Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

29. Juni 2015

Yamaha FZR 1000 EXUP – 25 Jahre mit Mariechen

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 23:17

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  Fabrikat: Yamaha – Type: FZR 1000 Exup 3LE  – Baujahr: 1990
Erstzulassung: 5. 6. 1990 – Besitzer: 1
Kilometerstand: 73024km

Unglaublich, wie die Zeit vergeht.
Im Mai 1990 ging für mich ein Traum in Erfüllung. Zum 30. Geburtstag hatte ich mir eines der stärksten und schnellsten käuflichen Motorräder der Welt zugelegt, eine Yamaha FZR 1000 Exup. Das war allerdings purer Zufall und nicht geplant, denn eigentlich hatte ich, ja, wie soll ich’s sagen, eine Suzuki GSXR 1100R bestellt. Ein halbes Jahr hatte der Händler Zeit, sie zu besorgen. Ein halbes Jahr hatte er auch Zeit, meine Kawasaki GPZ900R zu verkaufen. Die Kawa war im Mai verkauft, die Suzuki, die ich bekommen sollte, allerdings auch. Und das machte mich böse. Sehr böse!

25_years_yamaha_fzr1000exup_01 Ich gab dem Händler eine angemessene Zeitspanne, mir das bestellte Motorrad zu besorgen, dann stellte ich ihn vor ein Ultimatum. “Lies einmal deinen eigenen Vertrag, und dann stellst du mir entweder das bestellte Gerät her, oder du legst das Geld für die Kawa auf den Tisch!” Ja, ich wollte die Suzuki. Ich hatte ein halbes Jahr davon geträumt, eine blau/weiße GSXR 1100R zu fahren. Und jetzt stand ich vor der Tatsache, dass er alle, die er bekommen konnte, an seine Stammkunden verkauft hatte, und mich, den Trottel aus Amstetten, ließ er warten. Aber der Trottel aus Amstetten wollte nicht noch länger warten, er setzte sich zur Wehr. Allerdings, eine Suzuki konnte dieser Händler in der Tat nicht auftreiben, denn die verkauften sich wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. In seiner Verzweiflung bot er mir eine Yamaha an. “Ich besorg dir bis Montag eine FZR, wenn du willst. Ich werd’ eine auftreiben.” “Ok”, sagte ich, „dann eine FZR. Ich will sie aber in anthrazit haben. In keiner anderen Farbe!” “Abgemacht. Am Montag steht sie da.” Das war an einem Freitag.

Wo er sie her nahm, weiß ich nicht, aber am Montag stand eine anthrazitfarbene, funkelnagelneue Yamaha FZR 1000 Exup bereit. Ich holte die Papiere, meldete sie an, fuhr wieder nach Oberösterreich, wo der Händler damals residierte, und fuhr damit Heim. Am nächten Tag ging ich zur Arbeit, zog mich nach der Arbeit um, stieg auf das neue Motorrad, fuhr unsere Straße entlang bis zur Querstraße, bog rechts ab und wurde 300m weiter von einem Straßenbauarbeiter, der offenbar den ersten mit dem Retourgang verwechselte, abgeschossen. Zum Ausweichen war kein Platz, weil die Gegenfahrbahn von einer Fräsmaschine blockiert war. Peng, flog ich übers Auto und lag auf der Straße. Die Yamaha ebenfalls. Schwer beschädigt, mit 182km am Tacho. 25_years_yamaha_fzr1000exup_02

Ein alter Bekannter, Versicherungsvertreter vom Beruf, organisierte durch einen damals neuen Händler aus Kematen, den es schon längst nicht mehr gibt, einen Bus, der das kaputte Fahrzeug holte, und dieser neue Händler bot mir an, die beschädigte Maschine zurück zu nehmen und mir dafür eine funkelnagelneue anthrazitfarbene FZR zu beschaffen. Den Schadenersatz aus der Versicherung sollte er bekommen. Und genau so war es.

