Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

27. Mai 2011

2011 – 2.Int. Goldberg-Classic 21. + 22. Mai

Ein Wochenende bei den Alteisenfreunden

Kennt ihr Zauchasteg? Ich hatte vor diesem Wochenende noch nie davon gehört. Bei meinem letzten Besuch in Ottensheim zählte mir Hubert Furtner die Veranstaltungen auf, die er heuer fahren würde, und ich notierte gleich zu Beginn „Goldberg-Classic, Bergrennen in Zauchasteg“. „Sag einmal, Hubert, wo ist den das?“, frug ich. „Das muß doch bei dir in  der Nähe sein!“ „Was? Hab ich noch nie gehört.“ „Na, bei Weistrach. Das wirst du doch kennen?“ „Sicher“, antwortete ich, „ich werd´s schon finden“.

„Zauchasteg?“, überlegte ich ein paar Tage später daheim, „Wo kann das sein?“ Herr Google ist da hilfreich. „Du heiliger Strohsack, da bin ich doch schon 1000mal vorbeigefahren!“ war die Erkenntnis. „Das liegt ja an der Strecke nach Steyer!“ Also genau gemerkt, bei welchem Abzweig ich abbiegen sollte, ins Leder geschlüpft und die weiße FZR gestartet. Mal sehen, wie das dort ausschaut.

Es war dann genau so einfach zu finden, wie ich mir das vorgestellt hatte. Gleich am Abzweig der Hinweis, das diese Strecke am Samstag und Sonntag-Vormittag sowie Nachmittag gesperrt sein würde, da war ich richtig, keine Frage. Natürlich gab ich nicht Gas. Keine Ahnung von der Streckenführung, keine Sperre, öffentlicher Verkehr. Wenn dir da in einer unübersichtlichen Kurve ein Traktor entgegen kommt, stehst du nächsten Tag in der Zeitung. Eines war mir allerdings schon nach einmaligem hochfahren klar: „Das ist eine geile Strecke!“ Für modernes Gerät wäre sie mir ein wenig zu schmal für die teilweise möglichen Geschwindigkeiten, wenn´s um Bestzeit ginge, aber für Klassiker und wenn´s um Gleichmäßigkeit geht, wunderschön. Sei´s wie´s sei, ich würde ja ohnehin nicht selber fahren, hatte jedoch wenigstens einen Eindruck gewonnen, was auf die Teilnehmer zukommt.

An dieser Stelle sollte ich vielleicht anmerken, dass auch Automobile an den Start gingen. Wirklich schöne und sogar extrem starke, seltene und schnelle Fahrzeuge, allerdings will ich hier nur auf die Motorräder eingehen, den erstens würde das zu weit führen und zweitens fehlt mir für die Autos persönlich etwas das Interesse. Durch die Teilnahme von zwei- und vierrädrigen Gefährten war jedoch wirklich für jedermann etwas dabei, von Einseitigkeit konnte absolut keine Rede sein. Man kann diesen Bewerb so gesehen als riesige Show für Oldtimer Freunde bezeichnen, egal ob sie ihr Hauptaugenmerk auf zwei oder vier Räder legen, vor allem bei über 200 Starten in beiden Kategorien. Das bieten nur wenige Veranstaltungen.

„Auto oder Motorrad? Womit soll ich fahren?“, stellte sich am Samstag die Frage. Die letzte Oldtimer Veranstaltung, die ich mit einem Motorrad besuchte fand, falls mich die Erinnerung nicht trügt, 1980 am Salzburgring statt. Da hatte ich noch Georg „Schorsch“ Meier, Walter Zeller und Fangio fahren gesehen, war also schon ein paar Tage her. Überhaupt war das für mich, wenn ich so nachdenke, bis zum Gahberg-Victory 2005 die letzte Veranstaltung dieser Art. Erst da hatte ich wieder Feuer gefangen und war seitdem öfters dabei. So oft es der Beruf erlaubt zumindest. In manchem Jahr hab ich mich allerdings schon gefragt, ob die Veranstalter meinen Dienstplan kennen und aus irgend einem Grund böse auf mich sind. Beim „Hollaus Gedächtnis Rennen“ am Salzburgring beispielsweise konnte ich genau so sicher sein, dass ich arbeiten musste wie sich Stropek sicher sein konnte, dass es seine Veranstaltung verregnet. Irgendwie für beide ärgerlich. Aber wenn ich Zeit hatte, fuhr ich mit dem Auto. Weil´s bequem ist.

Ich wählte Motorrad. Genau genommen die Foxi, meine 94er FZR1000. „Wenn die um 9:00 Uhr die Strecke sperren und zuerst die Motorräder fahren lassen, dann kann ich über die Mittagspause meine neuen Reifen einfahren“, überlegte ich, steckte eine Kompaktkamera mit Reserve-Akku in die Jackentasche und machte mich auf die Socken.

An der sanften Steigung vor Seitenstetten leuchtete die Ölkontrolle. „Das gibts doch nicht! Ich hab doch erst vor der letzen Ausfahrt kontrolliert. Wieso sauft die Öl, verdammt noch einmal?“ Das war ja ganz was neues! Vermutlich hatte ich diese FZR allerdings nur bei der Kontrolle jedes Mal in einem etwas anderen Winkel gehalten und so den leichten Schwund übersehen. Wenn diese Funzel leuchtet, ist ja noch lange keine Gefahr im Verzug, denn der Fühler für den Pegelstand sitzt ganz vorne, da leuchtet sie gerne einmal, auch beim Beschleunigen. Trotzdem finde ich es beunruhigend und drehte deswegen um, um Öl nachzufüllen. Ein Achtelliter auf 4000km ist ja nicht die Welt, da gibts weit schlimmeres. Im Forum geistern Geräte herum, die sollen mehr als 1.5Liter auf 1000km saufen, und selbst das wird noch als normal empfunden. „Öl tanken und Benzin nachschauen, bitte“, hätte man früher beim Halt mit so einem ausgelutschten Hobel an der Tankstelle gesagt. Gottlob ist keine meiner FZRs so eine Dreckschleuder. Ob´s an der regelmäßigen Wartung und am Umgang mit dem Gerät liegt? Darüber wird viel diskutiert und jeder verfolgt eine andere Theorie, je nachdem, ob seine Kiste Öl säuft oder nicht. Öl und Reifen, Diskussionsstoff für alle Ewigkeit. Sicher auch bei den Oldtimern, vermute ich.

