommt man dort nicht voran, aber es ist ruhig (wenn nicht gerade das Postauto an einer Engstelle entgegen kommt). 2011_paessetour_219

Nach dem zweiten Kreisverkehr waren plötzlich nur mehr Guido und ich zusammen, Axel und Horst waren weg. „Ja mei, Horst kennt sich aus, was soll schon sein“, dachte ich, und wir fuhren weiter. In Innsbruck auf den stark befahrenen Straßen warten wäre nicht gerade lustig, und wozu auch? Wir fuhren eh nur zum Ruetz zurück. Bei der großen Linkskehre an der Auffahrt zur Brenner Bundesstraße hielten wir an, schauten auf Innsbruck hinab, rauchten und warteten. Es kam aber niemand. „Die werden sich doch nicht verfahren haben?“ Ich kontrollierte das Telefon, rief den Horst an, nichts. Keine Antwort ist gut. Sie fahren. Was könnten wir jetzt auch machen, wenn sie sich verfahren haben? Nichts! Hätte überhaupt keinen Sinn, sie zu suchen. Also fuhren wir weiter Richtung Sellrain. In der Gegend um Axams hielt ich nochmals und kontrollierte das Telefon. „Scheiße!“ Ein Anruf in Abwesenheit. Das bedeutet nichts gutes. Ich rief Horst an und höre: „Die Honda geht nicht mehr! Wir stehen in Innsbruck, gegenüber dem Tivoli Stadion.“ Na toll.

Also auf zum Ruetz, umgezogen, Guidos Auto mit Anhänger gestartet und ab nach Innsbruck, Axels Honda holen. Damit begann Axels Leidensweg, um den Urlaub zu retten. Inzwischen waren auch Andi und Uwe angekommen. Nächsten Tag wollten wir zum Gardasee starten. Aber nicht ohne Axel. Wir wollten es nicht wahrhaben.


Montag, 13. Juni – Rundfahrt Furkelsattel – Würzjoch – Kopfel Joch
St.Sigmund – Brenner – Brixen – SS49 Bruneck – Olang – SS43 – Furkelsattel (Passo Furcia) 1789m – St.Vigil – Zwischenwasser – SS244 St.Martin in Thurn – Würzjoch (Passi delle Erbe) 2006mKofeljoch (Passo di Eores) 1863m – Brixen – SS12 Brenner – Mutters – Götzens – Axams – Sellrain – St.Sigmund
Streckenlänge: 336km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_300 Was wir hatten, waren die Mobiltelefone und eine Internetverbindung aus dem Büro unserer Gastgeber, das sie uns zur Verfügung stellten. Dafür hatten wir absolut keine Ahnung, wo es hier einen Honda Händler gibt oder wo man hier Ersatzteile bekommen könnte. Noch dazu ein Ersatzteil für eine Honda Baujahr 2001, also nicht mehr ganz neu. Versuch einmal, an einem Sonntag Abend einen Händler zu erreichen, noch dazu am Pfingstwochenende! Keine Chance. Einer meinte etwas empört gegen 23:00 Uhr, „Und außerdem bin ich im Urlaub in Südtirol!“ Ach ja, da waren wir auch. Vielleicht ist er uns ja begegnet. Die Chancen, etwas zu erreichen, hatte sich seit dem Vortag nicht verbessert. Pfingstmontag ist ein Feiertag, also auch niemand erreichbar. Zumindest fast niemand. Ein paar Möglichkeiten gab es, und die wollte Axel mit dem Auto wahrnehmen. Angeblich gab es, so Axel, im Zillertal einen Laderegler. Möglicherweise war dieser die Ursache für den Kollaps der Honda. Viele Anzeichen sprachen dafür, aber nicht alle. Da es regnete, wollte Uwe Axel begleiten, der Rest, also Guido, Horst, Andi und ich wollten ein paar uns fremde kleinere Pässe in Südtirol erkunden. Um einen Tag die Abfahrt zum Gardasee verschieben, damit Axel die Möglichkeit hat, mitzufahren. Die Chance war da, und Axel wollte alles tun, um sie zu wahren. 2011_paessetour_301

Diesmal fuhren wir auf der Hauptstraße über den Brenner, an Sterzing vorbei bis zum Abzweig vor Brixen, dann Richtung Bruneck. Nach Bruneck sollte eine Ortschaft kommen, die Nieder-, Mitter- oder Ober Olang hieß, dort würde es, so Gott will, zum Furkelsattel gehen. Es war etwas kniffelig, aber wir fanden die Straße. Heraus kommt man bei einer Ortschaft namens St.Vigil. Weiter wollten wir, was laut Karte ganz einfach schien, nach Norden bis zur SS244 und nach Zwischenwasser fahren, und dann zum Würzjoch. Uwe hatte uns gewarnt. „Passt auf, man kann dort ganz leicht die schmale Straße erwischen, die ohne Abzweig nach Bruneck hoch führt. Keine Chance, da rauszukommen!“

2011_paessetour_302_2 Bei St.Vigil meinte ich, Daumen x Pi müssten wir die schmale Straße vor uns rechts abbiegen, dieser folgen und würden Zwischenwasser erreichen, aber nach ein paar hundert Meter hielt ich an. „Stop! Hier fahren wir nicht weiter! Das ist vermutlich diese schmale Strecke, aus der man nicht mehr rauskommt.“ Das war keine Straße, das war zu einem besseren Hohlweg geworden, und der führte nie zur Hauptstraße, ahnte ich, und wie die Tafel „Bruneck 16km“ weiter vorne zeigte, lag ich richtig. Das war die Falle, von der Uwe gesprochen hatte. Also zurück zur Kreuzung. 2011_paessetour_304

„Wo geht´s hier nach Zwischenwasser?“, frug ich den Herrn, der sich eben anschickte, mit dem Auto wegzufahren. Ich hatte ihn einfach geschnitten, um ihn anzuhalten. „Oh, nach Zwischenwasser? Das ist nicht einfach zu erklären“, meinte er, sah mich an, sah uns an, dann ein freundliches „fahr mir nach“, setzte sich ins Auto und fuhr los. „Wo fährt der hin?“ dachte ich, als wir ihm folgten. Ich wäre nie an dieser Kreuzung links statt rechts abgebogen. „Hat mich der sicher verstanden?“ Und ob mich der verstanden hatte. Er sprach ja auch tirolerisch. Wir bogen ein paar Mal ab, rauschten eine wilde kurvenreiche Strecke dahin, er mit dem Auto voran, wir mit den Motorrädern hinterher, dann kam die Ortstafel „Zwischenwasser“ und eine Kreuzung. Er kurbelte die Scheibe runter, grüßte, ich grüßte zurück, bedankte mich, und weg war er. Wieder einmal hat uns ein Italiener aus der Scheiße geritten. Wie voriges Jahr in Domodossolo auf der Suche nach dem Valle Cannobina, als wir uns im strömenden Regen überhaupt nicht mehr auskannten und aussahend wie Sau. Nette Leute, die Spagetti. Immer hilfsbereit, wenn´s drauf ankommt.

2011_paessetour_307 Genau bei dieser Kreuzung befindet sich der Gasthof Gader, wo es guten Kaffee gibt, und genau hier stehen die Wegweiser ins Paradies. Grödnerjoch, Campolongo Pass, Valparolapass, die Strecke in die Dolomiten. Nur von einem Würzjoch oder gar Kofeljoch (oder Kopfel Joch, wie´s in der Karte steht) ist hier nichts zu sehen. Wer will dort schon hin, wenn die Dolos nicht mehr weit sind? Wir zum Beispiel!

Natürlich sind diese „kleinen“ Pässe beziehungsweise Übergänge, also Jöcher, nicht weltberühmt wie die Dolomiten, aber schön sind sie allemal. Vor allem fährt man hier nicht praktisch im Kreis, womit die Gegend immer gleich bleibt, wie in den Dolos. Und so viele saublöde Spitzkehren gibts hier auch nicht. Dafür ist die Straße viel schmäler, was ganz andere Reize hat. Vor allem, wenn es naß ist. Was mich heute noch wurmt, das ist, dass wir nicht zur Blosehütte raufgefahren sind. Sicher, gesehen hätten wir vermutlich nicht recht viel bei diesem Wetter, aber versuchen hätten wir es sollen. Wir standen genau am Abzweig. Grrrrr……..! 2011_paessetour_310

Mission erfüllt, könnte man sagen. Über Brixen und Sterzing ging´s retour zum Brenner und geradewegs auf dem kürzesten Weg zum Ruetz und zum Axel.
Der war allerdings bei unserer Ankunft noch immer nicht da. „Wie gibt´s das? Der ist doch nur ins Zillertal gefahren! Oder?“ Ein Anruf hin, ein Anruf her und die Info „Wir haben noch etwa 100km zu fahren, dann haben wir den Regler.“ „Was? Die sind noch nicht einmal dort? In welches Zillertal fahren die denn, verdammt noch einmal?“ Vom Ruetz ins Zillertal sind es knappe 90km! Um 20:09 Uhr dann die niederschmetternde SMS. „Vöcklarbruck heißt das Nest, wo wir jetzt sind.“ „Ja leck mich doch am Arsch, die sind in Oberösterreich!“

Axel hatte sich verhört, oder sonst wie vertan, als er uns sagte, er fahre ins Zillertal. Wie gesagt ist er aus Bremen, und der Anbieter des Ladereglers für die Honda war tatsächlich in Oberösterreich, nicht im nahen Zillertal. Noch 130km weiter nach Osten, und er wäre bei mir daheim gewesen. Also würden sie erst spät in der Nacht zurückkommen. Dann gute Nacht.


Dienstag, 14. Juni – Fahrt nach Edolo
St.Sigmund – Brenner – Sterzing – SS508 –
Penserjoch (Passo di Pennes) 2211m – Bozen – SS42 – Mendelpaß (Passo della Mendola) 1362m – Dermulo – SS43 – Lago di Santa Giustina – SS42 – Tonalepaß (Passo del Tonale) 1884m – Edolo – Euro Hotel
Streckenlänge:
281km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_400 Rien ne va plus – nichts geht mehr. Zeitig in der Früh baute Axel den Laderegler ein, startet den Motor, klemmt das Messgerät an – kein Ladestrom! Es war, wieder einmal, die Lichtmaschine. Niemand in vertretbarer Entfernung hatte eine Lichtmaschine für eine SC44.. Niemand mehr hatte eine Idee, wie es doch weitergehen könnte. In Bremen läge eine in Axels Garage, aber Bremen war über 1000km entfernt. Hätte es eine Chance gegeben, wir hätten sie genutzt. Andi wollte in St.Sigmund bleiben, um mit Axel, falls sich doch noch etwas ergeben sollte, nachzukommen. Wir könnten uns ja in Edolo treffen. Ich wollte nicht, dass er dem Rest möglicherweise alleine folgen muß und wäre ebenfalls geblieben. Hätte es an diesem Tag eben zwei Gruppen gegeben, Horst mit Guido und Uwe, und ich mit Axel und Andi. Aber es tat sich keine Möglichkeit mehr auf, dass stand gegen 10:00 Uhr fest. Aus, vorbei. Das war für Axel das Ende der Pässetour. 2011_paessetour_401

Wir stellten wie jedes Jahr die Motorräder für ein Gruppenfoto zusammen und nahmen Axel in die Mitte, aber ich denke, man sieht am Foto deutlich, dass in diesem Moment keine rechte Freude aufkommen wollte. Am wenigsten bei Axel. So sehr hatte er sich gefreut, so sehr hatte er gestrahlt, und jetzt das. Aber trotzdem erwähne ich es hier nochmals, wie schon in Tirol. Es war nur ein technischer Defekt und kein Unfall, keine Krankheit. Das wäre alles weit schlimmer. Eine Panne ist ärgerlich, aber sie ist sogar nur quasi vor der Haustür passiert. Es hätte in jeder Hinsicht schlimmer kommen können. Axel, mach dir nichts draus. Nächstes Jahr bist du wieder dabei.

2011_paessetour_404 Es war ein komischer Moment, als wir ohne Axel wegfuhren. Wir waren jetzt zwar nur mehr eine recht kleine Schar, fünf Mann, aber voller Tatendrang. Jetzt ging´s los. Auf zum Gardasee. Wie würde das Wetter werden? Bei der Abfahrt war die Straße naß, aber es regnete nicht. Als Optimist ließ ich die Regenkombi im Tankrucksack, und es war gut so. 2011_paessetour_406

Anfahrt zum Penserjoch. Beim „Polizeiparkplatz“, also an der Stelle, wo wir vor drei Jahren diese seltsame, lustige Kontrolle hatten, rauchten wir noch eine Zigarette, dann auf zum ersten Paß der offiziellen Tour. Die Strecke ist uns nicht unbekannt. Ich hatte gesagt, ich würde es ganz gemütlich angehen lassen, denn ich bin nicht auf der Flucht und wolle fotografieren: Also winkte ich Andi gleich ganz unten vorbei. Er würde es wohl krachen lassen mit der Gummikuh. Es dauerte keine 3 Kurven, und weg war er. „Ich hab Zeit, mich treibt nichts“, trällerte ich vor mich hin, bemerkte aber, dass ich das Tempo, ohne es eigentlich zu wollen, anzog. „Ich fahr einfach so, wie es mir Spaß macht. Brauch mir ja nicht extra eine Geschwindigkeitsbeschränkung auferlegen“, dachte ich, und fuhr so vor mich dahin. Da taucht etwas weiter vor mir eine schwarze Gummikuh auf und wird immer größer. „Ups, der Andi. Will er nicht, oder kann er nicht? Der muß stehengeblieben sein, sonst gibts das nicht“, denk ich und schleich mich langsam heran. Er sieht mich im Spiegel und macht flotter, aber mit der Ace ist dranbleiben ein Kinderspiel. „Hehe, heuer geht das nicht mehr so, wie mit der schweren XJR“, grinse ich sehr breit vor mich hin und folge ihm den Berg hoch. Ja, das macht Spaß. Und wie!


