Um 13:40 Uhr gehe ich in Gaming bei der Kirche weg. Das Ziel heute soll der Dreieckberg werden. Über Eisenstiegen und Steig wandere ich in 15min rauf zum Kirchenstein, dann rechts über den Kamm weiter. Sehr schöner Steig meist am Kamm entlang, schöne Ausblicke nach Gaming, auf einem Hügel über einer Schotterstraße Bank und Tisch, raste ich ein wenig. Dann einer Holztafel folgend weiter, steiler durch den Wald rauf auf den Dreieckberg 876m. Dort steht ein Sender oben. Ausblick nur durch den Wald. Trotzdem sehr schön. Hinterm Sender führt ein sehr steiler Steig weiter! Aber wohin? Nachdem ich nur 50min hinauf gebraucht hab, hab ich ja Zeit. Egal, wohin der Weg führt, ich wills wissen. Los geht`s. Der Steig, unbezeichnet, dehr steil einen Kamm entlang runter, mündet unten in einen Forstweg, bei Futtergrippe vorbei durch einen Hohlweg raus aus dem Wald. Genau gegenüber ist die Würstelhütte außerhalb Gamings bei der Kreuzung nach Gresten. Rastpause, dann sehe ich ein Holzschild “Rundwanderweg”. Felde dem Weg, sehr nett entlang dem Waldrand zurück nach Gaming. Unglaublich, nach 1Std.55min bin ich wieder beim Auto.
Diese Schilderung hab ich wörtlich aus meinem Tourenbuch übertragen. Sie handelt von meinem ersten Zusammentreffen mit dem Dreieckberg und dem Seidlsteig (der Name war mir damals nicht bekannt) am 15. März 2001. Ich hatte damals eine Bomben-Kondition, war stark, jung (na ja, 20 Jahre jünger als heute) und schnell. Den Dreieckberg kannte ich nur vom vorbeifahren. Aber wenn mir grade fad war, tendierte ich zu solchen Aktionen. Einfach an einem Vormittag, an einem Nachmittag, wann immer ich grade ein wenig Zeit hatte, irgendwo hin fahren und schnell einen Steig, ein Berglein begehen, das mir irgendwann, irgendwo und irgendwie über den Weg gelaufen war. Das mußte nichts besonderes sein. Hauptsache, es ging bergauf. Und irgendwie mußte mir das gefallen. Rein vom Gefühl her. Es genügte eigentlich, wenn ich so einen Weg oder eine denkbare Route auf der Karte (1:25 000) fand und das interessant ausschaute. Dann wurde ich neugierig und schaute mir das an. Aber das ist lange her. Von ungefähr Ende 2006 bis Dezember 2020 bin ich auf keinen einzigen Berg gestiegen. Dann hat das wieder angefangen. Ob im Dezember 2020 am Maiszinken oder im Jänner 2021 am Dreieckberg der Funke übergesprungen ist, das weiß ich nicht nicht so genau. Jedes Mal war Sonja und Eddie dabei und nun macht mir das wieder Spaß.
Am Montag, den 3. März 2021 wollte ich einfach wieder einmal den Seidl-Steig gehen. Diesmal nicht zufällig, wie vor 20 Jahren, sondern mit Absicht. Und nachdem ich ja jetzt auch einen Hund hab, Eddie, meinen Yorkie, war ich natürlich mit Eddie unterwegs. Das Auto hatte ich auf der Seite des Dreieckberg gegenüber der Würstlhütte so abgestellt, daß es möglichst keinen stört. Ob das Haus, das dort steht, bewohnt ist, wusste ich nicht. Es war halb zehn am Vormittag, als wir los gingen.
Zuerst einmal feststellen, wo der Steig überhaupt anfängt. Erinnern konnte ich mich ehrlich gesagt nicht mehr. Peter Sonnleitner schreibt in seinem Blog etwas von 29 Schritten ab Brücke. Das ist ein guter Anhaltspunkt, weil wenn man ein wenig aufmerksam in durch die Gegend geht, erkennt man sofort den Einstieg, auch wenn das dort ein wenig verwachsen ist.
25 normale Schritte (das ist jetzt mein Senf dazu, wenn jemand nicht bis 29 zählen kann) ab dieser Tafel und dann rechts. No, na, links wird’s sein.
Gut, verwachsen ist relativ. In Original schaut das unscheinbarer aus, ist aber klar zu erkennen. Das ist der unbezeichnete Einstieg zum Seidlsteig.
Der Anfang, ein nettes Steiglein durch den Wald, ist recht vielversprechend, aber nicht so steil wie gedacht. Warum nicht so steil wie gedacht? Na ja. Damals, 2001, war ich recht gut drauf. Ich war nie ein Bergsteiger in steiler Wand. Immer nur ein Wanderer. Aber ein Josefinensteig aufs Hochtor oder ähnliches in der steirischen Bergwelt war für mich nicht mehr als unterhaltsam. Ergo dacht ich, wenn ich damals, 2001, steil geschrieben hab, dann muß das wohl wirklich sehr steil gewesen sein. Und als ich den Anfang sah, war ich fast enttäuscht. Na ja, es war ja erst der Anfang, die ersten Meter.
