Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

31. März 2009

2009. 03. 31. – Von der Donau nach Sibirien in weniger als zwei Stunden

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 21:45

20090328_reithbauernkehre28. März 2009: Bis halb zwei Uhr morgens las ich, wieder einmal, wie gebannt und konnte mich nicht entschließen, endlich das Buch beiseite zu legen, das Licht zu löschen und zu schlafen. Wozu auch? Nächsten Tag würde ich Nachtschicht haben, also war es egal. Wenn ich wollte, konnte ich den ganzen nächsten Tag im Bett verbringen, niemand würde sich daran mokieren.

Fast täglich lese ich. Mehrere Tage ohne Lesen sind für mich fast so unvorstellbar wie mehrere Tage nichts Essen. Lesen ist eine Leidenschaft, mindestens genau so stark wie meine Leidenschaft fürs Motorrad fahren. Ganz besonders hat es mir in letzter Zeit Peter Egan mit seinen Geschichten rund ums Motorrad oder um alte Autos, speziell alte englische Autos, angetan. Egan versteht es meisterhaft, den Leser zu unterhalten, auf Themen rund um unsere geliebten Vehikel aufmerksam zu machen oder, mit manchmal bissigen Kommentaren, Ereignisse zu erörtern. Ich liebe seine Schreibe! Eigentlich schade, dass ich alle seine Bücher schon besitze, wenn ich auch noch nicht alle gelesen hab. Gottlob, sonst dürfte ich mich ja nicht mehr auf neue, mir unbekannte Geschichten freuen. Aber leider weiß ich jetzt, dass es nicht noch mehr davon gibt und muß sehnsüchtig warten bis, hoffentlich bald, wieder ein neues Buch erscheint. Gegen halb zwei sank ich, das Buch beiseite legend, aber doch ich in tiefen Schlaf.

Pünktlich um 6 Uhr war ich wieder wach. Nur, wozu das gut sein sollte, das war mir noch nicht klar. Ich würde ja erst um etwa 21 Uhr in die Firma fahren müssen, ergo? Nun, so unsinnig war es vielleicht gar nicht, denn, sehr zu meiner Überraschung, war der Himmel wunderbar blau, die Vögel zwitscherten und die Sonne lachte. Und das um diese Zeit! Vor kurzem war es um sechs Uhr noch stockdunkel! Die letzten Tage hörte man um diese Zeit weniger das zwitschern der Vögel als das scharren der Eiskratzer, wenn die Nachbarn zur Arbeit fuhren. Es war ständig Sau kalt. Kaum stiegen die Temperaturen auf über 0C°, an Motorrad 20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl04fahren war nur ganz selten zu denken, und wenn es gegangen wäre, musste ich meistens zur Arbeit. Nützt ja nichts, auf den Bäumen im Garten wachsen keine Geldscheine und Motorrad fahren kostet nun mal Geld.

Ich mach´s kurz. Es dauerte noch bis 8:15 Uhr, bis ich mich in Schale und auf die FZR1000 schmiss, denn so lange dauerte es, bis sich die Temperaturen in einen angenehmen Bereich bewegten. Zumindest so angenehm, dass ich ohne dicke Handschuhe fahren können würde. Mit der 1000er mag ich das gar nicht leiden, dick bekleidet mit pampigen Handschuhen zu fahren. Aber ich hätte ja noch die XJR. Die kleine RD ist im Moment leider eine Immobilie, nachdem der Motor eingegangen ist und auf seine Reparatur wartet. Wozu ich im Moment überhaupt keine Lust hab´.20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl08

Dies sollte übrigens meine erste richtige Ausfahrt mit der FZR werden, seit ich sie umgebaut, oder besser gesagt, etwas modernisiert hab. Generalüberholung des Fahrwerkes wäre eigentlich der richtige Ausdruck für diese Aktion, aber man kann es durchaus als etwas mehr sehen. Die Arbeiten waren ja doch recht umfangreich. Wenn ich so weiter mache mit der Schreiberei, wird diese Geschichte bestimmt auch mehr als umfangreich, und außer mir wird es niemand mehr lesen wollen, fürchte ich. Also zur Tour und dem Grund, warum ich sie „Von der Donau nach Sibirien in weniger als zwei Stunden“ nenne.