Die ersten Teilnehmer ließen gerade ihre Motorräder warm laufen, manche fuhren sie warm, es brummte also schon, als ich ankam. „Mal sehen, ob ich den Hubert finde“, war mein erster Gedanke, und „hoffentlich wird´s nicht zu heiß“ der Zweite, den es sah nach Kaiserwetter aus. Stunden im Leder in der prallen Sonne stehen finde ich nicht gerade lustig. Vielleicht werd´ ich alt, denn früher war mir das „Wurscht“.

Ob´s warm, heiß oder sonst was wird, das war bald nebensächlich. In kürzester Zeit hatte mich wieder das Oldtimer-Fieber gepackt. Herrliche Geräte standen zuhauf herum. Zuerst wollte ich ja nur schauen, einfach nur Zuschauer sein und das Geschehen beobachten, aber ab dem Moment, wo ich erstmals die Kamera aus der Tasche nahm, war´s vorbei. Stehend, kniehend oder halb liegend, wie es die Situation gerade erforderte, schoß ich Bild um Bild und versank in die Welt der Alteisen.

Jetzt ist es ja nicht mehr grade so, dass ich dastehe wie die Kuh vorm neuen Tor. Viele Typen und Modelle erkenne ich schon auf den ersten Blick, einige Fahrzeug hab ich bei anderen Veranstaltungen gesehen, und selbst den Wakolbinger Klan kann ich schon ganz gut auseinander halten. „Der Bärtige ist der Karl, der da drüben der Manuel….., oder wart mal, ist´s der Martin?“ Jedenfalls wird´s jedes Mal besser, und die Anni erkenn´ ich am Fahrgestell, äh, der Honda natürlich, wenn sie drauf sitzt. Der Walter Nusterer ist einfach zu erkennen. Wenn einer ausschaut, als wäre er in Woodstock dabei gewesen, dann ist er es. Vor allem, wenn eine blaue, etwas seltsame Gitterrohe Kawa dabei steht. „Aber wo ist der Hubert?“ „Ist die Norton noch immer kaputt?“ Als ich sie letztmals sah, stand sie zerlegt auf der Montagebühne. Ein grausiges Schicksal hatte sie ereilt. Zuerst Nockenwellenschaden, dann auch noch Kolbenfresser! Ich fand ihn den ganzen Tag nicht und war der Meinung, er sitzt angefressen daheim. Was für ein Irrtum! Aber ein lustiger.

Nach der ersten Besichtigungsfahrt war ich wie geplant abgehauen, hatte schnell, weil grad´ Zeit war, eine kleine 200km Runde über den Hengstpass gedreht und war pünktlich zur ersten Wertungsfahrt wieder vor Ort. Allerdings mit Glück.
Ich war vom Hengstpass über Altenmarkt nach Großraming gefahren, von dort durch den Neustiftgraben nach Maria Neustift und weiter auf den Höhenstraßen rüber nach Kürnberg, wo ich auf der Rennstrecke, falls sie noch nicht gesperrt wäre, runter ins Fahrerlager gelangen konnte. Wenn nicht, würde es kritisch werden, denn ich kenn mich dort nicht gut aus. Die Kirchenuhr in Neustift zeigte dreiviertel eins, also sollte sich das ausgehen, in Kürnberg war´s eins, die Strecke war gesperrt. Grumpf. Über Behamberg fand ich dann doch runter zur Hauptstraße und war rechtzeitig vor dem Start zurück.

Es folgten wieder Bilder, Gespräche, der eine oder andere Kaffee im Fahrerlagerwirtshaus (Ja, sowas gibts dort. Und was für eines! Das hat nicht einmal der Salzburgring zu bieten!), und vor allem Rennluft schnuppern. Dann, nach den letzten Motorrädern die Heimfahrt, Fotos auf den Rechner laden und begutachten. „Gar nicht so übel für den ersten Tag“, dachte ich und freute mich auf den nächsten. Auf den Bildern war mir natürlich nichts aufgefallen.

Sonntag gegen 8:30 Uhr. Ich war mit dem Auto gekommen, hatte zwei Kameras nebst Akkus dabei, sicher ist sicher, und saß im Gastgarten des „Fahrerlagerbeisl“ bei einem Kaffee. Herrlich diese Ruhe. Dann wurde der erste Motor angeworfen. „Wum, wum, wum, wuummm, wuuuummmm!“ „Herrlich, dieser Klang“. Wie das leise Vogelgezwitscher für den Naturfreund Musik ist, ist es das Donnern eines offenen 4Takt Motors für den Motorsportfreund. Da schmeckt der Kaffee gleich nochmals so gut. Dann wird´s immer lauter, Zweitaktgekreische mischt sich dazu, und das Gewusel immer dichter, ein sicheres Anzeichen, dass die Startzeit naht. Als dann wieder Manfred „Jimmy“ Rieglers Stimme ertönt, ohne den im Österreichischen Motorsport ohnehin seit Jahrzehnten überhaupt nichts geht, steht fest …….

