Die Idee, den Hochtürnach zu besteigen, kam mir schon vor mehr als 20 Jahren. Ich hatte (und hab) eine ganze Menge Wanderführer in Buchform (Internet war noch ein wenig mau in dieser Zeit), einer davon “YBBSTALER ALPEN” von J.Steffan und W.Tippelt, 1. Auflage 1977. Aufmerksam hab ich immer alle Seiten so eines Büchleins durchgeblättert und mir Touren ausgesucht, die aus dem einen oder anderen Grund auf meine Wunschliste kamen. Einige Berge in der Gegend um Wildalpen und Rotmoos hatte ich ja schon bestiegen, oder ich war dabei, sie zu besteigen, unter anderem Riegerin und Hochstadl, markante Ziele in diesem Raum.
“547 Hochtürnach 1770m
Sehr einsamer Berg, der nur selten erstiegen wird. Gegen S zum Salzatal bricht der Gipfelkamm mit wilden Felswänden und Schluchten ab, auch seine N-Seite zeigt sich mit steilen Waldhängen nicht viel freundlicher. Vom Gipfel zieht ein Kar nordöstlich, in das der kleine romantische Türnsee eingebettet ist. Die Aussicht auf das malerische Massiv des Hochschwabs und der Tiefblick nach Weichselboden ist bemerkenswert.”
“548 Rotmoos – Türnsee – Hochtürnach
Nicht bez., 3 3/4 st, stellenweise weglos. Von Weichselboden nach Rotmoos wie R540. Von Rotmoos südwestl. auf einer Forststraße nach Hinterrotmoos. Hier öffnet sich links, im SW, das Tal des Türnseegrabens, an dessen rechtem Hang ein Steig durch dichten Wald die erste Steilstufe überwindet. Die Forststraße macht über diese Stufe (großer Umweg) eine große Kehre. Von der Abkürzung ein kurzes Stück auf der Straße bleiben bis fast in den hintersten Grabenwinkel. Rechts auf einem Steig abzweigen, durch Wald und Windwurfgebiete der Talmulde folgend, dahinauf zum Türnsee, 1230m (2st). Nach NW einen steilen Hang aufwärts in eine Grabensenke mit mehreren eingelagerten Mulden, bei einer Gedenktafel auf ein Schuttband rechts hinaufqueren auf den Gratrücken “Mitterhalt”. Er wird bis zu letzten Steilaufschwung verfolgt, dann wird der Hang waagrecht links zurück in die Mulde gequert, durch diese über eine kurze Steilstufe durch Krummholzgassen hinauf zur Gipfelfläche. Der eigentliche Gipfel springt turmartig nach S vor und kann leicht von der N-Seite erstiegen werden.”
Soweit der Führer von Steffan/Tippelt auf Seite 134 und 136 (auf Seite 135 ist ein s/w Foto von der Südflanke des Hochtürnach). Ich war auch tatsächlich irgendwann zum Türnsee und zum Hochtürnach aufgebrochen, kam aber nur bis kurz über den See, dann hat mich ein Wolkenbruch vertrieben. Den Ausgangspunkt Rotmoos kannte ich vom Aufstieg zum Hochstadl, an den Türnsee kann ich mich aus einem ganz speziellen Grund noch erinnern und das mich der Wolkenbruch zur Umkehr bewog. Mehr blieb leider nicht haften und Aufzeichnung hab ich zu meiner eigenen Überraschung (ich hab damals fast alles aufgeschrieben, was ich unternommen hab) ebenfalls keine. Der spezielle Grund waren einige Männer (keine Ahnung, wie alt), die oberhalb des Türnsee in den Schrofen auftauchten, dort nach unten kletterten und dann einfach mit Gejodel in die steilen Schutthalden unterhalb der Felswände sprangen, um mit Riesenschritten und Geschrei zum See zu laufen. Mir kam das so Irre, fast selbstmörderisch vor, was die da getan hatten, daß es mir bis heute in Erinnerung blieb. Ja, und den Hang rechts des See hab ich auch ganz anders in Erinnerung, als wir ihn heute vorgefunden haben. Ich hab diesen Hang als baumlos in Erinnerung, der Weg nach oben war ganz klar und ohne Problem erkennbar. Dort ist heute allerdings alles verwachsen.
Samstag, 19. Oktober 2024
12:38 Uhr. Der kleine Opel ist bis zum Bersten beladen und abfahrbereit. Wir haben gerade eine Schönwetterperiode, die wir nützen wollen. Heuer waren wir noch nie zelten, es wird also Zeit! Wir freuen uns auf ein wenig Campen in Wildalpen.
