Wunderbares Wetter, leider nicht den ganzen Tag Zeit, also die Zeit, die man hat, nützen. Wir fahren gegen zehn Uhr nach Waidhofen und an der B121 kurz vorm Ortsende links in den Weißenbachgraben. Gleich nach vielleicht 150m parken wir das Auto unter der Eisenbahnbrücke, Gürtel mit Getränken umgeschnallt, Hund an die Leine und es kann los gehen. Wir wollen zum Hütter Kogel hochsteigen und dann über den Westgrat, den wir bisher nur angeschaut, aber nicht begangen haben, absteigen. Das geht sich heute sicher locker aus, also auf geht’s!
10:52 Uhr unter der Eisenbahnbrücke im Weißenbachgraben auf 418m Seehöhe. Wir waren inzwischen schon oft am Hütter Kogel. Es ist nicht seine Höhe, die reizt, sondern sein wunderschöner, bewaldeter Grat, der zum Gipfel führt. Besonders schön ist dieser Aufstieg im Winter bei Neuschnee, aber auch im Frühling, wenn die Blumen wachsen, ist es am Hütter Kogel herrlich. Was uns bisher noch nie aufgefallen ist war, daß wir hier noch nie im Sommer, beispielsweise Mitte Juni hier gegangen sind. Das fällt uns gleich am Anfang unserer kleinen Tour auf, und zwar deshalb, weil es gleich nach der Überquerung des Weißenbaches (mit einem kurzen Sprung, mit Eddie am Arm) kühl und dunkel wird.
Aufstieg zur Ebene am Bahndamm. Wir schauen uns an, schütteln den Kopf und ich frag, “Sag einmal, sind wir hier noch nie im Sommer gegangen?” “Nein”, sagt Sonja, “offenbar nicht, weil so verwachsen haben wir das noch nie gesehen!” Am Bild kann man das leider gar nicht richtig erkennen, aber gleich beim ersten Aufstieg wuchern die Stauden dermaßen über den Weg, daß man geht wie in einem Tunnel. Schaut nicht nur gut aus, ist auch recht angenehm kühl. Wobei wir ohnehin nicht mehr als 22°C in der Sonne haben. Also im Schatten nicht nur kühl, sondern fast schon kalt. Um 5 Uhr am Morgen hab ich daheim 8°C abgelesen. Brrrr……
Auf Ebene des Bahndamm geht’s gleich links weiter rauf zum Grat und auch hier verwachsen und schattig.
Nach, ich weiß nicht genau, hundert oder hundertfünfzig Meter sind wir schon am Grat. Ab hier windet sich der Weg immer am oder gleich neben dem schönen, runden Grat aufwärts bis zum Gipfel und mit ganz wenigen, kurzen Ausnahmen immer im Schatten.
Das Grün des Grases und der Blätter der Blumen, die Farbenpracht der Blumen, der Hütter Kogel ist jederzeit eine Wanderung Wert.
Schnell verliert sich der Lärm der Bundesstraße in der Tiefe und wir erreichen den Punkt, wo man erstmals zum Gipfel sehen kann. Der ist bei gemütlicher Gangart vom Einstieg rund fünf viertel Stunden entfernt, wobei man genug Zeit für zahlreiche Fotos und kleine Pausen hat.
Der Glatzberg 904m östlich von uns ist bei Bedarf schön in eine größere Rundwanderung einzubeziehen. Vor allem im Winter, bei Neuschnee oder hartem Firn ist so eine Rundwanderung ein Genuß und der Ausgangspunkt liegt keine lange Autofahrt von daheim entfernt. Nach Waidhofen komm ich bei einigermaßen günstiger Verkehrslage in rund zwanzig Minuten.
Ein Blick zum Sonnberg, unserem westlichen Nachbarn auf der anderen Seite der Bundesstraße.
Trotzdem der Hütter Kogel kein Riese ist, wüten auch hier manchmal starke Winde, wie einige um- oder abgerissene Bäume zeigen.