2011_paessetour_408 Nächster ausgibiger Stop, Schloß Runkelstein. Heuer waren wir von den Tunnels vor Bozen nicht mehr so überrascht wie vor zwei Jahren, aber schnell würde ich diesen Streckenabschnitt nicht fahren wollen. Rein in den Tunnel, die Kiste umlegen, in Schräglage raus aus dem Tunnel und gleich wieder rein in den nächsten. Wenn man Pech hat, ist der Ein- und Ausgang naß, dann fliegt man auf die Fresse, wenn man zu schnell ist. Ohne mich, ich hab nicht vor, unfreiwillig abzusteigen.

Wie durch ein Wunder, den Bozen ist nicht klein und schon gar nicht einfach, und mit Hilfe von Horsts Navi natürlich, fanden wir rasch den Weg zum Mendelpaß. 1362m ist dieses Pässchen bloß hoch, aber die Straße da hinauf gehört zum geilsten, was man sich als Motorradfahrer nur wünschen kann. Unten sind die Kehren lang, breit und flott, oben wird´s teilweise kriminell schnell für dieses Gelände, wenn man´s drauf anlegt, und auch recht eng, aber Spaß macht´s jederzeit. Die Reifen finden jederzeit genug Haftung auf diesem Asphalt – wenn nicht ein faustgroßer Stein auf der Ideallinie liegt. Genau das war in der ersten Rechtskehre der Fall. Aber durch die breite Fahrbahn und die geringe Geschwindigkeit, es ist immerhin öffentlicher Straßenverkehr, konnten wir alle diesem Hindernis problemlos, mehr oder weniger jedenfalls, ausweichen. Droben gab´s dafür Spagetti. Wie immer, könnte ich jetzt weltmännisch sagen. Aber ich war erst einmal vorher oben. Also, es gab auch dieses Mal Spagetti. Nicht, weil´s nichts anders gäbe, sondern weil sie gut sind. 2011_paessetour_410

Den Blick von der SS43dir zum Lago di Santa Giustina, einem Stausee, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, ebenso nicht den Blick von der Brücke der SS43, die über den Abfluß des Sees führt. Wie ein US-Canyon schaut der tiefe Einschnitt von dort aus.

2011_paessetour_411 Dann folgten wir der SS42 zum Tonale Paß, bretterten rechtschaffen hinauf, ich voraus, der Andi mit der Kamera hinterher, hielten Rast am Scheitel, und bei der Abfahrt hat es mich auf die Fresse gehauen. Wie ein Vollidiot lag ich da, den Gasgriff in der rechten Hand, den Gummi des rechten Spiegel in der Linken, den ich im liegen abmontiert hatte, weil das so Scheiße aussah, wie er sinnlos in der Gegend herumhing. Ich hatte nichts besseres zu tun, als liegen zu bleiben, denn das Motorrad lag auf meinem rechten Arm. Ich hatte die Ace nicht ausgelassen, damit ihr ja nichts passiert. Eigentlich hatte ich nur Angst, dass mich jetzt liegend einer über den Haufen fährt. Ich war absolut hilflos, aber völlig unverletzt. 2011_paessetour_415

Wir fuhren recht gemütlich dahin. Andi war voraus gefahren, weil er filmen wollte, hinter mir fuhr Guido. Wir hatten keine Eile. Vor mir tauchte eine langsame, aber zackige links-rechts Kombination auf, die ich auch zackig ansetzte. Dann rutschte ich in der Links von der rechten Fußraste. Keine Ahnung, wieso. Ich zog die Flosse ein, schmiss dabei die Ace nach rechts, und wollte den rechten Fuß wieder auf die Raste stellen, wobei ich entweder wieder abrutschte, oder die Raste war gebrochen. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, in diesem Moment eine Fußraste gespürt zu haben, aber ich kann mich genau erinnern, wie ich mit dem Fußballen plötzlich auf dem Bremshebel stand. Der Hinterreifen hat sich zwar heftig gewehrt und versuchte alles, um haften zu bleiben (hat sich echt geil angefühlt), aber ich zwang ihn ja mit der Fußbremse, abzuschmieren. Gemütlich legte ich mich hin, drehte mich mit der Ace in der rechten Hand um die Achse, peilte Daumen x Pi, ob ich noch vor der Leitschiene zum Liegen kommen oder einschlagen würde, beobachtete den Gegenverkehr aus Furcht, überfahren zu werden, und tröstete zu guter letzt Guido, als er mit großen Augen vor mir stand und nur ängstlich „Hannes?“ herausbrachte. Ja, es sah komisch aus, wie ich mit verdrehtem rechten Fuß neben der Ace lag, das hatte ich auch selber bemerkt. Aber das ging mit begrabenem rechten Unterarm nicht anders. „Ich bin ok, mir ist nichts passiert! Heb bitte das Motorrad auf.“ Vielleicht hab ich auch nicht bitte gesagt und war batzig, jedenfalls wollte ich die Kiste loswerden und aufstehen, bevor mich jemand überfährt.

2011_paessetour_416 Zuerst dachte ich, jetzt ist auch für mich der Urlaub vorbei. Der Lenker war abgebrochen, schien mir. War er nicht! Auch der Handbremshebel war nicht abgebrochen, nur der rechte Spiegel. Was nun? Den Spiegel braucht man ja nicht unbedingt. Was hätten wir den früher gemacht? Da hatte niemand einen rechten Spiegel, nicht einmal am Auto. Allerdings hatten und haben Motorräder, früher wie heute, links und rechts vorne, zumindest vorne jedenfalls, jeweils eine Fußraste. Meines hatte rechts vorne keine mehr, was schlecht war, wie ich für den Rest des Tonale runter feststellen mußte. Zwar hatte ich rasch einen Platz für den rechten Fuß gefunden, aber ebenso rasch hatte ich bemerkt, dass es das heiße Auspuffrohr vor dem Schalldämpfer war, was für die Stiefel in kürzester Zeit ein Desaster bedeutet hätte. Irgendwie ging es dann sogar, die Stiefelkante an den Überbleibseln der gebrochenen Fußraste abzustützen, aber für eine lange Urlaubsfahrt wäre das unmöglich gewesen. Ich hätte wohl oder übel so heimfahren können, mehr aber kaum. Unten an einer Tankstelle kam dann, wem weiß ich nicht mehr, der rettende Gedanke. „Schraub doch die Soziusraste vorne dran!“2011_paessetour_420

„Teufel, wieso nicht? Wenn die passt? Aber dann brauch ich unbedingt eine Flex, sonst bekomme ich die Überreste der kaputten Raste nicht herunter, denn die ist vernietet“. Da kamen die Rumänen zu Hilfe. In einem Graben unter der Tankstelle, also praktisch im Keller derselben, war ein kleiner Reifenhändler einquartiert. Es war ein Rumäne, der nicht deutsch sprach, wir dafür weder italienisch noch rumänisch. Oder nein, doch. Horst kann´s, der stammt von dort ab. Das war die Rettung. Horst geht runter, erklärt die Situation, deutet mir, ich soll außen herum fahren. Unten bringt man mir eine kleine Flex und ein Verlängerungskabel, und mit kräftigem Funkenflug schneid ich den Bolzen ab. Weg ist der Rest der Fußraste. Andi lieh mir sein Werkzeug, dass ich sogleich bei meinen Reperaturarbeiten ruinierte, dann war die Ace wieder voll einsatzfähig. Danke Andi. Tut mir leid. Danke für den Dolmetsch, Horst.

2011_paessetour_424 In Edolo hatten wir rasch Zimmer im Euro Hotel gefunden, dann drehte jeder für sich oder in Begleitung noch eine Runde. Horst mit Uwe am Motorrad, Guido und Andi auf der Suche nach etwas essbarem und ich, um diesen Ort, in dem oder in dessen Nähe ich schon vor 27 Jahren war, genauer kennen zu lernen. Ich kann mich gar nicht mehr richtig an die Gegend erinnern, aber es war im Zuge der Rally Valle Camonica 1985 mit meinem verstorbenen Freund Fritz Riegler. Der Pokal steht heute noch hier im Zimmer. Einiges an dieser Umgebung rund um Boario Terme und Edolo hat mich an damals erinnert, eine Stelle hab ich sogar wieder erkannt, selbst nach so langer Zeit. An Edolo konnte ich mich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern, nur an den Namen. Komisch, vor zwei Jahren waren wir, vom Gavia Pass kommend, auch hier durchgefahren. Auch daran kann ich mich so gut wie nicht mehr erinnern. 2011_paessetour_430

Ich stieg in einer engen Gasse, die wie aus einem italienischen Mafia-Film aussah, zur Kirche hoch, dann weiter in einer Wiese am Friedhof vorbei höher, wo ich dieses Gotteshaus samt Gottesacker und Umgebung fotografieren konnte. Es war genau 20 Uhr. Die Kirchturmglocke schlug an. Zuerst registrierte ich dies gar nicht bewusst. Mein Gott, jede Kirche bimmelt zur vollen Stunde. Dann fiel es mir auf, dieses wunderschöne Glockenspiel. Ich stand da oben in der Wiese und hatte direkt Gänsehaut. Noch nie im Leben hatte ich ein so schönes Glockenspiel gehört. Ich lauschte, bis der letzte Ton verhallte, dann stieg ich wieder hinunter in den Ort. Seltsam, ich hab im Internet gesucht und auch verschiedenstes Geläut und Gebimmel aus Edolo gefunden, aber dieses wunderschöne Glockenspiel, das ich am 14. Juni um 20 Uhr hörte, fand ich nicht. Schade. Diesmal wird mir Edolo aber auf jeden Fall in Erinnerung bleiben.


 

Mittwoch, 15. Juni – Zum Gardasee
Edolo – SS42 Malonno – SS294 Valle Paisco –
Passo del Vivione 1828m – Angolo Terme – Boario Terme – Lago d´Iseo – SS42 – Esine – SS669 – Passo di Croce Domini 1892m – Bagolino – Passo del Maniva 1664m – SS237 – Anfo – Passo del Maré 1418m (Sackstraße) – Lago d´Idro – Idro – Lago di Valvestino – Lago di Garda – Hotel Mercedes Limone sul Garda
Streckenlänge:
258km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_501 Ein paar Kilometer südlich von Edolo, bei Malonno, zweigt die SS294 rechts ab und führt schmal und romantisch zu einer Art Almgebiet am Passo del Vivione. In der Nähe von Angolo Terme wird´s richtig schluchtartig. Genau dort bin ich schon 1985 gefahren. Ich erkannte diese Straße sofort wieder. Von Angolo Terme gehts dann nach Boário Terme, ebenfalls einem Kurort, wie der Name schon sagt. Die Strecke, die wir fuhren, war irgendwie nicht geplant. Das Navi führte uns hin. Eigentlich wollten wir in westlicher Richtung über kleine Dörfer runter zum Lago d´Iseo fahren, standen aber plötzlich vor einer Fahrverbotstafel. Keiner von uns kann Italienisch, aber ich glaubte aus dem Beitext eine Fahrerlaubnis für Moped und Motorräder herauslesen zu können. Ein Radfahrer bedeutete uns nach einer kleinen Diskussion mit Händen und Füßen ebenfalls, wir könnten hier ruhig weiterfahren. 2011_paessetour_503

Also wohlgemut weiter. Das Sträßchen wurde immer schmäler und kurvenreicher, noch dazu von einer hohen Steinmauer begrenzt. Ganz wohl war hier sicher keinem mehr. Wir fuhren durch den, nun, ich würde sagen, durch den Hof mehrerer Steinhäuser, in dem Kinder standen und uns neugierig ansahen, und weiter zwischen den Mauern dem Lago Moro entgegen. Irgendwie wurde dieses kurze Stück immer unheimlicher, und ich dachte schon „jetzt fehlt nur mehr eine steile Treppe, dann sind wir erledigt!“ Umdrehen hätten wir nicht können, dazu war es viel zu eng. Aber nein, es war gar nicht nötig, es kam keine Treppe. Wir verließen diesen steinernen Hohlweg und erreichten einen Parkplatz am romantisch gelegenen See. Nun ja, es war ein See, wenn man so will. Eine große Pfütze würde der Sache aber näher kommen, etwa von der Größe des Blindenmarkter See hier bei uns. Beide muß man nicht gesehen haben, aber die Straße war sehenswert.

2011_paessetour_503_3Nach einer Kaffeepause am Lago d´Iseo ging´s wieder ein Stück nach Norden bis vor Breno zur SS669, auf der wir den Passo di Croce Dómini überschritten und zum Lago d´Idro vordrangen. In Anfo bogen wir rechts zum Passo della Spina ab, wo wir allerdings wieder umkehren mussten, da die weitere Schotterstraße nur wieder zum Passo di Croce Dómini geführt hätte, auf dem wir doch vorhin schon waren.

Weiter ging die Fahrt über Idro, mit einem kleinen Verhauer, den ich verursachte (man soll nicht führen, wenn man sich gar nicht auskennt!) zum Lago di Valvestino und zum Gardasee, den man von der kehrenreichen Strecke nach Bogliaco runter wunderbar überblicken konnte. „Mensch, ist das Ding groß. Wie am Meer“, dachte ich da. 2011_paessetour_505

In Limone Sur Garda mussten wir tanken. An die (geschlossene) Tankstelle grenzte eine Pizzeria, die zwar ebenfalls geschlossen hatte (wegen Reichtum geschlossen, wie in Italien üblich), aber die Terasse am Ufer des See war offen. Dort hielten wir Rast und tankten bei einer Zigarette Urlaubsenergie. Nach einer Weile frug ich „und wie wär´s, wenn wir gleich hier übernachten? Ist doch schön hier!“ „Ja, schon, aber die Preise werden hier geschmalzen sein“ war anfangs der Kommentar. „Geh, Uwe, schau mal ins Hotel da hinten und frag, was das kosten soll“, meinte ich über die Schulter. Uwe ging, und kam nicht wieder! „Jetzt verschwindet der auch schon zu Fuß!“ dachte ich mir verärgert. Wobei man fairer weise sagen muß, dass er bis zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Mal, im Gegensatz zur letztjährigen Tour, verschwunden war! Es gibt doch sowas wie Wunder.