„Its Racing Time!“


Nr.61Karl Sengstbratl/Honda CB350 Bj.71 Nr.22 Teetz Jürgen mit seiner Simson Bj.58


Leopold Öfferls BSA500 Bj. 1967

Zwei deutsche Yamaha TZ. Die gelbe gehört den Reichgrubers, die blau/weiße kann nur vom F.J.Weidacher aus Bayern sein


Kawasaki Z900 Z1 RS24 von Walter Nusterer

Links: Nr.87 + 80 Honda CB500 von Willi Strasser und Harlad Höglinger, Nr.46 Herbert Springers Spristo Rotax Eigenbau
Mitte: Karl Wakolbinger wärmt die Hondas der Familie auf. Rechts: Die Reichgrubers mit ihren Yamaha TZ

Mitte: Sepp Asbeck braucht Hilfe vom Rennleiter, seine Triumph Bonneville TT Racing gottlob nicht. Nr.52 ist Helmut Hafner mit einer Yamaha 250RD/R

Links: Herbert Springer beim Start – Mitte und Rechts: Weltklasse-Fahrer Heinz Rosner mit der Werks MZ

Mitte: Laverda 1200 SC von Völsner Walter – Rechts: Leimer/Lichtenauer auf Triumph Kneeler Bj.63


Die blaue Honda der bildhübschen Petra Gutenbrunner – Mitte bei einem mißglückten Startversuch,  rechts beim erfolgreichen Zweiten.

Links Petra richtig in Fahrt – Rechts: Laverda 1200SC von W.Völserer

Mitte: Die Furtner Norton, von einer jüngeren und einer älteren Artgenossin flankiert

Links: Franz Josef Weidacher am Start – Mitte: Bahn frei für Anni Wakolbinger – Rechts: Leimer/Lichtenauer

Links: Ducati 400 Super Light Bj.94 von Moises

Links: Peter Langer kontrolliert die Yamaha R5TL Bj.70 – Mitte: Triton 750 von Max Kolar

Nr.50 – Suzuki RT250 Bj.69 des „Classic Racing Team Langer“

Links und Mitte: Johann Wiedlacks Norton International Bj.1935 – Rechts Föttinger/Walz mit einem BMW R69S Gespann aus 1960

Hubert Furtner mit seiner Norton Inter Racing.

Die Initiative einiger weniger, darunter der „IG-Formel Classic“ von Wolfgang Stropek, macht es möglich, so interessante Veranstaltungen wie das „Goldberg-Classic“, das „Rupert Hollaus Gedächtnis-Rennen“ oder das „Motorrad Revival Großraming“ zu sehen. Als Zuschauer bedanke ich mich bei den Organisatoren für dieses schöne Wochenende. Ohne euren Unternehmungsgeist und Ausdauer im Kampf mit den Behörden wäre die Motorsportwelt Österreichs um einiges ärmer. Bei den Teilnehmern bedanke ich mich für die gute Show, die ihr geboten habt und wünsche euch weiterhin viel Spaß bei eurem Treiben. Mir macht es immer wieder Spaß, euch zuzusehen.

Bis zum nächsten Mal, wenn´s wieder heißt: „Geh ma Motorradlrennen schau´n!“

Ergebnislisten zum Goldberg-Classic

24. Mai 2011

2011. 05. 20. Ziel Kölnbreinsperre – 582km über Berge und durch Täler

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 23:33

Strecke: Amstetten – B121 Weyer – B115 Altenmarkt – B117 Admont – B146 Radstadt – B99 Obertauern 1752m – Mauterndorf – Katschberg 1641m – Gmünd – L12 Maltatal – Malta Hochalmstraße – Kölnbreinsperre 1933m – Kremsbrücke – Innerkrems – L19 Bundschuh Landstraße – Thomatal – B95 Predlitz – B97 Stadl – Murau – B96 – L501 Schöder – Erzherzog-Johann-Straße – Sölkpass 1788m – Stein an der Enns – Öblarn – B146 Liezen – B138 Pyhrnpass 954m – Spital am Pyhrn – Windischgarsten – Hengstpass 985m – Altenmarkt – B115 Weyer – B121 Amstetten

Streckenlänge: 582km Strecke auf Google Maps

Im Gedanken immer bei meiner Lärche

20110520_ace_maltatal_01 Diese Tour war nicht penibel geplant. Wozu auch? Ich kenne die Strecken, bin sie schon öfters gefahren, nur in dieser Kombination noch nie, und vor allem noch nie mit einem Bückeisen. Ich fuhr sie einfach Daumen x Pi und ein wenig, muß ich zugeben, auf die Karte schauen, und es war gut so. Das Wundersame daran war, trotz ihrer Länge für eine Tagestour, ich hab sie zu keinem Zeitpunkt als anstrengend empfunden! Selbst die letzten Kilometer genoss ich so wie die Ersten. Ich war alleine unterwegs, nur die Sorge um meine Lärche begleitete mich. Hier der Tourbericht.20110520_ace_maltatal_02

Abfahrt um 7:00 Uhr morgens. Recht viel hatte ich nicht gerade geschlafen, was allerdings nichts mit Aufregen wegen der Tour zu tun hatte. Am Vortag hatte ich die weiße FZR durch die Gegend gescheucht, nun hatte ich die Kölnbreinsperre im Maltatal zum Tagesziel.

20110520_ace_maltatal_03 Irgendwie war mir trotz der frühen Tageszeit im Ennstal bis Altenmarkt nach Heizen zumute. Normal beginne ich am Anfang so einer langen Tour mit gemütlichem Tempo, um die Kraft nicht zu vergeuden. Über 500km am Tag auf Bundesstraßen sind eine ganze Menge. Aber auf meiner alten Yamaha YZF1000R Tunderace, oder kurz Ace, sitze ich dermaßen angenehm, dass mir das nichts ausmacht. Als ich am Parkplatz des Gasthof Jax in Altenmarkt die erste Rauchpause hielt, waren die Reifen richtig schön pelzig. Herrlich! So Motorrad zu fahren macht mir auch nach über 30 Jahren noch dermaßen Spaß, dass ich es mit Worten einfach nicht beschreiben kann. Dieses Beschleunigen, Kuppeln, Schalten, Bremsen, von einer Seite auf die andere legen, das Turnen am Motorrad, ohne dem ich nicht so fahren könnte, der Stepptanz auf den Fußrasten, an so einem Tag ein unbeschreiblicher Hochgenuß und eine Wohltat für Leib und Seele. Vor allem für die Seele. Ich fühle mich frei von allen Sorgen und Nöten, die das tägliche Leben so mit sich bringen kann. Einfach an nichts denken, nur das tun, was mir am liebsten ist – Motorrad fahren.

