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31. August 2016

Trixi, oder wie ich auf den Hund kam – Teil 1

Filed under: Hundegeschichten — Benzin @ 18:49

18 Jahre, oder gar 18 und ein halbes Jahr, so genau kann sich keiner mehr dran erinnern, wurde meine kleine Maus, bevor sie kraftlos, aber, wie ich hoffe, friedlich in meinen Armen einschlief. Das Ende nahte relativ schnell. Sie war zwar schon länger blind und hörte schlecht, aber daran hatte sie sich genau so gewöhnt wie ich. Ich sah und ich hörte für sie, und als die Beinchen schwächer wurden und der Rücken schmerzte, hab ich sie getragen. Wir verstanden und prächtig. Wir waren ja ein tolles Team, meine kleine Trixi und ich. Dabei wollte ich gar nie einen Hund. Aber nicht ich hatte mir diesen Hund ausgesucht. Der Hund suchte sich mich aus, und das kam so.

Irgend wann im Verlauf des Jahres 1998 oder Anfang 1999 kam meine Schwester auf Besuch, dessen Hauptzweck es war, einen kleinen Hund vorzustellen. Nicht, dass ein Hund für sie neu gewesen wäre. Sie hatte ja einen, und zwar ein goldiges, lockiges, schwarzes Chow Chow Weibchen trixi_story_001namens Gina, oder um genau zu sein, Albine von der lockeren Wiese. Aber wer will schon “Komm her, Albine von der lockeren Wiese!” rufen und vor allem, wozu? Bei  “Gina!” kam sie auch nur dann, wenn es ihr passte. Also Hunde waren nichts neues für sie. Aber für Tanja, ihrer älteren Tochter. Dieser gehörte der neue, kleine Hund. Wenn’s nach dem Mädchen ging, sollte es eigentlich eine Katze werden. “Mama, ich will eine Katze!” quengelte der kleine Quälgeist ständig herum. “Nein”, sagte ihre Mama, “Katze gibt’s keine. Aber du kannst einen Hund haben, der so groß ist wie eine Katze!” So wurde aus der Katze ein Hund.

Sie suchten den kleinen Hund nicht bei einem Züchter, sondern sondierten Zeitungsinserate. Das Internet war ja damals noch nicht so weit entwickelt wie heute. “Kleiner Hund nur in gute Familie abzugeben” oder so ähnlich lautete das Inserat, dass sie fanden und ein Foto war dabei. Es handelte sich um einen Yorki Mischling. Das weckte Interesse. Klein und knuffig. Noch dazu, zumal es sich um einen Hund aus der Pflege von Edith Klinger handelte, die damals eine eigenen Fernsehsendung hatte, in der allerlei alleinstehende Tiere, meist aus großer Not gerettet, ein neues Zuhause suchten. Also riefen sie an, bekamen einen Termin und fuhren hin. Nach allerlei Fragen rückten die Pfleger dann auch mit der Geschichte dieses Hundes heraus. Vermutlich noch kein Jahr alt, hatte der kleine Wauzi in den letzten sechs Monaten vier verschiedene Besitzer, die das kleine Tierchen allesamt wieder zurück brachten, weil das “Mistvieh” weder stubenrein war noch gehorchte. Ja, und gebissen hat der Kleine auch. Aus Angst, aber das wusste offenbar keiner. Trotz allem nahm meine Schwester diesen Hund mit und fuhr Heim. Und dann besuchte sie uns, um den neuen Hund vorzustellen.

Von diesem Besuch bemerkte ich anfangs nicht viel, denn ich wohne im Haus oben, meine Eltern unten. Dann ging die Tür des Wohnzimmers auf, und meine Schwester kam mit einem kleinen Hund herein. “Ach, ein kleiner Hund” war wohl ziemlich alles, was mir dazu einfiel. Ein paar Augenblicke später war meine Play Station kaputt. Der kleine Köter hatte mit seinen spitzen Zähnchen ins Steuerkabel gebissen und damit anscheinend einen Kurzschluss oder sowas in der Richtung verursacht. Dabei hatte Hundi großes Glück. Das Kabel daneben wäre Stromführend gewesen. 220V Wechselstrom! So lernte ich Trixi kennen. trixi_story_002

Unsere nächste Begegnung war etwas persönlicherer Natur. Wieder war Sonja mit dem kleinen Hund zu Besuch, diesmal interessierte ich mich etwas mehr für ihn. Nicht, weil die Versicherung eine neue Play Station bezahlt hatte. Die alte war auch noch fast neu. Nein. Es war sowas wie Neugierde. Ich hatte Erfahrung mit Meerschweinchen und Katzen, eine ZIege hatte ich auch kurz einmal und manche meinen, ich hätte einen Vogel, aber einen Hund hatte ich nie. Vielleicht interessierte mich dieser Hund auch nur deshalb, weil er so klein war. Ich weiß es nicht mehr. Ich hob ihn hoch, streichelte ihn und stupste mit meiner Nase gegen seine. “Auaaaa!” Erschrocken setzte ich den Hund zu Boden. Er hatte mich in die Nase gebissen! Damit war ich nicht alleine, wie ich erfuhr. Auch Sonja und ihr Lebensgefährte wurde von Trixi in die Nase gebissen. Bei Gerhard war sogar die Nasenwand durchgebissen. Komischerweise war ich damals der Einzige, der drüber lachte. Aber einmal ehrlich, wie kann man den so blöd sein, mit seiner Nase den Zähnen eines fremden Hundes  so nahe zu kommen? Diesem kleinen Hund waren wir damals alle fremd! Man stelle sich das einmal vor! Keiner von uns wusste genau, was dieses Tier bisher erlebt hatte. Wir wussten nur, dass er sehr schreckhaft war, was bedeutete, gut war es ihm wohl nicht gegangen. Und dann kommt so ein großer Lackl daher, hebt ihn auf und sein Schädel kommt mit diesem großen Zinken in der Mitte auf Tuchfühlung. Was würden sie als kleiner Hund tun? Da muß man doch vorsichtshalber zubeißen! Ich konnte das dem kleinen Wauzi ehrlich gesagt nicht übel nehmen. Es gibt aber auch welche, die suchen Schuld grundsätzlich immer bei anderen.