15 Uhr Campingplatz Wildalpen. Ich hab den Platz per Mail reserviert und alles mit Platzwart Konrad am Telefon besprochen, also beginnen wir, das Zelt aufzubauen und uns gemütlich einzurichten. Los ist trotz des guten Wetter fast nix am Campingplatz. Im letzten Jahr, um den 16. Oktober herum, waren wir ebenfalls hier. Da hab ich verstanden, daß die Begeisterung für Camping nur bei wenigen (wie zb. bei ein paar Ungarn und Tschechen) durchschlug. In der Nacht zum 17. hab ich vor dem Zelt -5°C gemessen. Uns hat das Spaß gemacht, wir sind ja gut ausgerüstet. Heuer war mit solchen Temperaturen noch nicht zu rechnen, obwohl es auch schon kälter war als jetzt.
Unser Häuschen steht, wir sind bequem eingerichtet.
Jetzt ist noch genug Zeit, um etwas spazieren zu gehen. Wir haben ja geplant, am Montag vor der Heimreise noch eine kleine Runde mit Startpunkt Campingplatz zu drehen. Der Plan war, über den Löwekogel zu Lerchkogel und Jägerberg zu gehen und dann schau ma weiter. Irgendwas mit um die 10km herum sollte das werden. Dazu könnten wir uns jetzt noch ein paar Kleinigkeiten anschauen.
Karte oder gar Navi haben wir jetzt natürlich nicht mit. Wir verlassen uns auf unseren Orientierungssinn. Es geht ja um nix. Ungefähr dort, wo wir zum Löwekogel aufsteigen wollen, finden wir dieses Schild. Ein Blick genügt, und wir stiefeln los. Egal, was das wird, ich muß eh grade aufs Häusl, da gehen wir jetzt hinauf.
Ein schönes Steiglein führt rauf.
Am Gipfel des Häuselkogel steht ein Sendemast und eine Bank …
… und man hat einen hübschen Ausblick auf Wildalpen, nur ein Häusel, wie ich es mir vorgestellt hatte, finden wir hier nicht, also geh ich halt in die Büsche schiffen.
Blick zum Campingplatz unterm Mitterberg 978m
Sonntag, 20. Oktober 2024
Hochtürnach 1770m
Ausgangspunkt: Rotmoos 690m
Höchster Punkt: Hochtürnach 1770m
Höhenunterschied gesamt: rund 1120Hm
Streckenlänge: 15.2km
Zeit unterwegs: ungefähr 8 Stunden, davon Gehzeit lt. Garmin Basecamp 5 Std. 30 Min.
Wetter: Leichter Dunst am Morgen, dann praktisch Kaiserwetter bei 6°C bis 18°C
Der Türnach (mit dem höchsten Punkt Hochtürnach 1770m) befindet sich in den Ybbstaler Alpen
Und zwar am südlichsten Zipfel der Ybbstaler Alpen, unmittelbar nördlich der Salza an der B24, der Hochschwab Bundesstraße.
Strecke auf Austrian Map mit GPS-Track
Strecke auf opentopomap mit GPS-Track und Höhenprofil
Geländeübersicht auf mapy.cz mit GPS-Track
8:04 Uhr. Wir sind gerade in Rotmoos angekommen.
8:11 Uhr. Umziehen, Rucksack auf den Rücken, Eddie an die Leine. Es kann losgehen.
Blick zwischen Gutenbrand und Ameiskogel in Richtung Weichselboden
Wir folgen der Straße bis zu diesem Tor (1.4km nach dem Start) da vorne, dort biegen wir links ab.
Beim nächsten Abzweig (etwa 1.6km nach dem Start) biegen wir wieder links ab
Ein Schild hilft bei der Orientierung
Mit kräftigen Schritten schreiten wir voran.
Wenn Sonja zurück bleibt und fotografiert, wird’s immer spannend.
Wir bewegen uns hier im Türnseegraben, in dem die Sicht naturgemäß sehr eingeschränkt ist.
Etwa 2.4km nach dem Start erreichen wir auf gut 900m Seehöhe eine Forststraße, der wir knapp 400m weit bis kurz vor einem kleinen Wasserfall folgen.
Beim Rückweg hilft dieses Schild, den Weg wieder zu finden.
Urige Gesellen säumen auch hier den Weg.
Das ist der kleine Wasserfall.
Einige Meter vor dem Wasserfall (vom Wasserfall 75 Schritte zurück) zeigen zwei Steinmänner den Einstieg zum Weg nach oben an.
Erste Anzeichen für kommende Schwierigkeiten …
… und ein zauberhafter Ausblick
Wir kommen erstmals mit großen Schutthalden in Berührung, die wir querend überwinden.
