Benzins Motorradseiten Erlebnisse mit dem Motorrad

30. Mai 2017

Moto Guzzi V7 III Racer – Wie ich zu einer Guzzi kam

Filed under: Benzins Motorräder - Freud und Leid — Benzin @ 17:53

Am 27. Jänner 2017 unterschrieb ich den Kaufvertrag für eine Moto Guzzi V7 III Racer. Am 2. Februar war ich mit einem Freund bei der “Bike Austria 2017” in Tulln. Dort hab ich dieses Motorrad zum ersten Mal live gesehen. Vorher kannte ich es nur aus Prospekten oder von Fotos aus dem Internet. Am Morgen des 11. Mai wurde sie zum Händler geliefert. Er rief mich an, ich fuhr hin, hab die Guzzi bezahlt, die Papiere mitgenommen, sie noch am selben Tag angemeldet und am nächsten Vormittag bei Regen abgeholt. Natürlich stand sie nicht am Anhänger. Ich bin mit ihr Heim gefahren. Und weil sie schon dreckig war, fuhr ich gleich noch eine hübsche Runde. Als ich sie am Abend in die Garage stellte, waren rund 130km am Tacho. Also ich sie gestern, 17 Tage später, nach einer schönen Rundfahrt wieder in die Garage stellte, zeigte der Tacho 1685km. Jetzt bin ich in der blöden Situation, dass ich ein hübsches Motorrad in der Garage stehen hab, mit dem ich gerne fahren würde, das Wetter ist schön, aber bei 1500km ist das erste Service fällig. “1700 oder 1800km sind schon in Ordnung, das macht nichts”, meinte der Händler gestern am Telefon, als ich sicherheitshalber anrief. Es geht nicht darum, ob sie das aushält. Was sollen ihr ein paar hundert Kilometer mehr oder weniger schon ausmachen? Es geht hier mehr um die rechtliche Seite bei einem Garantiefall. Was, wenn bei 3000km ein Schaden eintritt? Hält man mir dann das Service-Heft unter die Nase mit dem Hinweis, “Da steht es schwarz auf weiß, sie sind erst bei 1800km zum ersten Service gekommen, wir sind damit nicht mehr an die Garantie gebunden!” Wer weiß das schon in der heutigen Zeit. Aber ich glaub, dazu wird’s nicht kommen. Ich hab das Gefühl, diese Guzzi ist ein gutes Motorrad. Da passiert nix.

Wieso kauft jemand ein Motorrad, dass er vor der Vertragsunterzeichnung noch gar nicht gesehen hat? Und wieso kauft sich ein alter, passionierter Reiskocher-Fahrer, der mit zwei Ausnahmen noch nie in seinem Leben etwas unter vier Zylinder und 100Ps gefahren ist, plötzlich eine Moto Guzzi mit zwei Zylinder und 52 Pferdchen? Das ist ein bissl kurios, muss ich gestehen, denn eigentlich wollte ich eine Suzuki kaufen. Na, genau genommen wollte ich gar kein Motorrad kaufen. Das war so:

Im Herbst fragte mich ein Kollege in der Firma, welches Auto ich mir kaufe, wenn ich im Frühjahr in Pension gehe. “Wieso sollte ich mir ein Auto kaufen?” war meine Antwort. Ich hab eh zwei, den C4 hab ich erst vor einem Jahr gekauft. “Na, weil sich fast alle, die in Pension gehen, ein neues Auto kaufen”. “Dann fall ich unter fast”, antwortete ich, “weil ich kauf mir keines”. “Der kauft sich kein Auto, der kauft sich ein Motorrad” meinte ein anderer, der zufällig daneben stand. “Ja, genau! Ein Motorrad wollte ich schon immer haben!” Mehr fiel mir dazu nicht ein. Ich hatte ja erst fünf Motorräder in der Garage stehen. Das weiß aber nicht jeder. Diese kurze Unterhaltung war aber die Saat, aus der schlussendlich die Moto Guzzi hervor ging. Das konnte ich zu diesem Zeitpunkt aber wirklich noch nicht ahnen. Ich hätte wirklich keinen Grund gewusst, wieso ich mir ein Motorrad kaufen sollte.

An einem der nächsten Tage saß ich daheim gemütlich im Sessel und überlegte. “Angenommen, aber wirklich nur einmal so zum Spaß angenommen, du würdest dir jetzt ein neues Motorrad kaufen. Was würdest du dir kaufen?” Yamaha R1? Honda Fireblade? In der HRC Lackierung ist die schon eine Wucht. ZX10R in grün? Kilo Gixxer in blau/weiß? Der geneigte Leser sieht schon, Motorräder mit zwei Zylinder und 52Ps kamen in meiner bescheidenen Welt nicht einmal ansatzweise vor. Andererseits lebe ich seit ungefähr Oktober 2004 in einem, motorradfahrerisch gesehen, gewissen Konflikt mit mir selber. Damals hatte ich die XJR gekauft, die mein motorradfahrendes Leben ziemlich veränderte. Ich war zwar vereinzelt sowas wie Touren gefahren. Mehr oder weniger leidend. Aber das war nicht meine Welt. Die XJR lehrte mich, dass es neben Kurvenradien, Körnung des Asphalt, Bremspunkt und Fahrzeugkontrolle auch noch andere Dinge im Leben eines Motorradfahrers geben kann, die es Wert sind, erlebt zu werden. Zum Beispiel die Burg am Hügel, die ich vorher noch nie gesehen hatte, obwohl ich hundert Mal dran vorbei fuhr. Oder die kleinen, verwinkelten Wege des Wald- und Mühlviertels. Oder die Berge der Schweiz und Italiens. Im Grunde war ich immer noch ein Heizer, aber die XJR hat ihre Spuren hinterlassen. Ich war auf mehr neugierig geworden.

Die Hirnhautentzündung, die ich 2014 überstand, hat ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Nicht unbedingt körperlich. Ich denke seitdem aber etwas anders als vorher. Mir ist meine Gesundheit und meine körperliche Unversehrtheit seitdem wesentlich mehr Wert als vorher. Ich hab erlebt, wie es ist,wenn man nicht mehr gehen, ja sogar nicht mehr reden kann und hilflos ist. “Wann passiert dir der entscheidende Fehler, der dir die Gesundheit oder das Leben kostet?” hab ich mich manchmal gefragt. Menschen sind fehlbar. “Wenn ich mir wieder so einen Eimer mit 1000cm³ zulege, kann ich damit wieder nur schnell fahren. Will ich das?” “Hast du gesehen, wie schnell alles vorbei sein kann?” fragte das Engelchen in mir. “Scheiß drauf. Du lebst nur einmal!” sagte das Teufelchen. Das Teufelchen sagte auch “willst du wirklich ein Motorrad, dass so viel Elektronik an Bord hat, dass du selber nicht mehr viel beeinflussen kannst?” Diese Kisten haben zwar mörderisch viele Ps, aber auch mörderisch viel Elektronik. Traktionskontrolle, Anti Blockier System und blablabla nach dem Motto, die Elektronik wird’s schon richten. Oder auch nicht, denk ich mir immer dabei. “Vergiss den Kram!” sagte das Teufelchen. “Es gibt ein Fahrzeug, dass das alles nicht hat. Die Suzuki GSXR750R. Einhundertundfünfzig Pferde aus siebenhundertfünfzig Kubikzentimeter, keine Traktionskontrolle. Kein ABS. Mach einen Fehler und du tust dir weh. Du kannst sowas fahren! Das ist geil!” Das waren so meine Gedanken. Oder die des Teufelchens?

