Der Dürrensteigkamm, ein vergessenes Wanderparadies. So stand es vor Jahren in einem Wanderführer. Vergessen, weil verhältnismäßig lang und beschwerlich. Wobei die Beschwerlichkeit weniger von der Länge oder den Höhenunterschieden bei dieser Kammwanderung herrühren, sondern vielmehr vom Umstand, daß Start- und Zielpunkt sehr weit auseinander liegen und nur mit einem zusätzlichem Zeitaufwand oder mit zwei Fahrzeugen eine vernünftige Realisierung möglich ist. Der Dürrensteigkamm zieht sich von der Bodenwies im Süden über den Leerensackriedel zum Hochzöbel, dann weiter über Reiflingeck und Ochsenkogel zur Langlackenmauer und von dort über Wieser, Almkogel, Brunnbacheck und Kleiner Almkogel zum Burgspitz. Wobei die extrem Verlängerung zum Katzenhirn gar nicht berücksichtigt ist. Es gibt im gesamten Kammverlauf keine Quelle und sollte im Bereich des Ochsenkogel ein kräftigerer Wetterumschwung erfolgen oder gar eine Verletzung, wird es ziemlich haarig. Eine abgelegenere Stelle gibt es am gesamten Dürrensteigkamm nicht.
Ich bin auf den Dürrensteigkamm erst durch unsere erste Wanderung auf den Almkogel aufmerksam geworden. Ja, ich hatte davon gehört, aber nicht viel damit anzufangen gewusst. Almkogel? 1513m? Ja, mei. Ein Mugel unter vielen. Ich mußte erst älter werden, um zu Sinnen zu kommen. Heute genieße ich solche Wanderungen. Stück für Stück haben wir uns den Gipfeln des Dürrensteigkammes genähert und der Wunsch, den gesamten Kamm zu überschreigen wurde dabei immer größer. Zu unseren bisherigen Wanderungen am Dürrensteigkamm gehören die Bodenwies 1540m von der Nieglalm, die Bodenwies von Schönau an der Enns, eine Wanderung über den Leerensackriedel zum Höchzöbel mit anschließender Überschreitung der Bodenwies, der Versuch einer Überschreitung am 11. und 12. Juli 2022, bei dem wir uns am 12. Juli recht freuten, daß wir im dichten Nebel den Wieser gefunden hatten und dann wegen Sinnlosigkeit wieder umdrehten, und eine ungeplante Besteigung des Almkogel im Zuge einer Wanderung auf den Brunnbacher Gamsstein, bei der wir dann, weil grad Zeit war, über die Blaulucke zur Ennser Hütte und auf den Almkogel wanderten. Was wir jetzt noch nicht kannten, waren die Langlackenmauer, das Reiflingeck und der Ochsenkogel. “Zur Langlackenmauer wandern ist ja keine Hexerei”, sagen wir uns und weil wir grade eine Schönwetterperiode haben, beschlossen wir, zwei Tage nach unserer wunderschönen Tour auf den Eisenerzer Reichenstein die Langlackenmauer heimzusuchen.
Unsere Strecke: Parkplatz Bamacher auf 772m Seehöhe – Ennser Hütte 1293m – Almkogel 1513m – Wieser 1427m – Langlackenmauer 1482m – Wieser 1427m – Almkogel 1513m – Brunnbacheck 1472m – Kleiner Almkogel 1461m – Burgspitz 1429m – Parkplatz Bamacher 772m
Höhenmeter über die gesamte Wanderung inklusive aller Gegensteigungen über 900Hm
Zeitaufwand: Gemütliches Wandertempo alles in allem 8 Stunden
Karte zur Tour (Austrian Map) mit Strecke (Planungssoftware, kein GPS-Track)
8 Uhr beim Parkplatz Bamacher auf 772m Seehöhe. Die Temperatur beträgt um die 15°C, den Morgennebel haben wir bereits unter uns gelassen. Rucksäcke sind am Rücken, Eddie an der Leine, es kann losgehen.
Die 4km lange Straße zum Parkplatz ist durchgehend asphaltiert, aber sehr eng mit wenigen Ausweichstellen. Direkt beim Parkplatz zweigt der gut markierte und gepflegte Steig zur Ennser Hütte ab.
Bis zur ersten Forststraßenquerung wandert man mit mäßiger Steigung durch den luftigen Wald
Ab der ersten Straßenquerung wandelt sich der Steig zu einem recht knorrigen Gesellen.
Hier kann man sich etwas abkühlen, trinken würde ich das nicht. Der Zulauf ist recht dürftig und das Wasser im Trog abgestanden, aber kalt.