Nachdem man die ersten paar Minuten durch den Wald gestiefelt ist, quert man eine Forststraße und steht dann vor dieser Tafel, die bestätigt, daß man sich am Seidlsteig befindet. Was ist das Besondere am Seidelsteig? Woher kommt sein Name? Im Internet findet man nicht viel von oder über diesen Hein Seidl. Was ich weiß ist, daß er ein Berufskollege (Lehrer) und wohl auch Bergkumpel von Werner Tippelt war, dem Autor der Ötscher Bibel (“Der Ötscher”). Jedenfalls findet man in diesem Buch ein Bild von ihm, wohl aus jungen Jahren. Das einzige Bild von Hein Seidl, das ich je gesehen hab. Er und Werner Tippelt sich sozusagen lebende Legenden in Gaming, die jeden Pfad, jeden Winkel kennen und alles, was höher ist als der Kirchturm von Gaming, bestiegen haben.
Ja, und dann geht’s los am Seidlsteig:
Da hängt was an einem Ast. Und im Vordergrund (Bild rechts) ist mein neuer Stock zu sehen. Der alte ist mir ja beim Abstieg von der Gemeindealpe abgebrochen, als ich ausgerutscht bin.
Eine Haube. Und jetzt geht wieder einmal die Phantasie mit mir durch. Warum hängt diese Haube hier? Ist das eine Leihhaube? Für den Winter vielleicht? Wenn jemand keine Kopfbedeckung mit hat und ihm kalt ist, kann er sich beim Aufstieg diese Haube ausleihen und beim Abstieg hinterlegt er sie hier wieder? Oder ist das sowas wie die Gaminger Variante des Gesslerhut, die Seidlhaube? Ich weiß es nicht. Bei mir ging das auch ohne Grüßen. Wird wohl doch nur eine Leihhaube sein.
Ich konnte mich nicht einmal annähernd an den Verlauf oder an das Aussehen dieses Steig erinnern, und so war es, als wäre ich erstmals überhaupt hier. Man merkt, 20 Jahre sind eine lange Zeit.
Wirklich interessant und schön wird es ab dieser Forststraßenquerung. Dann bekommt der Steig durch seinen Verlauf am Kamm eine ganz eigene Note. Einfach schön für einen, der Steige im Wald mag. Ob es diese Querung vor 20 Jahren auch schon gab, weiß ich nicht mehr.
Hier im Rückblick zur Forststraße, die vorhing gequert wurde, ist schön der Kamm zu sehen, den entlang es jetzt hoch geht. Ja, es ist steil. Aber Seil brauchts keines hier. Es ist schön zu gehen.Eddie fühlt sich hier sauwohl.
Das ist eines der Markenzeichen des Seidlsteig. Baumwurzeln als Aufstiegshilfe. Ich liebe sowas.
Im oberen Teil lichtet sich der ohnehin nicht sonderlich dichte Wald noch mehr und man hat eigentlich einen recht hübschen Ausblick.
Hier sieht man schon, daß nach oben nicht mehr recht viel Berg da sein kann, daß man bald oben sein muß.
Im Rückblick ist die Steilheit des Geländes schön zu sehen. Also hatte ich mich damals nicht geirrt.
Noch ein Schnapper, dann müssten wir oben sein.
Wir sind am oberen Ende des Seidlsteig angekommen.
Gipfelkreuz und Gipfelbank sind in Sicht.
Diese Bank sollen seine Schüler für Hein Seidl gebaut haben. Angeblich hat er den Dreiecker (so wird der Berg von den Einheimischen genannt) einige tausend Male bestiegen.
Der Eintrag ganz rechts hat seine besondere Bewandtnis, wie wir gleich sehen werden.
Hier haben sich haufenweise Leute mit Schnitzereien in den Baumstämmen verewigt.
Von da gibt’s drei Möglichkeiten, wieder abzusteigen. Entweder den Seidlsteig wieder runter, was die schnellste Route zum Startpunkt ist. Oder gleich hinterm Gipfelkreuz einen Weg runter, der zu einer Forststraße führt, wo man dann wählen kann, wie weit der Umweg werden soll. Oder die Variante über den Waldgrat zum Kirchstein runter. Ich wähle letztere Variante und somit den Weg, den ich vor zwanzig Jahren gegangen bin, in umgekehrter Richtung. Nur die Ausgangspunkte waren verschieden.
