Wieder einmal war Hollenstein an der Ybbs der Ausgangspunkt einer Wanderung. Wir hatten uns den Wasserkopf am Hegerberg auf einer uns unbekannten Strecke vorgenommen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß die Hollensteiner den Wasserkopf nicht auf einer Strecke besteigen, die eine andere wäre als die mit Ausgangspunkt bei der Waldhütte, zu der man nur über die Saurüssel Straße gelangt. “Da muß es doch direkt aus Hollenstein einen Weg hinauf geben!” war ich mir sicher. Blöd ist nur, daß meine topographische Karte schon alt ist und viele neuere Forststraßen gar nicht eingezeichnet sind. Aber mit Hilfe der Opentopomap aus dem www hab ich einen Weg zum Ziel unserer Begehrlichkeiten gefunden. Die Wettervorhersage war für Niederösterreich im allgemeinen schlecht, für Hollenstein aber gut. Aber was sagen schon Wettervorhersagen? 80% der Vorhersagen der letzten zwei Jahre (zumindest) scheinen gewürfelt worden zu sein. Also haben wir uns einfach in der Früh auf die Socken gemacht mit dem Ziel: “Schau ma einmal!”
8:33 Uhr. Ausgangspunkt unserer Wanderung ist der Parkplatz (ungefähr 500m Seehöhe) auf der L6180 kurz vor der Rettungsstelle in Hollenstein an der Ybbs. Daheim hat es leicht geregnet, aber seit Opponitz hat sich die Lage deutlich verbessert und hier in Hollenstein ist der Himmel zwar leicht bedeckt, aber überwiegend blau. Temperatur um die 5°C, also fast perfekt. Im Hintergrund sind rechts die Voralpe 1770m und links der Bildmitte im Hintergrund der Gamsstein 1774m zu erkennen.
Der Teil des Hegerberg, dem wir aufs Dach steigen wollen, befindet sich nordöstlich der Voralpe und ist hier genau vor uns zu sehen. Wir werden über die Forststraße bis zu dem bewaldeten Spitz da oben hoch steigen und dann dem Grat bis zum Wasserkopf folgen. Wir kennen zwar den Wasserkopf, die Strecke bis dahin ist uns auf dieser Seite wie schon gesagt ungekannt und wir müssen uns überraschen lassen, was da auf uns zu kommt. Es muß seit vorgestern geschneit haben, weil es da oben weiß ausschaut. Vorgestern waren wir mit den Motorrädern hier und haben uns angeschaut, wo wir am Anfang hin müssen. Da war der Berg von dieser Seite aus noch grün, nur oben, so erzählte uns ein Wanderer, der oben war, sollten rund 10cm Schnee liegen. Na, schau ma einmal.
So schaut der Überblick auf Google Earth aus. Startpunkt Hollenstein siehe oben.
Das Kirchlein am Hügel liegt genau gegenüber unserer Aufstiegsroute, also in unserem Rücken.
Schöner, alter, gemauerter Rauchfang.
Rückblick auf Hollenstein, am linken Bildrand das Kirchlein am Hügel.
Die Forststraße zieht eine lange Schleife mit einer Rechtskehre, die sich hier über einen netten, aber kurzen Steig abkürzen lässt.
Schon nach ein paar Minuten Gehzeit schaut man auf Hollenstein hinunter.
Da hat sich offenbar eine Schnecke herzförmig durch ein Blatt gefressen.
9:05 Uhr. Wir sind gut eine halbe Stunde unterwegs, haben die erste nach Norden ausgerichtete Schleife hinter uns gebracht und kommen drauf, daß die Forststraßen hier im östlichen Teil des Hegerberges genau so toll für Wanderungen geeignet sind wie die im nordwestlichen Teil, die wir schon kennen. Forststraßen sind normal nicht wirklich meine Leidenschaft. Ich kenne schöneres. Die Forststraßen am Hegerberg sind aber anders. Erstens haben die immer eine recht moderate Steigung und sind so kraftsparend und flott zu bewältigen, wenn es sein muß. Aber zweitens, und das macht diese Forststraßen zu etwas besonderem, hier gibt es, je höher man kommt, immer schönere Aussichten. Das liegt erstens an der Steilheit des Geländes und zweitens an der Umgebung um den Hegerberg herum. Hier gibt es immer was zu sehen. Auf andern Forststraßen wandert man, meist gezwungenermaßen, stundenlang, ohne jemals eine schöne Aussicht genießen zu können. Das sind die Forststraßen, wo dir das Hirn sauer wird. Die hier am Hegerberg gehören nicht zu diesen.