Ich hatte mir in den zweieinhalb Stunden, die ich jetzt wach war, noch keinerlei Gedanken gemacht, wo mich den die Fahrt hinführen sollte. Ich wusste nur, dass ich fahren würde und dass ich die FZR nehmen würde. Im Hinterkopf geisterte immer wieder der Zellerain herum, aber der Blick ins Internet und auf die Wetterseiten des Teletext ließen mich zaudern. Da drinnen, an der Steirisch – Niederösterreichischen Grenze war es noch bitter kalt. Aber im Donautal waren die Temperaturen recht erfreulich, also zog ich der Wachau entgegen.

20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl06Über Amstetten, der Bundesstraße 1 folgend, erreichte ich rasch Melk und bog dort auf die B33 ab, auf die Straße, die neben der Donau durch die malerische Wachau führt. Tatsächlich, genau wie die Wetterfrösche geweissagt hatten, war die Luft hier herrlich warm. Wenn auch in schattigen Abschnitten durchaus mit Nässe zu rechnen war, was mich zu eher vorsichtigen Gangart veranlasste. Ich konnte mir kaum etwas schlimmeres vorstellen, als das neu aufgebaute Motorrad jetzt aus Blödheit zu schrotten.

Immer wieder ertappte ich mich dabei, den Blick gen Süden zu richten, dorthin, wo der Ötscher steht und dahinter sich der Zellerain verbirgt. Seltsam, bis Krems, etwa um die 80km von daheim entfernt, war mir erst ein einziger Motorradfahrer begegnet. Und das an einem so schönen Samstag Morgen. Natürlich, wie könnte es anders sein, saß der auf einer – BMW. Tatsächlich! Es ist scheinbar egal, ob das Wetter schlecht ist oder es ist früh am Morgen, in über 90% solcher Fälle sind es BMW Fahrer, die mir begegnen. Irgendwie muß etwas dran sein an der Mähr, dass BMW Fahrer bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit fahrfreudiger sind als die meisten Fahrer anderer Marken. Vielleicht mit Ausnahme von Fahrern japanischer Motorräder, sonst läge ich ja selber noch im Bett und könnte von diesem Phänomen nicht berichten. Hmmm, irgendwie passt mir da etwas nicht zusammen, aber ich schweife schon wieder ab……….20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl09

Ich genoss bei einigen Pausen den Sonnenschein, die schöne Gegend und den spärlichen Verkehr und hatte bald wieder die Donaubrücke bei Persenbeug erreicht, die ich auch gleich überquerte. Eigentlich hatte ich vor, über Grein wieder heimwärts zu fahren, aber da war noch immer der Zellerain im Hinterkopf. Ein Gedanke, der mich einfach nicht los ließ. Es war gegen halb elf, also sollte es auch da drinnen schon warm sein, dachte ich, und gab Gas.

Recht flott hatte ich Gaming erreicht. Dort war es an der Zeit, den Tank zu füllen, denn die ersten 200km hatte ich da schon – fast – heruntergedreht. Mit vollem Tank ist gut fahren, und so erklomm ich den Grubberg auf seiner kurvenreichen und feuchten Bahn. Bahn war dann auch das Wort des Tages. Bobbahn, um genau zu sein, den ab der Grubberger Höhe tauchte ich in eine andere Welt ein.

20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl10Unglaublich, vorhin war ich noch in grüner Gegend herumgekurvt, jetzt befand ich mich plötzlich in einer tief verschneiten Winterlandschaft, die, das muß ich allerdings betonen, im Sonnenlicht einfach Märchenhaft aussah! Von Kälte keine Spur, das war das Tüpfchen am i dieser Tour. Ich könnte mich jetzt in Schwärmerei verlieren und Ausdrücke gebrauchen, dass sich alte, verblichene Kitschroman- oder Buchautoren im Grabe umdrehen, aber ich lasse das lieber bleiben. Die Landschaft war schon kitschig genug. Aber kitschig schön!