11:33 Uhr. Nach knapp vierzig Minuten sehen wir erstmals hinüber zu diesem Westgrat, auf dem wir heute absteigen wollen. Dieser Grat ist aufgrund seiner Ausgeprägtheit und Größe von der Bundesstraße gut zu sehen und lädt schon von dort zu einer Begehung ein. Genau so sind wir vor längerer Zeit auf diese Idee gekommen und nachdem uns ein Pärchen, das wir am Hütter Kogel trafen, bestätigte, daß man hier tatsächlich absteigen kann (fragwürdig war nicht das Gelände, sondern der Umstand, daß sich unterhalb dieses Grat nicht nur die Eisenbahn, sondern auch ein Betriebsgelände befinden), warteten wir schon fast sehnsüchtig auf diese Gelegenheit.
Mein Hobby beim Wandern: Nummerierte Steine fotografieren.
Wir kennen das Gelände inzwischen so gut, daß wir wissen, was als nächstes kommt.
11:52 Uhr. Hütter Kogel 836m. Temperatur 16°C
Wir halten uns aber nicht lange auf. Kurz einmal trinken, schnell noch ein Foto mit meinem Burzelbär und schon sind wir wieder am Aufstiegsweg nach unten unterwegs. Wir müssen bis ungefähr zu einem auffälligen, abgerissenen und abgeschälten Baum hinunter und dann nach links auf den breiten Rücken, wobei wir aufpassen müssen, nicht zu weit nach links oder rechts abzudriften, weil wir sonst in die recht steilen Flanken kommen, die nicht unbedingt gangbar sind.
Diesen Spruch hab ich vor über zwanzig Jahren erstmals auf einem Gipfel gesehen, aber inzwischen findet man ihn schon recht häufig. Einfach deshalb, weil er die Realität recht gut beschreibt. Wir haben in diesen unsäglichen Jahren von 2020 bis 23 viele Leute auf den Bergen getroffen. Kein einziger davon war ein verängstigter Hysteriker mit einer Staubschutzmaske vorm Gesicht. Die Narren sind durchwegs alle im Tal geblieben und die größten Narren sitzen alleine mit Maske im eigenen Auto.
Beim Aufstieg hab ich mich gefragt, wo diese schöne Platzerl mit der tollen Aussicht hingekommen ist? In Aufstiegsrichtung war es dort so dicht verwachsen, daß man es leicht übersehen konnte, aber im Abstieg ist man fast dagegen gelaufen. Da ist sie ja, diese herrliche Aussicht gen Westen. Bei richtig klarer Sicht kann man hier bis über den Almkogel hinweg schauen.
Ein kleines Stück müssen wir noch runter und dabei immer schön aufpassen, daß wir den richtigen Punkt nicht verpassen.
Der Bewuchs des Bodens ist hier an dieser Stelle dichter und weicher als der teuersten Teppich, den man sich vorstellen kann. Eddie erkennt das sofort und macht eine kleine Pause.
Wir sind an der Stelle, bei der wir scharf nach links ins Gelände müssen, um am zuerst breiten Rücken relativ steil nach unten zu steigen, bevor sich ein schöner, schmaler Grat (oder Waldrücken von mir aus) bildet, dem wir weiter nach unten folgen wollen. Bis zu einer schönen Aussichtsstelle am Grat sind wir bei einer kleinen Erkundung schon einmal gekommen. Damals hatten wir aber was anderes vor und sind wieder zurück nach oben gestiegen.
Reste eines Zaunes, den es schon lange nicht mehr gibt. Ich frag mich, wie lange? Da wachsen mitten aus dem Baumstamm Drähte heraus!
Dort, wo der anfangs recht steile, breite Rücken sich verflacht, bildet sich ein immer schmäler werdender Grat aus, der genau unser Ziel ist.
Genau hier waren wir schon einmal und genau hierher wollten wir wieder kommen.
Blick über den Aufstiegsgrat zum Ortsanfang von Waidhofen (Norden). Im Hintergrund links die Ausläufer des Schnabelberg.
Blick zurück auf unseren schönen oberen Teil dieses Grat, der hier einen hübschen, scharfen Buckel ausgebildet hat.