2011_paessetour_514 „Ich weiß auch nicht, aber wenn er nicht mehr kommt, dann fahren wir halt ohne den Uwe weiter“, meinte ich halbherzig. Was will man den machen, wenn er nicht mehr kommt. Sind ja schon Männer verschwunden, die abends nur Zigaretten holen gingen. Plötzlich hielt ein kleines Auto genau vor uns, und am Beifahrersitz saß breit grinsend? Genau, Uwe! Am Steuer eine Dame, die mich, so seltsam es klingen mag, sofort an Miß Piggy von der Muppet Show erinnerte. Langes, ehemals vermutlich blondes Haar, etwas rundlich mit einem eigenartig aufreizendem Grinsen im Gesicht, einfach wie Miß Piggy. Sie stellte sich als die Chefin und Eigentümerin des Hotel Mercedes heraus. „Fahrt uns nach, ich hab schon alles geregelt“, grinste Uwe.2011_paessetour_529

Wir stellten unsere Motorräder in die Garage und enterten mit Gepäck die Lobby des Hotels. Preis unter 50.- Euro mit Frühstück, Zimmer Nummer 105, 107 und 113. Eine bombastische Rothaarige begleitete uns zu den Räumlichkeiten, die sich, nein, nicht im ersten Stock des Hotels befanden, sondern in einem Nebengebäude. Geräumige Zimmer, Balkon mit Blick zum See, und Türschlösser, die schon 1960 aus der Mode waren. Hier hat wohl in besseren Zeiten das Gesinde gehaust, oder es ist ein Überbleibsel aus der Anfangszeit, das jetzt Motorradfahrern feilgeboten wird. Die sind ja alle arm wie Kirchenmäuse, sonst würden sie nicht mit Fahrzeugen fahren, wo man bei jedem Wetter im Freien sitzt.

Nach einer warmen Dusche trafen wir uns auf der Terasse, speisten zu Abend und genossen anschließend die Ruhe und einige Getränke am Pool, mit grandiosem Blick zum See. Der einzige Wehrmutstropfen war dann nur mehr, dass ich das Zimmer nachts mit dem Horst teilen musste und nicht mit der rothaarigen Schönheit. Ach ja, der Kellner dürfte sowas wie der Sepp von Piggy gewesen sein, den irgendwie erinnerte das ganze an Gabi und Sepp in der Schweiz, nur ohne Fahne. (Vergesst es, wenn ihr die Treschs nicht kennt)

Donnerstag, 16. Juni – Ab in die Dolomiten
Limone sul Garda – SS45bis – Riva del Garda SS240 –
Passo San Giovanni 287m – Loppio – Manzano – Rovereto – SS46 Foxi – Passi Pian d´Fugazze 1162mPasso Xomo 1056m – Posina – Arsiero – Tonezza del Cimone – Passo d Vena 1546m – Fondo Grande – Passo del Sommo 1341m – Lavarone – Werk Gschwent (Forte Belvedere) – SS349 – Kaiserjägerstraße – Levico Terme – SS47 Borgo – Val Donega – Passo Brocon 1616mPasso di Gobbera 988m – Mezzano – SS50 – Passo di Rolle 1949mPasso di Valles 2031m – SS346 – Passo di San Pellegrino 1918m – SS48 Canazei Hotel Cristallo
Streckenlänge:
336km Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_600 Nein, das ist kein Witz. Am Hügel bei Riva del Garda steht tatsächlich auf einer Tafel „Passo San Giovanni“, ganze 287m über dem Meeresspiegel. Es war der kleinste von so vielen Pässen und Bergstraßen an diesem Tag, dass ich mich ehrlich gesagt kaum mehr erinnern kann, wo was war. Nur an eines kann ich mich noch genau erinnern. Bei der Abfahrt vom Passo di San Pellegrino hatte ich irgendwie den Kanal voll von den Kehren. „Was mach ich hier eigentlich?“ fragte ich mich. Ich konnte diese Scheiße, die ich noch nie mochte und die mit Motorradfahren genau so viel oder wenig zu tun hat wie Federball mit Tennis, einfach nicht mehr sehen. Ja klar, die Landschaft war überall prächtig, idyllisch, märchenhaft, aber diese verdammten Kehren! Ich glaub, im Zuge dieser Tour fuhren wir ungefähr eine Million Kehren.2011_paessetour_602

Irgendwo in einem kleinen idyllischen Nest namens Parrocchia, in der „Wildnis“ hielten wir am Vormittag Rast. Ich finde so eine Rast in einem abgelegenen Dorf wesentlich schöner als Rasten in einem Touristenzentrum. Der Kaffee kostet etwa einen Euro, das alkoholfreie Getränk aus Österreich (die Flaschen waren alle deutsch beschriftet und stammten zum größten Teil aus Österreich), einem Fanta entsprechend, gar nur 80 Cent. Erzähl das einmal einem einheimischen Wirt in Österreich!

2011_paessetour_604 Bei Laverone, eigentlich gar nicht weit weg von Rovereto, wenn man die direkteste Strecke fahren würde, zeigte mir Horst das „Belvedere“, besser unter dem Namen „Werk Gschwent“ bekannt, einer Festungsanlage aus dem Ersten Weltkrieg. Meine Güte, wie dumm können Menschen nur sein. Es wimmelt in dieser Gegend nur so von Festungsanlagen aus diesem unseeligen Krieg, tausende und abertausende Tonnen Beton wurden verbaut, tausende Kubikmeter Fels und Erde beseitigt, um sich einzugraben, und alles für nichts, für absolut nichts! Sie haben sich gegenseitig beschossen, erschlagen und erstochen, für nichts und wieder nichts! Alles nur, weil ein paar Idioten ganz oben gerne Krieg spielen wollten, oder was auch immer. Ein Trauerspiel sondergleichen. Ich finde es unheimlich wichtig, dass solche Bauwerke als Mahnmale stehen bleiben, erhalten werden und der Öffentlichkeit zugänglich bleiben, zum Gedenken an die unzähligen Menschen, die diesem Wahnsinn zum Opfer fielen. Nichts zeugt mehr von menschlichem Wahnsinn und Dummheit als solche Bauwerke.2011_paessetour_608

Aus dieser Zeit stammt auch die sogenannte Kaiserjägerstraße, die in den 70er und 80er Jahren des 19.Jahrhunderts von den Österreichischen Kaiserjägern angelegt wurde, um die Festungen mit Material zu versorgen. Sie ist heute asphaltiert, mit Randsicherungen versehen und harmlos zu befahren. Sie führt etwa von Laverone nach Lévico Terme am Lago di Lévico und Lago di Caldonazzo hinunter und bietet schöne Ausblicke auf das Seenbegiet.

2011_paessetour_612 Von dort folgten wir einer eher uninteressanten Straße bis Borgo, wo es wieder in die Berge ging. Berge und Pässe bis zum Abwinken. Brocon und Gobbera waren die Ersten, dann folgte entlang der SS50 das unglaubliche Kurvengewimmel zum Passo di Rolle, das schon auf der Karte zum schwindlig werden anregt. Eigentlich war dieser Abschnitt, wie einiges bei dieser Tour, gar nicht geplant, aber der Blick auf die Karte machte uns neugierig, und so änderten wir den Plan eben. Wer etwas erleben will, muß flexibel sein, und genau das sind wir. 2011_paessetour_616

Irgendwo in diesem Abschnitt hielten wir noch, um eine Zigarette zu rauchen. Genau vor uns war der Himmel recht düster. Bisher hatten wir recht viel Glück mit dem Wetter, es hatte praktisch nie geregnet, was ganz im Gegensatz zur Vorhersage für diese Region stand. Als wir so rauchten, fragten wir uns, ob uns das Glück weiterhin hold bleiben würde. „Ach was, das wird nichts“, meinte ich noch, beobachtete die Wolken aber weiterhin mit Argusaugen. Dann entschloss ich mich, doch die Regenkombi anzuziehen. Irgend etwas sagte mir plötzlich, „zieh die Regenkombi an, sonst wirst du naß!“ Noch bei jeder Tour waren wir zumindest einmal in ein schweres Gewitter geraten. Der Rest der Truppe folgte meinem Beispiel, wenn auch etwas zögernd.

Als wir wieder abfuhren und um die nächste Kurve bogen, schüttete es wie aus Kübeln. Bis Carnacei hatte sich die Lage allerdings schon wieder beruhigt, die Leute saßen mit kurzärmigen Hemden in der Sonne und dösten. „Ganz schön was los in der Gegend“, dachte ich. Im Gegensatz zu vor drei Jahren war Hochbetrieb, das Hotel fast ausgebucht. Wir fünf fanden gerade noch Platz, dann war die Hütte, das Hotel Cristallo, in dem wir schon einmal übernachteten, voll.

Auf der Terasse eines Restaurants genau gegenüber des Hotel Dolomiti ließen wir bei einem köstlichen Abendessen mit schönem Ausblick auf die beleuchtete Stadt den erlebnisreichen Tag ausklingen. Am nächsten Tag würde es in die Dolomiten gehen.

 Freitag, 17. Juni – Sella Rundfahrt, Rückreise nach Tirol
Canazei –
Passo di Fedaia 2057mPordoijoch (Passo Pordio) 2239mSellajoch (Passo Sella) 2240mGrödnerjoch (Passo Gardena) 2121m – SS244 – Bruneck – SS49 Brixen – SS12 Sterzing – SS44 Jaufenpaß (Passo di Monte Giovo) 2094m – St.Leonhard in Passeier – Timmelsjoch (Passo del Rombo) 2474m – Sölden – Oetz – Kühtai 2017m – St.Sigmund im Sellrain
Streckenlänge: 322km
Strecke auf Google Maps

2011_paessetour_701 Das Wetter war am Morgen etwas seltsam. Es regnete nicht, aber die Berge vor uns waren in dicke dunkle Wolken gehüllt. Besonders schwarz schien es Richtung Passo di Fedaia zu sein. Zwischen Frühstück und tanken gleich nach der Abfahrt hatten sich die Wolken allerdings so weit gelichtet, dass die Bergspitzen zu sehen waren. Plötzlich ging alles unglaublich schnell. Der Dunst verzog sich, der Himmel war nur mehr teilweise bewölkt, ja sogar an vielen Stellen strahlend blau. Innerhalb eine halben Stunde hatte sich der gewitterschwangere Himmel zu beinahe Kaiserwetter gewandelt. Beim Verlassen der Dolomiten wurde es allerdings auch wieder genau umgekehrt, nämlich schwer bewölkt. Das gibt´s nur in den Bergen.2011_paessetour_702

Wie vor zwei Jahren fuhren wir zuerst von Carnazei zum Passo di Fedaia, denn allerdings bogen wir in die kleine Straße ein, die uns nicht an den Fuß des Falzarego brachte, sondern ein schönes Stück weiter westlich in die Sellarunde mündet. Dem Pordoijoch, wo eine wunderschöne Ducati 999 stand, folgte das Sellajoch, dem sich das Grödnerjoch anschloss. Ab Corvara führt die SS244 nach Norden, und schwups, waren wir wieder in Zwischenwasser, wie vor ein paar Tagen. Jetzt brauchten wir nur mehr bis Sterzing der gleichen Route wie am Montag folgen, dann konnte praktisch nichts passieren. Ab Sterzing wollten wir noch, wieso auch nicht, den Jaufenpass und das Timmelsjoch mitnehmen, denn in dieser Richtung waren wir das heuer noch nicht gefahren.

2011_paessetour_707 In Mühlbach hielten wir an der Klause eine kleine Pause. Fotos, ein wenig herumalbern, das Übliche eben. Guido und ich zogen bei der Weiterfahrt mit einem kräftigen Spurt weg, Andi folgte etwas gemütlicher mit der Gummikuh. Zuletzt sollten auch Horst und Uwe nachkommen, den die hatten am längsten getrödelt. Es spielte überhaupt keine Rolle, wer wann wegfährt, denn wir wussten alle, wie wir fahren wollten, wir kannten die Strecken und das Ziel, St.Leonhard in Passeier, wo wir essen wollten. Irgendwo zwischen Brixen und Sterzing hielt ich an und fragte mich, wo die Zwei wohl geblieben waren? Wir waren absolut gesetzeskonform unterwegs, sogar langsamer, denn wir hatten ja nichts gestohlen, aber Host und Uwe hatten uns weder eingeholt noch waren sie überhaupt in Sicht. „Wo sind die den?“, fragte ich mich, denn hier kann man sich nicht verfahren. Es gibt nur diese eine Strecke nach Sterzing, also wie bitte soll man sich da verfahren? „Wo sind die?“2011_paessetour_708

Wir hatten eine Zigarette geraucht, eine Zweite, aber noch immer keine Spur von den Beiden. Natürlich könnte auch etwas passiert sein. Ein technischer Defekt war unwahrscheinlich, denn Honda war keine mehr dabei. Ich rief den Horst an, aber niemand meldete sich. „Also fahren sie“, dachte ich. „Wo fahren die hin?“ Als wir schon nicht mehr dran glaubten, schon dachten, sie wurden von einem schwarzen Loch verschluckt, hörten wir ein Gebrüll, dass sich nach Akrapovic anhörte. „Wetten, da gehört ein schwarzer KiloGixxer dazu?“, meinte ich. Horst kam angerauscht.

2011_paessetour_710 Er hielt, öffnete das Visier und maulte „So schaut das also aus mit dem Warten? Zuerst eine Predigt halten, und dann das Gleiche selber machen! Wieso habt ihr bei der Kreuzung nicht gewartet?“ „Du willst doch nicht sagen, du hast dich auf dieser Strecke verfahren?“ antwortete ich etwas verdattert. „Du hast doch gesagt, wir warten an Kreuzungen zusammen! Da predigt er von gesetzeskonform, von Warten, und dann brettert er selber wie irre durch die Gegend und wartet nicht!“ fuhr Horst noch aufgebrachter als zuvor fort. „Aber Horst, wir sind ganz gemütlich gefahren, und außerdem, hier kann man sich doch gar nicht verfahren!“ „Ja, ja. Zuerst predigen, dann selber fahren wie die Sau!“ ließ er sich nicht abhalten.2011_paessetour_720

Ja, ich hatte gepredigt. Es war nach dem Gardasee, wo Uwe von einem Auto abgeklemmt wurde. Ich hatte das im Spiegel gesehen, auf ihn gewartet und war dann mit ihm hinterher gezockelt, bis wir die Drei eingeholt hatten. Keiner hatte in den Spiegel geschaut, keiner gewartet. Das hatte mir gestunken. Dann hielt ich eine Predigt, das stimmt. Aber hier waren wir doch fast daheim! Hier, zwischen Bruneck und Sterzing kann man sich nicht verfahren! Da stehen überall riesige Tafeln, wo der Brenner angeschrieben ist. Besser kann man das nicht beschildern!

