“Die Bodenwies ist der höchste Berg des Dürrensteigkamm, des östlichsten Teil der Oberösterreichischen Voralpen”, kann man auf Wikipedia lesen. Ferner ist die Bodenwies ein herrlicher Aussichts- und Blumenberg. Das kann man auch in jedem Wanderführer nachlesen. Ich war am 5. Juli 2001 zum ersten (und bisher einzigen) Mal auf der Bodenwies, meine Erinnerungen sind deshalb sehr blass. Ich hatte aber in meinem Tourenbuch die wunderbare Aussicht vermerkt, die mich sehr beeindruckt haben muß. Na, und weil ich die verblasste Erinnerung an diese tolle Aussicht gerne auffrischen wollte, hatte ich die Bodenwies für eine der nächsten Wanderungen am Plan. Am 12. April war sie ja schon einmal vorgesehen. Sonja wollte gerne auf die Bodenwies, weil sie halt noch nie oben war. Ich war mit Eddie nachschauen gefahren, wie die Verhältnisse auf der Viehtaleralm wohl wären? Es war ja einerseits grade sowas wie Schneeschmelze, wie sich das im April halt gehört. Andererseits hatte es auf den Bergen wieder geschneit, wie man an der weißen Pracht überall sehen konnte.
Die Straße war von Kleinreifling bis zur Alm schneefrei oder geräumt, am Parkplatz konnte man jedoch mit den Ski direkt vom Berg bis zum Auto fahren. Eddie ist im weichen Schnee gleich bis zum Bauch eingesunken. Ergo uninteressant für eine Wanderung ohne Schneeschuhe. Wir haben dann beschlossen, mit den Motorrädern eine Runde zu gefahren, statt im weichen Schnee zu versinken. War auch recht schön. Na ja, jetzt haben wir Ende Mai, aber auf den Bergen liegt noch immer bis etwa 1700m Schnee. Die Bodenwies ist mit ihren 1540m allerdings schneefrei, und so sind wir dann halt am 30. Mai um dreiviertel fünf Uhr früh mit dem Auto gen Süden aufgebrochen.
Abmarsch um 5:37 Uhr. Eigentlich braucht man für die Bodenwies keine Karte. Es genügt, wenn man sich den geplanten Weg sehr genau auf der Karte angeschaut hat, der Rest ist dann vor Ort sehr gut beschildert. Schaden tut es allerdings nicht, wenn man eine mit hat, weil man sich unter Umständen den einen oder anderen Umweg erspart. Es sind halt, abgesehen vom Auf- und Abstieg am Grat, relativ viele Forststraßen zu gehen, und da wird man hier bei der Bodenwies gerne mittels der Schilder zu Almen umgeleitet. Die liegen, wie die Schüttbauernalm, nicht unbedingt am direkten Weg. Wenn die Alm bewirtschaftet ist, kein Problem. Kauft man sich halte eine kleine Jause und rastet. Wenn die allerdings, wie heute, nicht bewirtschaftet sind, kann man sich den Umweg getrost sparen, und dann ist eine Karte hilfreich.
Man folgt am Anfang einem Kuhsteig (der bei nässe unglaublich dreckig ist, wie sich später zeigen sollte) rechts neben der Wiese rauf zu einer Forststraße und folgt dieser, schön beschildert, bis zum nördlichen Einstieg zum Gratweg, der direkt zum Gipfel der Bodenwies führt. Auf den Forststraßen gibt es nur selten eine nennenswerte Aussicht, aber das muß man halt in Kauf nehmen. Wie man hier sieht, waren am bewölkten Himmel blaue Flecken zu erkennen, die optimistisch stimmten. Das sollte sich jedoch sehr schnell ändern.
Hier haben wir die Forststraßen schon verlassen und befinden uns am Weg über den Nordgrat zum Gipfel. Im unteren Bereich ist das noch eine Wanderung durch (sehr schönen) Wald, erst im oberen Bereich wird der Weg und die Aussicht geradezu spektakulär. Äh, ja. Bei diesem Wetter zumindest der Weg.
Eddie ist wieder ganz in seinem Element.
Bei der Abfahrt daheim im Raum Amstetten war das Wetter tadellos, aber je weiter wir nach Süden kamen, desto bewölkter wurde es. “Das wird schon. Bis wir oben sind, ist der Himmel blau” waren wir optimistisch. Wie man hier sieht, hatte der Kuhberg schon einen Hut auf und es wurde recht schnell schlimmer.
Es war ungefähr hier, wo ich grade die Wegführung bewunderte, als es zu prasseln begann. Prasseln? Ja! Prasseln. Das prasseln enstand, als die kleinen Schneekugeln, wulgo Graupel genannt, von der Kleidung, von den Bäumen und vom Boden abprallten. Graupel! Und es wurde auch merklich kalt. Je höher wir stiegen, desto kälter wurde es und je wilder wurde das Prasseln der Graupelkugeln. Das Graupeln wurde so massiv, daß wir den Körperschutz intensivierten. GoreTex war angesagt. Die Hose auch anzuziehen, dazu war ich zu faul. Na ja, ein bissl naß ist ja kein großes Problem.
Das war um 6:57 Uhr relativ weit oben. So lange das nur Graupel waren, war alles nicht so schlimm. Diese weißen Kugeln sind relativ trocken. Nicht einmal Eddie kümmerte sich besonders drum. Ab und zu einmal schütteln, und alles war wieder gut. Mit der Zeit wird man aber auch mit Graupel naß, daher lieber Schutzkleidung, wenn man sie schon mit hat.