20110520_ace_maltatal_05 In Admont an der Tankstelle Kaffeepause. Kann mich gar nicht erinnern, wann ich dort einfach vorbeigefahren bin. Das kommt vor, natürlich. Wenn ich´s eilig hab oder wenn ich nach einer Ochsentour nur mehr nach Hause will. Aber das ist eher selten. Irgendwann vor vielen Jahren hielt ich dort zum Tanken, vergönnte mir einen Kaffee dazu, und seitdem ist das zum Brauch geworden. Auch, weil man genau von dort aus die Haller Mauer sehen kann. Ich war ja viel in den Bergen unterwegs und kenne Teile dieser Bergkette auch von oben.20110520_ace_maltatal_06

Kaum hatte ich den Kaffee in den „Garten“ getragen und umgerührt, höre ich ein Motorengeräusch, das mit Sicherheit nicht von der blauen KiloFazer mit Melker Kennzeichen stammte, die zum Tankstop angehalten hatte. Ein mir absolut fremder, aber herrlicher Klang. Dem ersten Eindruck nach eine alte BMW? „Nein, das ist trotz Boxer Motor niemals eine BMW, das muß etwas anders sein“. Ich stapfte zum tankenden Besitzer und frug einfach. „Das ist eine Schweizer Condor„, war die freundliche Auskunft. 20Ps habe diese Maschine, meinte er, und er fahre über Freitag und Samstag mit etwa 30 Gleichgesinnten damit zum Großglockner. Ich konnte ihm die Freude auf diese Fahrt direkt vom Gesicht ablesen, und ich glaub, ich verstehe, wie das ist. Vor 3 Jahren fuhr ich mit meiner damals auch schon 32 Jahre alten RD400 zusammen mit dem Hans, der ebenfalls ein Alteisen unterm Hinterteil hatte, zum Glockner und strahlte damals ähnlich vor Freude wie dieser älter Herr. Kurz noch eine Hörprobe vom feinsten, als er den Motor startete, dann war er wieder weg.

20110520_ace_maltatal_07 Auch das Melker Pärchen mit der Fazer war gleich darauf wieder weg, aber erst, nachdem mir der Fahrer erzählte, sie würden übers Wochenende nach Slowenien fahren. „Wäre gar keine so üble Idee“, dachte ich noch kurz, dann verwarf ich diesen Gedanken wieder. Für Samstag und Sonntag war doch schon etwas anders geplant, aber das ist eine andere Geschichte.

Nicht weit hinter Liezen hatte ich die Beiden, wohl durch Glück mit dem relativ dichten Verkehr bedingt, wieder eingeholt, und so zogen wir gemeinsam, er allerdings gezwungenermaßen (damit meine ich nicht seine Gefährtin, sondern mich natürlich), Schladming und Radstadt entgegen. Ich folge ihm einfach, denn seine Route kannte ich ja. Sie wollten über die Tauern fahren, wie ich. 20110520_ace_maltatal_08

Es dauerte nicht lange, da wusste ich erstens, dass das ein gut eingespieltes Paar war, denn egal, wie er beschleunigte, und eine KiloFazer geht gut, sie knotzte entspannt und bequem hinten drauf und genoss sichtlich die Gegend. Zweitens hatte ich rasch herausgefunden dass es sich hier um einen recht guten Motorradfahrer handelte, vor allem um einen recht erfahrenen und umsichtigen, denn wie er das Gerät bewegte, war nicht von schlechten Eltern. Was natürlich auch mit erstens zu tun hat, sonst wäre sie nicht so entspannt hinten drauf gesessen. In der Gegend um Schladming hatte ich sogar das Gefühl, er habe sich an mich bereits so gewöhnt, dass er bei mehreren Überholmanövern sogar einmal auf mich wartete, damit ich mitkomme und nichts riskieren brauche, um dran zu bleiben. Dabei hätte ich genau das mit Garantie nicht getan. So schlecht war meine Bewaffnung ja mit der Ace nicht, außerdem war ich solo unterwegs. Es war schön, so ein Stück gemeinsam des Weges zu ziehen.

20110520_ace_maltatal_09 In Pichl bei Radstadt trennten sich dann unsere Wege. Die Beiden bogen nach rechts zu einer Alm ab (zumindest stand das an einer Tafel), ich fuhr zur B99, die von Radstadt nach Obertauern abzweigt. Heute weiß ich allerdings, wieso wir uns in Obertauern wieder sahen, wieso ich plötzlich vorne war. Ich hatte bei einem Bankomat im Ort angehalten, um Geld zu ziehen, da kommt diese blaue Fazer mit dem Pärchen daher. Ich heb die Hand, er grüßt und gestikuliert etwas zu seiner Partnerin, dann waren sie wieder verschwunden. Diesmal für immer. Die Straße, die sie zur B99 fuhren, die kannte bzw. kenne ich nicht. Es ist eine Landstraße, die über Forstau rüberführt und somit Radstadt im Norden liegen lässt. Auf die Idee, dass dort eine Straße führen könnte, wäre ich bisher nie gekommen, und das, obwohl ich immer dachte, ich kenn die Gegend ganz gut. Nach einem Blick auf die Karte war ich dann anderer Meinung. Sachen gibts.20110520_ace_maltatal_10