2011_paessetour_721 „Horst, jetzt hör mal….“, weiter kam ich nicht. „Wißst´s was? Habts mich gern!“ meinte Horst (was bei einem Bayern so viel wie „Leckts mich am Arsch“ heißt), schloss das Visier, öffnete den Gashahn und bretterte wie eine gesengte Sau weg, dass sich das Vorderrad nur mehr stückweise am Boden halten konnte. „180Ps sind 180Ps“ dachte ich, als ich ihm verdutzt nachschaute. „Der Gixxer geht echt wie Sau“.

Horst hat uns in den letzten Tagen durch Gegenden geführt, aus denen ich vermutlich nur mit größerer Verspätung wieder herausgefunden hätte. Er hat uns Straßen gezeigt, von denen ich noch nie zuvor gehört hatte. Kein einziges Mal hat er sich auch nur einen Meter verfahren. Aber zwischen Bruneck und Sterzing, wo man sich gar nicht verfahren kann, da hat er sich verfahren und ist falsch abgebogen. Sachen gibts, die gibts gar nicht. Uwe trug es mit Fassung, grinste nur und zockelte dem Horst hinterher. Wir würden uns in St.Leonhard wieder treffen.2011_paessetour_627

Am Jaufenpass fühlte ich mich nicht besonders wohl. Überall im Schatten war es naß, vor allem durch den Wald. „Jetzt, so kurz vor Schluß der Tour möchte ich aber wirklich nicht nochmals auf der Fresse liegen“, dachte ich und fuhr recht bedächtig. Ich hatte ja auch nur mehr eine Sozius-Fußraste in Reserve. Aufs Timmelsjoch fuhren wir nach dem Essen nicht mehr ganz so bedächtig, sondern recht flott. Es sah düster aus da oben. „Hoffentlich regnet´s oben nicht. Das wäre sicher unlustig“, ging mir wieder durch den Kopf. Letztes Jahr war´s am Timmelsjoch sehr unlustig. Dann kam, relativ weit oben, der Nebel. Richtig dichter Nebel!

2011_paessetour_725 „Ein Königreich für 50m Sicht“ wünschte ich mir. Ich sah fast gar nichts mehr. Kurz vor der Paßhöhe sind urplötzlich zwei rote Lichter unmittelbar vor mir. „Scheiße!!!“, durchzuckte es mich erschrocken. Ich dachte kurz, da steht ein Auto vor mir. Vermutlich hatte der Fahrer dieses Autos aber nur genau in diesem Augenblick die Nebelschlußleuchten eingeschaltet. Ohne hatte ich ihn einfach gar nicht gesehen, so düster war´s da oben. Ohne Halt fuhren wir gleich wieder abwärts und waren alsbald auch wieder aus der Nebelsuppe entkommen. Das war zuerst etwas gespenstisch, und dann märchenhaft.2011_paessetour_726

„Spinn ich? Hab ich was gestohlen?“ dachte ich jetzt, und Horst dachte sich vermutlich genau das Gleiche, denn wir fuhren gemütlich zusammen den anderen hinterher, die offenbar ohne weiteren Halt zum Ruetz brausten. Immer wieder hielten wir an, fotografierten, schauten, beobachteten das Nebelspiel in den Bergen und fuhren wieder ein Stück. War doch egal, wie lange wir bis runter brauchen würden, es waren ohnehin die letzten Kilometer für heuer. Noch vielleicht 50km, dann war die Pässetour 2011 vorbei. Die haben wir beide noch richtig genossen, der Horst und ich. Ja, wir sind beide Sturschädeln, wenn´s passt. Wir sind auch beide am 13. Februar geboren. Ich allerdings mit 16 Jahren Vorsprung. „Horst, das holst du mit deinen ganzen Gixxer Ps nicht mehr ein“.

Am Abend ließen wir dann bei einer deftigen Mahlzeit, einem Bier und einem Haufen Gemurkse am Computer im und vor dem Gastzimmer den Tag ausklingen. Nur gut, dass uns da keiner gesehen hat.

Andi, Guido, Horst, Uwe, es war mir wieder eine Freude, mit euch zu fahren. Axel, die nächste Pässetour kommt bestimmt. Aber bitte, vergiss diese Honda.

Hiermit bedanke ich mich beim Horst für die Ausarbeitung dieser schönen Tour und bei der Familie Ruetz aus St.Sigmund im Sellrain nicht nur recht herzlich für ihre Gastfreundschaft, sondern auch für all die Unterstützung, die sie uns gegeben hat. So selbstverständlich ist das gar nicht, Fremden das Büro und die technischen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Bis nächstes Jahr.


Samstag, 18. Juni 2011 – Tag der Heimreise – Ein letzter Blick auf St.Sigmund.

Noch 380km Autobahn, dann war ich wieder daheim.
Meine YZF1000R Thunderace, das blaue Luder, hat sich bestens bewährt, die Dunlop Sportsmart ebenso.
Inzwischen sind die Kampfspuren wieder (fast) beseitigt, was übrig blieb, gehört zum Leben eines Motorrades wie die grauen Haare zum Fahrer.

 

 

2. Juli 2010

Paessetour 2010 – Österreich-Schweiz-Italien – Sonne, Regen, Eis und Schnee

Filed under: Touren International — Benzin @ 13:50

8 Tage und 2752km durch die Alpen

tour_2010_001Unglaublich, wie die Zeit vergeht. Vor 358 Tagen hatte die letzte Pässetour geendet. Ein wunderschöner Sommer mit vielen kleinen und größeren Touren folgte, und bald stand fest, dass wir auch 2010 wieder zusammen fahren würden, aber alles schien noch so unglaublich weit entfernt zu sein. Doch aus 7 Monaten wurden 7 Wochen, aus denen wiederum  7 Tage und 7 Stunden wurden.
Als ich am 13. Juni um 6:00 Uhr morgens von der Firma nach Hause kam, trennten mich nur mehr wenige Stunden vom Wiedersehen mit den Kumpels, die mich schon zumindest einmal, manche auch wesentlich öfters auf einer Tour mit dem Motorrad begleitet hatten. Leo, ein alter Motorradkumpel aus vergangenen Tagen würde mich einige Zeit begleiten. So gesehen war auch bei der Anreise nach Tirol für Kurzweile gesorgt. Es würde eine schöne Tour werden, dass spürte ich. Wir alle hatten uns lange genug darauf gefreut.

Sonntag, 13. Juni – Anreise nach Tirol:
Waidhofen/Ybbs – Ennstal – Buchauersattel – Admont – Liezen – Schladming – Radstadt – Wagrain – St.Johann/Pongau – Mittersill – Wald im Pinzgau – Alte Gerlos Bundesstrasse – Zell am Ziller – Zillertal – A12 Innsbruck – A13 Innsbruck Süd – Mutters – Götzens – Axams – Grinzens – Sellrain – Gries – St.Sigmund im Sellrain/
Gasthof Ruetz Streckenlänge: 480km

tour_2010_004 Wie jedes Jahr, folgte ich, mit Leo auf seiner BMW im Schlepptau, den verkehrsreichen Hauptstraßen bis Salzburg, die ich schon wie meine Hosentasche kenne und die auch keine echten Reize bieten. Man muß sie eben fahren, will man nicht die Autobahn bis Tirol benutzen. Wirklich empfehlenswert ist auf dieser Strecke, abgesehen von den vielen Besonderheiten links und rechts des Weges, nur die Gerlos, und da besonders die alte Gerlos Bundesstrasse. tour_2010_005

Nach einem deftigen Mittagessen im Gastgarten des Landhotel Heitzmann in Mittersill ging die Fahrt diesmal nicht über die neue und mautpflichtige Gerlos Straße, sondern über die alte, nicht ausgebaute, daher enge, unglaublich kurvenreiche und auch stückweise steile Strecke, die in Wald im Pinzgau rechts abzweigt. Mit dieser Strecke stand ich bislang auf Kriegsfuß, denn egal, wann und womit ich dort vorbeikam, immer war sie gesperrt. Entweder wegen Bauarbeiten, oder wie letztes Jahr, wegen Erdrutschen, die sogar den Bestand dieser Straße gefährdeten. Aus offizieller Sicht ist diese alte Straße heute ohne jeglicher Bedeutung, was mich persönlich verwundert. Ja, sie ist uneben, schmal und teilweise unübersichtlich und steil. Aber genau das macht den Reiz dieser Strecke aus! Verdammt noch einmal, muß den jede Straße breit sein und von tausenden tour_2010_007 Fahrzeugen befahren? Es genügt doch, diesen relativ kurzen Streckenabschnitt, so es den notwendig ist, notdürftig auszubessern, gerade so viel, dass die Straße nicht auseinanderfällt. Für Touristen ist gerade das interessant, und nicht die langweilige, breite „Autobahn“ über den Berg. Aber das versteht scheinbar keiner von „Denen da oben“, die das Sagen haben. Wundert mich ja direkt, dass nicht auch schon die Zillertaler Höhenstrasse 4 Spurig ausgebaut ist. tour_2010_008

Heizern sei dringend empfohlen, diese Strecke zu meiden. Ein Rettungshubschrauber kann im dichten, steilen Waldgebiet meistens nicht landen, somit sind lange Schmerzen im Falle des Hinfallens garantiert. Wer aber einen Ausflug in die Vergangenheit des Straßenbaues erleben will, dem ist diese Strecke angeraten. Es zahlt sich aus.tour_2010_011

Aus dem Zillertal, das landschaftlich zwar schön, fahrerisch aber absolut uninteressant ist, endlich entflohen, legten wir den Großteil des letzten Wegstückes auf der Autobahn zurück, den die B171, die nach Landeck führt, ist bis Innsbruck einfach nur grauenhaft verstopft. Wir wählten den schönen, etwas vom Hauptverkehr abgelegenen Weg über Innsbruck Süd (1. Abfahrt von der Brenner Autobahn), Mutters und Axams, einer landschaftlich schönen und zeitweise äußerst schmalen Querverbindung ins Sellraingebiet.

tour_2010_016 Die letzten paar Kilometer begann es ganz leicht zu regnen, jedoch so wenig, dass sich das Anziehen der Regenkleidung nicht rentierte. Bald wurde der Regen allerdings heftiger, was uns beiden, bereits am Ziel des Tages angekommen, nichts mehr ausmachte. Andi tour_2010_013und Horst, die nächsten Zwei, die uns, aus München kommend, Gesellschaft leisteten, hatten schon die Regenkombis übergestreift. Es dauerte nicht all zu lange, dann waren wir für diesen Tag komplett. Auch Axel und Michael aus Norddeutschland sowie Uwe aus der Reichsmitte hatten uns dann erreicht. Ein kühles Bier war der Lohn der Mühen der Anreise und ein wunderbares Abendessen krönte den Tag. Einer schönen Tour am nächsten Tag konnte nichts mehr im Wege stehen. Genau eine Woche später sollten wir über das, was punkto Wetter möglich war,  etwas anders denken.


Montag, 14. Juni – Ausflug nach Südtirol
St.Sigmund – Gries – Sellrain – Axams – Götzens – Natters – Innsbruck – Igls – Alte Brennerstraße über Patsch nach Matrei am Brenner – Brennerpass 1374m – SS12 Sterzing – 508 über Sankt Jakob in Pfitsch zum Parkplatz unterm Pfitscherjoch – Sterzing – SS44 – Jaufenpass 2094m – St.Leonhard in Passeier – Meran – SS38 Richtung Bozen – SS42 – Eppan – Kalterer Höhe – Mendelpaß 1363m – Fondo – SS238 – Gampenjoch 1518m – Meran – SS44 – St.Leonhard/Passeier – Timmelsjoch 2474m – Sölden – Oetz – Kühtaisattel 2017m – St.Sigmund im Sellrain Streckenlänge: 434km

tour_2010_019 Ganz am Anfang waren wir nur zu zweit, die vor der eigentlichen Pässetour etwas in der Gegend herumfahren wollten, so wie letztes Jahr. Aber als meine Pläne für diese Herumgurkerei bekannt wurden, meldeten immer mehr Interesse an, auch hier dabei zu sein und schon am Sonntag anzureisen. Nun, mit Ausnahme von Paul aus Luxemburg, der zwar auch am Sonntag von daheim abreiste, aber dessen Zwischenziel das AC/DC Konzert in Deutschland war, fanden sich also schon alle Tourteilnehmer Sonntags in Tirol ein.tour_2010_022
Beim letzten Kartenstudium suchten ich Sonntag Abends, schon im Bett liegend, noch auf der Straßenkarte herum und bemerkte dabei, dass es drei Pässe in der Nähe unserer nächsttägigen Route gäbe, die relativ leicht erreichbar wären. Also integrierte ich diese Pässe spontan in die Route, die, anstatt eine gemütliche Halbtagestour ohne besondere Ansprüche wie geplant, sich dadurch zu einer satten Tagestour von über 400km ausgewachsen hatte. Eigentlich kein Problem, wenn gewisse Umstände nicht wären. Links unten: Blick ins Pfitschtal

tour_2010_026 Wie letztes Jahr zogen wir über die alte Brenner Bundesstraße, die aus dem Sellrain Gebiet nur über Innsbruck Igls erreichbar ist, in den Süden. Natürlich fuhren wir nicht all zu zeitig in der Früh los, war doch die Anreise am Vortag für manche, beispielsweise die Nordis, recht ermüdend. Über 1000km an einem Tag war nicht wirklich so lustig, auch nicht im Auto mit Anhänger, die Motorräder hinten drauf. Natürlich dachte am frühen Vormittag keiner dran, dass wir es eigentlich nicht gar so locker angehen sollten, in Anbetracht des Vorhabens. tour_2010_033