Noch eine halbe Stunde zur Ennser Hütte, sagt das Schild
Nach der Straßenquerung bei der Jagdhütte dauert es nur mehr ein paar Minuten, dann hat man erstmals einen schönen Ausblick in die Gegend. Hier ein Blick gen Norden. Am rechten Bildrand sind im Hintergrund die Windräder am Plattenberg zu erkennen.
9:20 Uhr. Wir haben die Ennser HÜtte erreicht.
Ab der Hütte ist die Aussicht überall wunderschön. Hier Blick ins Reichraminger Hintergebirge, zur Haller Mauer und zu unserem Nachbarn, dem Brunnbacher Gamsstein.
Nach einer kurzen Rast (zwei Soda Zitron zu je €3.-) wandern wir dem Almkogel entgegen.
Der Höhenunterschied von der Hütte zum Gipfel beträgt keine 250Hm, die horizontale Entfernung keine zwei Kilometer. Ich empfinde diesen Abschnitt aufgrund seiner wunderschönen Aussicht immer als großen Genuß.
Wir nähern uns dem Sattel zwischen Almkogel und Brunnbacheck, wo der Aufstiegsweg von der Hütte in den Dürrensteigkamm mündet.
Sonja immer zu Faxen aufgelegt.
Noch ein paar Meter zum Sattel, im Hintergrund das Paradies
Blick zum nördlichen Ende des Dürrensteingkamm, zum Burgspitz. Da werden wir heute noch hin wandern, wenn wir von der Langlackenmauer zurück sind. Rechts vom Burgspitz ist noch die Almwiese unterm Feichteck 1114m zu erkennen. In Original (nicht am Bild) war sogar der Sonntagberg klar erkennbar, der nur wenige Kilometer von uns daheim entfernt ist.
Sonja und Eddie. Zwei wie Pech und Schwefel könnte man sagen.
Die einzige steilere, steinige Passage am Weg zum Almkogel.
Blick zurück zum Burgspitz. Man sieht deutlich das Auf und Ab hier am Kamm. Da gehts praktisch nie eben dahin.
Wir halten uns nicht lange hier auf, weil wir ohnehin wieder hierher zurück kommen und gehen gleich zum südlichen Hang. Als wir vor einem Jahr hier standen, war dichter Nebel und wir haben, mit Ausnahme des Gipfelkreuz, nicht viel gesehen. Das da drüben ist der Wieser und dahinter lugt die Langlackenmauer hervor. Wir sind unglaublich gespannt, wie das alles aus der Nähe ausschaut.
Hier stehen nummerierte Steine! Hab ich schon einmal gesagt, daß ich nummerierte Steine liebe?
Diese Disteln stehen hier massenhaft herum. Traumhaft schön.
Der (kartographierte) Wieser in Sicht. Die Weiden des Wieser im Weitwinkel
Rückblick vom Wieser zum Almkogel, rechts der Hühnerkogel am Ennsberg. Der echte, kartographierte Wieser (seit zumindestens 1880!) mit vermessenen 1427m (seit Kartenausgabe 1980, vorher 1423m) trägt kein Gipfelkreuz und ist ohne Karte nicht zu erkennen!
Der Lannerkogel (ohne Höhenangabe und inklusive Kartenausgabe 2010 nie namentlich erwähnt) vor uns, im Hintergrund rechts die Haller Mauer und links die Gesäuseberge vom Buchstein zum Tamischbachturm
Gottlob haben wir alle Zeit der Welt. Wir genießen jede Minute hier.
10:58 Uhr. Gipfel des Lannerkogel, der seit 1988 ein Kreuz mit der Aufschrift “Wieser 1427m” trägt.
Unglaublich, wie schön es hier ist. Diese Aussicht! Als wir erstmals hier waren, hatten wir uns schon gefreut, daß wir das Gipfelkreuz gefunden hatten. Wo das steht, wie das Gelände herum ausschaut, wussten wir nicht, weil der Nebel so dicht war. Da wussten wir auch noch nichts davon, daß das hier nicht der Wieser ist. Wir waren zu sehr mit dem dichten Nebel beschäftigt und hatten für solche Details keine Zeit. Bei einem genauen Blick auf die Karten hätten wir es aber wissen müssen. Das Eck des echten Wieser ist klar zu erkennen. Auch im Nebel.
Gipfelkreuz “Wieser” und im Hintergrund der Almkogel.
Auch hier halten wir uns nicht all zu lange auf. Wir sind schon so gespannt auf die Langlackenmauer.
Abstieg vom Lannerkogel. Wieder geht’s in eine Senke, die wesentlich tiefer ausschaut, als sie tatsächlich ist.
Auch der Aufstieg zur Langlackenmauer ist zuerst einmal recht schön, aber nix spektakuläres. Hier ein Rückblick zu Lannerkogel und Hühnerkogel
Der Steig ist (zumindest bei guter Sicht) jederzeit klar und eindeutig erkennbar und sogar recht gut ausgeschnitten.