Wo er die Maschine her hatte, war mir anfangs schleierhaft, aber er war ganz einfach zum Importeur gefahren und hatte eine Kiste mit einer funkelnagelneuen FZR eingeladen. “Du kannst dein neues Motorrad holen”, sagte er mir am Telefon. Keine 15 Minuten später stand ich davor, frisch aus der Kiste, frisch zusammengebaut, null Kilometer. Nur starten konnte man sie nicht. In seiner Begeisterung, mir das neue Motorrad auszuhändigen hatte er vergessen, die Batterie zu laden. “Dann nehmen wir einfach die aus der Unfallmaschine”, meinte ich. Die stand ja, etwas traurig und verbogen, direkt daneben. Gesagt, getan. Zweimal Sitzbank runter, Batterie raus, Batterie rein, Sitzbank zu, und fertig. Noch etwas Benzin rein, und schon sprang sie an. Ich rollte die ersten Kilometer, überprüfte alle Funktionen, war zufrieden und nahm sie mit.

Genau am nächsten Wochenende fuhr ich damit, auf 100Ps gedrosselt, wie es damals üblich war, zum Motorrad GP am Salzburgring. Sie hatte grade einmal 350km am Tacho und lief bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal Vollgas. Das war natürlich noch etwas lahmarschig, aber man konnte erahnen, was in ihr steckte. Konnte man das? Na ja. Ich bildete es mir ein. Wenig später fuhr ich damit nach Ried in Oberösterreich zum ersten Service und ließ sie bei dieser Gelegenheit gleich entdrosseln. Bei uns im Raum Amstetten gab’s damals, soweit mir bekannt war, weit und breit keinen Yamaha Händler. Was mich bei der Heimfahrt erwartete, hatte allerdings mit dem Motorrad, mit dem ich hin fuhr, kaum mehr etwas gemeinsam. Die 120km zurück nach Amstetten waren so ziemlich das geilste, was ich bis dahin auf einem Motorrad je erlebte. Die Kiste schien kein Limit zu haben. Egal, welche Geschwindigkeit ich fuhr, ich brauchte nur am Gasgriff umzudrehen, und das Ding schob vorwärts, als gäbe es kein Morgen! Ja! Das war mein Traummotorrad! Zwar keine Suzuki, aber etwas dermaßen brutales, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. Genau sowas hatte ich mir gewünscht, aber lange nur davon zu träumen gewagt, denn der Preis war hoch. Nun war der Traum Realität, und ich war glücklich.

25_years_yamaha_fzr1000exup_04 Im Winter 2008/09 hab ich Mariechen zerlegt und renoviert. Alle Fahrwerkslagerstellen wurden erneuert und angepasst, die Schwinge überarbeitet, Federelemente erneuert oder überarbeitet, Verschleißteile wie Bremsen getauscht und sonst einiges verbessert und erneuert, nicht nur um der Funktion, sonder auch um der Schönheit Willen. Etwas aufgehübscht mit anderen, bunten Fußrasten, eloxierten Anschlüssen für die Bremsleitungen, einigen güldene Titanschräubchen und dergleichen, ein paar spröde Verkleidungteile, die sich leider wegen ausdünstender Weichmacher nicht vermeiden lassen, wurden geklebt und so weiter, bis sie hübsch war, wie ich mir das vorstellte. Nur die paar Kratzer, die sie von saublöden Stürzen davon trug, hab ich gelassen. Viel war ja dabei nicht passiert, denn sie lag ja jedes Mal auf mir drauf. So tragen wir beide unsere Erinnerungen aus diversen Uneinigkeiten, die sich im Laufe einer langen Beziehung ergeben. Heute fahr ich mit Mariechen nicht mehr schnell. Sie hat es sich verdient, behutsam behandelt zu werden. Mariechen war und ist ein sehr gutes Motorrad. 25_years_yamaha_fzr1000exup_03