Die erste große Linkskehre am östlichsten Punkt unserer Wanderung.
Wir kommen jetzt in einen Bereich, in dem es kalt ist. Vor allem im Schatten ist es sehr kalt.
Als ich das Tor sah, war mein erster Gedanke “Mein Vater war hier!”
Im Vordergrund der Königsberg, im Hintergrund der Gamsstein
Das ist der Grund, warum uns diese Forststraßen nicht fad werden. Ich kenn keinen Berg, auf dem ich Forststraßen so gerne mag wie die am Hegerberg.
9:23 Uhr. Wir sind seit rund fünfzig Minuten unterwegs und erreichen die erste Stelle, wo man sich mit Wasser versorgen kann (Edit.2023.08. Im Sommer trocken!). Das zu wissen kann im Auf- wie Abstieg hilfreich sein. Wir lassen unsere Flaschen im Rucksack und trinken gleich aus der Rinne.
Die Pflanzen lassen sich nicht unterkriegen und blühen trotz Schnee und Eis.
Prächtig schaut sie aus, die Voralpe.
Jetzt sind wir erstmals in einer Position, in der wir im Ybbstal in Richtung Göstling schauen können. Ganz rechts hinten ist ein Stück vom Gebiet des Hochkar zu erkennen.
Drei große Schleifen mit einer Rechtskehre haben wir nach oben zu überwinden. Dies hier ist die letzte und am höchsten (über 1000m) gelegene.
Jetzt sind wir richtig gespannt, wie es da oben ausschaut.
Der Königsberg gegenüber. Wir wissen, der ist mit 1452m ungefähr gleich hoch wie der Wasserkopf mit 1442m, also ein guter Maßstab für unser Vorwärtskommen.
Forststraßenhatscher beendet. Ab jetzt wird alles anders.
Ein großer Kahlschlag, der auf Satelitenaufnahmen fast so ausschaut wie die Großwiese im Westen des Hegerberg. Ganz am rechten Rand könnte man auf einer Forststraße (die es auf meiner Karte nicht gibt) bis hinüber zum Eck gehen, wo unterm Kühlhauskopf der Aubodenbach entspringt und somit könnte man in der Fortsetzung bis hinunter zum Abzweig der Saurüsselstraße und zum Krenngraben wandern. Das heißt, man könnte hier eine Runde über Wasserkopf, Aubodenkopf und Kühlhauskopf gehen, dann im Eck des Aubodenbaches (wo wir schon öfters waren) zur Forststraße absteigen und auf dieser hierher zurückkehren. Finde ich cool. Ich glaub, das werden wir bei Gelegenheit einmal machen. Für heute stiefeln wir jetzt einmal entlang dieses Kahlschlages hoch und schau ma einmal, wie das weiter geht.
Der Gamsstein ist jetzt in dicke Wolken gehüllt, was ein wenig beunruhigend wirkt. Ich glaub aber, Gamsstein und Voralpe werden uns diese dunkle Suppe vom Leib halten.
Der Schnee ist hart und sehr griffig. Es ist toll, hier zu gehen.
Wir finden diesen Ausblick einfach zauberhaft. Genau hinter uns (links) der Oisberg mit dem Alpl 1405m als höchstem Punkt. Rechts der lange Höhenzug des Königsberg.
Bei dem Ausblick ist natürlich wieder eine Pause fällig.