Dann vergingen Jahre, über die es aus meiner Sicht nicht viel zu erzählen gibt. Manchmal war Trixi zur Pflege da, meistens war sie aber weit weg. Nicht unbedingt weit für mich, aber weit für so einen kleinen Hund. Ich wusste, dass es ihn gibt, mehr aber nicht. Ein einziges Mal beschäftige ich mich in all den Jahren mit Trixi näher, das war  am 12. August 2001. Sie war wieder einmal zur Pflege da und ich nahm sie, weil mir anscheinend nichts besseres einfiel, zu einer kleinen Wanderung mit. Ich schnappte mir ihre Leine, setzte sie ins Auto und fuhr nach Gresten zum Schwarzenberg, und dort stieg ich dann über Forst- und Almwege  zum Kamm hoch und ging mit ihr bis zum Gipfelfels, den ich mit Trixi unterm Arm erstieg. Dort saßen wir beim Gipfelkreuz, ich rauchte eine Zigarette und bannte Landschaft und Hund auf Film. Und genau das ist der Grund, wieso ich heute noch ein Foto von Trixi aus dem Jahr 2001 hab. Das war, kommt mir heute fast vor, der erste kleine Wink des Schicksals. Ich hatte das Foto von einem Hund, der fast genau 12 Jahre später meiner wurde und um den ich heute weinte, weil ich ihn so liebte.

Wir verstanden uns auch an diesem Tag prächtig. Ich ließ sie im Almgebiet, ganz entgegen dem Rat meiner Schwester, ohne Leine laufen. Sie ging ein paar Schritte voraus, und als zuerst das Gras höher als der Hund wurde und das Gelände immer steiler, folgte sie ein paar Schritte hinter mir, immer grade so weit zurück, dass sie mich noch sehen konnte. An diesem Tag war sie ein guter, kleiner Bergkamerad. Dass wir beide fast auf den Tag genau 12 Jahre später zueinander finden und ein Herz und eine Seele werden, dass wäre mir nicht im Traum eingefallen, und ich meine sogar, nicht einmal der Hund hätte sich das in seinen, oder in ihren, kühnsten Träumen vorgestellt. Aber meistens kommt es erstens anders als man zweitens denkt. Oder so.

Die Jahre vergingen aber nicht nur für mich. Auch die Kinder meiner Schwester wurden älter, und damit auch Tanja, die Besitzerin von Trixi. Die Beiden waren unzertrennlich, bis das Leben unaufhaltsam seinen Lauf nahm. Grundschule, Mittelschule, Matura, Fachschule in Wien, Berufsausbildung, Arbeitsplatz und Wohnung in Wien. Das kleine Mädchen war eine Frau geworden und stand mit beiden Beinen mitten in ihrem jungen Leben. Zurück in Ybbs an der Donau blieb ein kleiner Hund, und weil auch dort das Leben nicht stehen blieb, Sabrina war ebenfalls schon aus der Schule, meine Schwester sowieso berufstätig, war das kleine Yorki Mädchen, ohne dass das jemand wollte, alleine angekommen. Na, nicht direkt alleine. Meistens kümmerte sich meine Mutter um Trixi, denn weil weder Sonja noch Kinder in Ybbs tagsüber daheim waren, kam der kleine Wauzi zu uns in Pflege. Es fehlte ihr eigentlich an nichts. Es gab Wasser und zu fressen, sie hatte den ganze Garten für sich alleine und konnte tun und lassen, was immer sie wollte. Nur ein richtiges Frauchen oder Herrchen, das hatte sie nicht. Und dann kam jener Tag im August 2013, an dem mir fast das Herz stehen blieb, und dessen Folgen mein Leben auf ungewöhnliche Art veränderte. Aber ganz anders, als ich ursprünglich dachte. Gott sei Dank.

Es war ein Tag so ungefähr mitten im August 2013 gegen 22:00 Uhr. Ich war grade von der Arbeit Heim gekommen, hatte die Haustür versperrt, die Jacke ausgezogen und wollte sie eben an die Garderobe hängen. Und wie es der Teufel will, schau ich so nebenbei zur offenen Küchentür hinein. Was ich sah, verschlug mir den Atem. Nein, es war nichts mit dem Hund. Es war schlimmer.

trixi_story_003Ich sah die Beine meiner Mutter ausgestreckt am Boden liegen! Momentan stand ich wie angewurzelt da, dann aber begann mein Kopf zu arbeiten. “Ganz ruhig bleiben! Jetzt schaust du da einmal, was los ist, und egal was du siehst, du wirst das jetzt mit Fassung tragen!” befahl ich mir. In meinem Innersten sagte mir ein beklemmendes Gefühl, das ist der Tag, den die Meisten fürchten. Der Tag, an dem du deine Mutter verlierst.