Solche umgestürzten Bäume kosten uns einiges an Zeit. Da wir den Hund mit haben, müssen wir die Überquerung auch für Eddie sicher machen und brechen einige Äste ab. Mehrmals artet das etwas in Arbeit aus. Ein paar Trümmer entfernen wir komplett vom Weg, sofern das gefahrlos möglich ist. Man muß teilweise sehr aufpassen, ob das Ding fest liegt oder nur abgebrochen an einem anderen Baum lehnt!
Das ist, leider, das einzige Bild vom Türnsee. Öh, oder nein, nicht vom Türnsee, sondern von der Kreuzung zum Türnsee. Ich hatte das alles irgendwie ganz anders in Erinnerung. Nicht so verwachsen, dicht bewaldet. Ich hab in Erinnerung, daß rechts vom Türnsee ein baumfreier Hang war, auf dem man deutlich den Steig weiter nach oben sehen konnte und daher war ich überzeugt, der Türnsee müsse noch weit weg sein. Dann kam ein weiterer Irrtum dazu. Ich dachte, warum auch immer, der Türnsee liege auf rund 1520m Seehöhe. Ja, ich weiß, auf der Karte steht 1230m Seehöhe. Ich hab mich aber nicht überzeugt (mit Navi und Karte), sondern ich hab geglaubt, und daher sind wir an diesem Kreuzungspunkt mit diesem Blechschild mit der Aufschrift “Hochtürnach” nicht gradeaus weiter zum See gegangen, sondern dem rechten Ast aufwärts gefolgt. Das und der weitere blöde Umstand, daß wir beim Abstieg schlicht und einfach drauf vergessen haben, ist der Grund, warum wir den Türnsee heute nie zu Gesicht bekamen, obwohl wir ganz knapp davor waren.
Das erinnert mich an unsere erste gemeinsame Besteigung des Gamsstein. Ich war früher öfters am Gamsstein. Als wir die Niederscheibenbergalm erreichten, erzählte ich Sonja, “Jetzt werden wir, wenn wir zur Alm kommen, rechts einem Kahlschlag nach oben folgen, bis wir zu einem Jagdunterstand kommen, wo dann links hinauf der Steig beginnt.” Da war aber kein Kahlschlag (das hätte ein Skigelände werden sollen, aus dem Projekt wurde letztlich aber nichts), sondern ein Wald! Na gut, es waren auch da etwa 16 Jahre vergangen, da tut sich schon einiges. Wir wohl auch hier am Türnach nicht anders sein.
Ich fotografiere dich und du mich.
Ob man das steil oder geil findet, ist sicher Ansichtssache.
Dann tauchen wir am Mitterhalt plötzlich in eine komplett andere Welt ein. Fichten und Lärchen bestimmen hier das Bild.
Auch die Aussicht beginnt jetzt interessant zu werden.
Ötscher und Zeller Hüte fallen hier besonders auf.
Wieder ein Hinweisschild für den Rückmarsch, wo man leicht gradeaus und damit in die falsche Richtung laufen könnte. Die Wegfindung ist bei schönem Wetter und guter Sicht kein großes Problem, bei Schlechtwetter und schlechter Sicht würde ich allerdings von einer Wanderung hier dringend abraten! Das ist ein Gelände, in dem man sich sehr schnell in gefährliches Gelände verlaufen hat.
11:33Uhr. Wir steigen an diesem Buckel empor …
… und werden mit einem ersten, zauberhaften Blick zur Kräuterin belohnt.
Das ist aber nicht der Gipfel, das ist das südwestliche Ende der Mitterhalt. Wir müssen hier stark links herum.
Bei einem 90° Schwenk nach links hat man genau die Riegerin im Blickfeld.
Noch ein wenig weiter gedreht hat man den Hochschwab im Hintergrund.
Weiter geht’s, immer höher und höher….
Wieder ein Blick zur Kräuterin im Nordwesten.
… und mein Rucksack fühlt sich schwerer und schwerer an. Dann, ich kann es nicht glauben ….
… taucht der Gipfel eines Berges auf. Es ist 12 Uhr. “Welcher Gipfel ist das?” frag ich mich. “Das kann doch nicht unserer sein! Soooo weit weg?”
12:06 Uhr. Wir queren relativ flach genau nach Osten.
Links (nördlich) von uns eine wunderschöne Schau vom Ötscher bis zum Dürrenstein.
12:06 Uhr. Wir nähern uns einer Einsattelung
Hier angekommen, rasten wir ein paar Augenblicke, nehmen die Rucksäcke ab (ich kann und vor allem will das Trum nicht mehr schleppen!) und machen uns auf die Socken zum Gipfel. Nur das Navi hab ich am Gürtel mitgenommen. Es ist jetzt 12:12 Uhr.