Heute ging ich in die Garage, hab Mariechen abgedeckt, aus der Garage geschoben, sie auf den Motorradheber gestellt und gewaschen. Ich war heuer schon einige Male mit ihr unterwegs, zum Teil schon um 5 Uhr am Morgen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl für mich, mit diesem Motorrad zu fahren. So viele Erinnerungen werden da wach, so viele Erlebnisse kann ich dann abrufen. Ich spür förmlich noch, wie es war, als wir beide noch ……….
Ach, lassen wir das. Das bleibt unter uns beiden. Als sie frisch gewaschen vor mir stand, fotografierte ich sie. Ich fotografiere sie sehr oft, fällt mir auf. Eigentlich ist es seltsam. Egal, wo ich hin fahre, egal, wie lange die Tour, eine Tagestour natürlich, weil bequem ist Mariechen bei Gott nicht, ist, wenn ich anhalte und einen Kaffee trinke, oder einfach nur die Landschaft bewundere und eine rauche, dann schau ich meistens gar nicht die Gegend an, sondern Mariechen. Ich geh rund um sie herum, schau mir alles an, und was ich sehe, gefällt mir. Auch heute noch, 25 Jahre später. Ich kann mich an ihr kaum satt sehen. Ich glaub, das sind gute Voraussetzungen für weitere 25 Jahre. Dann bin ich allerdings 80. Und Mariechen 50. Mal sehen, ob wir dann noch zusammen fahren können.

Mehr und genaueres über Mariechen gibts HIER zu lesen.

Ps.: Wieso heißt dieses Motorrad eigentlich Mariechen?
Na, ja. Das ist so eine Sache wie die mit Thomas Neuwirth und Conchita Wurst. Wobei es damals, als das entstand, den Herrn Conchita Neuwirth noch gar nicht gab und mir der Song Contest genau so egal war wie heute.
Ich hab seit sicher 23 Jahren am Schlüssel dieses Motorrades einen emaillierten schwarzen Kater hängen. Kater sagte ich allerdings nie. Irgendwann nannte ich sie, die FZR, dann Mizi, abgeleitet von Miezekater, was mir aber mißfiel, weil Mizi eine Verballhornung von Maria ist, und diesen Namen sollte man meiner Meinung nach nicht verschandeln. So wurde auf mir heute selber unerklärliche Weise aus dem Miezekater das Mariechen, und dabei bleibt es.

19. Juni 2015

Uhren aus Moskau 2мчз – Slava 2427 Monster

Filed under: СДЕЛАНО В CCCР - Made in USSR — Benzin @ 16:36

Uhren der Marke Слава, englisch Slava, stammen aus der zweiten Moskauer Uhrenfabrik, kurz 2мчз, die, so steht’s bei Wikipedia, im Jahre 1931 gegründet wurde. Alle weiterführenden Informationen finden sich haufenweise und ohne Garantie auf Richtigkeit in den Weiten des my_ruskie_blog_slava_2427_013Internet’s, den wie wir wissen, lag auch diese Uhrenfabrik im Reich der Geheimniskrämerei, womit Daten zur Firmengeschichte spärlich, Produktionsdaten so gut wie unmöglich zu beschaffen sind. Was dem Interesse an Uhren dieser Hersteller keinen Abbruch tut. Vielleicht ganz im Gegenteil. Das Geheimnisvolle ist ja oft am interessantesten. Dieser Beitrag widmet sich einer Uhr, die den etwas ungewöhnlichen Beinamen "Monster" oder "TV" trägt.my_ruskie_blog_slava_2427_001