“Hannes, bist du das?” hörte ich die Stimme meiner Mutter. Ich ließ die Jacke einfach fallen und war mit einem Sprung in der Küche. Da lag tatsächlich meine Mutter am Rücken, den Kopf auf ein Kissen gebettet, dass sie sich von einem Sessel gefischt hatte. “Bin ich froh, dass du da bist”, sagte sie. Ich kannte mich nicht wirklich aus, was da los war. Dann erfuhr ich es. Sie war ausgerutscht und gestürzt, wobei sie sich, so war sie sich den Schmerzen nach sicher, den Oberschenkelhals oder die Hüfte gebrochen hatte. Mein Vater lag schon im Bett, hört ohne Hörapparat praktisch nichts, schreien hatte daher, so Mama, gar keinen Sinn und kostet nur Kraft, und weil sie so lag, dass sie auf die Küchenuhr schauen konnte, wusste sie, in spätestens einer dreiviertel Stunde kommt der Sohn Heim, und dann wird alles wieder gut. Und so hatte sie sich den Polster vom Sessel, der gottlob in Reichweite lag, gezogen, damit sie bequemer liegt und wartete auf mich. Nachdem sie mir das erzählt hatte, musste ich mir insgeheim eingestehen, das war mit Abstand die brutalste Geschichte, die ich von einer Hausfrau je gehört hab. Punkto Härte und Kaltblütigkeit könnten sich da einige Männer eine große Scheibe abschneiden.

Ich verständigte die Rettung, die verständigte, weil die Schmerzen für einen Transport ohne Schmerzmittel nicht möglich war, den Notarzt, der sie mit einer gewaltigen Dosis ins Reich der Schmetterlinge schickte. Diese Dosis war nötig, weil die ersten zwei Spritzen überhaupt keine Wirkung zeigten. Dabei war nicht Mutter das Weichei, sondern die Leute der Rettung. Freilich entfleuchte meiner Mutter ein Schmerzensschrei, als sie versuchten, Mama auf die Trage zu hieven. Kein Wunder bei der Schwere der Verletzung. Sie meinte aber sofort, “kümmert euch nicht drum, wenn ich da drauf liege, ist der Schmerz ja wieder vorbei!” Das trauten sich die jungen Männer aber nicht und riefen den Notarzt. Ja, und dann war Mama weg, Papa, Bub und Hund waren alleine. trixi_story_004

Für mich war das kein Problem, für Vater durfte es keines sein. Mama war nicht da, um für ihn zu kochen, also musste er seinen Hintern selber in Bewegung setzen. Der kann das, wenn er muß. Normal muß er aber nicht. Vater war Zeit seines Lebens (der ist auch schon 82) ein äußerst fleißiger Mann, aber ein Pascha, wenn er daheim ist. Wenn da ein Löffel zu Boden fällt, bleibt der liegen, bis er entweder verrostet ist oder bis ihn jemand anders aufgehoben hat, so einfach ist das. Oft schon hab ich mir gewünscht, der Herr Papa wäre einmal beim Militär gewesen. Nicht, weil Krieg spielen lustig wäre. Aber er wüsste, wo sich seine Kleidung befindet. Der kennt nicht einmal seinen eigenen Kleiderschrank. “Hab ich kein frisches Hemd? Frische Hosen? Wo sind Socken? Und die Schuhe?” Mama wird’s schon richten. Wozu hat man ein Weib?

Genau das war der Grund, wieso ich wusste, jetzt muß ich mich um den kleinen Hund kümmern. Bei Vater wäre er vermutlich, ich würde sogar sagen, mit Garantie, auch nicht verhungert, aber vermutlich wären für Hundi dürre Zeiten angebrochen. Für sich selber versteht er in Not zu sorgen, aber wenn der Hund weder kochen kann noch einkaufen geht, hat er Pech gehabt. Nun ja, dann bekam der kleine Wauzi eben von mir Wasser und Fressen. Ich bin ja nicht so. Außerdem würde das jetzt länger dauern, dass wussten wir schon am nächsten Tag. Oberschenkelhalsbruch und Beckenzertrümmerung, voraussichtliche Dauer bis zur Widerherstellung mehrere Monate. Dann nahm Trixi ihr Schicksal selber in die Pfoten.

Höchstens ein paar Tage waren seit dem Zwischenfall in der Küche vergangen. Ich glaub, nicht mehr als drei. Ich hatte frei, es war später Nachmittag, ich saß hier beim Computer und beschäftigte mich mit diesem Blog, da hörte ich etwas quietschen. Zuerst achtete ich gar nicht drauf, aber dieses Quietschen hörte nicht auf. Immer wieder war da irgendwo ein Quietschen zu hören. “Oder, wart einmal, das ist nicht irgendwo”, dachte ich, “das ist vor meiner Wohnzimmertür!” Etwas ratlos stand ich auf und öffnete die Tür. Was, bitte, sollte da vor meiner Tür quietschen?

Es war Trixi. In all den rund vierzehneinhalb Jahren, in denen sie im weiteren Sinne ja auch zur Familie hier gehörte, war sie noch kein einziges Mal auf die Idee gekommen, die Treppen zu mir hoch zu steigen. Kein einziges Mal! Chester, der andere kleine Hund, der öfters, so wie auch jetzt grade wieder, zur Pflege hier ist, der kam und kommt immer wieder zu mir hoch, kratzt an der Tür, schnüffelt ein wenig herum, wenn ich öffne, und verschwindet wieder. Trixi tat das nie. Seit unserer gemeinsamen Besteigung des Schwarzenberges vor zig Jahren hatten wir nicht mehr viel miteinander zu tun. Nicht einmal höflichkeitshalber. Wenn sie da war, war sie da, wenn nicht, dann nicht. So war zumindest meine Sicht der Dinge. Vielleicht hab ich sie sogar dann und wenn gestreichelt, aber ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Intensiv können meine Gefühle für sie nicht gewesen sein, sonst könnte ich mich dran erinnern. Die Tour zum Schwarzenberg, die war damals aber schön, und die hab ich nicht vergessen. Hundi offenbar auch nicht.