Man sieht den Zweispalt, in dem ich lebte? Einerseits die Erfahrung, was Leben und Gesundheit Wert sind, andererseits “Scheiß Elektronik! Wer braucht den Dreck? Auf die Dauer zählt nur Power!” Es ist reizvoller, ohne diese Helferlein zu fahren. “Du, der Fahrer, du bist der Chef. Was du willst, passiert!”  Der Dreiviertelliter-Gixxer, das war’s, was ich haben wollte. Und dann hab ich mir die Moto Guzzi V7 III Racer gekauft. Mit zwei Zylinder, 52Ps, ABS und Traktionskontrolle!

Ich hatte damals das Gefühl, ich hätte mit Suzuki noch eine Rechnung offen. Im Herbst 1989 hatte ich einen Vertrag für eine neue, blau/weiße Suzuki GSXR1100R unterschrieben und meine Kawasaki in Zahlung gegeben. Wie sich aber im Frühling herausstellte, verkaufte sich dieses Modell wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Im Mai waren alle weg. Verkauft an Stammkunden und andere. Meine Kawa war auch weg. Verkauft. Ich hatte kein Motorrad. Das machte mich böse, und der Händler wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als mir eine neue Yamaha FZR1000 Exup als Ersatz anzubieten. Seit 1990 fuhr ich jetzt ausschließlich Motorräder von Yamaha. Fünf stehen in meiner Garage. Ein Suzuki Händler hatte mich zum Yamaha Fahrer gemacht. 28 Jahre später war ich wieder zu einem Suzuki Händler unterwegs, um eine blau/weiße Suzuki zu kaufen. Was passierte, ist kaum zu glauben.

Wie sich heraus stellte, war der örtliche Suzuki Händler nur mehr Servicepartner, aber kein Händler mehr. Das war mir im Winter nicht aufgefallen. Gottlob ist er auch noch Servicepartner von Yamaha, so kann ich wenigstens mit meinen Motorrädern zum Service fahren oder Ersatzteile kaufen. Neue Yamaha gibt’s dort ebenfalls nicht mehr. Der große Suzuki Händler in St.Pölten hatte keine Suzuki stehen und wollte mir eine Aprilia andrehen. “Die 750er gibt’s nicht mehr, weil die die Euro5 Norm nicht mehr erfüllen kann, wann die neue Kilo-Gixxer kommt und was die kosten wird, weiß ich nicht und die 600er, die du meinst, die gibt’s schon seit Jahren nicht mehr” klärte mich der Verkäufer auf. “Aha”, meinte ich, “und wieso werden die dann auf eurer Webseite (mit Preis!) angepriesen?” “Das muss aber schon lange her sein” meinte der Verkäufer. Ich schaute auf die Uhr. “Lang ist relativ. Vor zwei Stunden waren sie noch auf eurer Internetseite” meinte ich. “Wird wohl so ein Lockangebot sein, wie das heute der Brauch ist. Wenn einer kommt, wird der Depp dann schon irgendwas kaufen!” Der Verkäufer meinte, “der Brunner ist leider nicht da, der hat Urlaub. Der kennt sich bei Suzuki aus”. “Ja, wenn der Brunner nicht da ist, kann man nichts machen” meinte ich und ging wieder. Ich konnte auch nichts dafür, dass der Brunner nicht da war, und so nebenbei hatte mir diese Herumeierei die Lust auf Suzuki verdorben. Wer ist den zuständig, wenn was kaputt wird am Motorrad und der Brunner ist nicht da? Ohne mich.

“Was mach ich jetzt?” fragte ich mich bei der Heimfahrt. “Suzuki kannst du vergessen. Da weiß die Linke nicht, was die Rechte tut”. Als ich auf der Autobahn bei der Abfahrt Ybbs/Kemmelbach vorbei fuhr, kam mir eine Idee. “Was soll der ganze Scheiß?” fragte ich mich. “Wieso nicht ganz was anderes? Wieso muß es immer so ein Heizbock sein? Es gibt so viele Motorräder, die dir gefallen, wieso nicht ganz was anderes?” Das ist ein Problem. Mir gefallen in der Tat viele Motorräder. Mir gefallen auch Harley oder Goldwing. Zwischen gefallen und kaufen wollen ist aber ein großer Unterschied. “Wie wäre es mit einer Triumph?” fragte ich mich. Nein, keine Tiger. Keine 675 Daytona. Letztere würde mir sogar sehr gut gefallen. Vor allem in blau! Das wäre aber wieder ein Heizbock. Nein, ich dachte da an etwas anderes. Aber an ganz was anderes! Ich dachte dabei an eine Triumph Bonneville T100 oder T120 oder an eine Thruxton. Retro-Bikes. Caferacer. Oldtimer mit zuverlässiger, moderner Technik und Garantie. Kein Problem mit Ersatzteilen. “Wieso nicht? Das wäre einmal ganz was anderes”. Einmal hatte ich sogar an eine Royal Enfield gedacht, hab’s aber wieder verworfen.

Nach dem Wochenende war ich wieder bei dieser Autobahnabfahrt und gleich darauf beim Triumph Händler daneben. Hund an die Leine, rein ins Geschäft, und da standen sie, die Triumph. Tiger, Bonnie, Thruxton, alles war da. Die Tiger kam nicht in Frage, aber die anderen? Ich stand dort, schaute sie an, aber die redeten nicht mit mir. Ich meine nicht die Verkäufer, sondern die Motorräder. “Kann ich helfen?” fragte ein Verkäufer. Der Herr Franz, bei dem ich vor Jahren die XJR gekauft hatte, war im Urlaub. Ich wolle aber eh nur einmal Kontakt mit diesen Triumph aufnehmen. Schnuppern, wie das ist. “Na ja, ich weiß nicht”, antwortete ich. “Ich ziehe in Erwägung, so ein Motorrad zu kaufen, aber ehrlich gesagt hab ich irgendwie ein wenig Angst davor”. “Angst vor den Motorrädern? Oder vom Fahren? Sind sie noch nie Motorrad gefahren?” frug der Verkäufer. “Na ja, das nicht direkt” meinte ich, “aber wenn das so fährt, wie es ausschaut?” Er wusste offenbar nicht, was ich meinte, und ich selber wusste auch nicht so genau, was ich da seltsames spürte. Ich dachte nur, wenn das so fährt, wie es ausschaut, dann muss das komisch sein. Irgendwie waren diese Bonnie und Thruxton für mich weder Fisch noch Fleisch. Und vor allem redeten die nix mit mir. Ich spürte das Gefühl nicht, dass ich das haben will. Da war nichts zwischen uns. Die Motorräder standen da, ich stand da, aber da war nichts. Kein Gefühl. Und während ich so mit dem Verkäufer herum redete, direkt ein wenig verlegen war ich, fiel mir ein, was mich ganz besonders störte. Triumph sind englische Motorräder. Früher aus Coventry oder Meriden, heute aus Hinckley. Diese da, diese Bonnie und Thruxton, die werden heute aber nicht in England, sondern in Thailand gebaut. Ein englisches Motorrad aus Thailand? Da wird von mir aber ein bissl viel Globalisierung verlangt.

Das hat nichts mit Fremden- oder Ausländerfeindlichkeit zu tun oder mit Feindseligkeit gegenüber einem anderen Land. Das hat mit einem Gefühl zu tun. Ich wolle mir keine Triumph kaufen, weil ich ein Motorrad haben wollte oder gar brauchte. Ich hab Motorräder. Meine sind Motorräder aus Japan. Ich hab auch ein Auto aus Frankreich, eines aus Bayern, Uhren aus Amerika, aus der Schweiz, aus der UdSSR, aus China und aus Frankreich, ich esse Schweizer Käse und Bananen, die bestimmt nicht aus Österreich sind und hab ausländische Freunde. Ich schätze Messer aus Solingen, Porzellan aus Meissen, Ferrari aus Maranello und hab auch den einen oder anderen Mezcal getrunken. Mit Wurm. Mit all dem hab ich keine Probleme. Mit einer Triumph aus Thailand schon. Die Thais können da nichts dafür. Das sind ganz liebe Leute. Es fühlt sich falsch an, das ist alles. Wer würde einen Ferrari aus Katowice kaufen? Ferrari und Italien gehören, für mich zumindest, zusammen wie Triumph und England.

