Nach ausgiebigen Wanderungen im Ybbs- und Ennstal hat es uns am Donnerstag nach Gams bei Hieflau verschlagen. Der Stangl, in den westlichen Ausläufern des Hochschwab gelegen, war unser Ziel. Als leichter Skitourenberg im Winter bekannt, ist er im Sommer ein eher einsamer Gipfel. Zahllose Male fuhr ich an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Seine äußerst abweisend steile Nord- und Nordostflanke kannte ich vom Vorbeifahren, nicht aber seinen Namen. Aufmerksam wurden wir erst bei einer Grenzkammwanderung am nordöstlichen Ende des Gamsstein, am Scheibenberg. Bei dieser Grenzsteinsammeltour bot sich am Zinken 1400m ein herrlicher Durchblick zwischen Mendlingstein und Falken auf die andere Seite der Salza, und genau dort sahen wir steile Rinnen, von denen wir nicht wussten, zu welchem Berg die gehören.
Erst daheim, mithilfe von Satellitenbildern und Karte, konnten wir bestimmen, was das ist. Stangl 1592m. Noch nie gehört. Schnell hatten wir jedoch herausgefunden, daß sich dieser Stangl aus dem Krautgraben heraus recht einfach besteigen lässt und genau so schnell hatten wir für diese Besteigung eine Route zusammengestellt. Jetzt fehlte nur mehr der richtige Moment für diese Tour.
Sonja hatte am Donnerstag Zeit für eine Wanderun, aber wohin ich beim den Wettervorhersagen auch schaute, überall spätestens zu Mittag Regen. Nur im Raum Gams bei Hieflau tat sich ein Fenster auf, in dem es erst am späten Nachmittag oder am Abend regnen sollte. “Gehen wir auf’s Stangl!” war unser Beschluß. Ich hab dann dem Fred eine Mail mit der Karte geschickt und gefragt, ob er Interesse hat. Nach einem kurzen Telefonat waren wir uns einig. Fred kommt mit. Treffen Donnerstag 4:30 Uhr beim Weißen Kreuz.
Strecke: Punkt 662 im Krautgraben (für ein kleines Auto ist grade Platz, es ist sehr eng im Krautgraben!)-Sommerauer-Köpplalm-Stangl-Retour
Streckenlänge: Rund 13km.
Tiefster Punkt: 662m
Höchster Punkt: 1592m
Höhenunterschied alles in allem: rund 950Hm
Wetter: Beim Abmarsch Dunst und leichter Nebel, 13°C, im Tagesverlauf auflockernd und Sonnenschein.
Bemerkung: Es handelt sich um eine leichte Tour, die sich, bis auf den Gipfelbereich, auf Forststraßen abspielt. Erst im Gipfelbereich ist im weglosen Gelände Orientierungssinn und Umsicht gefordert.
Gipfel Zinken 1400m am 15. August 2023, Blick nach Süden. Dieser Anblick der steilen Nordseite des Stangl war der Auslöser für die heutige Tour.
Erst nachdem wir den Stangl vom Zinken aus gesehen hatten und nachdem ich seine Lage kannte, fiel mir ein, ich muß diesen Berg schon einmal aus der Nähe in seiner ganzen Pracht gesehen haben. Ich hatte das Bild sogar hier im Blog, nur wusste ich halt nicht, welchen Berg es zeigt. 25. Dezember 2000, bei der Einfassung der Quelle in der Wasserlochklamm. Beim Bild mit Selbstauslöser war hinter mir die tief verschneite Nordostwand des Stangl zu sehen.
Tiefblick vom Wasserloch zur Hochschwab Bundesstraße. Vierundzwanzigeinhalb Jahre später schau ich von der anderen Seite hierher herüber. Hätte ich mir damals nicht gedacht.
Karte zur Tour. Austrian Map mit GPS-Track
opentopomap mit GPS-Track und Höhenprofil.
Geländeübersicht auf mapy.cz mit GPS-Track.
Daten von Basecamp mit Zeitfilter 20 Sekunden.
6:15 Uhr beim Punkt 662 im Krautgraben. Ich hab meinen Opel kurz nach der Kreuzung so neben die Fahrbahn gezwickt, daß ich niemand störe. Wir ziehen unsere Schuhe um und machen uns fertig. Einen Zettel mit der Info “SIND AM STANGL” leg ich hinter die Windschutzscheibe, falls sich jemand fragt, ob das Auto hier abgestellt wurde oder verreckt ist, oder falls was passieren sollte.
6:20 Uhr. Die Rucksäcke sind am Rücken, Eddie hängt bei Sonja an der Leine.
Bei kühlen 13°C starten wir unsere Tour. Lassen wir uns überraschen, was der Stangl zu bieten hat.
Irgendwas ist hier anders als bei uns. Ich hab noch nie gesehen, daß man auf einer Forststraße von den Bundesforsten herzlich willkommen geheißen wird. Hier handelt es sich offenbar um eine ausgewiesene Mountainbike Strecke.
Ein Stück weit begleitet uns ein wortkarger Einheimischer …
… dann biegt er in die Wiese ab und wir sind wieder alleine.
Mißtrauisch werden wir von den Eingeborenen beäugt.
Recht schnell wird klar, daß wir uns hier in einer wunderschönen Landschaft bewegen.