"Sie ist monstös groß und so schwer, dass man in einem Nahkampf mit dieser Uhr am Arm die Oberhand behält, weil man den Gegner einfach erschlagen könne", so oder so ähnlich liest man in diversen Uhrenforen über diese Uhr. Optik ist Geschmackssache, aber mir hat sie sofort gefallen. Nur genau diese oder ähnliche Aussagen hätten mich beinahe davon abgehalten, eine Slava Kaliber 2427 Automatik dieser Baureihe zu kaufen. Ich dachte, wenn die wirklich so klobig ist, werd ich sie kaum tragen, und zum Herumliegen kauf ich keine Uhr. Ich hab mich dann doch überwunden und  eine gekauft. Wie man auf den Bildern sehen kann, sind es inzwischen mehr geworden.

my_ruskie_blog_slava_2427_002Wer ihr den Beinamen "Monster" oder "TV" gab, ist mir unbekannt. Es dürften Sammler gewesen sein, die ihr nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion diese Namen verpassten. Sammler erfinden immer irgend welche Dinge über die Gegenstände ihrer Leidenschaft. Mit einer Nikon F, der Urversion nikonischer Spiegelreflexkameras, kann man angeblich Nägel einschlagen, ohne dass sie Schaden nimmt. Ob das tatsächlich jemand probiert hat, ist mir unbekannt. Ich hab ein paar dieser Dinger und finde sie in der Tat recht robust, vor allem recht altmodisch, aber Nägel würde ich damit sicher nicht einschlagen. Dafür nehme ich zumindest einen Hammer. Und diese Slava, um wieder zum Thema zu kommen, finde ich keineswegs monströs!my_ruskie_blog_slava_2427_003

Ein wenig aufgeregt war ich schon, nachdem ich die erste meiner kleinen Sammlung bestellt hatte. Ich meine, das gehört doch irgendwie dazu, oder? Etwas Spannung, was den da wirklich kommen möge? Es war eine der beiden Hellblauen, die ich erwartete. Dann kam das Paket. "Wie groß, wie klobig ist die wirklich?", frug ich mich, als ich das Paket öffnete. Ich war etwas platt, muß ich gestehen. "Was ist den daran klobig, monströs?", war mein erster Gedanke beim Anblick dieser Uhr, und der zweite Gedanke war "Die ist schön!" Das war’s. Ich war gefangen von dieser Uhr.

my_ruskie_blog_slava_2427_004An dieser Uhr ist nichts monströses, und schon gar nicht ist sie klobig. Zu den Leichtgewichten gehört sie jedoch nicht, und daran ist das Band nicht unschuldig. Das Stahlgliederband ist am Anstoß genau so breit wie das Uhrgehäuse, was ich ästhetisch als sehr gelungen finde. Ja, es ist im Vergleich zu Uhren aus den 50er und 60er Jahren  eine relativ große Uhr, und ein schmales Band würde die Optik verhunzen. Wenn wir aber moderne Russenuhren zum Vergleich hernehmen, dann ist jede Vostok Amphibia im 100er oder 110er Gehäuse um einiges, und da übertreib‘ ich keinesfalls, um einiges größer. Von Vostoks Megapolis Serie wollen wir da gar nicht erst reden!my_ruskie_blog_slava_2427_005

Fakt ist, ich hab’s probiert, dass der optisch – vor allem am Lederband – zierlich wirkende mechanische Tag Heuer 6000 Chronometer recht genau gleich groß ist, wenn auch rund und nicht rechteckig wie die Slava. Fakt ist auch, ich war grade in der Küche und hab’s gewogen, dass die Tag Heuer mit originalem Stahlband laut analoger Küchenwaage genau 110g auf die Waage bringt, während es die Slava "Monster" grade einmal, trotz ihres wirklich schwer wirkenden, breiten Stahlbandes, auf 105g bringt! Also das Gewicht und die Größe sind bei diesem Modell mit Garantie kein Problem. Was könnte ein Problem werden?