Ich öffnete die Tür, sie kam herein, schnüffelte ein wenig herum, aber statt wieder zu gehen, sprang sie im Schlafzimmer ins Bett und schlief ein. Und damit könnte ich unter dieser Hundegeschichte jetzt praktisch den Schlußstrich ziehen, denn seit damals hat Trixi diese Räumlichkeiten nie wieder, im sprichwörtlichem Sinne zumindest, verlassen. Sie hat sich an diesem Tag einen neuen Herrn ausgesucht, und sie hat einen gefunden, der nicht wusste, wie schön es sein kann, einen Hund zu haben. Ich meine, es kann natürlich auch schön sein, eine Frau zu haben. Keine Frage. Nur, mit dem Hund muß ich keine Sorgen teilen, die ich ohne ihn gar nicht hätte. Mit einer Frau schon. Es folgten drei der schönsten Jahre meines Lebens.

Aber das ist eine andere Geschichte

Bis später……………

25. August 2016

Uhren aus Moskau 1МЧЗ – Poljot 3133 – Sowjetische Militärchronographen und ihre zivilen Ableger

Filed under: СДЕЛАНО В CCCР - Made in USSR — Benzin @ 18:36

Ein bisschen was zur Geschichte des Kaliber 3133
Die Geschichte der sowjetische Chronographen im Kaliber 3133 findet seinen Anfang im Venus Kaliber 188, dessen Ursprung sich wiederum in einem Patent für ein Kulissenschaltwerk von Landeron aus dem Jahre 1940 findet. Die Firma Venus produzierte das Kaliber 188 von 1949 bis my_ruskie_watchblog_okeah_3133_0071966. Valjoux, eine weitere Schweizer Firma, kaufte die Werkzeuge und Rechte und produzierte das Venus Kaliber 188 bis zumindest 1968 unter der eigenen Kaliberbezeichnung 7730 und führte anschließend Verbesserungen ein, die bis zum Kaliber 7734, einem Werk mit Datumsfunktion, reichten. Mit der Einführung des Automatik-Kalibers 7750 im Jahr 1974 wurde die Produktion des Kaliber 7734 eingestellt, die Maschinen wurden, vermutlich mitsamt aller Rechte, an Poljot in Moskau verkauft. Das Kaliber 3133, zuletzt (ab 2005) von MakTime in Moskau gebaut, wurde Ende 2011 eingestellt. Sämtliche Uhren, die zwischen 2012 und heute (2016) als neu verkauft wurden und in den folgenden Jahren noch verkauft werden, beinhalten entweder Uhrwerke, die bei MakTime produziert wurden und von denen zig tausende auf Lager gelegen sein sollen, oder sie basieren auf neuwertigen oder aufgefrischten, gebrauchten Uhrwerken von Poljot. Außer Poljot und MakTime war keine andere Firma der Sowjetunion oder Russlands in der Lage, diese Uhrwerke herzustellen. Nach Meinung vieler Sammler war auch keine andere sowjetische/russische Firma in der Lage, Gehäuse für diese Uhren herzustellen. my_ruskie_watchblog_sturmanskie_3133_001

Die Ablöse des alten Vorgängers, der Strela Kaliber 3017 hatte einen einfachen Grund. Das Kaliber 3017 war ein Schaltradkaliber, während das Kaliber 3133 eine Kulissenschaltung besitzt, deren Hebel billig aus Stanzteilen gefertigt werden konnte, während die Schaltradkonstruktion nicht nur einen hohen Aufwand bei der Fertigung des Schaltrades (relativ komplex gestalteter Bauteil) erforderte, sondern dieser Mechanismus zwingend mit engsten Toleranzen gefertigt werden musste, ansonsten funktionierte diese Konstruktion überhaupt nicht. Da vermutlich auch die alten, aus der Schweiz gekauften Maschinen schon ausgeleiert waren, entschied man sich gleich für eine einfachere und billigere Lösung, und das war das Kaliber 3133. Heute ist selbst ein früher als kompliziert und aufwändig geltender Schaltradchronograph fertigungstechnisch keine Hexerei mehr, und muss auch nicht mehr zwangsweise ein Vermögen kosten. Sea Gull aus Tianjin beweist dies mit dem ST19. In den 60er und 70er Jahren schaute das aber noch ganz anders aus.

Mit ziemlicher Sicherheit waren die ОКЕАН – für die Kriegsmarine – und die ШТУРМАНСКИЕ – für die Luftwaffe – die ersten sowjetischen my_ruskie_watchblog_sturmanskie_31659_001Uhren mit dem neuen Kaliber. Mit größter Wahrscheinlichkeit muss man deshalb sagen, weil es aus der Sowjetzeit praktisch keine gesicherten Produktionsdaten gibt. Für die Sowjets war ja fast alles, was sie taten, zumindest geheim. Aus dem selben Grund ist auch nicht mit 100% Sicherheit zu sagen, ob es die ОКЕАН in der Sowjetunion je zu kaufen gab. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dies nie der Fall war. Jedenfalls ist kein Fall bekannt, in dem es das Foto einer ОКЕАН in einen Produktkatalog geschafft hätte.