Die steilen Abbrüche des Scheiblingstein, an denen man hier vorbeikommt, sahen aus wie die Schneeschwangeren Hänge der Diamir Flanke am Nanga Parbat(die ich, leider, noch nie in Wirklichkeit gesehen hab), wenn auch etwa 2km niedriger, und immer wieder leuchte der Ötscher in seiner weißen Pracht herüber, als wäre es der Everest höchstpersönlich (den ich auch gerne wirklich, und nicht nur auf Bildern, sehen würde). Oft genug wollte ich anhalten, um zu fotografieren und die Gegend zu bewundern, aber ich getraute mich nicht, zwischen den Schneewänden stehenzubleiben. Hinten nachfahrende Autofahrer hätten mich ja wegen der Schneewände nicht gesehen. Die Gefahr, in die ich mich und sie gebracht hätte, war einfach zu groß. Die Plätze, an denen man im Sommer anhalten kann, die gab es nicht mehr. Alles neben der Straße war Meter hoch mit Schnee bedeckt, wie ihn die Schneepflüge und Schneefräsen angehäuft hatten.20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl101

Neuhaus, die kleine und nur mehr von wenigen Menschen bewohnte, alte Holzfäller Siedlung nahe der Steirischen Grenze, in der schneereichsten Gegend Ostösterreichs gelegen, war direkt unwirklich märchenhaft. Nicht nur vor und nach der Ortschaft türmt sich der Schnee links und rechts der Straße, sogar im Ort selber. Aus manchen Häusern könnten, sofern sie bewohnt wären, die Leute gar nicht heraus, so hoch ist alles verschüttet mit der weißen Pracht, und vom Kirchendach war wohl, wie die halb verschüttete Fahrbahn zeigte, eine gewaltige Dachlawine abgegangen. Schaurig der Gedanke, dass diese Lawine jemand hätte treffen können und einen von einem Augenblick auf den anderen ins Krankenhaus, oder ins Jenseits, befördert.

20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl17 Beim Gasthaus auf der Passhöhe kehrte ich natürlich ein. In Ermangelung von Gartenmöbeln, die ansonsten im Gastgarten stehen – aber jetzt unter einer hohen Schneedecke begraben waren – trank ich den Kaffee im Freien stehend, die Tasse am Pfeiler des Gartgenzaunes abgestellt, und bewunderte die wunderschöne Landschaft. Dann machte ich mich wieder auf, dem Erlaufsee entgegen, der heute wie eine riesige, verschneite Wiese aussah. Er ist zugefroren und Leute wandern am Eis herum.

Nirgends änderte sich das Bild, überall meterhohe Schneewände am Straßenrand. So fuhr ich durch die Bobbahn den Josefsberg hinauf, drüben nach Wienerbruck hinunter und folgte ab Reith der B28 über Puchenstuben nach St.Anton an der Jessnitz. Kaum war ich durch die Steinleiten, einer alten Bergrennstrecke, gefahren, war die Welt neuerlich wie verwandelt. Kein Schnee weit und breit, nur mehr grüne Wiesen. Als wäre man durch ein Wurmloch in eine andere Welt gereist, oder so ähnlich.20090328_fzr_wachau_zellerain_verkl18

Dermaßen extreme Unterschiede kann man hier, eigentlich, nur selten erleben. Entweder ist alles verschneit, wie in den letzten strengen Wintern (die aber schon eine Weile zurückliegen), oder die Wiesen sind schon im Jänner grün, sodaß ich um diese Jahreszeit schon mehrere tausend Kilometer mit den Motorrädern abgespult habe. Aber heuer ist das etwas anders. Gestern beispielsweise, 2 Tage nach dieser Tour, hatte es selbst hier in Amstetten, auf einer lächerlichen Seehöhe von ganzen 275m, wieder geschneit. An Motorradfahren wäre nicht zu denken gewesen. Darum freut es mich umso mehr, dass ich am 28. März um 6 Uhr morgens wach wurde und auf 320km diesen schönen Tag mit meiner FZR1000 genießen konnte.