Mit einer Honda, Kawasaki, Suzuki oder Yamaha (in alphabetischer Reihenfolge) kauft man keinen Mythos. Ich zumindest nicht. Wenn ich eine Blade, ZX10R, Gixxer oder R1/6 kaufen will, will ich ein geiles, schnelles, gutes und zuverlässiges Eisen haben. Das sind sie alle. Zumindest meistens. Ob die Kiste in Japan, in Italien oder in Spanien gebaut wird, ist mir wurscht! Ich glaub, den meisten geht es so. Was andere kaufen, wenn sie eine Triumph kaufen, weiß ich nicht. Wenn ICH eine Triumph kaufen will, vor allem eine Bonnie oder Thruxton, dann will ich ganz bewusst ein englisches Motorrad kaufen. Das ist das Problem. Vielleicht seh ich das anders, weil ich jetzt 57 bin und die Geschichte der englischen Werke kenne. Von diesen englischen Motorrädern haben die Alten geträumt. Wobei mir bewusst ist, dass Triumph aus Coventry/Meriden und Triumph aus Hinckley zwei grundverschiedene Firmen sind, die nichts miteinander zu tun haben. Aber das ist alles England. Es sind englische Motorräder. Die Geschichte der englischen Motorräder kann weiter gehen. Aber nicht mit der Bonnie und nicht mit der Thruxton. Nicht für mich. Thailand liegt nicht in England. Thailand war nicht einmal eine Kolonie. Die Bonnie und die Thruxton sind keine englischen Motorräder, ganz egal, was man mir erzählen will. Und dann ist mir ein kurzes Gespräch eingefallen, dass ich vor ein paar Jahren bei der Motorradaustellung in Linz mit einem Händler führte. Es war ein Moto Guzzi Händler.

“Moto Guzzi”, ging es mir durch den Kopf. Was fiel mir zu Moto Guzzi alles ein? Als allererstes die 750er Sport aus den 70er Jahren mit dem grünlich/gelben Tank. Die erste, kleine Serie hatte einen roten Rahmen, las ich. Die Le Mans Serie fiel mir auch ein, und natürlich, die California. Sogar in Filmen kommt die California vor. Alleine beim nennen des Namen “Moto Guzzi” höre ich das poltern, wie ich es als Jungspund beim Starten einer Guzzi hörte. Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Mächtig kamen mir diese Motorräder vor und mächtig ihre Motore. Komischerweise haben sie mich aber nie zum Kauf gereizt. Genau so wenig wie Laverda oder andere. “Jetzt, mit 57, jetzt könnte ich mir eine Guzzi kaufen”, dachte ich mir. Wieso nicht? Was spricht dagegen? “Moto Guzzi” und “Made in Mandello del Lario” steht drauf. Einmal ehrlich, das klingt doch genau so gut wie “Ferrari aus Maranello” und sogar besser als “Ducati aus Borgo Panigale”, weil das holpert ein wenig. Ich fand gar nicht weit weg von mir in Oberösterreich einen Händler mit einem urigen Laden. Er erinnerte mich an die Zeiten beim Schwandl in Amstetten Ende der 70er Jahre. Einfach gemütlich und voll mit Motorrädern und allem, was dazu gehört. Kein Glaspalast, nur gemütlich. Dann überlegte ich eine Woche herum, welches Modell ich nehmen sollte, und nach reiflichen und etwas (ziemlich!) aufgeregten Tagen, ich war immerhin im Begriff, ein Motorrad aus Italien zu kaufen, hab ich die neue Moto Guzzi V7 III Racer gekauft. Einfach so. Weil sie mir am besten gefallen hat. Ohne sie vorher in Original zu sehen. Ohne je eine Moto Guzzi gefahren zu haben. Ich bin ohne jegliche Vorurteile an sie heran gegangen und ließ mich überraschen. Es ist eine ganz andere Welt als die, die ich kannte, aber ich hab es nicht bereut. Irgendwie war ich reif für sowas. Und wer weiß, wie lange ich noch Motorrad fahren kann?

Wie sich diese Moto Guzzi fährt, wird eine andere Geschichte.
Wünsche noch einen schönen Tag……………………….

Und hier findet man noch etwas über meine Guzzi:
Moto Guzzi V7 III Racer – Die ersten Tage mit der Neuen

15. Mai 2017

Moto Guzzi V7 III Racer – Die ersten Tage mit der Neuen

“Ist das eine Moto Guzzi?” fragte mich der Wirt in Maria Taferl, als er mir heute so um die Mittagszeit herum den Kaffee in den Gastgarten brachte. Es war ein kleiner Gastgarten, gleich vor der Eingangstür zum Gasthaus, und praktisch daneben, und damit genau vor mir, stand mein Motorrad. “Ja, klar. Das ist eine Moto Guzzi”, antwortete ich. Steht ja eh drauf, dachte ich mir. “Schön”, meinte der Wirt. “Wieviel Kubik hat die?” “Siebenhundertfünfzig”. “Aha”. Er blieb noch eine Weile stehen, dann frage er “kann ich den Zucker wieder mitnehmen? Kann ja gleich wieder zu regnen anfangen”. “Das kann durchaus passieren”, meinte ich, “heute weiß man das nicht so genau”. Seit Freitag weiß man das nie so genau.

Bevor ich von daheim weg fuhr, hatte es schon geregnet. Ich war etwas nach sechs Uhr mit dem Hund spazieren gegangen, und grade als wir wieder daheim waren, begann es zu regnen. “Macht nix”, dachte ich mir, “hab eh noch einiges zu tun”. So fuhr ich gegen halb neun zum Bachlerhof einen Kaffee trinken, dann noch Hundefutter kaufen, und dann fuhren wir, Eddie und ich, wieder heim und ich ging mich umziehen. Es war inzwischen wieder überall trocken geworden. “Jetzt kann eine kleine Runde mit der Guzzi nicht schaden, bevor es wieder zu regnen beginnt”, dachte ich. Ich schob das Motorrad aus der Garage, setzte den Helm auf, und während ich die Handschuhe anzog, ließ ich sie etwas warm laufen. Dieses Motorrad zu starten, das hat Charme.

Du steckst den Zündschlüssel ins Zündschloß, drehst auf ON, dann setzt du dir den Helm auf. Wenn der Helm am Schädel ist, ist auch die Guzzi mit dem elektronischen Systemcheck fertig, und du drückst den Startknopf. Brummm, erwacht sie bollernd und mit einem leichten Rechtskick zum Leben. Diesen Systemcheck macht die XJR auch, dieses Bollern beim Starten, aber vor allem diesen Rechtskick am Seitenständer, das kann nur die Guzzi. Während ich mir die Handschuhe anziehe, stell ich mich dann meistens gerne nach hinten und hör mir das Bollern aus den Auspuffrohren an. Es ist nicht laut, und ich weiß auch nicht, ob das wirklich ein Bollern, oder eher ein Rumpeln ist, mit dem sie zum Leben erwacht, aber es klingt ganz anders, als wenn man einen Vierzylinder startet.