OKEAH und ШТУРМАНСКИЕ waren Uhren für den militärischen Gebrauch. Wann im Verlauf seiner Ausbildung zum Offizier man diese Uhren genau erhielt, ist mir unbekannt. Ob diese Uhren auch noch von anderen Behörden genutzt wurde, ist mir ebenfalls nicht bekannt, als relativ sicher gilt, dass es eine ОКЕАН zumindest bei der dramatisch verlaufenden Sojus 23 Mission bis in den Weltraum schaffte. my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_black_latein_3133_001

Vermutlich wurde die originale OKEAH bis gegen Ende der 80er Jahre gebaut. Es gibt jedenfalls keine Belege dafür, dass sie auch noch in den 90er Jahren gebaut wurde. Die Bauzeit der ШТУРМАНСКИЕ reicht, bei einigen Veränderungen, die ihr wiederfuhren, bis weit in die Zeit nach dem Ende der Sowjetunion hinein. Die OKEAH hingegen, die im neuen Jahrtausend gebaut wurden, haben mit der ehemaligen Militäruhr mit Ausnahme des ungefähren Aussehens und des Kalibers nicht mehr viel gemeinsam. Nicht einmal den Hersteller. Diese neuen Uhren wurden nur mehr aus Nostalgie gebaut und natürlich, weil sie, nicht unbegründet, ein gutes Geschäft versprachen.

Dem Umstand, dass die OKEAH eine Uhr für die Marine war, ist auch zu verdanken, dass es heute nur mehr wenige Exemplare in my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_cyrillic_3133_001hervorragendem Zustand gibt. Vielen Uhren hat die ständige Feuchtigkeit, das Salzwasser und der harte Dienstgebrauch stark zugesetzt. Bei vielen wurden Teile repariert oder ausgetauscht. Vor allem Ziffernblätter und Zeiger sind oft stark in Mitleidenschaft gezogen. Diese Uhren sind nicht wasserdicht! Für eine OKEAH in sehr gutem, originalen Zustand zahlt man heute (2016) bis zu €1000.- und mehr, je nach dem, ob es auch Papiere oder gar die originale Verpackung dazu gibt, was extrem selten der Fall sein dürfte, und selbst Uhren mit starken Gebrauchsspuren werden nur selten günstig angeboten. Die Nachfrage ist einfach zu groß.

Die Sturmanskie, cyrillisch ШТУРМАНСКИЕ für die Luftwaffe ist in keiner ihrer zahlreichen Ausführungen wirklich selten. Auch sie war vermutlich bis Mitte der 80er Jahre in keiner Form käuflich zu erwerben. Die OKEAH und die ШТУРМАНСКИЕ waren im Grunde die gleiche Uhr. Bei beiden waren Gehäuse, Drücker und die my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_latein_bluebezel_3133_001Kronen aus Stahl statt aus dem sonst meist verwendeten verchromten Messing, beide beinhalteten das Kaliber 3133. Sie unterschieden sich nur durch das Ziffernblatt und durch die Rückdeckel, die bei der OKEAH eine Prägung der sowjetischen Kriegsmarine und bei der Luftwaffenuhr die Prägung ШТУРМАНСКИЕ mit dem Emblem der Luftwaffe trug. Die ШТУРМАНСКИЕ behielt das Design des Rückdeckels bis zum Schluss, wobei zu beachten ist, dass bei den letzten Modellen der Deckel nicht mehr geprägt, sondern geätzt war.

Die ШТУРМАНСКИЕ erfuhr 1986 gravierende Veränderungen. Nicht nur das Ziffernblatt wurde anders gestaltet, sondern auch am Uhrwerk gab es eine Änderung. Dieses wurde mit einer Stoppsekunde ausgestattet und erhielt die neue Bezeichnung 31659. Bei dieser Funktion wird beim Ziehen der Krone zum Einstellen der Uhrzeit die Unruhe und damit das Uhrwerk angehalten, was ein sekundengenaues synchrones Einstellen mehrerer Uhren erlaubt.

Um das Jahr 1983 herum brachte Poljot die Chronographen mit dem Kaliber 3133 auch als käufliche Versionen für den Inlandsmarkt wie für den Export heraus. Optisch unterschieden sich diese Versionen nur wenig von den Militäruhren. Die Ziffernblätter waren anders gestaltet und trugen die Aufschrift Poljot oder ПОЛЕТ, je nach dem, ob fürs Inland oder für den Export gedacht. Die Rückdeckel besaßen keine Prägung, Gehäuse, my_ruskie_watchblog_poljot_newsturmanskie92_93_bluedial_3133_001my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil__P3133_002Drücker und Kronen waren bei diesen Modellen aus verchromten Messing gefertigt und nicht aus Edelstahl. Bei den Uhrwerken gab es keine Unterschiede, wobei das verbesserte Kaliber 31659 mit Stoppsekunde nur sehr selten den Weg in eine Zivil Uhr fand.

Hier möchte ich noch anfügen, dass es etwas strittig scheint, wann Zivilversionen tatsächlich auf der Bildfläche, vor allem für den Export, erschienen. Der Grund ist folgender. Es besteht kein Zweifel, dass das Vorgängermodell im Kaliber 3017, die Strela, in nicht geringer Stückzahl in den Export ging. Der Bau dieser Uhren wurde um 1979 eingestellt. Wieso, muß man sich hier fragen, soll die Sowjetunion zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Export von Stoppuhren weiter gemacht haben, wenn das neue Kaliber schon ein paar Jahre produziert, das alte aber eingestellt wurde. Die Entscheidung, das 3017 einzustellen wird ja nicht über Nacht getroffen worden sein. Zumindest ich frag mich, wieso haben die Sowjets, wenn sie schon im Geschäft mit dem Westen sind, nicht einfach mit dem neuen Kaliber weiter gemacht? Wieso sollen die bis etwa 1983 gewartet haben? So vieles hatten die Sowjets ja gar nicht, was man problemlos und vor allem gewinnbringend exportieren konnte. Ich bin bestimmt nicht der Einzige, der sich diese Frage stellt, und ich denke, irgendwann werden wir auch dieses Rätsel lösen. So weit der kurze Überblick über die Geschichte des sowjetischen Militärchronographen des Kaliber 3133. Nun ein paar Stücke aus meiner bescheidenen Sammlung, die das Geschriebene bildlich veranschaulichen sollen.