23. März 2009

Eine Raritaet – Yamaha YZR680 OW69

Das letzte Einhorn

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Ich hab aus den wenigen Informationen, die ich finden konnte, hier versucht, die kurze, aber ruhmreiche Geschichte eines der seltensten und unbekanntesten Yamaha Rennmaschinen der Welt aufzuzeichnen. Statistisch gesehen war es – mit einer Erfolgsquote von 100% – die erfolgreichste Yamaha aller Zeiten. Beide Rennen, in denen sie eingesetzt wurde, hat sie (mit dem gleichen Fahrer) gewonnen! Lange Zeit wusste ich gar nicht, dass dieses Motorrad exisitierte, hatte die Bezeichnung YZR680 OW69 noch nie gehört. Dabei war es der stärkste Renn- 2Takter, der bis 1984 die Hallen Yamahas verlassen hatte. So will ich sie mit dieser Geschichte wie „Das letzte Einhorn“ hier in Erinnerung behalten. yzr680_ow69_2

Kenny Roberts hatte 1982 mit einer Yamaha YZR500 OW60, das ist die mit dem Square Four Motor, an den 200 Meilen von Daytona teilgenommen, hatte die Trainingsbestzeit aufgestellt und war im Rennen, von der großvolumigen TZ750 Graeme Crosbys, dem späteren Sieger, gejagt, mit Kurbelwellenschaden ausgefallen. So lag die Vermutung nahe, dass die 500er einfach zu klein war, um auf so langer Distanz gegen einen richtig dicken Brummer zu bestehen. Selbst wenn es schon so eine alte Konstruktion war wie Crosbys TZ750, aber diese alten Maschinen hielten noch die Fahnen Yamahas hoch. Daraufhin ließ sich das Werk, dessen berühmte YZR750 OW31 zu diesem Zeitpunkt natürlich veraltet war, für das folgende Jahr etwas einfallen. 1983 gab es vom Werk bei den GP-Rennen keine Square Four Motore mehr, aber aus der 500cm³ GP Maschine YZR500 OW60 entstand, extra für Daytona, die YZR680 OW69.

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yzr680_ow69_4Natürlich musste dazu einiges geändert werden. Ein neues Kurbelgehäuse, eine neue Kurbelwelle, andere Zylinder und Köpfe, Kolben und ein völlig neuer Auspuff waren die Folge der Hubraumaufstockung. Ferner war ein größerer Kühler notwendig. Aus 64 x 54mm Bohrung und Hub ergaben sich 695cm³ Hubraum, was eigentlich auf den ersten Blick einen Rückschritt zur TZ700/750A bedeutete. Zumindest, wenn man nur den Hubraum in Betracht zieht. Wenn man das ganze Motorrad und die erzielte Leistung betrachtet, schaut das etwas anders aus. Zuerst brachte man etwa 150Ps ans Hinterrad, in der Folge wurden daraus 175 Pferde, die Kenny Roberts 1983 zum Sieg und Eddie Lawson auf den 2. Platz yzr680_ow69_7_2schoben. Das Fahrwerk beziehungsweise der Rahmen der YZR500 OW60 war weitestgehend unverändert.

Um den Motor, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit das Hinterrad durchdrehte, fahrbarer zu machen, wurde für das darauf folgende Jahr abgerüstet. Selbst während des Trainings wurde noch etwas Leistung zurückgenommen, um das Motorrad leichter manövrierbar zu machen. Laufend beklagten sich Roberts und Lawson über zu viel Leistung. Das Rennen gewann, trotz seines Gegners Freddie Spencer und dessen extrem schnellen und futuristischen Honda NSR500(siehe unten – 1984 Daytona 200), wieder Roberts.

yzr680_ow69_10Bemerkenswert war (und darüber klagte Roberts noch viel mehr, als über zu viel Leistung seines Motorrades), dass zwischen Roberts und den Langsamsten der Geschwindigkeitsunterschied etwa 80 km/h betrug!!! Daytona 1984 wird als das letzte große 200 Meilen Rennen der Geschichte bezeichnet, denn danach wurde das Reglement zugunsten der großvolumigen 4Takt Superbikes geändert. Die großen 2Takt Bodenraketen verschwanden, vielleicht für immer, in den Museen.