Frisches, sauberes, kühles Wasser
Jeder versteht unter Badefreude etwas anderes
Wir gehen hier geradeaus bei der Schranke weiter
Der Blick ins Gesäuse wird immer umwerfender
Wir sind seit siebzig Minuten unterwegs …
… und erreichen die Köpplalm auf 1148m
Schau ma einmal auf der Karte nach …
Wir nähern uns einem wichtigen Wegpunkt
7:53 Uhr. Kreuzung mit 5 Möglichkeiten.
So schaut diese Kreuzung auf der Karte aus. Vier Möglichkeiten (inkl. umdrehen) sind Forststraßen, die fünfte, die unsere Route werden soll, ist …
… weder Straße, noch Weg, sondern die grauenhafte Spur eines Harvester.
An und für sich wäre das hier nicht schlecht zu gehen. Blöd ist nur, in letzter Zeit hat es stark geregnet. Man kann sich vorstellen, wie es hier stellenweise ausschaut. Dann heißt es, links oder rechts ins Gelände ausweichen. Der Pfad führt allerdings genau in die gewünschte Richtung, ergo …
Nachdem diese Spur recht frisch ausgeschaut hat, kann auch der Harvester nicht weit sein. Oh, da ist er ja!
Wir sind wieder auf einer Forststraße unterwegs und schauen zur Jagdhütte Waldalm 1374m zurück.
Das Monster hat ganze Arbeit geleistet. Wie viele Holzfäller wären nötig, wie viel Müh und Plag, um diese Menge zu ernten? Moderne Technik macht es möglich, diese schwere Arbeit fast mühelos und effizient zu erledigen.
Vor uns die nordwestlichen Ausläufer des Stangl, dahinter Palfau und der Gamsstein.
Hinter uns, noch etwas in Wolken verhüllt, das Gesäuse
8:49 Uhr. Wir haben einen Punkt erreicht, von dem ich meine, er eigne sich gut für den finalen Gipfelaufstieg. Ab ins Gelände.
Säulen mit Lecksteinen finden wir, wie wir sie noch nie gesehen haben.
Seltsame Wesen tummeln sich hier.
… mit Tiefblick zur Hochschwab Bundesstraße B25
In unmittelbarer Nähe des Abbruchs nähern wir uns dem Gipfel
Genau unter uns ist der Parkplatz der Wasserlochklamm.
Ausrutschen strengstens verboten!
Es gibt hier massenhaft Weinbergschnecken! Wir folgen dem Abbruch in südöstlicher Richtung. Ganz leicht sind Wegspuren zu erkennen. Also ganz einsam und verlassen ist der Stangl offenbar doch nicht.
“Mäuschen, ich hab Dich zum Fressen gern”.
Da lehnt ein Eisenrohr oder ein eiserner Mast mit Stahlseilen. Das wird doch nicht das Stangl sein, das dem Berg den Namen gab?
Zeit für eine längere Rast. Der Ausblick ist grandios.
Weiter geht’s, noch immer dem Abbruch entlang
Das Hochkar ist dem Stangl sehr ähnlich. Auf einer Seite schroff, fast unnahbar, auf der anderen wesentlich gemütlicher.
Gelände, Karte und Navi sagen uns, daß wir langsam einen Weg zurück auf Kurs suchen müssen, falls wir heute noch zurück zum Ausgangspunkt wollen.
Aber es ist wie immer unheimlich schwer, sich von dieser schönen Landschaft zu trennen.
Nochmals ein Blick auf den Falken …
… dann folgen wir einem Geländetrichter in genau westlicher Richtung recht angenehm zurück zur Forststraße, auf der wir zum Ausgangspunkt zurückkehren werden.
In einer Schneise steht eine ganze Reihe dieser Lecksteinsäulen
Unser wilder Abstieg führt uns unweigerlich wieder in Spuren vom Harvester. War wohl Erntezeit.
Wenn’s dich da reinhaut, kannst du das Quand wegschmeißen.
Wir weichen diesen Dreckspuren durch den Wald aus.
Uns kann nichts die Laune verderben.
Beim Abstieg zur Köpplalm weichen wir der dreckigen Harvesterspur (in der wir aufgestiegen sind) im Gelände aus.
Links Großer Geiger und in Bildmitte die Kaltmauer
Teilweise sieht man zu Ebenstein, Schaufelwand, zum Brandstein und vielem mehr. Ist im Bild leider schwer zu erkennen.
Blick zu Kaiserschild und Hochkogel
Kurze Rast bei der Alm. Ich hab im linken Schuh einen lästigen Stein. Links hinten Kaltmauer, rechts Kaiserschild, davor und zwischen drinnen der Buchberg
Blickwinkel von der Köpplalm zu Kaltmauer und Kaiserschild
Blick zu den Königen des Gesäuse. Lugauer, Gsuchmauer, Hochzinödl, Hochtor und Tamischbachturm
Übrigens, nach der Tour machen wir uns eine Schwammerlsauce mit Semmelknödel
Der Kaiserschild winkt nochmals aus der Ferne
Ob das nicht die falsche Richtung ist?
Oha, da hat sich einer gespielt.
12:23 Uhr. Nach sechs Stunden haben wir den Ausgangspunkt unserer Wanderung erreicht. Wieder einmal sind ein paar schöne Stunden in der Natur zu ENDE gegangen. Fred, es war uns eine Freude, daß du dabei warst.
Wir verlassen den engen Krautgraben und erreichen bald Gams. Dann pfüat Gott und bis zur nächsten Tour, irgendwo und irgendwann auf dieser wunderschönen Erde.