Irgendwo im Verlauf der alten Brenner Straße fragte Uwe, ob es bei diesem Tempo bleiben würde, das wir angeschlagen hatten? Seit 3 Jahren heißt es ja, wir würden bei unserer Tour kräftig Gas geben, aber 25km in den ersten 1 1/2 Stunden war vielleicht nicht wirklich so atemberaubend. Uwe hatte wohl schon Angst, er müsse seine Streckenfilme im Zeitraffer abspielen, um nicht von den Freunden daheim ausgelacht zu werden. An dieser Stelle hätte jemand an das 11 Gebot erinnern sollen, das da lautet „Du sollst dich nicht täuschen!“

tour_2010_038 Die Strecke zum Pfitscherjoch ist leicht zu finden. Nach St.Jakob wird die Straße sehr eng, aber eine Tafel zeigt, dass man fahren darf, also nicht beirren lassen und weiterfahren. Auch vom Ende des Asphalt soll man sich nicht beirren lassen. Es wird zwar unter Umständen dreckig und glitschig (ich frug vorsichtshalber die Supersportler Fahrer, ob sie tatsächlich hier fahren wollten, was sie einstimmig bejahten), aber genau das verspricht ein wenig Abenteuer und Abwechslung vom ansonsten griffigen Belag Italiens. So bretterten wir durch dentour_2010_039 Wald immer höher und höher, Ästen, größeren Wasserlacken und groben Steinen ausweichend, bis wir einen Parkplatz erreichten, an dem die Aussicht ins Tal großartig war. Am Ende dieses Parkplatzes, zugleich am Anfang einer schönen, wenn auch engen Schotterstraße, prangte ein Fahrverbotsschild. Ende im Gelände, wörtlich! 100€ kostet es pro Nase, falls man erwischt wird, erzählte mir ein älterer einheimischer Wanderer. Täglich kommt jemand nachsehen! Diese „Maut“ war uns doch zu hoch. So ließen wir es hier beim Parkplatz bewenden und kehrten, natürlich nach einer ausgiebigen Rast, wieder um. Dass Andis Gummikuh in diesem Terrain daheim war, verwunderte nicht. Dass bei der Abfahrt auch der blaue Kilogixxer im Spiegel nicht kleiner wurde, verblüffte mich aber doch einigermaßen, vor allem wenn man bedenkt, dass dieses Streckenstück eigentlich am besten mit einem Traktor zu bewältigen gewesen wäre. Aber so sind sie nun einmal, meine Jungs.

Die nächste Rast hielten wir am Jaufenpass. Schon lange fragte niemand mehr, ob es bei diesem Tempo bleiben würde. Uwe bezahlte eine Runde Kaffee, den wir zusammen mit der Aussicht genossen, dann redeten wir nicht mehr übers Tempo, sondern über die Landschaft. tour_2010_046

Das der Bus vor uns auf der mit einer durchgehenden Sperrlinie versehenen SS44 nach Meran unser Tempo empfindlich bremste, wäre ja noch auszuhalten gewesen, dass der Tankwagen, auf den der Bus auflief, dieses Schneckentempo noch weiter reduzierte, war schon hart an der Grenze des Erträglichen. Nach einer etwas wirren Meran Durchfahrt fanden wir jedoch verblüffend rasch die Autobahnähnliche SS38 und erreichten auf ihr zügig die SS42, die uns über Eppan und die „Kalterer Höhe“ zum Mendelpass brachte.

tour_2010_049 Ich las immer, der Mendelpass sei in kleines, unbedeutendes Pässchen, das man zwar fahren kann, aber nicht unbedingt gesehen haben muß. FALSCH! Und zwar grundlegend. 1. besitzt dieser Paß im unteren Teil unglaublich lange, schnelle Kehren, die toll zu fahren sind. 2. machen auch die Kurven im oberen Teil ungeheuren Spaß. 3. kann man dort oben sehr gut essen und 4. zweigt nach der Passhöhe eine wenige Kilometer lange Sackgasse ab, die zu einem wunderbaren Aussichtspunkt führt, von dem aus man entweder regulär vom Geländer eines Steilabbruches aus weit über den Kalterer See und Bozen blickt oder irregulär auf einen etwas baufälligen Aussichtsturm (offiziell gesperrt) steigt und von dort auch den von unten nicht einsehbaren Westen überblickt. tour_2010_050Links und rechts: Abfahrt vom Timmelsjoch

Über die sehr schön zu fahrende 238 überquerten wir anschließend das Gampenjoch und erreichten wieder Meran, das wir gut beschildert östlich umfuhren und so die berüchtigte kurvenreiche SS44 erreichten. Kein Bus und kein Tankwagen weit und breit, dafür, je näher wir dem Timmelsjoch kamen, immer dunklere Wolken, die nach Regen und Kälte aussahen. Wir hielten an, zogen die Regenkleidung über, und es war gut so!

tour_2010_052 Die Auffahrt zum Timmelsjoch (um 20:00 Uhr wird die Straße gesperrt, es war 19:00 Uhr) war anfangs nur feucht, dann begann es leicht zu regnen bei empfindlicher Kälte. Oben starker Nebel, der die meterhohen Schneewände neben der Straße manchmal nur schemenhaft erkennen ließ. Irgendwie wirkte alles gespenstisch hier oben. Kaum mehr Verkehr, hatten wir rasch wieder das Tal erreicht und standen gegen 20:30 Uhr müde, aber glücklich beim Ruetz, wo wir, zusammen mit Paul, der ebenfalls schon eingetroffen war, den Tag beim Abendessen ausklingen ließen. Am nächsten Tag wollen wir nur mehr eine relativ kurze Tour fahren, dann bald schlafen gehen, um für die 4 Tägige Pässetour fit zu sein. So war unser Plan. Das diese kurze Tour trotzdem seine Tücken barg, dafür sorgte die Zahl 171. Es sollte allerdings auch seine guten Seiten haben, wie sich später herausstellte.

Dienstag, 15. Juni – Talsperre Schlegeisgrund 1800m und Zillertaler Höhenstraße 2020m
St.Sigmund – Kematen in Tirol – B171 – Innsbruck – Zillertal – B169 – Mayerhofen – Schlegeis Alpenstraße – Mayerhofen – Schwendau – Zillertaler Höhenstraße – Jenbach – A12 Innsbruck – A13 Innsbruck Süd – Mutters – Götzens – Axams – Grinzens – Sellrain – Gries – St.Sigmund im Sellrain – Streckenlänge: 272km

 

 

tour_2010_106 Große Wasserkraftwerke bzw. deren Wasserspeicher haben es mir einfach angetan. Ob mit solchen Bauwerken schwerwiegend in die Natur eingegriffen wird, ist eine Sache. Ob Atomstrom, Strom aus Kohle oder Öl besser für die Umwelt ist, ist eine Andere. Dass Wasserspeicher wie der Schlegeisgrund, die Kölnbreinsperre, Kaprun oder andere große Kraftwerksspeicher dieser Welt (ich kenne einige davon) technische Meisterwerke sind, steht für mich außer Frage. Das ist auch der Grund, warum ich mir, wann immer es geht, solche Bauwerke anschaue und, wenn möglich, auch mittels Führung besichtige. Einfach aus technischer Neugier. tour_2010_1075 Bilder: Unterwegs zum Schlegeisgrund

Gegen 9:00 Uhr Aufbruch ins Zillertal. Wie fürchterlich die B171 östlich von Innsbruck zu fahren ist, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Hinterher, wie immer, ist man schlauer. Ich denke, es spielt keine Rolle, aus welcher Richtung man sich dem Zillertal nähert, niemals sollte man die Bundesstraße 171 als Verkehrsweg wählen.
tour_2010_108 Die 15km des Vortages hinter Bus und Tankwagen, die uns wie eine kleine Ewigkeit vorkamen, stellten sich an diesem Tag als Art Kindergeburtstag heraus gegen die mühselige Dahinkriecherei durch Innsbruck und aus Innsbruck hinaus gen Osten. Grauenhaft. Wenn dann auch noch ein riesiger Traktor vor einem schier unüberwindlich einherfährt, denkt man ernsthaft über den Sinn des Lebens nach, das kann man mir ruhig glauben. tour_2010_109

Im Zillertal fährt man einfach den Tafeln „Schlegeisgrund“ nach bis zum Talschluß und biegt nirgends ab. Die einzige Möglichkeit für einen ernsthaften Verhauer gibts nur beim Abzweig zur Gerlos, alle anderen Abzweige sind Sackstraßen, wo man ohnehin irgendwo ansteht und umdrehen muß. Gleich vorweg, es gibt drei Speicher im Zillertal, den Schlegeisspeicher, den Speicher Zillergründl und den Speicher Stillup. Alle Zufahrten sind Mautpflichtig.

tour_2010_111 Vermutlich wird man am Anfang der 13.3km langen Schlegeis Alpenstraße (in 1000m Seehöhe) vor einer (von insgesamt vier Tunnel) Tunneleinfahrt an einer roten Ampel anhalten müssen. Eine Digitaluhr zeigt die verbleibende Zeit bis grün an. Hier sollte sich um Himmels Willen niemand einfallen lassen, einfach in den Tunnel zu fahren, egal, wie viele verbleibende Minuten die Uhr anzeigt! Das kann und wird (vermutlich) eine böse Überraschung ergeben. Als wir an dieser Ampel anhielten, zeigte die Anzeige 16min bis grün. Dann kam ein LKW!! und donnerte einfach in den engen, einspurigen und dunklen Tunnel hinein!!! (Wir natürlich hinterher. Was soll passieren, wenn ein LKW vorne herfährt?) Der Kerl hat in dieser engen Röhre kein bischen das Gas gelupft und bretterte voll durch! Übrigens, der Tunnel ist 2.5km lang, Ausweichstellen gibt es NICHT! Angeblich wissen die Einheimischen, wann sie noch fahren können. Was passiert, wenn sich das von oben und von unten kommend ein Einheimischer denkt, wissen wir (Gottlob) nicht. Also bitte bis grün warten, oder bis der Sepp mit dem LKW kommt. tour_2010_114

Nähert man sich dem 1800m hoch gelegenem Stausee, fällt einem natürlich sofort die 131m hohe Staumauer auf. Rechts davon schlängelt sich die Straße in mehreren Kehren bis zur Mauerkrone hoch, die man zu Fuß erkunden kann. Empfehlenswert ist es, mit dem Motorrad bis ganz hinten zum Parkplatz zu fahren und weiter über einen schmalen Weg links abbiegt, der einen sehr guten Ausblick auf die Staumauer und auf das Hinterland des Stausees erlaubt. Wer Interesse an einer Staumauerführung hat, sollte im Bergrestaurant Schlegeis fragen. Vor hatten wir das zwar auch, nur wie, wussten wir damals noch nicht.

tour_2010_116 Nachdem es ohnehin leicht regnete und die Aussicht sich nicht von der besten Seite zeigte, machten wir uns wieder an die Talfahrt, aßen in Mayerhofen sehr gut zu Mittag und erfreuten uns dann an der Zillertaler Höhenstraße, die wunderschöne Ausblicke auf die umliegende Bergwelt bietet. Sogar einen Aufkleber hab ich mir diesmal ans Motorrad gepappt, obwohl ich dort schon öfters herumfuhr. Unser Friesischer Kapitän hatte die richtige Nase, wo es die begehrten Pickerl gibt und sich eines auf die Kilo-Gixxer geklebt. Da kann man als Eingeborener nicht nachstehen. Bei der Talfahrt ist dann irgendwo erstmals im Zuge dieser Tour der Uwe verschwunden. Aber daran würden wir uns in den weiteren Tagen gewöhnen. tour_2010_118

Eines hatten wir an diesem Tag nicht im Sinn, nämlich die Rückfahrt auf der Bundesstraße. Einstimmig wurde von den deutschen Kollegen (und von Paul aus Luxemburg natürlich) beschlossen, eine Autobahnvignette zu kaufen und den Rückweg über die Autobahn zu nehmen. Möglicherweise würden wir dieses Pikerl ja noch einmal verwenden können, dachten wir. Es war eine gute Idee.

tour_2010_120 Ungewöhnlich früh kehrten wir (mit Uwe, den wir unterwegs wieder fanden) zum Ruetz zurück, genossen noch ein vorzügliches Abendessen, dann folgten die letzen Vorbereitungen für unsere Pässetour 2010, die am folgenden Tag beginnen würde. 4 Tage Schweiz und Italien standen uns bevor, und ich denke, jeder freute sich schon drauf. Bisher hatte es täglich Abends geregnet, Morgens war es dafür täglich schön. An diesem Abend regnete es nicht. Ob das gut oder schlecht war, sollen wir bald wissen.