Grade wollte ich wieder weiter, da bleibt auf der anderen Straßenseite ein Motorradfahrer stehen und nimmt den Hut ab. Ein älterer Herr, so etwas wie der Fahrer der Condor, grinst und winkt mir entgegen, als ich mich in den spärlichen Verkehr einfädeln wollte. Ich hielt kurz an, grüßte und meinte „schönes Wetter heute“, da legt er los. „Ja, mir ist sozusagen daheim das Dach auf den Kopf gefallen. Die ganze Woche nur Mörtel, immer nur Mörtel. Ich kann das Zeug nicht mehr sehen! So hab ich mich aufs Motorrad gesetzt und bin abgehauen. Endlich hab ich meine Ruhe“, und hat ein breites Grinsen im Gesicht. „Wo kommst du den her?“, fragt er mich. „Aus Amstetten“. „Und wo fährst du noch hin?“, will er wissen. „Ach, ich fahr runter über den Katschberg nach Gmünd und dann zur Kölnbreinsperre rauf“, antworte ich. „Ui, da hast du dir aber noch was vorgenommen für heute!“ „Na ja, es geht. Ich fahr ja gerne Motorrad“. Dann nochmals ein kurzer Gruß, und weg bin ich. Wäre ja noch ganz nett gewesen, ein Weilchen zu plaudern, aber bei der Strecke, die ich noch vor mir hatte, nicht wirklich ratsam. Ein Pläuschchen hier, eines dort, und schon kommt man mitten in der Nacht wieder Heim. Ich hasse es, bei Nacht Motorrad zu fahren! „Hoffentlich hält das Wetter!“, dachte ich ohne besonderen Grund. Als hätte ich gespürt, was noch kommt, obwohl es keinerlei Anzeichen gab.

20110520_ace_maltatal_12 Den Katschberg hatte ich relativ rasch hinter mir, allerdings mit einem sauren Nachgeschmack. Auf schlechten Straßen und vor allem steil bergab ist die Ace ein Krücke! So behende sie im Winkelwerk auf topfebener Fahrbahn ist, weil leicht, so bescheiden ist sie auf schlechtem Asphalt, vor allem bergab. Gegen eine FZR hätte sie hier nicht die geringste Chance, da fehlt´s weit an Stabilität. Und obwohl die Feder/Dämpfer Elemente auf Grundeinstellung sind, was normal ein guter Kompromiss ist, ist sie viel zu hart. Sie wird fast unkontrollierbar. Klar, ich hatte es nicht eilig, aber es nervt! Muß wohl oder übel damit leben, denn ich mag sie inzwischen zu sehr, dieses Luder. Ist ja schließlich ein FZR Motor drinnen, drum hab ich sie ja.20110520_ace_maltatal_11

Mir persönlich gefällt die Fahrt durch´s Maltatal immer besonders. Vor allem, weil ich weiß, was am Ende wartet. Ich freu mich auf den Wasserfall, auf das beschwingte dahingleiten ins Tal hinein, dann immer höher den Berg hinauf, durch die Tunnels, die an diesem Tag irgendwie gespenstisch wirkten, vor allem der lange, schnurgerade. Wie ein Höllenschlund wirkte er auf mich, stockdunkel und abweisend. So hatte ich das noch nie empfunden. Oben, wie jedes Mal, Kaiserwetter. Glück muß man haben. Lange hielt ich es auch hier nicht aus. Ein paar Fotos, ein paar Zigaretten, dann trieb mich die Unruhe weiter. Ich wollte fahren, fahren und wieder fahren. Immer weiter, immer weiter. Den Sorgen davonfahren.

20110520_ace_maltatal_13 Kurz bevor ich wieder Gmünd erreichte, wurde es duster und begann leicht zu regnen. „Seltsam“, dachte ich, “ das verfolgt mich heuer hier herunten“. Letztes Mal, bei der Fahrt vom Glockner zur Nockalm, hatte es hier ebenfalls leicht zu regnen begonnen, das war erst vor zwei Wochen. Wieder die Straße naß und glitschig. Kaum geh ich kurz ans Gas, steht die Mühle auch schon quer. Die Reifen sind da nicht Schuld, das weiß ich. Der BT16Pro ist nicht so übel, wen man sich an ihn gewöhnt hat. Die Straße ist hier großteils verdreckt, das ist alles. Der Dreck und die Feuchtigkeit vermischen sich dann zu einer schmierigen Pampe, und dann geht mir wieder der Arsch auf Grundeis. Ich bin eine richtig feige Sau geworden, wenn´s naß ist. In Verbindung mit Dreck und Öl ist mir das zu viel Lotterie auf der Straße. Aber lieber feig, als tot. Jetzt hab ich´s bis 51 geschafft, jetzt will ich auch noch älter werden.

Die Idee, wieder über die Nockalm zu fahren, war schnell und ohne Reue verworfen. Ich hatte absolut keinen Bock, in dieses schwarze Loch zu fahren, dass sich da vor mir auftat am Abzweig. Letztes Mal war das gespenstisch schön, diesmal sicher nur naß und duster. Zu dick war die Suppe. Nein, dann lieber über Bundschuh raus nach Thomatal. 20110520_ace_maltatal_14

In Stadl an der Mur kam ich endlich, nach Jahren des Vorsatzes, auf die Idee, bei der Holzbrücke anzuhalten und ein Foto zu schießen. Es wurden sogar zwei und eine herrliche Rast daraus. Gleich nach der Brücke, rechts bei der Bushaltestelle, parkte ich das Motorrad, zückte den Fotoapparat, um an dieses Bild zu kommen, und sah unten beim Nah&Frisch Laden einen Mann stehen, der gierig eine Wurstsemmel in sich hinein stopfte. „Mann, hab ich einen Hunger“, fiel mir ein. Also schnell die besagten Fotos, die ich mir schon seit Jahren vorgenommen hatte, aber die nie etwas wurden, weil ich immer weitergefahren war, dann ab ins Geschäft. „Bitte schön, was hätten sie den gerne?“ Knurrrr, machte sich der Magen bemerkbar.  „Haben sie einen warmen Leberkäse?“ „Ja, sicher“. „Dann schneiden sie mir bitte eine schön dicke Scheibe in eine Semmel. Und eine Semmel mit Käsewurst hätte ich bitte auch gerne. Auch eine g´scheite Ladung bitte. Ich hab Hunger wie ein Wolf!“ Dann trottete ich wieder aus dem Laden.