my_ruskie_blog_slava_2427_006Da wäre unter Umständen das besagte Stahlband selbst. Es lässt sich nur in einem recht eingeschränktem Bereich verstellen, und zwar an der Schließe mittels eines Federsteges und sechs Löchern, die man als Spielraum hat. Einstellen lässt sich, so zumindest meine Erfahrung, nur die Seite abgewandt vom Verschluß, sonst läßt sich die Schließe nicht mehr schließen. So lange die Federstege einigermaßen grade sind – man kann ja um wenig Geld neue kaufen – und vor allem, so lange die Löcher brauchbar sind und die Seitenteile des Verschlußbügels nicht all zu sehr verbogen oder sonst irgendwie beschädigt sind, ist ein Verstellen in diesem eingeschränktem Bereich absolut kein Problem. Ein spitzer, schlanker Gegenstand wie ein Stahlnagel zum Bilder aufhängen genügt, um den Federsteg zusammen zu drücken, und schon rutscht das Band, vom U-Förmigen Bügel der Schließe geführt, in die gewünschte Position, wo der Federsteg im neuen Loch einrastet. Absolut unproblematisch.my_ruskie_blog_slava_2427_007

Problematisch kann’s werden, wenn dieser Bügel verbogen oder sonst wie beschädigt ist. Sehr problematisch wird’s allerdings, wenn der Verstellbereich nicht reicht oder man gar eine Uhr ohne Band gekauft hat. Dieses Modell besitzt nämlich keinen normalen, also keinen herkömmlichen Bänderanschlag links und rechts des Gehäuse, sondern einen einzigen mittig im Gehäuse, was das Wechseln des originalen Bandes gegen ein Fremdfabrikat unausweichlich zur Bastelarbeit werden lässt. Einzelne Glieder lassen sich aus diesem Band nicht heraus nehmen. Es gibt auch keine Ersatzbänder für diese Uhr zu kaufen!

my_ruskie_blog_slava_2427_008Diese Slava 2427 Automatik besitzt nicht nur eine Datums-, sondern auch eine Wochentagsanzeige. Das Datum lässt sich sehr einfach mittels einer Schnellverstellung, die sich an der zwei Uhr Position außen am Gehäuse befindet, einstellen. Einfach mit dem Fingernagel drauf drücken, und die Anzeige springt jeweils um einen Tag weiter. Sofern das noch funktioniert. Es kann durchaus vorkommen, dass dieser Mechanismus nicht mehr funktioniert, vor allem, wenn diese Uhr über die Jahrzehnte nie eine Wartung, also reinigen und schmieren, erlebt hat. Ich hab zwei Uhren von Slava, bei denen dieser Mechanismus offenbar durch mangelnde Schmierung steckt, aber keine aus dieser hier beschriebenen Baureihe. Die funktionieren alle recht gut.my_ruskie_blog_slava_2427_009

Für den Wochentag gibt es keine Schnellverstellung. Da hilft nur eines, kurbeln. Aber bitte zuerst den Wochentag mittels der Krone einstellen, und erst dann das Datum, sonst verdreht man sich wieder alles. Bei der Anzeige um Mitternacht springt ja nicht nur der Wochentag um einen Schritt weiter, sondern auch das Datum! Die Schnellverstellung des Datum hat keinen Einfluss auf die Einstellung des Wochentages.

Nun noch zu den verschiedenen erhältlichen Versionen ein paar Worte.
Es gibt sie in der Version mit kyrillischer Beschriftung, also "Слава" als Markenname, mit ebenfalls kyrillischen Abkürzungen für den Wochentag, die für den Sowjetischen Innlandsmarkt gebaut wurden, und es gibt die Exportversionen mit lateinischer Beschriftung "Slava" und englischen Kürzeln für den jeweiligen Wochentag. Ferner gibt es in beiden Versionen noch Ausführungen mit der Wochentagszahl zusätzlich, also 1 für Montag bis 7 für Sonntag, was auch kyrillisch beschriftete Uhren recht einfach richtig einstellen lässt, und es gibt noch Ausführungen ohne diese Wochentagsnummerierung, die meiner Beobachtung nach aber seltener anzutreffen sind. Und von all diesen Ausführungen gibt es noch Versionen mit Zahlen und Stundenmarkierungen. Alles klar?