 

Mittwoch, 16. Juni – Fahrt nach Andermatt
St.Sigmund – Kematen in Tirol – A12 Inntalautobahn – Landeck – B315 Pfunds – Nauders – Reschenpass 1505m – Mals – B41/28 Müstair (Münster) – Ofenpass (Pass dal Fuorn) 2149m – Zernez – Susch – Flüelapass 2383m – Davos – Tiefencastel – Lenzerheide 1549m – B3 Chur – Domat-Ems – B19 Disentis/Muster – Oberalppass 2044mHotel Alpina Andermatt Streckenlänge: 409km inkl. Abendrunde

Teilnehmer der Pässetour 2010 – Andi, Paul, Ich, Axel, Horst, Michael, Uwe und Leo

tour_2010_202 Tagwache gegen 6:30 Uhr, Frühstück, dann aufladen und Abfahrt, wie ausgemacht um 8:15 Uhr. Die Pässetour hatte begonnen.
Regenkleidung war angesagt. Außerdem verabschiedeten wir uns heute von Leo, der die Tour aus Zeitgründen nicht mitfahren konnte. Obwohl er die Kumpels zum ersten Mal sah, hatte er sich in den wenigen Stunden ganz selbstverständlich integriert und war am Dienstag schon ein vollwertiges Mitglied der Truppe. Eigentlich tat jedem leid, dass Leo nicht mitfuhr, aber es ging nicht anders. Zum Auftakt noch rasch ein Foto, auf dem wir alle drauf waren, dann gings ins Tal nach Kematen zum Tanken und auf die Autobahn, die bis Landeck am zweckmäßigsten und schnellsten war, denn zu sehen gab es hier bei diesem Wetter ohnehin nicht all zu viel. tour_2010_205

Dank guter Regenausrüstung waren wir trocken in der Schweiz angekommen, ohne am Reschenpass stehenzubleiben. Die Sicht war einfach zu bescheiden. Dann ein Tankstop nach der Schweizer Grenze, und weiter ging die Fahrt. Am Ofenpass winkten wir Andi zu, der vorausgefahren war (wieder bescheidene Fernsicht), und nach Zernez und Susch hatten wir bald den Flüelapass erklommen, wo wir auch Rast hielten. Horsts Telefon läutete. „Warte, ich geb dir den Hannes“, meinte Horst zu Andi. „Wo bist du den?“, frug ich. „Bei einem Kreisverkehr vor St.Moritz“. „Oh. Und was machst du dort?“ Andi war ja, wie gesagt, am Ofenpass gestanden und dann hinter uns hergefahren. In Zernez gibts eine etwas verzwickte Kreuzung, die zwar schön groß angekündigt wird, „Flüelapass“, aber durch eine kurze Unaufmerksamkeit ist der Abzweig auch leicht zu übersehen. Genau das war passiert. Allerdings kannte ich den Kreisverkehr, den er mir beschrieb. „Du fährst jetzt etwa 7km zurück, dann biegst du links zum Albulapass ab. Genieße die Fahrt und warte auf uns in Tiefencastel.Wir kommen dort ohnehin vorbei.“ Kein Problem.

tour_2010_206 Als wir in Tiefencastel zu Andi stießen, war ich kurz versucht, nur zum Spaß, einfach zu winken und weiterzufahren, ließ es aber sein. Seine Worte „Ich hab aber echt keine Lust, die Tour alleine zu fahren“ waren mir noch zu gut in Erinnerung. Uns hatte jedoch nur ein Berg getrennt, sonst war nichts passiert. Die Schweiz ist zu klein, um sich groß zu verfahren, aber gebirgig genug, um gleich weit getrennt zu sein, mit etwas Pech. Uns trennten keine 50km. tour_2010_220

Nach einer ausgiebigen Mittagsrast in Lenzerheide (Restaurant St.Cassian) tukerten wir gemütlich (schneller darf man ja nicht!) über den Oberalppass und erreichten ohne weitere Probleme das Hotel Alpina, wo uns Sepp und Gabi Tresch willkommen hießen. Ein fröhliches und etwas verschrobenes Paar. Die Beiden vergisst man bestimmt nicht so schnell. Übrigens, er ist (oder ist´s die Gabi?) in Harleys vernarrt. Eine steht in der Garage, eine steht im Gastzimmer und irgendwo soll noch eine stehen. Alles im Hotel hat irgendwie mit Harley Davidson und Biken zu tun (was nicht heißt, dass es auch etwas mit Motorradfahren zu tun hat).

tour_2010_229 Nachdem ich noch alleine den St.Gotthard Pass erklommen hatte, auf dessen Scheitelhöhe ich im dichten Nebel nicht einmal das Hospiz erkennen konnte, gesellte ich mich wieder zum Rest der Truppe, der schon in fröhlicher Runde zusammen saß.

Natürlich wurde die Harley im Gastzimmer ausgiebig begutachtet. Dann hätten wir gerne gewettet, dass sie nicht anspringt. Der Sepp ist nicht drauf eingestiegen. Es stellte sich heraus, dass sie gar nicht anspringen kann. Schade. Wäre gerne damit über die Treppen ins Zimmer raufgefahren.

Nach einem deftigen Abendessen und einigen Getränken verließ ich gegen 23:00 Uhr die klein tour_2010_226 gewordene Runde, die beim Bier von Sepp über die Schweizer Souveräntiät (Originalton Michael: „Wir sind alle EU Bürger. Du bist hier am Tisch der einzige Ausländer!“ Und das zu einem Schweizer in der Schweiz!) und den Schweizer Untergrundkampf (Schweizer Hisbollah – wieder Michael) gegen die Umweltverschmutzung (oder was auch immer) unterrichtet wurde. Irgendwie konnte ich dem Gespräch nicht mehr folgen, und das lag weder an meinem Bierkonsum noch an Sepps Schweizer Dialekt. Ich denke, auch der Sepp wusste nicht mehr so genau, worum es ging in seiner Geschichte. Auch er hatte schon einiges getankt.

Man sollte nicht unbedingt klassisches Hotel Ambiente mit unauffälliger Bedienung erwarten bei den Treschs, da liegt man absolut falsch. Aber das Essen ist sehr gut und reichlich, die Bedienung den Umständen angemessen flott (2 Personen Betrieb!), die Zimmer sauber. Jedoch ist es insgesamt mehr, als wäre man bei einem Motorradtreffen zu Gast. Das liegt einem, oder auch nicht. Es ist wie der Kawa Motor im Hotel Tannenheim in Trafio. Die Einen mögens, die Anderen nicht. Aber da Gabi nicht davor zurückscheut, einem Gast zu sagen, dass sie ihn nicht mag, braucht man sich selber auch kein Blatt vor den Mund nehmen.

Donnerstag, 17. Juni – Simplonpass und Lago Maggiore
Andermatt –
SchöllenenschluchtGöschenenalp – Wassen – Sustenpass 2224m – Innertkirchen – Grimselpass 2165mFurkapass 2436mGotthardpass 2106mNufenenpass 2480m – Ulrichen – Brig/Glis – Simplonpass 2005m – SS33 Domodossola – SS337 Santa Maria Maggiore – Malesco – Val Cannóbina – Cannóbio/Lago Maggiore – Hotel/Ristorante Albergo Streckenlänge: 360km


Nach einem recht herzlichen Abschied begann ein recht langer, anstrengender Tag, was wir allerdings noch nicht wussten. Den Anfang machte eine große Achterschleife, die von Andermatt aus Sustenpass, Grimsel, Furkapass, Gotthardpass und den Nufenenpass über rund 170km miteinander verbindet. Man sollte sich für diese Runde einen ganzen Tag Zeit nehmen und wieder in der näheren Gegend übernachten, sonst sieht man zu wenig, finde ich. Es gäbe so vieles anzuschauen und zu erkunden, aber das muß man zeitlich einplanen, sonst gibts unnötigen Streß.
Mit der Fahrt durch die Schöllenenschlucht gings gleich recht wild und romantisch los. Durch Tunnel und über Brücken führt die Straße einen engen Felsschlund hinab, unten gibts an einer Brücke einen herrlichen Aussichtspunkt. Bei guter Sicht lohnt anschließend auch ein Abstecher zur Göschenenalp. Ganz besonders reizvoll sind die Passagen, wo sich Grimsel- und Furkapassstraße treffen, und der Gotthardpass natürlich, auf der alten Tremola Strecke gefahren. Bild oben: Andermatt am frühen Morgen Bild links unten: Schöllenenschlucht bei Andermatt

tour_2010_303 Ich war ja am Abend des Vortages noch am Gotthardpass gewesen, konnte allerdings die alte Strecke nicht befahren, da die Schranken geschlossen waren bzw. oben so dichter Nebel herrschte, dass es keine Sinn gehabt hätte. An diesem Tag war die Schranke offen und die Sicht war gut, also lohnte die Fahrt. Man muß aus Andermatt kommend ein gutes Stück die neue Strecke hochfahren, um zu dieser Schranke zu gelangen, wo rechts die alte Straße abzweigt. Der ganz untere Teil ist nur für Fahrräder und Kutschen erlaubt, für Kraftfahrzeuge gesperrt. Der obere Teil führt nicht weit der neuen Strecke entlang zur Passhöhe, dann nicht schwer zu finden, ins „Tal des Zitterns“. Die Tremola windet sich eng und kurvenreich ins Tal hinunter, ist aber absolut harmlos zu befahren. Das Kopfsteinpflaster, das zwischen 1937 und 1941 gelegt wurde und die Naturstraße entschärfte, ist nie steil, aber an Romantik nur schwer zu überbieten. Man sollte sich einfach an den Rand der Strecke setzen und träumen, was wäre, wenn diese Straße das heutige Verkehrsaufkommen bewältigen müsste! Schlicht und einfach unmöglich, aber auch gar nicht notwendig. Das schaffen die neue Straße und der Eisenbahntunnel ganz locker, im Sommer wie im Winter.tour_2010_304 Bild rechts: Göschenenalp

Mit dem 2480m hohem Nufenenpass schloss sich die Acht. Wir bewegten uns weiter nach Südwesten, zum Simplonpass. Der ist, an und für sich, sehr leicht zu finden. Wie gesagt, an und für sich. Die Beschilderung ist ausgezeichnet! Die „Farbcodierung“ der Schilder ist allerdings eine andere Sache. Farbcodierung? Ja! Da gibts blaue, grüne, orange und weiße Schilder, die zum Pass weisen, jede Farbe hat eine andere Bedeutung. Blau ist die Autobahn, grün Bundesstraße (wie das bei uns zumindest heißt). Ob weiß mit grün identisch ist, hab ich keine Ahnung, aber orange sollte eine Umleitung bezeichnen, wenn ich nicht irre. Jedenfalls haben wir die Passhöhe des Simplon erreicht, was ich, nach dem Schilderdurcheinander, als Erfolg werte.

tour_2010_306 Weniger erfolgreich die Suche nach einer Unterkunft im Raum Domodóssola.
Es war einfach ein Fehler, nach der Achterschleife über 5 Pässe noch zum Lago Maggiore zu wollen. Es ist schlicht Unsinn, sich in den Bergen Zeitdruck aufzuladen, um ein Tagesziel zu erreichen, dass man nicht erreichen muß. Aber ich darf mich nicht beschweren, hab ich doch selber den Tourplan ausgearbeitet. Noch einmal würde ich das jedenfalls nicht so machen, das steht fest. tour_2010_309

Nach den Pässen im Raum Andermatt und nach dem Simplonpass waren wir schon recht müde, das Wetter war auch alles andere als prächtig, so verließen wir die SS33 vor Domodóssola, um eine Unterkunft zu suchen. Das war nicht wirklich die gloreichste Idee des Tages. Wir hatten nicht die geringste Ahnung, wie groß die Ortschaften hier sind und natürlich auch nicht, wie es sich hier mit dem Fremdenverkehr verhält. Bosco und Crevoladossola stellten sich als winzige, teilweise an Hänge gebaute Nester heraus, die außer Steinhäuser nichts zu bieten hatten. Domodóssola ist zwar eine Stadt (das Ballungszentrum ist um einiges größer als Amstetten), aber mit Unterkünften schauts ganz übel, um nicht zu sagen hoffnungslos aus. Was nun? Fast jeder schon etwas gereizt, versuchten wir irgendwie irgendwas zu finden, aber erfolglos. Geschlossen, verfallen, verlassen, oder alles zusammen, aber kein offenes Hotel weit und breit. Dafür leichter Regen, der allerdings die Gemüter nicht unbedingt abkühlte.

tour_2010_310 Nachdem wir einsahen, dass wir hier nichts finden würden, beschlossen wir, zum Lago Maggiore weiterzufahren, was nicht ganz einfach zu sein schien. Wo waren wir überhaupt, wo war die Hauptstraße, und wo vor allem war diese verdammte SS337 zum See? Orientierungsschilder, falls überhaupt welche zu finden waren, wiesen nur genau zum nächsten Dorf. Voll angefressen stieg ich schlussendlich von der XJR, schnappte mir die Karte und stapfte, tropfend naß wie ich war, ins nächstbeste Geschäft. Das war die beste Idee, die man sich denken kann, eine vernünftigere Tourplanung einmal ausgenommen. tour_2010_316

Ich stapfte also ins nächstbeste Geschäft und erwischte so etwas wie „Emmas Handarbeitsladen“. Eine sehr nette Dame mittleren alters (also um einiges jünger als ich) blickte mich erstaunt an, folgte meinem Finger auf der Karte, blickte mich wieder an, schaute wieder auf die Karte und schüttelte den Kopf. Ich wollte über die SS337 und dem Val Cannobina nach Cannobio, aber die Dame war damit sichtlich nicht einverstanden. „No, Senior (oder so), Superautostrada (so ungefähr)“, und deutet mit dem Finger auf die Autobahn, die direkt zum Lago Maggiore führt. Ich blieb hartnäckig. „No, Seniora, nix Autosuperstrada, Val Cannobina!“ Sie ließ nicht locker, wollte mich auf die Autobahn lotsen, aber ich ließ ebenfalls nicht locker. „Val Cannobina, Seniora, VAL CANNOBINA!“ Irgendwie hatte ich den Eindruck, sie hielt mich für nicht ganz dicht, was angesichts der Pfütze, die sich unter mir gebildet hatte, ja nicht so falsch war.

tour_2010_317 Es war zum Verzweifeln. Sie verstand genau, wohin ich wollte, aber aus einem mir ungekannten Grund wollte sie scheinbar nicht, dass ich dort fahre. Doch sie erklärte mir dann auf der Karte genau und detailliert den Weg zur SS337, zum Cannobio Tal und zum Lago Magiore. Ganz genau, wort- und gestenreich, mit allen Ortsnamen zeigte und erklärte sie. Jeder Italiener hätte mit Leichtigkeit den Ausführungen folgen können, nur ich nicht. Ich kann kein Wort Italienisch. Was auf der Karte stand, konnte ich ja selber lesen, aber wie wir aus dieser verdammten Stadt zu dieser verflixten Straße kamen, das wusste ich noch immer nicht. Ich muß sehr armselig dagestanden sein, denn plötzlich sah ich Mitleid in ihren Augen. „Un momento“, meinte sie, dann rief sie in ein Hinterzimmer. Eine (ebenfalls hübsche) weitere Dame erschien, welcher sie offensichtlich mein Vorhaben erklärte. Dann sage sie, diese Dame würde mit dem Auto vor mir herfahren und mir die Straße zum Val Cannobina zeigen. Auf Italienisch natürlich, aber das verstand ich dankbar!tour_2010_319 Komisch.