Ich fuhr zur Autobahn hoch, dann bog ich Richtung Grein an der Donau ab und überlegte, wohin ich kurz fahren könnte. Irgendwie schaute es überall nach Regen aus. Irgendwie aber auch wieder nicht. Die Straßen waren trocken, drum fuhr ich nach Grein, trank dort im “Schinakl” am Hafen einen Kaffee und bog kurz hinter Grein in die kurvenreiche Strecke nach Diembach und ins Waldviertel ab. An und für sich bin ich nicht regenscheu. Es ist aber eine Sache, mit einem altbewehrtem Motorrad im Regen zu fahren, oder mit einem mehr oder weniger funkelnagelneuem Motorrad. Es wäre nicht das Wasser, was mich stört. Es wäre der Dreck, der damit verbunden ist. Obwohl, der dürfte mich jetzt eigentlich gar nicht mehr ärgern, denn am Freitag, als ich die Guzzi vom Händler holte, hatte es geregnet. Mann, da war ich wirklich ein wenig sauer. Nach 70km war das schöne, neue Motorrad so dreckig wie ein Traktor nach dem Ackern, und weil die Guzzi schon so dreckig war, und ich natürlich auch, hab ich sie nur kurz daheim hergezeigt und drehte anschließend gleich noch eine kleine Runde. So kamen am ersten Tag 130km zusammen. Wie sagte ich zum Händler, als ich sie abholte? “Natürlich bin ich etwas angefressen, dass es ausgerechnet heute regnet. Aber genau genommen ist es egal, ob sie bei der ersten oder bei der dritten Ausfahrt dreckig wird. Es wird passieren!” Nach dem Motto “Ist der Hochglanz mal ruiniert, fährt es sich ganz ungeniert” fuhr ich die ersten Kilometer mit der Guzzi, im strömenden Regen.

Vorher war es natürlich tagelang schön. Was sonst? Aber keine Guzzi weit und breit. Zumindest nicht meine! Zwei Wochen vorher sind mir in der Wachau fünf Guzzi entgegen gekommen, als ich mit der XJR eine Runde drehte. Fünf Moto Guzzi auf einmal! Das passiert dir sicher nur, wenn du selber auf eine Guzzi wartest. Sonst nie. Mann, saß ich auf Nadeln. Dabei lief eigentlich alles nach Plan. Genau wie ausgemacht. Ende April, Anfang Mai, hat es geheißen. “Und sei bitte nicht böse, wenn es länger dauert. Die kommt aus Italien”, hat der Händler im Jänner noch gesagt. Jetzt hatten wir Mai. “Hoffentlich regnet ’s”, dachte ich. Da fällt das Warten leichter.

Am 11. Mai, also letzten Donnerstag, ging ich in der Früh mit dem Hund spazieren, und bei dieser Gelegenheit schaltete ich das Telefon ein. Pip Pip, ein unbeantworteter Anruf! Ich schaute auf die Nummer und wählte sofort die Sprachbox. “Firma Schnöll, guten Morgen. Ruf mich bitte ab 9 Uhr unter dieser Nummer an. Danke”. Von einer Sekunde auf die andere schlug mir das Herz bis zum Hals und die Knie wurden weich. “Die Guzzi ist da! Die Guzzi ist da!” dachte ich voll Freude, aber gleich drauf fiel mir ein, “und was ist, wenn sie nicht da ist? Was ist,wenn er mir nur sagen will, sie ist noch immer nicht gekommen? Oder sie wurde noch gar nicht gebaut, weil wasweißichwas? Oder ich bekomm gar keine, weil an alte Reiskocher Fahrer keine Moto Guzzi ausgeliefert werden? Was mach ich dann?” “Das ist doch alles Blödsinn!”, beruhigte ich mich selber. “Er hat gesagt, er ruft mich an, sobald sie da ist. Wieso sollte er anrufen, wenn sie nicht da ist? Weil an alte Reiskocherfahrer…………? Schwachsinn!” Man soll gar nicht glauben, auf was man in so einem Moment alles kommt. Und das Schlimmste, es waren noch fünfzehn Minuten bis 9 Uhr!

“Servus. Deine Guzzi ist da”, meinte Schnöll, als ich anrief. “Und wann kann ich sie holen?”, meinte ich vorsichtig. Wer weiß, ob die gleich das ganze Motorrad geliefert haben, oder vorerst nur ein paar Teile, die grade fertig waren? Die kommt ja aus Italien. “Die steht schon da”, meinte er. “Das heißt, wenn ich jetzt komm und sie bezahle, kann ich die Papiere mitnehmen und sie anmelden, und morgen kann ich sie holen?” Ich wollte so vorsichtig und sicher sein, wie es nur geht. Nicht, dass da jetzt gar keine Papiere mit dabei sind, weil die erst in drei Wochen kommen. Oder irgendwann. “Klar, du bezahlst sie, dann kannst du die Papiere mitnehmen und sie anmelden, und morgen kannst du sie holen”. “Ich komme!”, meinte ich und legte auf.

Mein Hund guckte ein wenig dumm aus der Wäsche, als ich urplötzlich umdrehte und wieder zum Auto ging. Der wird sich wohl gedacht haben “hab ich was angestellt oder was? Ich bin mir keiner Schuld bewusst!” Nö, Hundi hatte nix angestellt. Ich hatte es eilig. Und wie! Heim, umziehen, zur Bank fahren, Geld abheben, Zigaretten kaufen und los ging’s über Steyr nach Sierning und zum Guzzi Händler. Schnell noch bei der Raststätte eingekehrt, einen Kaffee trinken, damit sich die Aufregung legt, dann die letzten paar Kilometer zum Schnöll gefahren. Als ich mit Eddie an der Leine den Verkaufsraum betrat, stand genau nach der Eingangstür links eine Moto Guzzi V7 III Racer. Ich fragte mich, ob das meine sein könnte? Sie war es! Am dreiviertel zwölf war ich wieder in Amstetten und das Motorrad war angemeldet.

Zurück, heute in Maria Taferl: Langsam trank ich im Gastgarten den Kaffee aus, rauchte eine Zigarette und schaute das Motorrad an. Mir ging einiges durch den Kopf, was ich die letzten drei Tage mit meiner Moto Guzzi erlebt hatte. Knapp 450km hatten wir bis hierher schon miteinander verbracht. Bei Regen wie bei Sonnenschein. Das wechselt sich seit Freitag ständig ab. Ich Depp hatte mir ja Regen gewünscht. Vom Händler bis nach Steyr musste ich am Freitag vielleicht fünfzehn Kilometer oder so fahren, und dann nach der langen Stadtdurchfahrt nochmals rund vierzig Kilometer bis zu mir Heim. Zusammen rund 70km. Alles in schönem, gleichmäßigem Schnürlregen. Das war was.

Auf den ersten fünfzehn Kilometern war es mir schwer gefallen, mit der Guzzi grade aus zu fahren. Die Strecke ist breit und topfeben, das heißt, nicht holprig und keine Spurrinnen, aber mir war es schwer gefallen, grade aus zu fahren. Irgendwie hatte ich einen Drall. Das komische war, es war einmal ein Drall nach rechts und dann ein Drall nach links. “Aber wieso?”, fragte ich mich. Ich denke mir, das liegt schlicht und einfach an der Lage der Kurbelwelle. Sämtliche Motorräder, die ich bisher in meinem Leben fuhr, hatten die Kurbelwelle quer zur Fahrrichtung verbaut, weil das zum größten Teil Vierzylinder waren. Aber auch bei den drei Zylindern der XS750  oder bei den zwei Zylindern der RD400 liegt die Kurbelwelle quer zur Fahrtrichtung. Andere Bauarten war ich nie gefahren. Alle meine Sensoren und Gefühle sind auf Kurbelwellen quer zur Fahrtrichtung ausgerichtet.