Poljot OKEAH der sowjetischen Kriegsmarine mit Gehäuse, Kronen und Drücker aus Edelstahl. Zivil nie erhältlich. Bauzeit von 1976 bis in die späten 80er Jahre. Diese Uhr wurde etwa zwischen 1981 und 1982 gebaut. Die Poljot Krone ist nicht mehr auf der Brücke der Chronographen Räder, sondern auf der Grundplatte, was ca. 1981 stattfand, sie besitzt schon den hohlen Stift zum Lösen der Aufzugskrone, der um 1980 geändert wurde und hat noch die silbernen Chronographen Räder, die ab 1982 zu goldfarbenen umgerüstet wurden. Sie besitzt auch noch den zweiteiligen Rückstellhebel, der um 1986 auf den Einteiligen umgerüstet wurde. Diese Uhr besitzt noch einen Vorgänger, dessen Schriftzug am Ziffernblatt etwas anders war. Viele Infos dazu und zu den anderen Uhren und Änderungen finden sie HIER

my_ruskie_watchblog_okeah_3133_001 my_ruskie_watchblog_okeah_3133_003 my_ruskie_watchblog_okeah_3133_004 my_ruskie_watchblog_okeah_3133_006

Poljot ШТУРМАНСКИЕ (Sturmanskie) der sowjetischen Luftwaffe. Die Uhr wurde mit diesem Ziffernblatt mit nur einer kleinen Änderung von 1976 – 1986 gebaut und war, wie die OKEAH, für Zivilisten (vermutlich) nie erhältlich. Auch bei dieser Uhr besteht das Gehäuse, die Kronen und Drücker aus Edelstahl. Diese Uhr wurde zwischen 1982 und 1986 gebaut.
my_ruskie_watchblog_sturmanskie_3133_001 my_ruskie_watchblog_sturmanskie_3133_002my_ruskie_watchblog_sturmanskie_3133_004 my_ruskie_watchblog_sturmanskie_3133_003

Poljot ШТУРМАНСКИЕ Kaliber 31659 mit Stoppsekunde
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Poljot Strumanskie Zivil Versionen wurden ungefähr ab 1983 gebaut. Die größten Unterschiede zu den Militäruhren waren andere Ziffernblätter, Rückdeckel ohne Prägung und vor allem Gehäuse, Kronen und Drücker aus verchromtem Messing statt Edelstahl. Die Sturmanskie wie oben, die bis ins Jahr 2011 überlebten, gab es als Zivilversion nur mit einer zweiten Krone wie die original Sturmanskie Militäruhr und grundsätzlich nur im Kaliber 3133 ohne Stoppsekunde. Nur sehr selten verirrte sich ein Kaliber 31659 in eine Zivil Uhr. Es kam aber durchaus vor. Der Deckel der Sturmanskie war bis gegen Ende ihrer Bauzeit geprägt, ganz zum Schluß war die Inschrift und das Wappen der Luftwaffe geätzt.

my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_latein_bluebezel_3133_001 my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_latein_bluebezel_3133_002 my_ruskie_watchblog_sturmanskie_zivil_latein_bluebezel_3133_003
Diese Uhr dürfte eine der ersten Zivilversionen sein, zumindest das Uhrwerk stammt aus der selben Zeit wie das der OKEAH, also etwa 1981/82

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Zivile Exportversion mit schwarzem Ziffernblatt gebaut ab ca. 1987 mit einteiligem Rückstellhebel und geändertem Schriftzug (Font) auf der Datumsscheibe zur größeren, dünneren Version.

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Hier handelt es sich um eine cyrillisch beschriftete Inlandsausführung mit einem Uhrwerk von rund 1981, dass irgendwann repariert wurde. Alte, vierstellige Seriennummer, Poljot Krone auf der Grundplatte, zweiteiliger Rückstellhebel und silberfarbene Chronographen Räder, wovon noch eines übrig blieb. Unter Umständen könnte es sich aber auch um eine Originalausführung ab Werk handeln. Gut vorstellbar, dass diese Räder so lange und auch gemischt verwendet wurden, so lange noch welche da waren. Sieht ja eh nur ein Uhrmacher. Kann aber auch von einer Reparatur her rühren.

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Diese beiden Chronographen stammen von 1991 und 92, also aus der Zeit des Umbruches. Die Sowjetunion gab es nicht mehr, womit es auch die großen, staatlichen Aufträge nicht mehr gab. Irgendwie mußte das Leben aber weiter gehen, und so wurde offenbar jeder auch nur einigermaßen bedeutsame Anlaß genutzt, um eine Uhr für Sammler zu produzieren. Auf welche Anlässe diese beiden Uhren genau hinweisen, ist mir unbekannt. Sie sollen zu zehntausenden produziert worden sein und sind selbst heute mit Preisen von etwa 130.- für neuwertige Stücke sehr preisgünstig zu haben. Beachtenswert: Der Chronograph Moscow-Tokyo 1991 wurde (höchstwahrscheinlich unter anderem)  in einer limitierten Auflage von 10 000 Stück gebaut, trägt aber die Seriennummer 970 299/10 000