Die folgende Strecke nach oben wird eine richtige Gaudi. Zuerst geht es noch mäßig steigend auf einem breiten Waldrücken hoch, dann wird die Sache steiler und steiniger. Da die steilen Abschnitte im Wald liegen, besteht praktisch nie Absturzgefahr. Das da könnte der Punkt sein, der auf der digitalen Karte als Hegerberg 1251m bezeichnet wird.
Mit Erreichen dieser Hütte haben wir den steinigen Steilaufschwung im Wald verlassen und den breiten, leicht ansteigenden Rücken zum Wasserkopf erreicht.
Es gibt auch zugeschneite Spuren, die drauf hinweisen, daß der Wasserkopf bei weitem nicht mehr so einsam ist, wie man ihm noch vor Jahren nachgesagt hat. Da sind schon mehr draufgekommen, wie schön es hier heroben am Hegerberg ist.
Ein wenig erinnert uns das alles an unseren ersten Winterbesuch am Wasserkopf am 2. März 2022. Die Verhältnisse sind genau so gut und das Wetter genau so schön. Damals sind wir allerdings vom Anfang der Saurüsselstraße über den Kühlhauskopf und Aubodenkopf zum Wasserkopf gestiegen. War traumhaft schön, so wie heute.
Der Schnee ist so hart, daß Eddie problemlos getragen wird, ohne einzusinken. Einfach perfekt.
Der Wind bläst ganz schön kalt und der Schnee staubt auf.
Wir befinden uns noch immer neben dem Kühlhauskopf, was bedeutet, wir haben noch ein Stück zu gehen. Bei dem Wetter ist hier jeder Meter eine Freude. Rechts neben dem Kühlhauskopf ist der Kothaufenberg zu sehen.
11:58 Uhr. Wir sind am Rückweg. Der Abschied vom Gipfel ist bei so einem Prachtwetter immer sehr schwer. Aber es nützt nix. Wir müssen wieder runter.
Blick am östlichen Hang des Kühlhauskopf vorbei zu Kothaufenberg (1001m) und Oisberg
Der Abstieg durch den steinigen Wald geht genau so problemlos wie der Aufstieg
Der steinige Abstieg ist gemeistert, wir sind wieder beim Kahlschlag.
Nochmals ein Blick zurück, dann wird bei dieser Hütte (Jagdunterstand) gerastet.
Wer hier eine Dose Inzersdorfer Fleischschmalz 125g, Original verschlossen, findet, darf sie behalten. Ich Depp hab sie vergessen. Gesegnete Mahlzeit.
13:18 Uhr. Noch ein Blick zurück, dann………..
… kommt der finale Abstieg ins Tal.
Wir sehen wieder auf Hollenstein runter.
Hier wachsen Flechten auf den Felsen.
Wir sind wieder in diesem kalten Winkel der letzten großen (bergab) Linkskehre.
Nicht jeder ist da (aus den unterschiedlichsten Gründen) immer gesund runter gekommen.
Weit ist es jetzt nicht mehr. Hollenstein liegt uns zu Füßen.
Da gleich links unter diesem Abzweig beginnt wieder der Steig, der die letzte Kehre abkürzt.
Da rasten wir jetzt, weil wir hier noch nie gerastet haben. Auf diesem Steig kommt uns ein Wanderer entgegen, der für mein Dafürhalten entweder halb geschlafen hat oder sehr intensiv an etwas ganz anderes dachte. So ungefähr eine Meter vor mir erschrickt er und springt zur Seite, bevor wir zusammen stoßen. Ich lach und wüsche ihm einen “Guten Morgen”, dann gehen wir weiter. Hat mich ein wenig an den Dachs erinnert, mit dem ich um halb fünf in der Früh bei meinem ersten Aufstieg zum Tamischbachturm vor 20 Jahren fast zusammengestoßen wäre. Der hatte genau so halb geschlafen wie ich.
Wir wären wieder im Erdgeschoss
14:48 Uhr. Nach sechs Stunden und fünfzehn Minuten ist unsere Tour beendet. Wir düsen gemütlich durch’s Ybbstal und wollen beim Weißen Kreuz noch einen Kaffee trinken, aber der Automat streikt. Komisch, in der Früh hat er noch funktioniert. Also wir waren das nicht!