Bei der Moto Guzzi liegt die Kurbelwelle aber längs zur Fahrtrichtung. Und weil das Ding beim Gas geben beschleunigt oder beim Gas wegnehmen die Drehzahl verringert, merkt man das beim Fahren, weil da eine Masse in Querrichtung beschleunigt oder verzögert. Dieses Kippmoment will man als Fahrer kompensieren, und weil man als alter Vierzylinderfahrer sowas nicht gewöhnt ist, ist man geneigt, überzogen zu korrigieren, was sich in einer schlingernden Fortbewegung bemerkbar macht. Klingt vielleicht lustig, fühlt sich aber nicht so lustig an. Du hast im ersten Moment keine Ahnung, wieso du nicht grade aus fahren kannst und denkst, da stimmt was nicht. “Ist die Gurke krumm?”, ist einer der ersten Gedanken. Dann beginnen sich die Zahnräder der Denkmaschine zu drehen und du kommst auf die Idee, das könnte die Kurbelwelle sein, die diesen Drall verursacht, weil du da irgend etwas anders machst als sonst. Du spürst es, aber du kannst auf Anhieb nicht sagen, was. Du mußt erst draufkommen. Du als Fahrer bist Schuld, weil du diesem Kippmoment zu viel dagegen hältst. Das dauert aber nicht lange. Fred, ein alter Bekannter und unter anderem auch Ex-Gummikuh Treiber erzählte mir, das ist bei einer Gummikuh genau das selbe. Zuerst spürst du das kippen recht ausgeprägt, aber dann verinnerlichst du diese Bewegung, beginnst immer sanfter zu korrigieren, bis Roß und Reiter zu einem Team werden und das alles prima klappt. Und genau so erlebte ich das auch. Inzwischen kann ich tadellos grade aus fahren.

Inzwischen hab ich aber auch ein paar andere Eigenarten der Guzzi ergründet. Dazu muß ich aber sagen, ich bin noch in der Lernphase. Das Motorrad ist mir sicher nicht mehr ganz fremd, aber sehr vertraut auch nicht. Es ist überall mit Nässe und Dreck zu rechnen, da bin ich lieber vorsichtig. Grade zu den Reifen, einer nicht ganz unwesentlichen Verbindung von Fahrzeug und Straße, muß ich erst langsam Vertrauen aufbauen und ein Gefühl für sie entwickeln. Seit meiner Honda Ende der 70er Jahre bin ich keine solchen Reifen mehr gefahren. Ja, ja, die Reifentechnik hat sich seitdem weiter entwickelt. Ich weiß. Aber auf den Speichenfelgen der Moto Guzzi sind Diagonalreifen montiert, nicht Radialreifen, wie ich sie gewöhnt bin. Die Dunlop Sportsmart meiner Tausender haften heute bestimmt besser als die Slick von Kenny Robert 1978, und es ist auch bestimmt keine Frage, dass die Pirelli Sport Demon der Moto Guzzi nicht schlecht haften. Aber ich kenn die nicht und es braucht sicher noch ein paar Kilometer mehr, bis ich zu diesen sowas wie Vertrauen aufgebaut hab. Die Reifen der Honda waren damals, so weit ich mich erinnern kann, 3.25 vorne und 4.00 hinten, was ungefähr den Größen 100/130 der Guzzi entsprechen könnten. Das fühlt sich sehr, sehr komisch an, wenn du seit 1990 nichts anderes als 120/180 gefahren bist.

Bei meiner RD400 waren die Reifen sogar noch schmäler als bei der Guzzi und bei der Honda. Dunlop K82 in 3.00 vorne und 3.50 hinten. Diese Reifen schienen mir aber von Anfang an leicht durchschaubar, vor allem hatte die RD nicht viel Schräglagenfreiheit. Bevor da was abgeschmiert ist, haben die Fußrastengummi geschliffen. Das war weit gefährlicher als mangelhafte Reifenhaftung, weil Kipprasten hatte die keine. Das war starr! Ob bei der Guzzi auch was schleift, oder ob man vorher auf die Fresse fliegt, weiß ich noch nicht. Irgendwie werd ich den Grenzbereich herausfinden, aber dazu muß ich die Kiste erst noch besser kennenlernen und Vertrauen gewinnen. Da gibt es noch manche Geheimnisse zu ergründen. Aber dazu zu einem anderen Zeitpunkt mehr, wenn ich mehr weiß. Die Guzzi aus Blödheit hinzuschmeißen ist sicher  das Letzte, was ich vor hab und ich bekomm sicher keinen Werksvertrag, wenn ich wilder Hund spiel. Weder von Pirelli noch von Moto Guzzi.

Jedenfalls ist es so, dass mir die Fahrt mit der kleinen Italienerin von Tag zu Tag mehr Spaß macht. Je besser ich sie kennenlerne, je vertrauter ich mit dem Material werde, desto lustiger finde ich die Fahrt mit meiner Neuen. Erst heute wieder, bei der Fahrt über die kurvenreiche Strecke nach Diembach dachte ich mir wieder, “die Kleine macht sich! Sie ist sehr wendig, zeigt keine besonderen Macken, das Fahrwerk ist gut, die Bremsen von Brembo und die Leistung ist in Ordnung. Sobald man sie einfach bis über 5000/min hoch dreht und damit ein breiteres Drehzahlband nutzt, als für die Einfahrzeit vorgesehen wäre, geht da wirklich was vorwärts. Ich fahr auch die Moto Guzzi nach dem Moto ein, “Ein Motor langsam eingefahren bleibt immer langsam, ein Motor schnell eingefahren wird schnell!” Ich hab die kleine Racer schon jetzt ins Herz geschlossen, das weiß ich sicher, und immer wieder kommt mir eine Fahrt mit ihr auch wie eine Zeitreise vor. Immer wieder denk ich dran, wie das wohl war, damals, als die erste Moto Guzzi V7 mit diesem Zweizylinder V Motor auftauchte. Ich hab Moto Guzzi noch aus meiner Jugendzeit in Erinnerung. Damals kamen sie mir riesengroß vor. Und laut! Meine Moto Guzzi kommt mir eher ein kleines Motorrad vor. Kein Zwerg, aber klein. Vor allem neben der XJR ist sie klein. Und alleine stehend wirkt sie auch nicht größer. Fast im Gegenteil. Ohne direkte Referenz wirkt sie vielleicht noch kleiner, als sie ist. Drum unterschätzt man sie auch leicht.

Wie schaut das im Vergleich zu Ihren Vorfahren aus, die mir so riesig in Erinnerung sind? Ihre Länge beträgt 2185mm, ihre breite 755mm und ihre Höhe 1100mm. Der Radstand entspricht mit 1445mm ziemlich genau dem ihrer Ur-Vorfahren und sie wiegt fahrbereit, also mit Benzin, 209kg. Der Tank fasst 21 Liter. Ihr Stammvater, die Moto Guzzi V7 von 1967, war die erste Moto Guzzi mit diesem charakteristischem V2-Moto quer stehend im Rahmen eingebaut und wurde von Ernst Leverkus, dem bekannten Tester der 60er und 70er Jahre, als riesengroßes Motorrad beschrieben, vor dem einem fast Angst und Bange werden könnte. Dabei hatte sie den gleichen Radstand wie die V7 III Racer von 2017, die mir heute eher klein vorkommt. Also wäre auch dieses für damalige Verhältnisse riesen große Motorrad gegen die XJR von heute ein kleines Motorrad. So haben sich die Zeiten und die Ansichten geändert. Interessant ist vielleicht noch, dass diese erste V2-Guzzi damals aus 700cm³, ohne Katalysator und ohne Euro5 Norm rund 42 DIN Pferdchen leistete, leer 245kg auf die Waage brachte und vorne wie hinten mit Reifen der Dimension 4.00-18 ausgerüstet war. Ihr Fahrverhalten wurde insgesamt, wie das aller Moto Guzzi, als sehr gut beschrieben.

Die spätere Ambassador hatte erstmals volle 750cm³ und leistete bei Messungen etwas über 50 DIN Ps bei 6500/min. Die Maße dieses Motors: Bohrung x Hub = 83x70mm. Drehmoment 6.0 mkg bei 5000/min. 4 Gänge, Radstand 1435mm, also 10mm weniger als meine V7 III Racer! Sie wog allerdings leer 244kg. Ein fester Brocken. Das war offenbar noch alles dickes Eisen und nicht Aluminium. Die Bereifung war die gleiche wie beim Vorgängermodell, die Höchstgeschwindigkeit betrug ungefähr um die 180km/h. Dort dürfte sich auch, im Höchstfall, die Höchstgeschwindigkeit der V7 III Racer bewegen. Eher weniger, weil die scheint recht kurz übersetzt, was ihr sehr gut passt.