20110520_ace_maltatal_16 Sicher, ich hätte ein paar Meter weiter in die Gaststätte einkehren können, mich dort gemütlich an einen Tisch setzen, mit Messer und Gabel ein Menü oder „A la Carte“ Essen, mit einer Cola, einem Kaffee und einer Torte als Nachspeise, aber das wollte ich jetzt nicht. Nicht einmal zur Gartengarnitur neben dem Geschäft wollte ich mich setzen, sondern ins überdachte Postbus-Hüttchen, wo ich meine Papierln ausbreitete, zuerst die Leberkäsesemmel und dann die Käswurstsemmel verdrückte und mit Johannesbeersaft aus der Plastikflasche nachspülte. Das war schön. Ich war einfach glücklich. Sogar als die ersten Regentropfen aufs Dach des Bushäuschens prasselten, war ich glücklich. Ich war unterwegs, niemandem Rechenschaft schuldig, nur glücklich, gestärkt und zufrieden. Und ein wenig in Sorge um meine Lärche. Na ja, etwas mehr in Sorge, als mir lieb war, muß ich zugeben. Wie kann man nur diesen schönen Baum umschneiden wollen, verdammt noch mal? Ohne mich zu fragen? Das ist meine Lärche!20110520_ace_maltatal_17

Kaum saß ich wieder auf der Ace, hörte der Regen wieder auf. „Wie immer in letzter Zeit“, dachte ich und fuhr unbekümmert weiter, Murau und dem Sölkpass entgegen. Bei der Anfahrt nach Schöder war ich mir fast sicher, dass das jetzt eine Wasserschlacht wird, bis zum Dorfermoos war ich allerdings noch immer nicht naß geworden, obwohl es richtig dunkel war. Ach ja, zuvor, irgendwo vor Murau, hatte schnurstracks vor mir ein riesiger Blitz den dunklen Himmel erhellt. Ein gewaltiger Anblick, wenn man mitten in so eine Entladung schaut. Ich war nicht einmal erschrocken, aber erstaunt, welche Ausmaße dieses verästelte Lichtgebilde annahm.

20110520_ace_maltatal_19 Bei den ersten Kehren oben wurde es kalt, dann lag Schnee, nein, nicht Schnee, etwas schneeartiges auf der Straße. Ein ganzer Haufen schmelzender Graupel! Je höher ich kam, desto mehr waren die Anzeichen eines niedergegangenen Gewitters zu sehen. Immer weißer wurden die Wiesen, immer deutlicher die Graupelkugeln zu sehen. Vor der Paßhöhe hielt ich an und bestaunte die Landschaft. Es war hier nicht kalt! Kalt war es weiter unten. Hier war es, nun, ich würde nicht warm sagen, aber gerade schön auszuhalten. Dabei lagen die weißen Kügelchen überall in der Wiese herum. Hier mußte es vor kurzem ganz schön gescheppert haben. 20110520_ace_maltatal_21

An der Passhöhe setzte ich mich kurz in die Kapelle. Ich war schon so oft über den Sölkpass gefahren, diese Kapelle hatte ich noch nie betreten. Diesmal schon, im Gedanken bei meiner Lärche. Sie ist fast so alt wie ich. Ich war dabei, als sie mein Vater aus dem Wald holte und in den Garten pflanzte, damals, ungefähr um 1964/65. Niemand darf ihr je etwas antun. Wer das nochmals versucht, will auch mir etwas antun. Dann beiß´ ich!

20110520_ace_maltatal_22 Bei der Anfahrt nach Liezen kam mir die Idee, nicht die gleiche Strecke über den Buchauersattel zu fahren, die ich gekommen war, sondern über den Pyhrnpass und den Hengstpass zurück ins Ennstal. Über den trockenen Pyhrn ließ ich es ganz schon krachen. Es machte trotz der vielen Kilometer, die ich schon abgespult hatte, riesigen Spaß. Der Hengstpass war dreckig, ist aber landschaftlich sehr schön. Mit seinen nicht einmal 1000m Höhe kann er es zahlenmäßig grade noch mit dem Buchauersattel aufnehmen, der etwa gleich hoch ist. Landschaftlich ist er jedoch genau so wild romantisch wie der 800m höhere Sölkpass, im unteren Teil der Ostseite sogar um einiges wilder! Ein schmales Tal, manchmal zu einer richtigen Schlucht mit links und rechts hoch und steil aufragenden Felsen verengt, führt zur Enns nach Altenmarkt hinaus, das es besonders nach starken Regenfällen mit jedem mir bekanntem Pass an Wildheit aufnehmen kann. Rauschend stürzen sich dann Wasserfälle zuhauf über die steilen Wände. Ein Schauspiel sondergleichen, dass es in dieser Form nur hier gibt.

Kaum mehr 50km, dann war ich wieder zu Hause angekommen. Der Anblick meiner wunderschönen Lärche war der krönende Abschluß eine herrlichen Tour durch meine Heimat, die ich so liebe wie meinen Baum, der mich durch den größten Teil meines Lebens begleitete. Gott möge ihn vor seinen Feinden beschützen, vor allem, wenn ich nicht daheim bin. Auf mich passe ich schon selber auf.

11. Mai 2011

2011. 05. 09. – Sölkpass und der Dunlop Sport Smart – Erste Erfahrungen

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 20:43

20110509_schwarzekilo_soelkpass_01 Der Tag begann mit Arbeit. Schrauben, um genau zu sein. Nein, nicht die Schrauben, die technische Dinge zusammen halten. Oder ja, doch. Irgendwie schon.
Ich war gegen 7:00 aufgestanden (um halb sieben hatte ich mich nach der Nachtschicht ins Bett gelegt) und wusste, dass meine neuen Reifen für die schwarze FZR beim Händler auf mich warten. Wegen der güldenen Schrauben bau´ ich bei diesem Motorrad die Räder immer selber aus und wieder ein, damit ja nichts passiert. Kosten ja nicht wenig und sind recht empfindlich. Also aufstehen, Arbeitskleidung anziehen und ab in die Garage. Rasch merkte ich, dass ich nicht ganz bei der Sache war, denn aus einem mir zuerst unerfindlichen Grund schaffte ich es nicht, den Frontheber im Lenkkopfrohr zu fixieren, damit sie sich aufbocken lässt. Nach einigem herumprobieren fiel der Groschen, und die Kilo war hinten und vorne aufgehoben. Wenig später stand ich mit den Rädern beim Händler.