Bild links: Roberts in Daytona 1983 – Die YZR680 wird oft fälschlicherweise als TZ750 (klick) bezeichnet beziehungsweise mit dieser verwechselt.

 

Quellen: YAMAHA – ALL FACTORY AND PRODUCTION ROAD RACING TWO STROKES FROM 1955 TO 1993 ISBN: 978-1-85223-920-6 – Quelle Bilder Nr.: 1,2Quelle Bilder Nr.: 3-5Quelle Bilder Nr.: 6-9Quelle Bild Nr.: 10Film zur YZF680 OW69 – Weitere Infos: 1984 Daytona 200

22. März 2009

Ausfahrt mit der RD400 – Heimfahrt mit dem Pannenwagen

Filed under: Geschichten um´s Motorradfahren — Benzin @ 17:50

Was man mit einem Motorrad so alles erleben kann, wenn man Pech hat.

20090322_panne_rd01Unverhofft kommt oft, sagt man. Heute war es zum Beispiel unverhofft schön. Die letzten Tage schneite es wie zu Weihnachten und es war so kalt, dass man keinen Hund aus dem Haus gejagt hätte. Heute Vormittag verzogen sich überraschend die Wolken und wunderbar blauer Himmel bedeckte das Mostviertel. Ungläubig wartete ich bis gegen 10:30 Uhr, nur sicherheitshalber, den ich dachte, die nächsten dunklen Wolken wären bestimmt schon hinter´m Sonntagberg im Anmarsch. Aber nein, es wurde immer schöner. Kurz im Freien die Lage bepeilt und wieder zurück, um mich für eine gemütliche Tour mit der kleinen RD400 vorzubereiten.

Es war trotz des Sonnenschein sehr kalt, aber nichts desto Trotz würde ich eine Runde fahren. Ich hatte das Herumsitzen einfach satt. Sicher hätte ich noch die eine oder andere Kleinigkeit an der FZR machen können, oder irgend etwas anderes sinnvolles. Aber genau genommen hab ich jetzt frei und mit der RD zu fahren ist ja was sinnvolles. Oder etwa nicht? Bilder links und rechts: Am Sonntagberg

Zuerst führte mich der Wind einige Kilometer nach Süden, bis Rosenau, wo ich der Straße rauf auf den 20090322_panne_rd02 Sonntagberg folgte. Ab etwa 400m Seehöhe wird es bitter kalt und Schnee liegt auf den Wiesen. Wenn man Pech hat, auch auf der Straße. Eine der Kehren war total verweht, aber an der Innenseite konnte ich mich gerade noch am Asphalt durchzwängen, ohne auf´s Eis, der sich unter der Schneewehe befand, ausweichen zu müssen. Weiter, zügig die Gänge ausdrehend, knatterte ich der Walfahrtskirche entgegen. Herrlich, der Ausblick nach Norden ins Waldviertel und nach Süden in die Steiermark, so wie man überhaupt in jede Himmelsrichtung einen schönen, weiten Ausblick genießen konnte.

Nach einer Pause und einer Rundschau ging die Fahrt wieder runter und über Amstetten, der B1 folgend, bis Kemmelbach und Ybbs an der Donau. An der nördlichen Seite der Donau befindet sich, gleich nach der Überfahrt über das Kraftwerk, in Richtung Grein gelegen, ein Parkplatz, auf dem ich nochmals zu einer kleinen Rast hielt, ein Zigarretchen paffte und beschwingt die Fahrt fortsetzte.