Die Moto Guzzi V7 Sport von 1971 könnte man als den echten, direkten Vorfahren der heutigen V7 III Racer bezeichnen. Ihr V2 wurde von Ernst Leverkus noch als “Trumm von einem Kompakt-Motor” bezeichnet, der es mit allen Gegnern ihrer Hubraumklasse aufnehmen konnte, die damals BSA, Honda, Norton und Triumph hießen. Sie war dank ihrer Farbgebung, einem giftigem gelbgrün, dem roten Rahmen (nur die erste Serie) und mit dem Stummellenker auch optisch die erste sportliche Moto Guzzi V7. Die Leistung der V7 Sport wurde anfangs werbewirksam mit 70Ps (SAE) angegeben, von denen dann für den deutschen Markt, also mit zivilem Auspuff und all dem Firlefanz, der bei SAE Messungen weg bleibt, noch 62 DIN Ps übrig blieben, die aber laut Ernst Leverkus für gute und gemessene 200km/h Höchstgeschwindigkeit reichten. Die Motormaße dieser Sport betrugen 82.5 x 70 und blieb damit unter der magischen 750cm³ Grenze, was für eine Zulassung für den Rennsport essentiell war. Der alte Motor hatte um ein paar Kubikzentimeter zu viel.

Der Motor der Moto Guzzi V7 III Racer Baujahr 2017 besitzt im Vergleich dazu eine Bohrung von 80mm und einen Hub von 74mm, woraus sich 744cm³ ergeben, und dieser Motor leistet heute mit 3 Weg Katalysator und Stand Euro5  52Ps bei 6200/min. Die Unterschiede zu den alten Vorgängermodellen sind vielfältig. Die gravierendsten Unterschiede dürften sein: elektronische Benzineinspritzung, Anti Blockier System und eine von Moto Guzzi entwickelte Traktionskontrolle. Die Urversion der Baureihe V7 Sport endete 1974, ihr Nachfolge, die Le Mans Baureihe, endete irgendwann gegen Ende der 80er Jahre.

Sportliche Motorräder mit 750cm³ wurden bei Moto Guzzi mit der V7 Classic Serie erst wieder nach der Jahrtausendwende eingeführt. Ihr Motor stammte nicht aus der ursprünglichen V7 Sport, der Le Mans Serie oder von den großvolumigen V2 Motoren, sondern von den kleinen V50 und V35 Modellen von 1977. Sie unterschieden sich von den anderen Modellen nicht nur im Hubraum, sondern in der Form des Brennraumes, der statt im Zylinderkopf im Kolbenboden untergebracht war, der sogenannte Heron Brennraum. Diese Brennraumform bringt allerdings neben Kompaktheit auch einige Nachteile mit sich, die mit den neuen Motoren der V7 III Baureihe ausgemerzt wurden. Ob man sich damit in Zukunft wieder der Leistung der V7 Sport von 1971 nähern wird und ob dieser Rahmen dafür die notwendigen Reserven hätte, um das ohne zu großem Aufwand zu bewerkstelligen, das wird die Zukunft zeigen. Man darf gespannt sein. Für die Retro Welle, die grade modern wird, braucht Moto Guzzi jedenfalls nichts neu erfinden. Die haben noch nie was anderes gebaut. Eine Moto Guzzi ist nicht Retro, die ist Original. “Made in Mandello del Lario” steht stolz am Drehzahlmesser. Seit 1921 werden sie dort gebaut. Einer der Gründe, und ein nicht unbedeutender, wieso ich sie schlussendlich gekauft hab.

Die heutige Tour, kurven- und genussreich wie sie vom Anfang bis zum Ende war, endete mit der Abfahrt von Maria Taferl und einem wunderschönen Ausblick auf die Donau. Nach weiteren 60km, mit einem breiten Grinsen im Gesicht gefahren entlang von Wiesen und Feldern stand die kleine Guzzi wieder neben ihren dicken Geschwistern in der Garage. Rund 140km waren dazu gekommen. Insgesamt stehen jetzt 520km am Tacho. Wie ich zu Moto Guzzi kam, erzähl ich in einer anderen Geschichte, und wie sie sich verhält, was sie kann, in einer noch ganz anderen, wenn ich es weiß und sie besser kenne. Nur soviel im Voraus. Ich kam zu Moto Guzzi zwar nicht grade so wie die Jungfrau zum Kinde, aber eigentlich wollte ich eine Suzuki kaufen. Und wer jetzt meint, sowas wie ein Déjà-vu zu erleben, dem kann ich nur sagen: Ging mir genau so.

Einen schönen Tag noch……………..

 

Wer sich gerne einmal eine Moto Guzzi V7 Racer in Action anschauen möchte, dem kann ich DIESES schön gemachte Filmchen empfehlen, das entlang des Pacific Coast Highway 1 in Kalifornien gedreht wurde. Der Fahrer ist Jamie Robinson, der jetzt solche Sachen macht, falls ihn jemand kennen sollte. Es handelt sich zwar um das Vorgänger Modell V7 II Racer, aber hübsch anzuschauen ist es allemal. Optisch sind die Unterschiede ja nicht so groß.

10. Mai 2017

2017. 05. 10. – Windpark Plattenberg

Filed under: Touren und Ausflüge in Österreich — Benzin @ 20:49

Immer wieder erlebe ich, dass die schönsten Erlebnisse entweder durch penible Planung entstehen, oder durch purem Zufall. Und es ist keineswegs notwendig, Tagelang durch Europa zu fahren oder in die weite Welt zu fliegen, um etwas schönes zu erleben. Das kann man auch daheim. Es ist aber unter Umständen von Vorteil, wenn man das alles schon einmal gemacht hat, weil man vielleicht erst dann Vergleiche ziehen kann ob das, was man daheim erlebt, nicht doch auch schön ist. Die Tour von heute war weder sonderlich weit, noch war sie geplant, wurde aber zur bislang vielleicht schönsten Tour dieses Jahres.

Es ist ja nicht so, dass ich nicht mehr Motorrad fahre, wenn ich nichts drüber schreibe. Heuer hab ich mit Sicherheit schon mehr als 1500km herunter gedreht. Einmal fahr ich mit der Foxi, dann wieder mit der XJR und dann wieder mit der Foxi, je nach Witterung und Laune. Die anderen Mopeds stehen noch zugedeckt in der Garage. Aber was solle ich über diese Touren schreiben? Es sind Strecken von vielleicht 100 bis 250km pro Tag, die ich über die Jahre immer und immer wieder fahre. Mir macht das nichts, weil sie landschaftlich wunderschön sind. Nur zu erzählen gibt’s darüber nichts mehr. Da müsste schon was außergewöhnliches passieren. Was selten vor kommt. Die kleine Tour von heute war auf ihre Art außergewöhnlich, und darum erzähl ich davon.

Begonnen hat alles in der Früh beim Bachlerhof. Wie so oft war ich der erste Gast, trank einen Kaffee, tratschte ein paar Worte mit dem Bäcker und ging mit dem Hund spazieren. Der Himmel war blau und es wurde warm. “4C° haben wir jetzt” meinte der Bäcker. “Esel” sagte ich, “das sind mindestens 10 Grad. Es ist doch nicht kalt!” “Blödsinn”, meinte er wieder, “ich hab doch grade im Auto geschaut”. “Ja, ja. Wo du immer hin schaust”, meinte ich und überlegte dabei schon, mit welchem Motorrad ich fahren soll. Die letzten Tage hatte es geregnet und es war so kalt, dass wir wieder die Heizung aufdrehen mussten. Und das fast Mitte Mai! Das ist wohl die Klimaerwärmung.