„Eine Dame wird uns den Weg zur Hauptstraße zeigen“, überbrachte ich den Kumpels die freudige Botschaft. Strahlende Gesichter! Dann kam die Dame aus dem Geschäft. Einen kurzer Blick auf den nassen Haufen Motorradfahrer geworfen, setzte sie sich in den VW Lupo, und los ging die wilde Jagd. Irgendwie kreuz und quer durch die ganze Stadt, dann über eine Landstraße, die mir bekannt schien, was sich angesichts der Mistkübel an einer Kreuzung als richtig erwies. Hier hatten wir beraten, was zu tun war. Wir waren also gar nicht so weit entfernt vom richtigen Pfad. Weiter ging die Fahrt bis zu einer Kreuzung in der Einschicht, an der sie das Seitenfenster runterkurbelte und verkündete „Lago Maggiore, Cannobio“ und dabei beide Daumen nach oben streckte. Jippiiiiiiiii, wir hatten es geschafft. „Mille grazie, Seniora!!!!!“ jubelierte ich, dann brausten wir los.

tour_2010_320 Der Rest war einfach. Die SS337, eine für unsere Begriffe bestenfalls Landstraße, führt durch einige malerische Dörfer bis Malesco, wo sich der Weg teilt. Gerade aus gehts nach Locarno, rechts durchs Val Cannobina nach Cannobio am Lago Maggiore. Wir fuhren, wie geplant rechts.
Es war schon reichlich spät, so gegen 19:30 Uhr etwa. Wir waren müde, naß und hatten auch keinen Bock mehr auf Fahren. Aber uns trennten ja nur mehr 25km vom Ziel. Nur mehr 25 Kilometer, das sind ein paar Minuten Fahrt. tour_2010_322Selbst bei 25km/h nur eine Stunde.

3km kurvenreiche Strecke, zeigte das Verkehrsschild. Toll, eine Kurve jagt die andere, wie auf einer Kartbahn. Dann wieder ein Schild. 3km kurvenreiche Strecke. In einem unglaublich verwinkeltem Schlauch schlängelte sich der Pfad (als Straße würde ich das nicht bezeichnen) bergauf und bergab dahin, immer links, rechts, links, rechts. Ein Häuschen, dann wieder Wald, Felsen, Berge, wieder ein paar Häuschen, wieder Wald, Felsen, Kurven, Kuppen, Kurven. 3km kurvenreiche Strecke. Zum x-ten Mal sahen wir dieses Schild schon, und wieder Kurven, Kuppen, Felsen und ein Häuschen, dass nach einer Rechtskurve stand. „Verdammte Scheiße, hier waren wir doch schon einmal!!!!!“ Ich war schockiert. „Das darf doch nicht wahr sein. Wir sind im Kreis gefahren!“ Ich hielt an, stieg ab und stellte die alles entscheidende Frage. „Sagt einmal, kommt euch nicht auch vor, als wären wir hier schon einmal gefahren?“ Alle starrten mich an. „Jetzt dreht er durch“, konnte man in den Augen lesen.

tour_2010_324 Nein, ich war keineswegs am durchdrehen! Mir hatten nur die letzten 3000km in diesem engen, nassen, kalten Val Cannobina, dass Stunden von der nächsten Ortschaft entfernt war, den Nerv gezogen. Immer enge Kurven, nie eine Aussicht (zumindest kann ich mich an keine erinnern), immer nasse Straße, vor der ich aus unbegreiflichen Gründen Angst hatte. „Wenn´s dich hier zerlegt, hast du stundenlang Schmerzen, bis Erste Hilfe kommt. Falls dich hier überhaupt jemals jemand findet! Hier ist bestimmt seit Menschengedenken niemand mehr gefahren!“, ging mir zeitweise durch den Kopf. Obwohl wir doch ein oder zwei Fahrzeuge sahen. Ich hatte wenig und schlecht geschlafen, hatte Rückenschmerzen und war, irgendwie, fertig. „Wir fahren hier, ohne je wieder irgendwo herauszukommen! Verdammt dazu, bis in alle Ewigkeit 3km kurvenreiche Strecke zu  fahren.“, dachte ich.

„Nein, du kannst mir glauben, hier waren wir noch nicht“, meinte Michael grinsend. Hier konnten wir noch gar nicht gewesen sein. Es gibt hier nur diese eine Straße! Nach einer Rauchpause erreichten wir bald Cannobio, und nach einer kleinen Sucherei hatten wir auch ein Hotel am Lago Maggiore gefunden, da war es kurz vor 21 Uhr. Es war ein langer Tag mit vielen Höhepunkten. Ein etwas zu langer Tag für meinen Geschmack. Aber das war nicht nur meine Meinung. Aus Planungsfehlern lernt man! Bild unten: Lago Maggiore bei Cannobio gegen 21:00 Uhr

Freitag, 18. Juni – Tagesziel: Livigno
Cannobio – SS13 Ascona – Bellinzona – Splügen – Splügenpass 2113m – SS36 Chiavenna – SS37 Malojapass 1815m – St.Moritz – Berninapass 2328mForcola di Livigno 2315m – Livigno Hotel Alba Streckenlänge: 250km

tour_2010_404 Trotzdem ich am Vortag so müde war, stand ich relativ früh auf. Ich hatte gut geschlafen. Auch das Wetter war gut, also wollte ich mit der XJR zum See fahren, um eine wenig zu fotografieren. Ich murkste eben (etwa 7:30 Uhr) am Motorrad herum, als der Horst vom Balkon herunter rief, „willst du mit der Gixxer fahren?“ Klar wollte ich. Warum nicht? Und schon flog der Schlüssel vom Balkon. Also, so ein Gebrüll wie Michaels Gixxer macht die vom Horst nicht beim Starten. Dafür klappt das mit der Hydraulischen Kupplung um Längen besser als mit dem Seilzug. Ich hab sie nicht abgewürgt. Fährt sich auch fast wie ein Fahrrad. Aber was will man schon sagen, wenn man in Jeans, T-Shirt, Halbschuhen und offenem Klapphelm (muß das Scheiße ausschauen!), Zigarette im Mund, zum See fährt. Trotzdem hat mir das Stück fahren gefallen.

Kurze Zeit später war ich schon wieder zurück. Ab 8 Uhr gabs Frühstück. Klasse. Horst und ich waren um diese Zeit die Ersten und Einzigen am tour_2010_405 Frühstücksbuffet. Mjammmmmm…….
Besonders erwähnenswert wären die gefüllten Kipferl (Österreichisch gesprochen) unterm Glassturz. Sie waren noch ganz warm. Ich glaub, unter jedem Glassturz waren etwa 14 Kipferl, wenn ich nicht irre. Danach waren es nur mehr 15, in beiden zusammen. Und das unter den Augen der Chefin, die wir für die Putzfrau hielten. „Verfressenes Pack“, wird sie vielleicht gedacht haben, aber das war uns egal. Es hat ausgezeichnet gemundet.

tour_2010_406 Gegen 10 Uhr fuhren wir wieder los.
Hab ich schon einmal erwähnt, dass der Uwe seit dem Gotthardpass verschwunden war? Nein? Och, das mag daran liegen, dass er öfters einmal kurz weg war, aber wieder auftauchte. Man muß sich um ihn keine Sorgen machen, er kennt sich in der Schweiz besser aus als wir anderen und ist bestens ausgerüstet. An einer geschlossenen Bahnschranke sahen wir ihn zum letzten Mal, als er an den Autos vorbei ganz nach vorne fuhr. Wo er dann geblieben war, hätte uns irgendwie schon interessiert, denn eigentlich waren wir zusammen unterwegs. So dachten wir wenigstens.tour_2010_408 Nun ja, sei´s drum.

Von Cannobio zum Splügenpass ist der Weg einfach zu finden, wenn man den riesigen Überkopfwegweiser bei der Zusammenführung der 13 und der 2 nicht übersieht. Aber schon nach wenigen hundert Metern roch ich den Braten, denn in diesem Kreisverkehr rechts abbiegend fuhren wir gen Lugano, und das liegt nicht im Norden, sondern im Süden. Eine Rauchpause konnte aber nicht schaden, also rauchten die Raucher, und ich suchte den richtigen Weg, den ich auch rasch mittels des oben erwähnten riesigen Überkopfwegweisers fand. Kaum 30km seit der Abfahrt vom Hotel unterwegs, lud in Crono, einer kleinen Ortschaft am Weg zum Splügen, ein Gastgarten zur Kaffeepause ein. „Was nun?“, fragte Michaels Blick, als ich anhielt. „Kaffeepause“. „Das ist gut“. War richtig gemütlich dort. Bei der kleinen Raststätte am Abzweig zum Pass hielten Michael und Andi. „Was ist jetzt?“, war ich diesmal am Fragen. „Fußball WM!“ Ach ja. Deutschland gegen Serbien.

tour_2010_michael_003 Während wir anderen uns am Balkon stärkten, „genossen“ Andi und Michael das WM Spiel. Als sie bei der Halbzeit mit hängenden Köpfen erschienen, wussten wir Desinteressierten zwar keinen Spielstand, aber vorne war Deutschland sicher nicht. Beim 0:1 bleib es dann auch, wie wir später erfuhren. Ob dieser Schmach stand einer Weiterfahrt dann nichts mehr im Weg. Eh komisch. Als wir vor 3 Jahren ebenfalls in der Schweiz waren, spielte Deutschland gegen Österreich. Es war nur eine EM und wir haben auch gegen die Deutschen 0:1 verloren, aber den Kopf ließ ich damals nicht hängen. Es hätte ja auch viel schlimmer kommen können. Deutsche denken beim Fußball scheinbar ganz anders als Österreicher.tour_2010_414

Nachdem wir den wunderschönen Splügenpass und den Malojapass, der eine schöne Westrampe, dafür aber absolut keine Ostrampe besitzt, hinter uns gelassen hatten, erreichten wir St.Moritz. Der Polizist beim total verstopften Kreisverkehr an der Ortseinfahrt hätte ich nicht sein wollen, und auch er schien sich an diesem Tag einen anderen Beruf gewünscht zu haben, seinem Kopfschütteln nach zu urteilen. Was hätte er auch machen sollen? Den Fahrern der Lamborghinis war es Scheiß egal, was der Rest der Verkehrsteilnehmer macht, Hauptsache, sie gelangten zum Hotel, das dort ganz in der Nähe liegt. Es war der Tag eines sichtlich groß angelegten Lamborghini Treffens. Mach einmal als kleiner Verkehrspolizist einem Countach oder Galardo Fahre klar, er soll den Kreisverkehr freigeben, den er mit seiner Millionenschüssel verstopft. Auf die Antwort wäre ich gespannt.

tour_2010_417 Eigentlich hätte ich gerne in St.Moritz übernachtet, aber erstens hatten die Preise bestimmt, aufgrund des Treffens, heftig angezogen, und zweitens wollten die Meisten ohnehin noch weiterfahren. Also rauf auf den Berninapass, der sich diesmal, im Gegensatz zu vor 3 Jahren, von seiner besten Seite zeigte, und rüber über die Forcola di Livigno ins Wintersportparadies. Im Hotel Alba fanden wir eine schöne und sogar günstige Unterkunft mit recht guter Küche, wenn sich auch niemand etwas unter den Namen der Gerichte vorstellen konnte. Wären die Portionen so riesig gewesen wie die Teller, wir wären alle aus einem einzigen Teller satt geworden. Dafür waren die Biergläser voll gefüllt, und es war sogar genug davon da, um bis Mitternacht auszuhalten. Bierseelig schlief ich irgendwann ein.

Samstag, 19. Juni – Rückfahrt nach Tirol
Livigno – Passo d´Eira 2211mPasso di Foscagno 2291m – Bormio – Stilfserjoch 2757m – Prad – SS38 – SS40 – Reschenpass 1504m – Pfunds – Landeck – A12 Ötztal – Kühtai – St.Sigmund/Gasthof Ruetz Streckenlänge: 383km

tour_2010_michael_004 Der letzte Reisetag war angebrochen. Es ging heute zurück nach Tirol, womit das Thema Pässetour wieder für ein Jahr erledigt war. Aber noch hatten wir Tirol nicht erreicht, ja, noch waren wir nicht einmal aus Livigno draußen. Am Vortag hatte ich wohl den Wegweiser am Ortseingang gesehen, der nach Bormio weist, aber es mußte auch weiter im Ort noch eine Schleife geben, die zum Passo d´Eira führt. Gab es ja auch, nur das Schild müsste man sehen.tour_2010_425

Beide Pässe zwischen Livigno und Bormio sind landschaftlich sehr schön, allerdings wird diese Strecke auch vom Schwerverkehr genutzt, nicht nur von Touristen. Wir hatten Glück und wurden von keinen Schwerfahrzeugen vor uns gequält. Noch bevor man richtig nach Bormio reinfährt zweigt die Straße zum Stilfserjoch ab, ein großer Wegweiser weist den Weg. Trotzdem hatte ich dort das komische Gefühl, als würde hier der Eine oder Andere vorbeifahren. Wir fuhren ja nicht in strenger Formation, sondern ganz locker aufgelöst, wie jeder wollte. Der Weg war einfach und nicht, oder sagen wir besser, nur kaum zu verfehlen. Michael und ich waren wieder einmal ganz alleine. Auch der Horst bildete mit seiner Suzi sein eigenes Grüppchen, das langsam den Berg hochzog. Nur der Rest war entweder wieder einmal ohne Rücksicht auf Verluste hochgeballert, oder was auch immer. So genau wussten wir das gar nicht.

tour_2010_427 Herrlich schönes Wetter erwartete uns an diesem Prachtberg. Endlich sahen wir auch die westliche Seite in ihrer vollen Pracht. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es hier so viele Tunnel und Lawinengalerien gibt. Das hatten wir vor 3 Jahren im dichten Nebel gar nicht bemerkt, wir sahen damals sowieso meiste Zeit nichts. Ehrlich gesagt konnte ich mich hier an gar nichts erinnern, außer, dass wir irgendwo bei einer Tunneleinfahrt gehalten hatten, weil dort der Nebel etwas durchsichtiger war. Heuer war fast Kaiserwetter. tour_2010_michael_005