Wenn man die Luft nach der Reifenmontage einfüllen, dann kracht es immer recht laut, und der Reifen springt in seine vorgesehene Position. Beim Befüllen des hinteren Reifens krachte es drei Mal erheblich. Peng, Peng, und nochmals Peng, dann saß der Reifen richtig auf der Felge. Beim dritten Peng schien es momentan so, als sei da etwas von der Felge davongeflogen. Aber was? Was kann den da davonfliegen? „Ach, das war nichts, nur die entweichende Luft  oder Dreck vom Druck durch das Rausspringen des Gummi“. Andi meinte nochmals, „Du, irgend etwas ist davongeflogen!“ “ Das kann nicht sein, denn da ist nichts, was davonfliegen könnte!“, antwortete ich etwas gereizt. Vielleicht hätte ich doch wenigstens zwei Stunden schlafen sollen.

Als ich daheim das Hinterrad montieren will, fehlt mir……
„Verdammter Mist, wo ist den der Distanzring auf der Bremsenseite?“ Ich suche, und suche, finde aber nichts. „Den kann doch keiner geklaut haben, während ich fort war!“ Dann fällt mir ein, dass es so schien, als wäre etwas bei der Montage davongeflogen. Also wieder ins Auto und ab zum Reifenhändler. Andi konnte sich natürlich sofort erinnern, schaute in die Richtung, in der etwas geflogen zu sein schien, und fand in einem blauen Abfallfaß, das genau in der vermuteten Flugrichtung steht? Genau, meine Distanzscheibe! Gottlob war dieses Faß komplett leer, nur die Scheibe lag drinnen! Ich hatte wohl im Halbschlaf vergessen, dass nicht nur links eine Scheibe in der Felge ist, sondern auch rechts, die jedoch durch anhaftendes Fett kleben blieb und erst durch die Erschütterung, als der Reifen in die richtige Position sprang, davon flog. In das Abfallfaß neben der Montiermaschine. Sachen gibts. 20110509_schwarzekilo_soelkpass_02

Als ich fertig war, polierte ich nochmals mit einem Tuch die güldenen Schmuckstücke, dann ins Schlafzimmer gesprintet, die Lederkombi angezogen, den passenden Helm gekrallt, und wieder ab in die Garage. Ich war heiß auf Motorradfahren, heiß, die neuen Reifen auszuprobieren. Wie würden sie sich schlagen? Würden sie meinen Erwartungen gerecht werden?

Ich hatte zuvor den Dunlop QualifierRR montiert, mit dem ich hoch zufrieden war. Haftfähigkeit, Handling, alles fast perfekt. Zumindest so gut, dass ich diesen Reifen ebenso fast blind vertraute wie davor den D208RR. Wie sie im Regen funktionierten, kann ich bei keinem der Beiden sagen. Es regnete fast nie, wenn ich mit diesem Motorrad fuhr, und wenn, dann ließ ich es pomale angehen. Zahlt sich nicht aus, dieses alte Motorrad, mein Lieblingsgerät, im Nassen durch Blödheit zu vernichten. Ist eh fast unglaublich, wie viel Psychologie dahinter steckt, ob man Reifen vertraut oder nicht. Ein komisches, unangenehmes Gefühl genügt, und schon vertraut man den besten Gummis nicht mehr. Ist auch kein Wunder, wenn´s Leben davon abhängen kann.

Da fällt mir in diesem Zusammenhang eine kleine Geschichte ein.
Am Anfang meines Motorradfahrer-Lebens, also mit der Honda CB750Four, fuhr ich auch nur Dunlop. Zuerst den TT100, dann den Red Arrow. Beide erfüllten all meine Wünsche, was Handlichkeit und Haftung anbelangte. Die Kumpels fuhren alles, was sie unter den Hinter bekamen und was günstig zu kaufen war. Nur die Avon fürchtete fast jeder. Sie waren berüchtigt ob ihrer Härte. Damit war nicht der Aufbau gemeint, sondern der Gummi. Hart wie Stein, meinten manche. Nur der Fredi, damals ein furchtbarer Knauserer, aber höllisch schnell, fürchtete sie nicht. Er gehörte auch mit diesen Reifen zu den schnellster der ganzen Truppe. Soviel zur Psychologie im Umgang mit Motorradreifen. Nun wieder zurück zur Gegenwart.

Nach einer längeren Nachdenkphase hatte ich nun einen Nachfolger gefunden, den Dunlop Sport Smart. Auf Testberichte gebe ich ehrlich gesagt rein gar nichts. Die sind für mich kaum mehr als ein Anhaltspunkt, wo sie ungefähr hingehören, in welche Leistungsklasse sie passen könnten. Den Rest entscheide ich nach reinem Bauchgefühl. Irgend etwas, vielleicht die Erfahrungen mit den letzten Dunlop, sagte mir, ich sollte ihn probieren, bevor ich mich anders entscheide. So verschieden zum Vorgänger sollte er doch nicht sein, dass ich ihn nicht mag. Es scheint mir, es war die beste Entscheidung, die ich punkto Motorradreifen je hätte treffen können.

Seltsam, schon bevor ich den Bachlerhof erreichte, bei dem ich gewohnheitsmäßig meinen Frühstückskaffee genoß, wusste ich, wo ich hinfahren würde. Zum Sölkpass. Am Glockner und auf der Nockalm war ich heuer schon, dieser kleine Pass fehlte noch. Ich mag diese Strecke, weil sie landschaftlich so schön ist, besonders gerne. Irgendwie wild romantisch, denke ich mir immer wieder.

Nach den ersten Kilometern hatte ich das Gefühl, irgend etwas stimmt mit dem Motorrad nicht. Es rüttelte so seltsam, als wären die Federelemente starr. Dann fällt mir ein, dass diese Reifen sehr steif gebaut sein sollen, ergo wird es wohl das sein. In Verbindung mit dem steifen Fahrwerk dieser FZR, dass nach 2 Jahren und nur wenigen tausend Kilometern praktisch neuwertig ist, wird sich wohl jede kleine Unebenheit bemerkbar machen. „Na, das kann was werden“, dachte ich mir da, und ich hatte Recht. Aber anders, als ich es mir bis hier her vorstellen konnte.