Wir sitzen hier genau an der Kante einer grasigen Steilstufe, lassen uns von der Sonne wärmen und genießen die Aussicht.
Die steilere Stufe haben wir hinter uns, jetzt ist wieder Zeit für alle möglichen Faxen.
Jetzt heißt es wieder ein wenig mehr Obacht passen. Weg gibt er hier keinen, aber immer wieder zarte Spuren, von denen man nie genau weiß, sind es menschliche oder ist es ein Wildwechsel. Man muß halt ein wenig aufpassen, damit man den Verlauf des Kammes nicht missdeutet und in die steilen Flanken abdriftet.
Hier liegen zwar ein paar Bäume herum, aber ansonsten schaut es hier recht aufgeräumt aus. Immer wieder findet man Spuren von Waldarbeiten.
Einmal glaub ich, ich seh sowas wie eine Jeannie vor mir. Ich dreh mich um, reib mir die Augen, schau wieder hin, und weg war sie. Dabei war die Sonneneinstrahlung hier gar nicht so schlimm. Gottlob hab ich das Foto, sonst glaubt mir das keiner.
Wir sind bei einer Forststraße herausgekommen. Ich hab einen Ausdruck einer Online-Karte mit, nach der wir dieser Straße nach links und nach unten folgen müssen. Laut Karte zieht sich der Grat ja weiter nach unten bis zur Eisenbahn und man könnte in Versuchung kommen, ihm bis nach unten zu folgen. In diese Versuchung kommt man aber nur so lange, bis man auf der anderen Seite der Forststraße hinunter geschaut hat. “Nö, da geh ich keinen Meter runter”. Nicht wegen der Steilheit, sondern wegen dem Bewuchs. Ohne Buschmesser und/oder Motorsäge bliebe man innerhalb weniger Meter im Dschungel einfach stecken. Das ist nix.
Der Steinbruch gegenüber am Sonnberg und unten die Siedlung Wirts
Jetzt müsste man einen ordentlichen Pickup Truck haben, dann könnte ich meine Meller in den nächsten zehn Jahren gratis heizen. Sofern uns der Bauer nicht erwischt natürlich.
Plüschkraut. Zumindest fühlt es sich so an.
So gegen 13:15 Uhr waren wir wieder zurück am Ausgangspunkt und haben uns gefragt, “Was mach ma jetzt?” Heimfahren? Ist doch blöd. Wir sind uns schnell einig. “Gehen wir aufs Weiße Kreuz! Aber vorher müssen wir was einkaufen, weil ich hab Hunger!” Also fahren wir nach Gaflenz, weil es dort, laut Madam, einen Supermarkt gibt. “In Gaflenz einen Supermarkt?” frag ich mich. Gaflenz ist ein kleines Dorf. Es gibt dort aber tatsächlich sowas wie einen Supermarkt. Ein kleiner Supermarkt. Oder eigentlich auch nicht, sondern ein Geschäft, das ein Selbstbedienungsladen ohne Personal (zu bestimmten Zeiten) ist. Mit der Bankomatkarte kommt man rein, sucht sich aus, was man haben will, die Auswahl ist groß, dann geht man zur Kassa, schaut, wie man damit klar kommt, bezahlt irgendwie (es ist zu schaffen! Ich hab es auch geschafft! Juchuuuu!) und geht dann wieder. Ist ein bissl wie in Hongkong. Gebäck? Ja. Bildchen werden gezeigt. Du nimmt dein Gebäck und vergleichst es mit den Bildern, dann drückst du auf das, was deinem am ähnlichsten ist und zack, schon wird dir der Preis angezeigt. Ich war noch nie in so einem Laden, mag sowas eigentlich gar nicht, aber ich fand das irgendwie lustig. Muß ich aber, außer im Notfall, nicht haben. Diese Käse-Cabanossi nach Art einer Salami (oder so) war aber eine tolle Entscheidung. Schmeckt hervorragend. Auch Sonja und Eddie haben nicht gemeckert. Und dann sind wir nach Oberland zur Unterführung gefahren.
Weiter zum Sonnberg.