Mit den Graupeln und den sinkenden Temperaturen sank auch die Aussicht auf schönes Wetter und gute Sicht am Gipfel, nur eines sank nicht. Die Freude am Wandern. Die Freude, unterwegs zu sein, höher zu steigen, den Wind und das Wetter zu spüren, wurde, je seltsamer die Witterung wurde, immer größer und Wind, Kälte, Nässe und alles, was sich uns entgegen zu stellen begann, konnten den Frohsinn in uns nicht schmählern. Das war das etwas Seltsame an dieser Tour. Je widriger die Umstände wurden, desto fröhlicher, aber auch stiller wurden wir.
In Gipfelnähe war es so kalt, daß mir die rechte Hand, in der ich hauptsächlich meinen Wanderstock führte, schon etwas schmerzte. Handschuhe hatte ich daheim gelassen, damit ihnen nichts passiert. Wir haben immerhin Ende Mai! Na ja, nach meiner langen Pause bin ich wohl wieder genau so blöd wie am Anfang meiner Wanderei. Auch da lerne ich durch Unannehmlichkeiten, was man mit nimmt und was nicht. Hier war es 7:27 Uhr, wir waren also knapp zwei Stunden unterwegs.
Im oberen Bereich führt der Weg teilweise hart am Abgrund vorbei, von dem man allerdings meistens mehr ahnt, als sieht, weil der Nebel, der Dunst die Sicht versperrt. Dafür bieten sich zauberhafte (finde ich zumindest) Aus- bzw. Anblicke wie dieser hier. Man kann das romantisch, aber auch gespenstisch finden, ich finde das schön. Ganz unromantische Menschen meinen vielleicht, das ist nur trüb und sonst nix. Jeder sieht das anders.
Wir stapfen dahin, folgen dem Weg, eine gelbe Tafel kommt in Sicht und ich frag mich, was da wohl wieder drauf steht? “Wahrscheinlich sowas wie 30 Min. bis zum Gipfel” denke ich mir und spüre genau in dem Moment, wie mich jemand am rechten Ärmel nimmt und herum zieht. Zehn Meter vor mir steht das Gipfelkreuz und Sonja bewundert meine blöden Gesichtsausdruck. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit.
Das Bild zeigt ziemlich alles über die Stimmung am Gipfel. Es war kalt, es war naß, es war windig, aber jeder hatte ein stilles Grinsen im Gesicht. Wir waren nur wenige Minuten am Gipfel, dann machten wir uns wieder auf den Weg. Für einen längeren Aufenthalt war es einfach zu unwirtlich. Der Südgrat sollte unser Abstiegsweg sein.
Hier sieht man die weißen Kugeln noch am Weg herumliegen. Aber je weiter wir abstiegen, desto mehr ging das Graupeln in Regen über.
Der Abstieg führt im Süden teilweise über ziemlich steiles (aber nie gefährliches) Gelände und immer wieder finden sich Zacken, die man unter anderen Umständen als schöne Aussichtspunkte nützen könnte. Heute sind es weniger Aussichtspunkte als Punkte, die in eine gespenstische Welt blicken lassen.
Direkt beim Abstieg merkt man durch die Aufmerksamkeit und Konzentration die Steilheit des Geländes gar nicht so. Man ist hauptsächlich damit beschäftigt, ordentlich Tritt zu finden und nicht auszurutschen. Erst wenn man sich umdreht und zurück schaut, sieht man, wie steil es hinter einem hoch geht.
Der Dunst wird etwas weniger, die Nässe bleibt. Teilweise regnet es ordentlich. Aber das kann uns nichts mehr anhaben. Jetzt, nach dem Gipfel, schon gar nicht mehr. Alles wurscht. Es macht einfach nur mehr Spaß.
Hier stand an einer Stelle der Enzian (steht unter strengem Naturschutz) so dicht gedrängt, daß man ihn fast mähen könnte. Da fiel mir wieder das dämliche Lied ein, daß in meinen jungen Jahren in Bierzelten für Aufregung sorgte. Der Titel war “Heimat der Berge”. Es hatte nichts mit den ganzen Schnulzen zu tun, die man im Internet mit diesem Titel findet. Eine Textstelle lautete ungefähr: “Drob’n auf der Alm tuast beim Entzian blei-ben. Dann haste an Almrausch und dann gehst’e spei-ben”. Und irgendwo im Lied singe einer “A Automobü ist a Automobü, ma kann sagn was ma wü, s’bleibt a Automobü” und darauf sagt einer “Schon wieder dieser Dodel! Was der immer für einen Blödsinn drein singt!” Und darüber hat man dann gelacht. Wenn ich aus irgend einem Grund daran erinnert werden, lach ich sogar heute noch drüber. So a Bledsinn! Ps.: Ich hab’s gefunden und verlinkt. Das waren offenbar “Die drei Spitzbuben” aus den 70er Jahren.
Hier könnte man in 20 Minuten die Schüttbauernalm erreichen. Aber wozu bei diesem Wetter?
Kurz bevor man wieder zur Viehtaler-Alm absteigt, kommt man an diesem Lehrpfad vorbei, der viele Infos zum Leben auf der Alm vergangener Zeiten erzählt.
Und als wir beim Kuhsteig, den wir vor ein paar Stunden aufsteigen, wieder runter gehen, scheint die Sonne und die Wolken verziehen sich. Es wird ganz ungewohnt warm.
Hier kann man schön den Kuhpfad erkennen, der jetzt nach dem Regen sehr dreckig ist. Auch ein Rudel Wanderer begegnet uns hier. Etwas verwundert schauen die uns an, weil wir von oben bis unten naß und auch herrlich voll Dreck sind. Aber jeder von uns strahlt wie ein Hutschpferd.
Rückblick den Kuhsteig aufwärts. Nach viereinhalb Stunden sind wir wieder am Ausgangspunkt zurück. Dreckig und naß, aber glücklich.
Karte zur Tour
Einen schönen Tag noch…………..