12:16 Uhr. Nicht mehr weit zum Gipfel.
Sonja wartet in den Latschen an einer günstigen Position, um meinen Aufstieg zu fotografieren.
Blick zu Mitterhalt, Hochstadl und in die restliche, zauberhafte Bergwelt
12:18 Uhr. Sonja und Eddie an der Engstelle. Vor dieser braucht man sich nicht fürchten. Die ist breit wie ein Gehsteig.
12:19 Uhr aus Sonjas Blickwinkel.
12:19 Uhr aus meinem Blickwinkel.
Blick über den Südgipfel, der eigentlich ein wenig niedriger sein sollte als der Hauptgipfel mit dem Kreuz. Mein Navi hat da drüben allerdings die gleiche Höhe angezeigt wie hier herüben, dabei war mein Standort nicht am höchsten Punkt, weil der total mit Latschen verwachsen ist. Nun folgt die Gipfelschau (ohne Kommentar)
Das Gipfelbuch aus 2015 ist vielleicht zu einem Viertel beschrieben.
Tiefblick nach Schöder 1100 Höhenmeter unter uns.
Noch ein Tiefblick zur Riegerin hinüber.
12:28 Uhr. Ich mach noch dieses Bild, dann geh ich zum anderen Gipfel hinüber.
12:29 Uhr. Bin schon bei der Engstelle.
Mein Wuzibär schaut, wo sein Herrchen hingekommen ist.
12:30 Uhr. Ich steh auf der anderen Seite, so weit man halt kommt, ohne über die Latschen zu latschen.
Wir fotografieren uns gegenseitig von Gipfel zu Gipfel. Von drüben nach herüben hat drei Minuten gedauert.
Der Tiefblick vom Südgipfel schaut noch ein wenig heftiger aus.
Fernsicht zwischen Hauptgipfel und Mitterhalt.
12;32 Uhr. Meine Schlümpfe sind im Anmarsch.
12:38 Uhr. Nach einer kurzen Umschau kehren wir zu unseren Rucksäcken zurück.
12:48 Uhr. Nach zehn Minuten sind wir schon wieder so weit vom Gipfel entfernt …
… und machen in herrlicher Umgebung eine Pause.
Erst beim Runtergehen fällt einem auf, wie steil manche Passagen sind.
In diesem unübersichtlichem Gelände hilft uns jetzt dieses Schild ein wenig, am rechten Pfad zu bleiben.
Manche Markierungen bestehen nur aus einem Stein, manche sind groß
Do gehts owi. Ned ausrutschen!
Madam spielt so gerne mit Ein-, Aus- und Durchblicken
Das schaut nicht aus wie Schwammerl. Das sind Schwammerl.
Die letzten Meter noch am Steig, dann sind wir wieder bei der Straße kurz unterm kleinen Wasserfall. Eine kleine Pause, dann geht’s weiter.
Ohne den letzten Abschnitt am Steig etwa 400m von hier abzusteigen, bleiben wir bis zum Ausgangspunkt auf der Straße, gehen die lange Kehre, die zwar einen Umweg bedeutet, aber schöne Ausblicke in die Gegend ermöglicht und genießen den letzten Abschnitt unserer Tour.
Sonja kümmert sich wieder um die kleinen Schönheiten am Wegrand…
Genau hier bei der Tafel wäre der Abzweig zum letzte Abschnitt über den Steig hinunter, den wir nur im Aufstieg gingen.
Trotz der Länge der Tour ist unser Burzelbär noch immer recht frech aufgelegt.
Von hier aus sehen wir schon wieder nach Rotmoos runter.
Im Aufstieg sind wir hier am Tor links vorbei gegangen, jetzt kommen wir genau durch dieses Tor zurück.
Da waren wir heute auch schon einmal, jetzt schauen wir genauer.
Die letzten paar hundert Meter sind angebrochen.
16:08 Uhr. Gleich hamas. Nach 8 Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt. Es war eine schöne Tour, es war eine einsame Tour, wir haben viele neue Eindrücke gesammelt.
Mit der kleinen Runde am Montag wird es wegen dichtem Nebel leider nix und darum sagen Waldorf & Statler an dieser Stelle Servus, pfüat Gott und auf Wiedersehen, irgendwann und irgenwo bei einem neuen Unternehmen.
Montag, 21. Oktober 2024 um 8:30 Uhr. Dichter Nebel, der sich sicher noch länger nicht hebt, daher alles abbauen und Heimfahrt. Die geplante kleine Runde drehen wir ein anderes Mal. Heute fahren wir lieber noch ein wenig mit den Motorrädern spazieren.