Ich fuhr wieder Heim, zog mich um, Eddie legte sich wieder, wie immer, wenn ich das Leder anziehe, angefressen ins Bett und ignorierte mich. I, ba, bu und draus bist du. Ich nahm den Schlüssel der XJR und ging in die Garage. Während ich die Lisl aus der Garage schob, dachte ich wieder nach. “Zuerst tanken, dann zum Bachler einen Kaffee trinken und dann? Das überleg ich beim Kaffee”. Beim ersten Blick auf den Tageskilometerzähler merkte ich schon, ich kann mir Tanken ersparen. Der Tank war voll. Hatte ich glatt vergessen. Also gleich zum Bachlerhof. Grad wollte ich dort die Tür öffnen, kam mir schon Maria, die Chefin, mit dem Kaffee entgegen. “Ich hab dich schon gehört” meinte sie und stellte den Kaffee auf den Gartentisch. Das ist ein Service! Gemütlich setzte ich mich in die Sonne.

Nachdem ich mir noch einen Tschick unter die Nase steckte, überlegte ich. “In die Steiermark? Nö. Das Ennstal ist eng und schattig, da ist es bestimmt noch naß. Wird die XJR dreckig. Mag ich nicht. Ins Waldviertel? Auch nicht. War ich doch erst letzte Woche. Das war schön, aber da war es warm und trocken. Jetzt ist es dort im Schatten sicher auch überall naß. Also was nun?” Und während ich so überlegte, dachte ich, “ach was. fahr einfach der Nase nach. Ist doch egal, wohin”. So trank ich aus, bezahlte, ließ die XJR verkehrt auf die Straße rollen und los ging es, der Nase nach.

Zuerst über Landstraßen und Güterwege gemütlich hoch nach Sankt Georgen in der Klaus schwingen, dann runter zur Wieserhöhe und wieder rauf auf die Höhenstraße LH88, die nach Seitenstetten führt. Ich mag diese Höhenstraße, weil man weit in den Süden sieht, wo die Berge stehen. Ich meine, richtige Berge. Die Höhenstraße liegt nur auf 600 – 700m. Dafür aber am Rand einer großartigen Hügellandschaft, und dahinter sind die Berge der Steiermark.

Oben beim Abzweig, der links runter nach Ertl führt, überlegte ich nur kurz, “soll ich? Ich blieb aber oben und fuhr bis St.Michael am Bruckbach, wo ich nach einer kurzen Pause ins Ramingtal runter fuhr. In dieser kurzen Pause hatte ich das Navi eingeschaltet und die Tankstelle bei Sierning in der Nähe von Steyr eingegeben, dazu als Auswahl “Kurvenreiche Strecke”. Und so ging sie los, diese seltsame Tour. Die Tankstelle/Raststätte, die ich als Ziel eingegeben hatte, kannte ich von meiner ersten Fahrt zum Moto Guzzi Händler, bei dem ich im Jänner mein neues Motorrad bestellt hab. Dort ist es relativ gemütlich, man kann rauchen, der Kaffee ist gut, und recht weit ist es auch nicht. Nicht weit, wenn man auf Hauptstraßen hin fährt. Was ich ja nicht vor hatte. Es war mir schlicht und einfach egal, wie lange ich unterwegs sein würde, und wo. Hauptsache, es ist unterhaltsam”, dachte ich. Und unterhaltsam wurde es auch.

Ich war keine drei Kilometer im Ramingtal unterwegs, lotste mich das Navi links in eine schmale Straße, die den Hang hinauf führte. Auf schmalen Güterstraßen, die mir bisher fremd waren, ging’s am Nordhang des Damberg entlang – auf dessen Höhe entweder ein Aussichtsturm oder ein Sendemast steht, oder was immer das ist – durch kleine Siedlungen hindurch, die ich noch nie gesehen, von denen ich noch nie gehört hatte, bis ich plötzlich vor der Bundesstraße 115 stand, die von Steyr nach Weyer und ins Ennstal führt. Ich hatte momentan keine Ahnung, wo ich genau war, aber das Navi sagte, ich soll diese Hauptstraße schnurgerade überqueren. Was ich tat. Zu meiner Überraschung querte ich gleich darauf auf einer Staumauer die Enns und war in Garsten. “Teufel”, dachte ich, “Wie oft bin ich schon auf dieser Hauptstraße gefahren? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass hier eine Staustufe ist, und noch weniger, dass man hier über die Enns fahren kann!” Garsten kenn ich auch nur vom Vorbeifahren und vom Hörensagen. Dort ist ein Knast für Schwerverbrecher, das weiß jeder. Aber sonst? Keine Ahnung.

In die Ortschaft Garsten kam ich aber gar nicht. Zumindest nicht ins Zentrum. Das Navi lotste mich gleich wieder links in einen schmalen Güterweg, der mich schnurstracks in die Hölle brachte. Nein, nicht die mit dem Teufel. Sofern es die überhaupt gibt. Aber auf diesem schmalen Güterweg, der sich kurvenreich durch den Wald schlängelt (die Höllstraße, aber das wusste ich am Vormittag noch nicht, weil ich erst jetzt auf der Karte nachgeschaut hab), gibt’s eine kleine Ortschaft, die Hölle heißt. Ich blieb an der Ortstafel stehen, zündete mir wieder einen Tschick an, zückte den Fotoapparat, fotografierte das Schild und fragte mich, “Willst du in einem Ort wohnen, der Hölle heißt?” Ich stellte mir das bildlich vor. Du bist irgendwo, kommst mit jemanden ins Gespräch und der/die fragt, “wo wohnst du den?” Du antwortest “Ich wohne in der Hölle”. Das Gesicht möchte ich sehen.

Von der Hölle fuhr ich dann einen Hang hinauf, von dem aus sich ein schöner Ausblick in den Norden bot, und von dort über Aschach an der Steyr zur Bundesstraße nach Sierning und zur Raststette. Beim Kaffee überlegte ich dann, wie gut ich überhaupt meine nächste Heimat kenne? Ich fahr hier nicht seit Jahren, sondern seit Jahrzehnten herum. Ich kenn jede Hauptstraße weit und breit. Ich hab hunderte, vielleicht tausende Kilometer mehr oder weniger genau im Kopf gespeichert, aber immer wieder gibt es noch Strecken, die wunderschön sind, nicht einmal weit von daheim entfernt, und die ich noch nie gefahren bin.

Das liegt vielleicht, oder eigentlich mit Sicherheit, daran, dass ich immer nur schnelles Fahren im Schädel hatte. Ich kannte hunderte Kilometer Straßen so gut, dass ich sie schnell und sicher fahren konnte. Relativ sicher, von kleinen Überraschungen einmal abgesehen, die immer wieder auftauchten und ein wenig der Zauberei bedurften, um sie zu überleben. Und Glück.

Zum schnell Fahren sind diese Straßen, diese Güterwege, die ich hier fuhr und die ich seit ungefähr seit zwei Jahren so gerne fahre, absolut nicht geeignet. Eng, unübersichtlich und dreckig ist noch das geringste Übel. Wenn du auf solchen Strecken glaubst, schnell fahren zu müssen, und hinter so einem unübersichtlichem Eck ein Traktor steht oder fährt, bist du tot. Güterwege sind die Heimat des Traktor, das ist ein ehernes Gesetz. Und wo ein Traktor ist, ist meistens auch der Dreck nicht weit. Das war mir immer klar, und darum mied ich solche Strecken fast wie der Teufel das Weihwasser. Nur ab und zu, wenn ich wirklich Lust hatte, was durchaus vorkommen konnte, fuhr ich auch solche Strecken. Aber ganz langsam und gemütlich. Ab und zu machte das sogar wirklich Spaß. Aber nicht oft. Meine Devise war meistens, “Wenn da nix rutsch, bin ich zu langsam!” Mit rutschen meinte ich auf jeden Fall nicht, auf Dreck wegrutschen.