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Oben haben wir eine Sturmanskie der neuen Serie von 1992/93 im Kaliber 3133. Es gab sie mit Zifferblätter in Silber und Blau. Manchmal werden diese Uhren, wie diese hier, auch mit einem Zifferblatt in „Purple“ oder Purpur angeboten. Das sind die blauen Versionen, deren Zifferblätter vom intensiven Sonnenlicht verfärbt wurden. Sie sind recht beliebt. Diese Uhr dürfte wirklich regelmäßig und über lange Zeit hinweg getragen worden sein, wie die stark abgenützte Aufzugskrone zeigt. Zum Uhrwerk: Der Präfix SU auf der Chronographen Brücke vor der Kaliberbezeichnung 3133 weist in keiner Weise zwingend auf eine Herkunft aus der Sowjetzeit hin! Dieser Präfix wurde erst 1990 eingeführt, die Auflösung der Sowjetunion wurde am 8. Dezember 1991 beschlossen. 1996 wurde der SU Stempel wieder weggelassen. Zur Bauzeit dieses Modells passend sehen wir auch das Unruherad aus der neuen Alu- statt der alten Messing-Legierung. Diese Umstellung erfolgte ebenfalls 1992. Der einzige „echte Schönheitsfehler“ an dieser Uhr ist der Umstand, dass sich beim Nullen der Chronographen Zeiger der kleine Minutenzeiger nicht exakt auf die Markierung ausrichtet, sondern einen Bruchteil links derselben steht. Das könnte man ändern, damit kann ich aber auch gut leben. Die Funktion ist perfekt.

Und hier sehen wir die gleiche Uhr ohne Verfärbung des Ziffernblattes und alles in allem in einem so gut wie neuwertigem Zustand.


Sowjetische Uhrenhersteller begannen gegen Ende der 80er Jahre damit, Uhren, vor allem Chronographen von Poljot, auf Bestellung mit privaten Firmenlogos zu versehen. Die Bekanntesten davon dürften das Log „MAHB“ einer Moskauer Investment-Bank und das hier gezeigte MG Logo sein, das beliebteste ist mit Sicherheit das der Turkmenistan Airlines. Bekannt sind auch die Aufschriften „ROTTOR“ und „R REPRO“. Wofür genau die Inschrift „MG MAGISTR AM“ steht, weiß ich nicht. Der SU Präfix vor der Kaliberbezeichnung lässt auf eine Bauzeit von 1990 bis 1996 schließen. Vorher und nachher gab es diesen Präfix beim Kaliber 3133 nicht. Als ich diese Uhr erhielt, war sie in einem neuwertigem Zustand, was mich besonders freute. Dafür hab ich ihr ein originales Poljot Band (mit CCCP Stempel auf der Innenseite der Faltschließe) aus sowjetischen Zeiten spendiert, was ihr sehr gut steht.

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Und zum vorläufigen Schluß noch diese hier, siehe oben. Sie ist ein Beispiel dafür, dass man sich auch eine „Basteluhr“ kaufen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Genau aus diesem Grund hab ich sie mir überhaupt gekauft. Ich brauch kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich sie trage. Nicht einmal, wenn ich sie beim Motorradfahren trage.

Das Ziffernblatt stammt etwa aus der Zeit von 1981 – 1987, das Uhrwerk mit dem Präfix P vor dem Kaliber wurde bei Poljot von 1997 – 2004 gebaut, es sollte daher auch noch „MADE IN RUSSIA“ auf der Unruhebrücke stehen, kann aber durchaus sein, dass es sich um eines der ersten Uhrwerke mit dem P Präfix handelt. Oder es wurde etwas bei einer Reparatur verändert. Jedenfalls besitzt es noch die goldenen Chronographen Räder und nicht die gelben aus der Produktion von MakTime. Gehäuse, Kronen, Drücker und Zeiger dürften alles neu aus der Ersatzteilkiste sein. Wieso kauft man sowas wirklich, obwohl das Ding keinesfalls „billig“ war? Weil ich dem Verkäufer vertraute, dass er mir keinen Müll verkauft und weil ich genau diese Uhr haben wollte, denn mit ihr kann ich jederzeit einen „sowjetischen“ Chronographen dieser Bauart tragen, ohne ein Original zu ruinieren. Denn das passiert grade mit Uhren, die einem am Herzen liegen, schneller als man denkt. Bei dieser bricht mir zumindest nicht das Herz. Aber ob sich jemand so eine Basteluhr kaufen möchte, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich komm damit klar, sie funktioniert einwandfrei, und hübsch ist sie noch dazu.

Die Daten zum Kaliber 3133 hab nicht ich zusammengetragen. Diese Ehre gebührt einem kanadischen Sammler mit dem Nick @Polmax3133, der in mühevoller, langwieriger Kleinarbeit zahlreiche Daten, Fakten, Zahlen und Bilder zusammengetragen hat und sie unter anderem auf seiner privaten Internetseite für alle Liebhaber dieser Uhren zur Verfügung stellt. Ein so umfangreiches und präzises Datenmaterial zu diesem Thema gibt es meines Wissens auf der ganzen Welt kein zweites Mal. Ohne diese Zusammenstellung wäre das Sammeln dieser Chronographen für den Durchschnittsliebhaber noch um einiges mühsamer und vor allem gefährlicher (zumindest für den Geldbeutel), denn gerade die OKEAH wird aufgrund ihres großen Liebhaberkreises und ihrer dadurch stetig steigenden Preise sehr gerne gefälscht. Ein paar weitere Infos finden sie weiter unten im Link, wobei ich nochmals anmerken möchte, dass sämtliche Infos mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten sind. Fix ist aus der Sowjetunion nix. Aber wenn sie nach all der Lektüre (englisch!) Blut geleckt haben, dann herzlich willkommen im Minenfeld. Genau das ist das Sammelgebiet sowjetischer Militärchronographen nämlich. Also seien sie vorsichtig. Ein wenig Hausverstand ist oft wesentlich wichtiger als die Behauptung von irgend jemand. Sie sind auf sich alleine gestellt.