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Zum Abschluß noch eine kleine Geschichte. Die Uhr mit dem grünen Zifferblatt hat vermutlich die weiteste Reise von allen hinter sich. Irgendwann im Laufe ihres Lebens fand sie den Weg aus der 2. Moskauer Uhrenfabrik in die USA nach North Carolina, und von dort kaufte ich sie, womit sie sich wieder auf den Weg über den großen Teich zurück nach Europa machte. Sollte ich mir eines Tages einen meiner großen Wünsche doch noch erfüllen können und mit dem Motorrad nach Moskau zum roten Platz fahren, dann würde ich bei dieser Reise gerne diese Uhr tragen, womit sich ihre Reise zu einem Kreis geschlossen hätte. Also rein gefühlsmäßig gefällt mir dieser Gedanke.

Slava "Monster" Quartz

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Diese Uhr hat mit den oben gezeigten eigentlich nur insofern zu tun, als sie der 2427 "Monster" recht ähnlich sieht. Diese Uhr besitzt aber weder ein Handaufzug- noch ein Automatikwerk, sondern ein Quartz-Uhrwerk. Eigentlich steh ich nicht wirklich auf Quartz-Uhren, aber sie ist in sehr gutem Zustand und war nicht teuer, drum hab ich sie in meine Sammlung aufgenommen, und weil sie sonst nirgends dazu passt, hab ich sie zu denen gesellt, denen sie ähnlich sieht. Sie muß ja, nur weil sie eine Strom-Uhr ist, nicht alleine sein, oder?

So, das war’s meinerseits über die Slava "Monster", einer sehr hübschen und auch recht handlichen Uhr, wie ich finde. Ich hab jedenfalls, wie man glaub ich sehen kann, einen Narren an ihr gefressen.

8. Juni 2015

Uhren aus Chistopol – Vostok Dessert Shield

Filed under: СДЕЛАНО В CCCР - Made in USSR — Benzin @ 11:45

Die Geburtsstunde der Uhrenfabrik in Chistopol, einer Stadt am Kama Fluß in Tartastan, war 1942, als ein Teil der 1. Moskauer Uhrenfabrik wegen der anrückenden Deutschen Wehrmacht nach Osten verlegt wurde. Im Laufe der Zeit wurden in Chistopol Uhren der Marken Kama, Tschaika, Saturn, Wolna und Sputnik erzeugt, seit Beginn der 60er Jahre trägt die Firma den Namen VOSTOK, Kyrillisch BOCTOK geschrieben, was zu deutsch Osten bedeutet. Bei Exportmodellen kann statt Vostok auch Wostok drauf stehen. Den Namen dürfte die Firma allerdings nicht tragen, weil sie nun weiter im Osten liegt, sondern aufgrund des Sowjetischen bemannten Raumfahrtprogramms, in dessen Verlauf Juri Gagarin mit einer Wostok Rakete als erster Mensch die Erde umkreiste.

Das war’s meinerseits auch schon mit der Firmengeschichte. Es gibt im Internet so viele Informationen drüber, die der Wirklichkeit mehr oder weniger nahe kommen, daß ich mir nicht auch noch ein paar Fakten aus den Fingern saugen muß. Ich weiß nicht mehr, als ich gelesen hab, und diese Infos sind für alle Interessierte leicht auffindbar. Das Problem an der Sache ist und bleibt halt, daß in der UdSSR ziemlich alles geheim war, was nur entfernt mit Konstruktion und Produktion zu tun hatte. Und genau so traurig schaut es auch mit der Modellgeschichte aus. Offenbar weiß kein Mensch, welche Modelle und wie viele Stück davon je gebaut wurden. Nur aus ein paar alten Katalogen, die von Fanatikern (gottlob gibt es die!) im Internet bereitgestellt werden, kann man erahnen, welche Modelle Vostok und all die anderen Hersteller bauten. Der Spekulation ist in weiten Bereichen Tür und Tor geöffnet. Aber vielleicht ist auch das ein Reiz der Beschäftigung mit Sowjetischen Uhren.