Zwischen Persenbeug und Grein bilden die nahe an der Donau liegenden Hügel einen richtigen engen Schlauch, durch den meist recht kräftig der Wind pfeift. So auch heute. Weder den 6. noch den 5. Gang wollte die Kleine richtig ziehen, so kräftig blies uns der Wind entgegen. So schaltete ich in den 4. Gang zurück und hielt das Motorrädchen nahe der 100km/h Marke. Eilig hatte ich es nicht und recht lustig war die Fahrt durch diesen Windkanal auch nicht. Ich fuhr gerade so vor mich dahin, näherte mich einem großen Holz Lagerplatz, da ändert sich das Motorengeräusch meiner kleinen Yamaha dramatisch! Sofort spitzte ich die Ohren und zog gleichzeitig die Kupplung. Wie im Fluge war der Leerlauf im Getriebe, dann verstummte der Motor mit einem letzten, polterndem Geräusch. Langsam ließ ich das Motorrad am Parkplatz, der sich neben dem Lagerplatz befindet, ausrollen.

20090322_panne_rd03 „Seltsam, was war den das?“, durchfuhr es mich. Äusserlich war nichts zu erkennen. Weder war ein Auspuffkrümmer locker geworden, noch schaute ein Kolben ins Freie. Nichts war zu sehen. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass dies ein gröberer Schaden wäre, denn es hatte sich gar nicht gesund angehört, bevor ich sie abstellte. Beziehungsweise, bevor sie von selber ausging. Trotzig versuchte ich, mit dem Kickstarter wieder Leben ins Motörchen zu hauchen, aber sofort war mir klar, ohne fremde Hilfe komme ich heute nicht mehr nach Hause. Der Motor steckt! Irgend etwas klemmt da drinnen. Mit etwas herumruckeln ließ sich der Kickstarter noch ein Stück bewegen, dann war Ende im Gelände. Nichts rührt sich mehr.

Gut, dachte ich, jetzt rufst du den ÖAMTC an und lässt dich gemütlich mit dem Abschleppwagen heimwärts karren. Was bleibt mir anderes übrig. Also den Notruf betätigt und mein Sprüchlein aufgesagt. „Ich bin mit einem 33 Jahre alten Motorrad am nördlichen Ufer der Donau zwischen Persenbeug und Grein liegengeblieben, der Motor steckt. HIIILFEEEEEEE“. Oder so ähnlich.

Die Dame war recht freundlich, wollte aber Dinge von mir wissen, die mich im Moment überhaupt nicht interessierten. Meinen Namen beispielsweise und wo ich überhaupt genau stehe. Rasch hatten wir diese unsinnigen Formalitäten erledigt, dann sagte sie mir Hilfe innerhalb der nächsten 90min zu. Ich dankte und tat das einzige, was ich nun tun konnte. Ich wartete. 20090322_panne_rd04

Die Zeit verging wie im Fluge, denn ich beschäftigte mich damit, herauszubekommen, was ich alles abmontieren würde, damit ich den Motor aus dem Rahmen ausbauen kann. Wenig erbaut war ich beim Blick in die Zigarettenschachtel. Nur mehr 4 Stängel. Ich würde haushalten müssen, den 1 1/2 Stunden können sich ziehen. Aber die zugesagte Hilfe konnte ja auch wesentlich früher auftauchen als vorausgesagt. Zuerst schaute ich noch jedem größeren Auto erwartungsvoll entgegen, aber langsam wendete ich mich interessanteren Tätigkeiten zu. Der riesige Holzhaufen neben mir war zum Beispiel sehr interessant. Ich fand einen dicken, in der Sonne liegenden Stamm, auf den ich mich legte und der Phantasie freien Lauf ließ.