Irgendwo im Verlauf der Bergfahrt dann eine erschütternde Nachricht. Axel und Paul standen am Gavia Pass! Wenig später hatte ich Paul am Telefon: „Wir sind schon wieder unten“, hörte sich gut an. „Wo, wieder unten? In Bormio?“ Ich war äußerst skeptisch. „Nein, auf der anderen Seite!“ „??? Du meinst, ihr seid auf der engen, tornantereichen Strecke runtergefahren?“ „Ja klar. Hier gehts doch zum Stilfserjoch, oder?“ „Nein, eigentlich nicht. Dort gehts in den Süden, Tirol liegt aber im Norden!“ „Und was machen wir jetzt?“ „Nix! Umdrehen, den Gavia wieder hoch, runter nach Bormio, das Stilfserjoch hoch, und dann ab nach Tirol. Ich wünsche euch eine schöne Fahrt. Genießt den Tag. Auf Wiedersehen in Tirol“. „Na gut“, kam die etwas verdutzte Antwort von Paul, dann legten wir auf. Was hätte ich sonst sagen sollen? Der Gavia Pass hat den beiden eh gefehlt, nun sind sie ihn eben gefahren. Macht ja nix.

tour_2010_michael_017 Paul war ja vor 3 Jahren nicht mit am Stilfserjoch und am Gavia Pass, daher kannte er die Strecke nicht und hatte etwas durcheinander gebracht. Er dachte, man muß zuerst den Gavia hochfahren, um zum Stilfserjoch zu kommen. Das war ein Irrtum. Es gibt schlimmeres, als zum Passo di Gavia zu fahren, wenn auch irrtümlich, den er ist schön. tour_2010_michael_020

Am Stilfserjoch herrschte Remi Demi. Nicht auf der Strecke nach oben oder nach unten, aber oben am „Marktplatz“. Während in St.Moritz ein Lamborghini Treffen war, fand hier ein Traktortreffen statt. Aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien trafen sich hier Traktorfahrer. Unglaublich, womit die da auf 2750m hochfuhren. Mancher, beispielsweise der Typ mit dem Rasenmäher, muß ja Stunden gebraucht haben, um von Trafoi da hochzukommen! Auf meinen hochgestreckten Daumen zeigt er mir drei Finger, was ich bis heute nicht so recht zu deuten vermag. Meinte er, er fährt schon zum Dritten Mal hoch, oder war er schon drei Stunden unterwegs? Wie in St.Moritz auch hier ganz oben ein Stau, ausgelöst durch Deppen. Hier waren es Motorradfahrer, die nicht einsehen konnten, dass man nicht mitten durch einen Traktor durchfahren kann. Auch nicht, wenn man auf einer BMW sitzt und regelmäßig seine Steuern bezahlt! „Herr im Himmel, schmeiß Hirn herunter“, dachte ich, und machte mich wieder auf die Socken, ein Stück weiter runter, wo der Trubel nicht so schlimm war.

tour_2010_michael_023 Jetzt war ich insgesamt schon 4 Mal am Stilfserjoch. 2 Mal davon bei tollem Wetter, aber die ersten beiden Fahrten mit dichtem Nebel, Kälte und Schneetreiben waren irgendwie die schönsten. Damals ging für mich ein Traum in Erfüllung, den ich insgeheim lange geträumt hatte. Heute entdecke ich dafür immer neue Dinge, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte. Darum sagt eine alte Weisheit, man soll ein Ziel zumindest zwei Mal ansteuern. Beim ersten Mal war man dort, beim nächsten Mal genießt man es, ab dann lernt man es kennen. Es stimmt.

In Gomagoi, zwischen Trafoi und Prad, lud ein großes Hinweisschild „GRILL“ zum Mittagessen ein. Das Restaurant „Zur kleinen Cilli“ ist sehr empfehlenswert. Das Essen ist gut, der Gastgarten schön, auch drinnen sehr angenehm eingerichtet. Nette Bedienung, es passt alles. ****tour_2010_michael_025
Dort erwarteten wir unsere beiden Ausreißer. Auch Paul und Axel kamen hier zu ihrem wohlverdienten Mittagessen. Sie waren brav gefahren. Etwas enttäuscht war ich allerdings, wie lange sie vom Joch herunter gebraucht hatten. Paul hatte angerufen, sie wären jetzt am Stilfserjoch und fahren nach unten. Dabei stellten wir gleich klar, dass wir beim Grill auf sie warten würden. Alle dachten, sie würden in spätestens 3 Minuten hier auftauchen, aber es hat viel länger gedauert. Enttäuschend, ehrlich. Da bin ich etwas anderes von den Beiden gewohnt.

tour_2010_431 Das wir auch bei der Rückfahrt kein einziges Foto vom Reschenpass und vor allem vom malerisch gelegenen Reschensee mitbrachten, lag, was den sonst, wieder am Wetter. Je näher wir der Italienisch-Österreichischen Grenze kamen, desto schwärzer wurde der Himmel. Rasch in die Regenkleidung, dann ging es schon wieder los. Regen, Regen und nochmals Regen. Bis nach Tirol begleitete uns die Nässe, und wieder machte sich die Autobahnvignette bezahlt. Wir waren wieder gesund und glücklich zurückgekehrt.
Nächsten Tag würde nur mehr der Abschied und die Heimfahrt kommen. Aber meistens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Ach ja. Hatte ich schon erwähnt, dass Uwe (das ist der, der nach dem Gotthardpass verschwunden war) in Tirol beim Ruetz auf uns wartete? Nein?

Sonntag, 20. Juni 2010 – St.Sigmund in Tirol 1513m – 7:30 Uhr – 10:00 Uhr – Szenen einer Abreise
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Trotz der widrigen Umstände bei der Abreise sind wir alle wieder gesund und wohlbehalten daheim angekommen.

Hiermit bedanke ich mich bei der Familie Ruetz aus St.Sigmund/Sellrain für ihre Gastfreundschaft.
Ich bedanke mich auch bei allen meinen Kollegen. Ihr ward wieder ein tolles, leidensfähiges Team.
Meine Herren, es war mir wieder eine Freude und Ehre, mit euch zu fahren.

8. Oktober 2009

2009. 10. 07. – Cesky Krumlov – Boehmisch Krumau

Filed under: Touren International — Benzin @ 15:52

Tage wie dieser oder Überraschender Besuch in Krumlov

Geplant war die Fahrt nach Krumlov überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Es war reiner Zufall. Wie man zufällig in die Tschechei kommt? Das ist recht einfach.

20091007_xjr_krumlov01 Ich hatte mich um 9:00 Uhr morgens aufs Motorrad gesetzt und war, wie so oft schon, Richtung Süden losgefahren. Schon nach wenigen Kilometern, genau genommen nach ungefähr 2 Kilometern, wollte mir diese Richtung nicht recht gefallen und ich bog zum Gasthof Bachler ab, um mir bei einem Kaffee und einer Zigarette zu überlegen, wohin ich den überhaupt, wenigstens ungefähr, fahren könnte. In die Steiermark wollte ich eigentlich nicht schon wieder, das stand fest. Bilder links und Rechts: Rožmberk (Quelle Bild rechts unten)

Nach dieser Kaffeepause hatte ich zwar noch immer keinen Plan, aber ich änderte Rozmberg_hrad einfach die Richtung und fuhr zwischen Feldwegen, immer der Nase nach, zu irgend einer Hauptstraße, der ich in nordwestlicher Richtung folgte. Irgendwie kam ich dann zur Donau, die ich bei Mauthausen überquerte, und drang dann weiter in den Nordwesten vor. Die  genaue weitere Strecke könnte ich jetzt gar nicht mehr sagen, ich folge einfach irgendwelchen schmalen Straßen in nördliche Richtung, fernab von einer breiten Hauptverkehrsader. Am Hauptplatz in Käfermarkt, südöstlich von Freistadt gelegen, setzte ich mich in einen gemütlichen Gastgarten, bestellte einen Kaffee und legte mir die Straßenkarte zurecht. „Wohin soll ich mich wenden?“, fragte ich mich und steckte mir eine Zigarette an. Bild unten: Erster Blick auf Krumau

20091007_xjr_krumlov03Mein Blick fiel beim Kartenstudium auf Budweis, aber die Kirchturmuhr sagte mir, dass das Blödsinn ist. Es war immerhin schon fast Mittag. Dann sah ich Krumlov, und sofort fielen mir die Schwärmereien eines Bekannten ein, der oft dorthin fährt. Seine Begeisterung ist fast so grenzenlos wie das heutige Europa, daher dachte ich, „Ok, warum nicht nach Krumlov? Das ist nicht all zu weit weg. Mal nachschauen, wie´s dort wirklich aussieht.“

Flott hatte ich Freistadt erreicht, ebenso flott über die E55 die Österreichisch – Tschechische Grenze bei Wullowitz. Diese Grenze war rasch, ohne irgendeine Kontrolle, überwunden, und schon befand ich mich im Land des Hatschek. Bald nach der Grenze bog ich links auf die Bundesstraße 163 ab (die nach Vyšší Brod und zum Moldau Stausee führt), winkte den netten (und gar nicht unhübschen) jungen Damen, die dort haufenweise herumstehen, und bummelte einer langen Birkenallee entlang bis zum Abzweig auf die 160, die unmittelbar neben der Moldau in den Norden nach Krumau führt.

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Die Fahrt entlang der Moldau ist einfach herrlich. Die relativ enge Straße windet sich zeitweiser jeder Flußkrümmung folgend zuerst bis Rožmberk. Vor der Brücke am Ortseingang erhascht man einen zauberhaften Blick auf die Kirche im Ort und die auf einem Hügel gelegenen Burg Rosenberg. Nach der Ortschaft, schon wieder der Moldau entlang fahrend, bekommt man die Burg noch einmal von der Rückseite zu sehen. Jetzt sind es nur mehr etwas über 20km bis Krumlov, die leider viel zu schnell überwunden sind. Dann die kleine Ortstafel und der Gedanke, „Was wird mich jetzt erwarten? Wie schaut Krumau wirklich aus?“ Ich hatte nicht die geringste Ahnung, nur die Schwärmereien vom Erwin waren mir in Erinnerung. „Mein Gott, ist Krumlov schön!“ hatte er immer wieder mit leuchtenden Augen gesagt. Ich ließ mich einfach überraschen. Was ich danach über Krumlov dachte, ist nach den Bildern zu lesen.

Bilder und Eindrücke aus Krumlov:

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Geheimnisvolle Eingänge

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Beitrag zum Thema „Kunst und Krempel“

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„Es“ lebt! Zumindest im Wachsfigurenkabinett von Böhmisch Krumau.

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Krumlov ist nicht schwer zu erkunden. Die Altstadt ist auf beide Ufer der Moldau aufgeteilt und recht übersichtlich angeordnet. Verirren kann man sich praktisch nicht, denn der Fluß ist ein weithin sichtbarer Orientierungspunkt. Überall sind gut gelegene Parkplätze angelegt, denn die Teile der Altstadt sind als Fußgängerzonen deklariert, Gott sei Dank.

20091007_xjr_krumlov22Was waren meine ersten Eindrücke? Nun, zuerst musste ich herausfinden, wie ich da hinein kam. Sehen konnte ich die alten Stadtteile schon länger, aber es gab keine Zufahrtsmöglichkeit. Zumindest dauerte es ein Weilchen, bis ich sie gefunden hatte. Ich kann ja nicht einfach hineinfahren und dann behaupten, ich hätte die Aufschrift auf der Fahrverbotstafel nicht lesen können. Die halten mich doch für blöd, wenn ich ihnen so daherkomme. Die Schilder sagen ja eh schon alles.

Ich hatte aber an einer der Einfahrten in die Altstadt schnell einen schönen Parkplatz für meine Elise gefunden und machte mich zu Fuß auf den Weg. Nach dem Überqueren einer steinernen Brücke dachte ich, ich hätte eine Art antiken Transporter überschritten. Ihr wisst schon, Teleportation oder Beamen. Bild rechts: Die „Teleporterbrücke“. 20091007_xjr_krumlov21

Warum ich das dachte? Na, weil plötzlich alles voll mit Japaner war! „Du meine Güte, so viele Japaner sieht man normalerweise nur in Tokyo“, dachte ich. Irgendwie ist das ja auch passend. Ich war mit einem Japanischen Motorrad unterwegs, trug eine Japanische Kamera in der Hand, hatte eine Japanische……, nö, stimmt nicht. Die Uhr am Handgelenk ist aus der Schweiz! Dafür ist daheim der Fernseher, die Stereoanlage, der Rechner und Drucker, überhaupt fast alles, was mit Elektornik zu tun hat, aus Japan. Soviel ich weiß, ist das in den meisten Haushalten so. Da ist es ja kein Wunder, wenn die Japaner mit dem damit verdienten Geld einmal nachschauen fahren, wie es ihren Erzeugnissen so geht in der ganzen Welt.

20091007_xjr_krumlov13Leider verging auch an diesem Tag die Zeit viel zu schnell. Auf eine Nächtigung war ich nicht vorbereitet, ich hatte weder Zahnputzzeug noch sonst etwas mit. Aber Krumau ist ja nicht weit entfernt. Die ganze Tour war nicht mehr als 310km lang! Also wird es vermutlich nicht all zu lange dauern, bis ich wieder in Krumlov bin, um diese Stadt vielleicht besser kennenzulernen. Ach ja. Ich wollte noch schreiben, was ich von Krumlov halte. Wie hatte der Erwin immer gesagt? „Mein Gott, ist Krumlov schön!“ Dem schließe ich mich einfach an. Es stimmt!

Bei der Heimfahrt, bei der ich bis Freistadt die gleiche Strecke fuhr wie bei der Hinfahrt, hatte ich plötzlich eine Melodie im Kopf, die mich bis in die heimatliche Garage begleitete. Sie passte zu dieser Tour, ehrlich gesagt, wie die Faust aufs Auge. „Als Beemen noch bei Est´reich war, vor fiimpfzig Jahr, vor fiimpfzig Jahr“, ein Lied, das Peter Alexander im Film „Die Schule brennt“ sang. Zu Hochdeutsch: „Als Böhmen noch bei Öst´reich war“ Das ist allerdings inzwischen schon noch länger her als 50 Jahre.

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