 Meine Uhren der Marke Vostok

Vostok erzeugte und erzeugt – ja, diese Fabrik gibt es immer noch – eine ganze Reihe unterschiedlicher Uhren. Martialisch wirkende Komandirskie Modelle, Taucheruhren namens Amphibia und Albatross sowie eine Reihe anderer Uhren, die sich nicht so einfach irgendwo einordnen lassen. Ganz normale Uhren eben, die die Zeit anzeigen. Und es gibt ein paar Märchen, die gerne über Uhren von Vostok erzählt werden. Dazu mehr im Verlauf des Beitrages.

my_ruskie_blog_018Eines dieser Märchen wäre zum Beispiel, daß Vostok Uhren, vor allem die Komandirskie Modelle, Militäruhren seien. Dieser Unsinn entstand vermutlich durch die Bezeichnung „3AKA3 mo cccp“, die man auf verschiedenen Komandirskies findet. „3AKA3 mo cccp“ ist kyrillisch und steht dafür, daß diese Uhren vom Verteidigungsministerium geordert wurden, und daraus schließen verschiedene Leute offenbar immer wieder, daß diese Uhren an die Soldaten der Sowjetischen Armee ausgegeben wurden. Nur stimmen tut’s nicht. Es stimmt zwar, daß diese Uhren vom Verteidigungsministerium geordert wurden, nur wurden die nicht an die Soldaten ausgegeben, sondern in eigenen Geschäften verkauft. Genau das sagt die Bezeichnung 3AKA3 mo cccp im Grunde. Daß diese Uhren nur über eigene Geschäfte vertrieben werden. Wobei man genau baugleiche Uhren ohne 3AKA3 ebenfalls kaufen konnte. Welchen Sinn das in einer Planwirtschaft macht, weiß ich nicht. Vielleicht hatte das damit zu tun, weil die angeblich klassenlose kommunistische Gesellschaft in Wahrheit alles war, nur nicht klassenlos?
Die Quelle dieser Aussage findet sich HIER

Wieso beginne ich mit diesen Uhren, sind sie doch für Sowjetische Uhren eher untypisch. Eine Uhr aus der Sowjetunion mit der Flagge der USA? Nach dem zweiten Weltkrieg, als der „Kalte Krieg“ zwischen den Supermächten entbrannte, wenn man das so sagen will, wäre man unter Stalin für so einen Affront mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erschossen worden oder in einem Gulag für immer verschwunden. Aber die Zeiten änderten sich im Laufe der Jahrzehnte, und es geschah sowas wie ein Wunder.

Um diese Uhr ranken sich Legenden. Sie zeigt die US-Flagge, eine Palme, gekreuzte Schwerter und trägt die Aufschrift „Operation Desert Shield“. Die Legende erzählt, sie wäre vom US-Verteidigungsministerium geordert worden, um sie an die Soldaten dieser Militäroperation zu verteilen. In Würdigung ihrer Leistungen, als Erinnerung für diesen Dienst an der Menschheit oder was weiß ich. Da gibt’s die unterschiedlichsten Auffassungen. Sie sind alle falsch. Weder hat das Pentagon diese Uhren je verteilt noch bestellt. So gute Freunde war man trotz Glasnost, Perestroika und Entspannungspolitik nun auch wieder nicht, daß das Verteidigungsministerium in der Sowjetunion Uhren zur Auszeichnung oder was auch immer amerikanischer Soldaten bestellt hätte. Die Wahrheit ist recht simpel und man kann sie in amerikanischen Zeitungen nachlesen.