20090322_panne_rd16 War ich in einer schlimmen Lage? Nein, sicher nicht. Der Pannendienst würde kommen, mein Motorrad aufladen und mich nach Hause bringen. Es gab schlimmeres. Aber was? Nun, mir hätte ja auch passieren können, dass ich hier einen Motorschaden hab, aber auch gleichzeitig Durchfall, nur so als Beispiel. Was dann? Ich hatte ja kein Klopapier mit. Das wäre wirklich schlimm. Oder den Motorschaden mit Durchfall, und es beginnt, in Strömen zu regnen! Das wäre noch viel schlimmer! Obwohl da vielleicht das fehlende Klopapier nicht so eine große Rolle spielen würde. Ich konnte mich nicht entscheiden, was schlimmer wäre. Durchfall mit, oder ohne Regen.

So verbrachte ich die folgenden Stunden damit, mich mit so wichtigen Fragen zu beschäftigen. Genau wusste ich nicht, wie spät es war, denn ich hatte ja keine Uhr mit. Aber plötzlich fiel mir ein, auf dem Telefon befindet sich eine Uhr, da könnte ich nachsehen. Als ich hier stehen blieb, hatte ich auch daheim angerufen und so nebenbei gefragt, wie spät es den sei. Da war es 5min vor 13 Uhr. Also müsste es jetzt, grob geschätzt, um die 15 Uhr oder etwas später sein. Ergo, so folgerte ich, hatte der Pannendienst heute eine ganze Menge zu tun und es würde bestimmt noch weitere Stunden dauern.

Der Blick auf die Uhr ließ mich stutzig werden. Wenn mich das verflixte Ding nicht anlog, waren erst 35min seit der Panne vergangen! Du meine Güte. 20090322_panne_rd11 Dann sitze ich also noch mindestens eine Woche hier fest, bis die restliche Stunde bis zum Eintreffen des Pannenfahrers vergangen ist. Das kann ja heiter werden. Auf dem dicken Baumstamm, den ich mir schon zum Bau eines Einbaumes ausgesucht hatte – damit ich mitsamt dem Motorrad wenigstens die drei oder vier Kilometer nach Persenbeug stromabwärts gelangen könnte – legte ich mich nun wieder in die Sonne und übte mich im Meditieren, denn ohne Taschenmesser wurde aus der Idee mit dem Einbaum nichts. Ich hab nie ein Taschenmesser mit, wenn ich mit dem Motorrad fahre. Das wird sich in Zukunft ändern, aus Fehlern soll man schließlich lernen.

20090322_panne_rd12 Angst vor Kälte brauchte ich nicht zu haben, denn im Notfall würde mich der Holzhaufen hier mindestens eine Woche, wenn nicht gar ein ganze Jahr vor dem Erfrieren schützen. Wie das in der Praxis, im Notfall, wirklich aussehen würde, das wusste ich aber nicht so genau, denn es konnte durchaus sein, dass, durch ungünstige Winde, der ganze Haufen auf einmal abbrennt. Dann wäre mir anschließend, nachdem die Feuerwehren abgezogen sind, wieder kalt.

Plötzlich wurde ich aus meinen abenteuerlichen Planungen für den Kampf ums Überleben gerissen, den das Telefon läutete. Der Pannenfahrer war am Rohr und ließ mich wissen, er wäre in 5 – 10min bei mir. Gottlob, ich war gerettet! Hoch erfreut empfing ich ihn in meiner kleinen, bescheidenen Klause, wir luden das Motorrad auf und los gings, der Autobahn und dann der rettenden Heimat entgegen. Ich hatte es geschafft und war wieder in der 20090322_panne_rd13 Zivilisation.

Jetzt brauche ich nur mehr den Motor zu zerlegen und nachsehen, was die Ursache für den Schaden ist. Dann ziehe ich, wir haben eh eine Wirtschaftskrise, die geplanten Investitionen für den nächsten Winter eben vor, mach den Motor gleich neu, mit Lagern und neuen Kolben usw, und hab, falls das Wetter weiterhin so schlecht bleibt, gleich eine schöne Beschäftigung. So hat sich mir jetzt bestätigt, was andere schon lange vorausgesagt hatten. Mit 3 Motorrädern wird einem nie langweilig, denn eines ist fast immer kaputt.

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