Heute bin ich 57. Ich sehe vieles anders. Ich bin seit 1. März in Pension. Zum ersten Mal in meinem Leben hab ich das Gefühl, ich hab etwas zu verlieren, würde ich mich mit dem Motorrad auf’s Maul hau. Ich bin älter geworden, als mir alle weissagten, die mich kannten oder zu kennen glaubten, die mich für eine mehr oder wenige hirnlose Wildsau hielten……………blablabla…………………. Ich mag einfach nicht mehr. Ich will einfach nur mehr meine Ruhe haben und Spaß am fahren mit einem Motorrad. Gemütlich durch die Gegend schaukeln möchte ich, und der Rest kann mir mehr oder weniger den Buckel runter rutschen. Und komisch, es macht mir unheimlich Spaß, gemütlich zu fahren. Ich seh die Gegend nicht nur besser, obwohl ich schlechter seh als früher, ich rieche sie auch. Es riecht gut, im Frühling durch die Landschaft zu fahren. Im Moment zumindest, weil jetzt ist grade kein Schweinedünger auf den Feldern. Und weil mir dieses gemütlich durch die Gegend tuckern auch heute so viel Spaß machte, überlegte ich, wie ich wohl die Heimfahrt anlegen könnte? “Wo fahr ich, dass die Heimfahrt genau so schön wird wie die Hinfahrt?” Ich fuhr zuerst einmal der Nase nach.

Viel Auswahl hatte ich jetzt ohnehin nicht. Entweder auf breiter Straße nach Steyr, oder die gleiche Strecke zurück, die ich gekommen war. Falls ich die überhaupt nochmals finden würde. Oder ich fahr anders. Ich entschied mich für anders und fuhr auf der Hauptstraße nicht Richtung Steyr, sondern nach Süden Richtung Molln und in Steinbach an der Steyr über die Steyrbrücke. Gleich nach der Brücke lotste mich das Navi auf die Güterwege Humpelmühle, Pieslwang und Haagen rauf zum einsam gelegenen Hotel/Gutshof Hochhubgut, dann in rund 600m Höhe weiter mehrere Kilometer einem Hang mit toller Aussicht entlang bis wieder runter zur Enns und gleich darauf über ein weiteres Kraftwerk, das ich noch nie gesehen hatte, zur Bundesstraße 115, die ich heute schon einmal, aber in die andere Richtung, überquert hatte.

Sie haben noch nie von diesen Strecken gehört? Ich auch nicht! Ehrlich gesagt bin ich noch immer etwas sprachlos. Es war einfach toll, dort zu fahren und die Aussicht ist so wunderschön. Sicher fährt man auch einmal durch Wald, aber meistens, speziell im oberen Bereich, geht’s am Süd- oder Südwesthang entlang mit grandioser Aussicht in irgend eine Richtung. Ob die Berge der Voralpen ganz im Osten, die Steirischen Berge im Süden oder das Tote Gebirge im Westen, es schaut phantastisch aus! Und was ich auch schon lange nicht mehr gesehen hab? Auf diesen Bergen, von denen wenige über 2000m hoch sind, liegt jetzt noch Schnee!

Aber das war noch nicht alles. Offenbar hatte ich heute meinen Glückstag. Ich stand also schon wieder an der Bundesstraße 115 und überlegte, “wie weiterfahren?” Im Moment gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder Richtung Steyr und hoffen, dass sich was mit dem Navi ergibt, weil die Strecken, die von dort Heim führen, sind nicht wirklich aufregend. Oder Richtung Süden, gen Weyer zu? In dieser Richtung wüsste ich ein paar schöne Strecken, die kannte ich aber so gut, dass ich keine richtige Lust dazu hatte. Also doch Richtung Steyr. Mehr, als dass ich ganz normal auf der Bundesstraße nach hause fahren müsste, konnte mir nicht passieren. “Aber wer weiß?”, dachte ich. “Vielleicht gibt’s da ja doch eine Strecke, die ich nicht kenne?” Oh ja. Die gab es!

Ich bog links Richtung Steyr ab und fuhr grade ein paar hundert Meter in eine Senke runter, als mir das Navi anzeigte, ich soll rechts in den Dambachgraben abbiegen. Ich kenn die B115 gut. Ich kenn auch den Abzweig in den Dambachgraben, bin da aber noch nie rein gefahren. Dafür fuhr ich letztes Jahr dem Navi folgend in dieser Gegend in einen anderen Graben rein. Einer immer schmaler werdenden Straße, einem immer schmaler werdendem Weg folgte ich brav so lange, bis der Asphalt zu Schotter und der Schotter irgendwo im Wald zu nassem, rutschigem Lehm wurde und bis eine Schranke und ein Fahrverbot den Weg versperrten. Damals hatte ich einige Mühe, wieder aus dem Wald heraus zu finden, denn die Strecke war recht verästelt und das blöde Navi zeigt dort nichts sinnvolles mehr an. Ist heute auch einmal passiert. Laut Navi ist man dann offenbar am Mond, oder so.

Mit einem etwas flaubem Gefühl in der Magengegend bog ich also in den Dambachgraben ab und hoffte, das dies nicht dieser blöden Graben vom letzten Jahr war, denn ich konnte mich nicht mehr erinnern, wo das Malheur damals passierte. Wie ich da genau nach Laussa und in den Laussa Graben kam, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Die Strecke war aber toll und aussichtsreich und ich fühlte mich wie ein junger Pfadfinder. Google Maps sagt jetzt, das ist die Dambachstraße, der ich  da folgte. Irgendwie ging es da wohl zum Pfeiffergütl rauf und dann wieder nach Laussa runter. Auf Google Maps schaut das jetzt im Nachhinein auch recht plausibel aus, aber auf meinen Straßenkarten existiert diese Straße nicht. Nur das Navi kannte sie, und hat gottlob keinen Mist gebaut.

Die Laussa Straße, auf der ich heraus kam, die kannte ich allerdings. Der folgte ich Richtung Großraming, und als ich mich der Schöfftaler Kapelle näherte, sah ich auch wieder den Wegweiser zum Windpark am Plattenberg. Auch dort war ich schon einmal. Sofort entschied ich mich, wieder zu den Windrädern rauf zu fahren. Erst letzte Woche sah ich den Plattenberg von weitem und erinnerte mich, wie ich dort mit dem Motorrad oben war. Letzte Woche wäre es aber nicht möglich gewesen, da rauf zu fahren. Zumindest nicht mit einer XJR. Der Plattenberg, eh nur 800m hoch, war noch voll mit Schnee!

Der Weg nach oben ist ganz einfach und nicht zu verfehlen, weil beschildert, nur das letzte Stück ist vielleicht für den einen oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig. Ein paar hundert Meter unterm Gipfel muß man durch einen Bauernhof durch, und dann geht’s auf Schotter weiter. Dafür ist die Aussicht grandios. Der Plattenberg war bei dieser schönen Tour an Seehöhe wie Aussicht sicher der Höhepunkt des Tages. Da oben, auf diesem kleinen Aussichtsberg, war ich glücklich und zufrieden. Der Rest der Strecke bis nach hause war mir mehr oder weniger auswendig bekannt, aber ich hatte ja das Navi, und so erreichte ich nach 4 Stunden und 163km wieder den Ausgangspunkt meiner kleinen Tour und war daheim.

Man braucht gar nicht so viel, um glücklich zu sein und man muß dafür auch nicht unbedingt zwei- oder dreihundert fahren. Weder Kilometer pro Tag, noch Kilometer pro Stunde. Alles zu seiner Zeit.

I think that I shall never see
A thing as lovely as a tree
Or anything, so I opine
As ugly as a wind turbine

Einen schönen Tag noch…………………………………

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