Praktisch sofort spürte ich Vertrauen, was vielleicht auch daran lag, dass es mich nicht gleich beim ersten Gasgeben fast zerlegt hätte, wie beim Bridgestone BT16Pro, der neu ungemein rutschig war. Es fühlte sich so an, als hätte ich unmittelbare Verbindung zur Fahrbahn. Nichts war da, was den Belag unter mir von meinen Sensoren entkoppelte. Ich fühlte fast, wie sich der Asphalt mit dem Gummi verzahnt. Sowas hatte ich in dieser Intensität bisher noch nicht erlebt.

20110509_schwarzekilo_soelkpass_03 Ohne Angst, der Reifen könnte zu kalt sein oder noch zu rutschig, schmiss ich die Kilo einfach in die schnellen Kurven nach Gaflenz, und war ab diesem Moment nur mehr begeistert. So muß das sein, so muß sich das anfühlen! Die Reifen sprechen zu mir! Und zwar in einer klaren, präzisen Sprache, die ich auf Anhieb verstehe.

Wir hatten eine gemeinsame Sprache, da gab´s nichts zu lernen oder zu deuten, was man sich erst durch Erfahrung mit dem Material erfahren muß, im wahrsten Sinne des Wortes. Präzision beim Einlenken, beim Bremsen, bei der Kurvenfahrt sowie tadelloser Geradeauslauf. Wobei mir beim Geradeausfahren immer der Verdacht aufkam, als wollten sie das nicht wirklich. Diese Reifen sind geil auf Kurven, und wenn momentan keine da sind, dann scheint es so, als würden sie das Motorrad immer zu kleinen Schlangenlinien verführen, damit sie wenigstens ein kleines Bisschen Schräglage abbekämen. Bei diesem Gedanken musste ich lachen.

Es scheint so zu sein, als würde es genügen, an kleine blauen Elefanten zu denken, und schon, schwupps, liegt das Motorrad in Schräglage, ohne dass man etwas dazu beiträgt. Keine Schwerarbeit, aber auch nicht kippelig. Nur der Gedanke an kleine blaue Elefanten genügt. Ach, ihr denkt, ich hab einen Vogel? Dann probiert es einfach aus! Ihr werdet sehen, so oft habt ihr während einer Motorradfahrt noch nie an kleine blaue Elefanten gedacht. Nur Schräglage zählt. Je mehr, desto besser. Alles Andere ist eine Zumutung, auch für diese Reifen. „Zum Geradeaus fahren genügen auch Holzreifen“, würden sie wohl sagen, „da brauchst du nicht uns dazu“.

Mit fortschreitenden Kilometern wurde jedoch meine Irritation immer größer. Irritation aus folgenden Gründen. „Gibt´s den gar nichts, was diese Reifen aus der Ruhe bringt?“, dachte ich mir immer öfters. Unebenheiten? Wenn das Fahrwerk tadellos ist, ist das den Reifen egal. Die kleben bedingungslos. Sie geben Unebenheiten allerdings recht ungefiltert ans Fahrwerk weiter, was bei ausgeleierten Feder-/Dämpfer Elementen oder Lagerstellen problematischer sein dürfte als bei Reifen mit mehr Eigendämpfung. 20110509_schwarzekilo_soelkpass_04

Teerschmierereien, wo Fugen abgedichtet wurden? Welche Teerschmierereien? Ja, sie waren da, aber den Reifen war das egal. Keine Rutscher. Kein einziger! Bremsen in Schräglage? Mach nur, bis der Reifen qualmt. Linienänderungen? Rausbeschleunigen? Anzeigen des Grenzbereiches? Bitte, welcher Grenzbereich? So schnell hab ich mich noch nicht fahren getraut, dass ich einen Grenzbereich bemerkt hätte, und Linien kannst du ändern, wie es das Motorrad oder das Tempo zulässt, den Reifen ist das egal. Rutscher beim Rausbeschleunigen, wie sie beim PiPo der Regelfall sind, gibt´s nicht oder nur bei brutalstem Leistungseinsatz in großer Schräglage. Reinfahren in die Kurven trau ich mich nicht so schnell, dass es diese Reifen beunruhigt hätte, allerdings wurde ich immer übermütiger und immer schneller am Eingang. Hoffentlich erwische ich da nicht einmal blöderweise ein Schäuflein Dreck, dann kracht´s. Aber dann können die Reifen nichts dafür. In der Kaiserau hatte ich sogar das Gefühl, der ständig präsente feine Sand kümmert sie überhaupt nicht. Ich hab ihn dann ebenfalls ignoriert und fuhr, als wäre er nicht da. Ja, ich weiß, da ist ein 70er für Motorräder. Hab ich auch eingehalten. Bestimmt!

Diese Dunlop sind die besten Reifen, die ich je in meinem Leben auf einem Motorrad montiert hatte. Wir verstanden uns auf Anhieb und passen alle drei, die FZR, die Reifen und ich, bestens zusammen. Wir sprechen eine Sprache. Wie bei Top Gun. „Ich spür die Gier nach Tempo in mir“ Wobei dieses Spiel seine Grenzen haben muß, dann wenn wir gemeinsam einmal die Grenzen des Möglichen überschreiten sollten, dann wären die Reifen, das Motorrad und ich wohl kaputt. Den Reifen dürfte das, wie auch sonst alles, egal sein. Mir nicht.

Ach ja, am Sölkpass war ich auch. Hätte ich in meiner Begeisterung fast vergessen.
Schön war´s und oben etwas kühl. Auch Schnee liegt noch. Aber das ist ja nichts neues bei diesem Pass, der fast immer später dem Verkehr freigegeben wird als die Großglockner-Hochalpenstraße. 330km sind zusammengekommen an diesem Tag. Jeden davon hab ich genossen.

Strecke auf Google Maps

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