Zum Abschluß noch ein Wort zu den Bilder der Uhrwerke:
Ich öffne nach dem Kauf und Erhalt jede Uhr. Selten denke ich dabei aber ans Fotografieren. Ehrlich gesagt bin ich selten bereit, nur für ein Foto eine Uhr nochmals zu öffnen. Die Gefahr, dass dabei was passiert, ist mir normal zu groß. Deshalb verwende ich hier im Blog zahlreich Bilder, die vom Verkäufer aufgenommen wurden. Jedes Uhrwerk und jede einzelne Uhr, die hier in diesem Blog abgebildet ist, befinden sich in meinem Besitz. Der Verkäufer hat ganz einfach die Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, in dem er sich die Adresse im Impressum ansieht. Er müsste sie kennen. Sollte ich eines dieser Bilder bei eBay in einer Auktion finden, ist mit einer Klage zu rechnen. Ich unterstütze keinen Betrug! Für private Zwecke kann sich jeder die Bilder kopieren, so viel er will und braucht dazu keine Genehmigung einholen. Für kommerzielle Zwecke ist dies strikt untersagt!

Einen schönen Tag noch…………………………

Determining the Age and Originality of a Poljot cal. 3133 Chronograph

History of the Poljot cal. 3133 Movement

A history of chronographs

Column Wheels vs Cams and Lever – How it works

18. August 2016

Uhren aus Peking – Beijing Beihai 3.0 Red

Filed under: صنع في الصين - anihC ni edaM — Benzin @ 11:06

Da ist jetzt und auch in absehbarer Zeit, so lange mein Hund lebt, nicht zu großen Motorradtouren komme – mein kleiner Wauzi ist mit seinen 18 Jahren ja schon direkt ein kleiner Methusalem und braucht meine Pflege – stell ich einfach wieder einmal eine meiner Uhren vor. Nicht, dass sie für mich neu wäre. Ich hab sie schon eine Weile. Jetzt hab ich aber endlich ein schönes und passendes Band dazu gefunden. Das Band, mit dem sie geliefert wurde, ist nicht schlecht, aber irgendwie fand ich es von Anfang an nicht richtig stimmig. “Da gibt’s bestimmt was besseres dafür”, dachte ich. Kommt Zeit, kommt passendes Uhrband. Jetzt hab ich es grade aus den USA erhalten, montiert und für toll befunden, und weil die Kamera grade in Griffweite lag, packte ich die Gelegenheit beim Schopf. Hier ist sie.

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Es ist eine Beihai 3.0 aus der Beijing Watch Factory mit dem hauseigenen, handaufgezogenem SB18 Triebwerk. Sie ist neben der “Beihai 50th Anniversarry Ltd. Edition” meine zweite Beihai. Ich liebe dieses Design. Ihre Besonderheit ist das rote Ziffernblatt mit einem Schliff, der das Licht auf ganz eigene Art bricht. Wie bei meiner blauen Hong Ru sieht man auch hier, je nach Einfallswinkel des Lichts, ständig andere Farbtöne. Bei der Hong Ru in blau, hier in rot. Bilder geben die Wirklichkeit leider nicht einmal annähernd wieder. Oder ja, irgendwie doch. Wenn man die Bilder nicht zum Vergrößern anklickt, ist das von der Wirklichkeit gar nicht gar so weit entfernt, fällt mir grade auf. Den Schliff des Ziffernblattes, den man in der Vergrößerung so deutlich sieht, den bemerkt man nämlich beim normalen Blick auf die Uhr gar nicht.

Die Grundfarbe dürfte ein Bordeauxrot sein, sicher bin ich mir da aber nicht wirklich, denn kaum verändert sich der Einfallswinkel des Lichts, meint man, ein ganz anderes Rot zu sehen. Und manchmal bilden sich sogar Strahlen, die wohl durch den wellenförmigen Schliff des Ziffernblattes hervorgerufen werden. Das hat seltsame Auswirkungen auf den Träger, also in diesem Fall zumindest auf mich. Egal, wo ich sitze oder gehe, wenn ich diese Uhr trage, schau ich ständig auf die Uhr. NIcht, um zu sehen, wie spät es ist, sondern um zu sehen, wie sich der Farbton verändert. Das weitet sich fast zu so einer Macke aus wie bei den Leuten, die ständig das Bedürfnis verspüren, auf ihr Telefon zu schauen. Gottlob nur fast. Ich komm wenigstens nicht in die Versuchung, ständig auf dem Ding herum zu wischen oder hinein zu reden. Mag sein, dass ich durch meinen oftmaligen Blick auf die Uhr bei anderen Leuten einen etwas gestressten Eindruck erwecke, aber dieser Eindruck täuscht. Es macht Spaß. Vor allem, die Uhr will nicht ständig was von mir! Ich hör’ oder les’  nicht ständig Dinge, die ich eigentlich gar nicht wissen will. Besser als die weltweit grassierende Telefonitis ist das allemal, finde ich. Und sie braucht keinen Strom. Kein Funkschatten, kein Strommangel, kein Programmabsturz, kein Ladekabel, kein Update, keine Klingeltöne, nichts dergleichen, nur ein leises, stetiges Ticken. Das ist meine Welt.

 

Bis zum nächsten Mal und einen schönen Tag noch………………

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