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Links ein automatisches Werk Kaliber 2416B im Genaralskie Gehäuse, in der Mitte ein Amphibia Gehäuse mit dem Handaufzugskaliber 2414 mit Datum, ganz rechts  das Kaliber 2409 ohne Datum im kleinen „Mini Cadet“ oder Damengehäuse. Alle drei tragen die Aufschrift „Made in USSR“, wurden also rund um 1991 gebaut. Es gibt sie auch ohne diese Aufschrift, was wohl drauf hinweist, daß sie nach dem Untergang der SU gebaut wurden und auch keine alten Zifferblätter mehr vorhanden waren.

Die Wahrheit ist, daß diese Uhr von einer Amerikanischen Firma in Auftrag gegeben wurde, weil sie sich damit ein gutes Geschäft erhoffte. 200 000 Stück sollen in Auftrag gegeben worden sein. Es soll sich dabei um Vostok Automatikwerke des Kaliber 2416B mit 21 Lagersteinen in einem Amphibia Gehäuse gehandelt haben, deren Stückpreis für Militärpersonal $99.- und für Zivilpersonen $149.- betrug. Ein paar hundert Stück sollen, ich sag wieder „angeblich“, an US-Soldaten für besondere Verdienste verteilt worden sein. Es soll sogar ein Schreiben eines „Maj.Gen. Thomas Stones, commanding officer of the U.S. Army Reserve headquarter at Hansom Air Force Base“ geben, der sich für die Zurverfügungstellung dieser Uhren bedankt. Ob das stimmte oder Teil einer Werbekampagne war, weiß ich nicht. Lesen kann man jedenfalls auch die Aussage eines gewissen Mr. Erikson der Firma Timepeace Russian Watches Inc., und die lautet:
„Erikson says, the United States imports 210 million watches worth about $1 billion (die Zahl ist in der Zeitungskopie leider unleserlich, es handelt sich aber um einen Betrag von einer Milliarde Dollar oder mehr!) each year“. „It’s a big pie“ Erikson says of the imported watch industry. „So you only need a small piece to have a succsessful business“.

Sich ein Stück vom großen wirtschaftlichen Kuchen abschneiden zu wollen, ist natürlich legitim, nur mit patriotischem Quatsch hat das nichts zu tun. Wenn diese 300 verschenkten Uhren, sofern das überhaupt stimmt, auch nur irgend eine Wirkung hatten, und sei es nur das Dankesschreiben irgend eines Genaralmajors, also etwas zum Herzeigen, dann war das einer der preisgünstigsten Werbegags der Wirtschaftsgeschichte.

Wie schon oben erwähnt, soll es sich bei der Originalausgabe um das Vostok Kaliber 2416B mit 21 Lagersteinen im Amphibia Gehäuse gehandelt haben. Ob der Vertrag in späterer Folge dann aufgestockt wurde, oder ob die Sowjets beziehungsweise später die Russen diese Uhr einfach im selben Design weiter bauten, weiß ich nicht. Jedenfalls existiert diese Uhr in den unterschiedlichsten Gehäusen mit den unterschiedlichsten Uhrwerken, und es gibt sogar unterschiedliche Aufschriften. Einmal steht nur „Operation Desert Shield“ drauf, dann wieder „Desert Shield – Desert Storm“, wobei letztere Aufschrift offenbar nur auf Zifferblättern in kleinen Gehäusen, die als „Mini Cadet“ oder Damenuhren bekannt sind, anzutreffen ist.

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Bei dieser Uhr handelt es sich um eine Sonderausgabe mit (vermutlich) Kaliber 2409 anläßlich des Ungarnbesuches Papst Johannes Paul II im August 1991 Es gibt auch noch andere Ausführungen, die anläßlich anderer Reisen des Pontifex produziert wurden. Johannes Paul II war ja ein sehr reisefreudiger Papst. Wer die Uhren in Auftrag gab oder ob die Sowjets beziehungsweise später die Russen selber auf die Idee kamen, diese Reisefreudigkeit auszuschlachten, das weiß ich nicht.

Fortsetzung folgt…………….

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