Los geht’s, ab nach unten. Es war wohl dieser Kamm, der am 26. Jänner 2021 bei hart gepresstem Schnee, starkem Wind und eisiger Kälte meine Freude am Steigen wieder geweckt hat. Schade, daß ich damals kaum Bilder schoß, weil ich so eine Freude hatte, wie schön es hier war. Eddie, mein kleiner Spatz, hing damals fast wie ein Drache an der Leine, so stark hat der Wind über den Kamm geblasen, und in seinem Fell hing das Eis. Von einem Weg war keine Spur zu sehen. Nur ein verschneiter Kamm zum Gipfel rauf. Es war toll. Heute, bei sonnigem Wetter im Mai, sind wir ganz gemütlich da runter spaziert und haben es genossen, wieder hier zu sein, über den schönen Kamm durch den Wald zu stiefeln und die Ruhe zu genießen. Ich bin oft stehen geblieben, hab mich hingesetzt und hab mir einfach die Gegend angeschaut. Einfach so, ohne Eile und zutiefst zufrieden. Zeit spielt keine Rolle.
Blick auf Gaming
Der Zürner, einer von Gamings Hausbergen, liegt genau gegenüber vom Dreiecker.
Umgefallene Bäume sind wie ein Paradies für Eddie. Da kann, nein, da muß man drüber springen. Da tut sich was.
Da vorne (rechtes Bild) sind wir im Winter irgendwo in unseren Spuren vom Aufstieg zur Forststraße abgestiegen, weil wir die ersten und vermutlich einzigen an diesem Tag hier waren und weil der Pfad, der vom Mast der Hochspannungsleitung hier her führt, im Schnee nicht sichtbar war. Wir stiegen damals rein nach Gefühl und nach Sicht auf und dann auf unserer eigenen Aufstiegsspur wieder ab. Wo der Sommerweg genau geht, wussten wir nicht. War auch nicht wichtig, weil den Kamm da rauf kann man ja nicht übersehen. Im Winter, bei hartem Schnee, ist das teilweise einfacher als im Sommer, weil man gehen kann, wo man will. Einfach dem Gelände nach und da, wo man glaub, daß es geht. Das Gras, die Stauden, sind unter der Schneedecke und stören nicht.
Man muß da nicht seitlich in der Flanke absteigen, sondern man kann den gesamten Teil des Abstieges bis zum Mast am Kamm gehen. Dann plumpst man mehr oder weniger direkt zur Forststraße, die am Mast vorbei rund um den Kamm herum führt (Bild ganz rechts). Genau hier konnte man im Winter allerdings nicht hoch steigen, weil das so verweht war und darum sind wir in der Flanke zum Kamm hochgestiegen.
Rückblick über den gesamten Kamm zum Gipfel des Dreieckberges.
Hier, in diesem Meer von Blumen, sind Eddie und ich lange gesessen und haben uns einfach gefreut, hier zu sein, und dabei ist mir die Inschrift eingefallen, die ich in einigen Gipfelbüchern (auch hier am Dreieckberg) gelesen hab: ”Menschen, die die Berge lieben, widerspiegeln Sonnenlicht. Die andern, die im Tal geblieben, verstehen ihre Sprache nicht.” Das kommt mir in letzter Zeit oft in den Sinn, wenn ich auf Wanderung bin und auf Gleichgesinnte treffe, die fröhlich sind. Und vor allem auch dann, wenn ich wieder im Tal auf diejenigen treffe, die vor Corona, vor dem Klima und vor dem Leben insgesamt Angst haben. Die überall Gefahren und Risiken sehen und vor lauter Angst keine Freude kennen. Sie haben Angst zu sterben und vergessen dabei, zu leben.
Hier, nach ungefähr dem ersten Drittel des Abstieges, beim Mast einer Hochspannungsleitung, steht auch eine Bank, und von dort gibt es einen wunderschönen Ausblick über Gaming.
Und genau unterm Mast durch führt der Weg weiter am Kamm entlang zum Kirchstein runter.
Der Kirchstein. Das zweite Drittel des Abstieges. Hier führen mehrere Varianten von Gaming aus herauf sowie der Weg über den Kamm vom Dreieckberg herunter.
Auch von hier gibt es einen sehr hübschen Überblick über Gaming.
Hier sind wir direkt im Sattel unterm Kirchstein, wo sich vier Wege kreuzen. Wir wählen den Abstieg am Rundwanderweg nach Kienberg (im Bild gradeaus).
Rechts die Felskanzel des Kirchstein vom Abstiegsweg aus gesehen.
Wir gehen jetzt in der unteren Flanke des Dreieckberg in Richtung Ortsende von Gaming, wo unser Auto steht. Irgendwo beginnt es leicht zu regnen, aber wir werden kaum naß, weil uns das (spärliche) Dach der Bäume schützt.
Ganz rechts: da kommen wir her.
Und da gehen wir hin. Der Weg in Richtung Kienberg, der uns zum Auto führt.
Man wird noch bei der einen oder anderen Bank zu einer kleinen Rast eingeladen.
Nach zweieinhalb Stunden sind wir wieder beim Ausgangspunkt unserer kleinen Wanderung angekommen. Schön war es.
Einen schönen Tag noch…………