Wir erreichen einen kurzen und schmalen Grat, bei dem man sich nicht blöd spielen sollte. Von hier aus gesehen rechts geht’s steil und weit hinunter.
Der Steig führt an einen steilen Grashang heran, ….
… den man auf einem guten Steig bis zu einer Stelle quert, wo Bäume kreuz und quer über den Hang verstreut liegen.
Genau dort, wo die Holztrümmer liegen, knickt der Steig recht steil nach oben weg. Das ist von oben nach unten wesentlich einfacher als aufwärts, aber kein echtes Problem. Bei Nässe und Nebel muß das hier gruslig sein, wenn man die Strecke nicht kennt.
Der steile Hang ist geschafft. Links von uns (in Aufstiegsrichtung) erhebt sich ein steinerner Mugel mit einem Eisenrohr als Gipfelzeichen. Der interessiert uns in diesem Fall aber nicht. Wir wollen zum Gipfelkreuz und das steht rechts.
Dazu müssen wir aber noch ein Stück weiter aufwärts kraxeln. Da vorne steht es!
Wir haben es fast geschafft und stellen fest, das Gipfelkreuz der Langlackenmauer ist ein bissl mit Vorsicht zu genießen. Sehr kleine Gipfelfläche und recht steil auf fast allen Seiten. Das Abspannseil hilft dann beim Runterkraxeln.
11:45 Uhr. Gipfel Langlackenmauer 1482m
Wir sind nach ein paar Minuten wieder unterwegs, zurück zum Wieser. Am Gipfel war es wunderschön, für eine Rast aber ein wenig zu eng und zu windig. Außerdem haben wir noch einiges vor. Wir queren wieder zum Vorgipfel (das Ding mit der Eisenstange) und kraxeln dann wieder den steilen Grashang hinunter. Ps.: Der Behälter für’s Gipfelbuch ist leer)
Das ist alles kein Problem. Man muß nur ein wenig aufpassen, weil ab und zu ein Brocken ausgebrochen ist und einige Felsen nur locker auf Wurzeln liegen. Im Auf- wie im Abstieg zum Gipfel gäbe es, wissen wir allerdings jetzt hinterher erst, eine schöne Alternative. Wenn man zu dem Felsmugel mit dem Eisenrohr kommt, könnte man dort direkt am Grat nach oben steigen. Wir waren heute ja zum ersten Mal hier, kannten die Örtlichkeiten ergo nicht, haben deshalb auch gar nicht drauf geachtet und sind dem deutlich sichtbaren Steig gefolgt, der über die westliche Grasflanke nach oben führt.
So, da kann man nicht mehr runter fallen, da können wir uns in unserer Gipfelfreude zusammenknuddeln.
Rückblick zum Zinken mit dem Eisenrohr.
Jetzt müssen wir da wieder rauf zum Lannerkogel.
Das schaut wieder einmal steiler aus, als es ist.
Rückblick zur Langlackenmauer.
Weil es hier so wunderschön ist, machen wir Pause.
Der Grasmugl ist der Lannerkogel, rechts daneben der Hühnerkogel am Ennsberg.
12:33 Uhr. Wir sind schon wieder am Lannerkogel mit dem Kreuz des Wieser
Noch einmal ein Blick zurück zur Langlackenmauer, in die Haller Mauern und ins Gesäuse.
Der Almkogel kommt wieder näher oder, genau genommen, wir kommen dem Almkogel wieder näher. Er selber bewegt sich während unserer Wanderung keinen einzigen Zentimeter. Was er tut, wenn wir nicht da sind, wissen wir natürlich nicht.
Zum Almkogel rauf wird es wieder ein wenig steiler.
13:19 Uhr. Almkogel 1513m die Zweite.
Blick über den Brunnbacher Gamsstein, rechts dahinter der Schieferstein.
Blick nach Großraming, zum östlichen Ausläufer des Schieferstein und zur Wolkenmauer.
Blick in Richtung Weyer (Nordosten). Die meisten der Mugeln und Bergln da hinten haben wir bestiegen und/oder überschritten.
13:41 Uhr. Wir sind wieder am Sattel, wo man links zur Ennser Hütte absteigen könnte. Vor uns liegt das Brunnbacheck, der Kleine Almkogel und der Burgspitz.
13:49 Uhr. Brunnbacheck 1472m, dahinter der Almkogel
Die Vegetation ist eine Pracht.
Nach einem weiteren Abstieg geht’s auf den nächsten Mugel rauf. Auf und ab, auf und ab ohne Ende.
Da ist ein Holztor, damit die Kühe nicht ausbüchsen. Das ist zwar alles Almgebiet, aber Kuh oder sonstiges Nutzvieh haben wir kein einziges gesehen.
14:05 Uhr. Kleiner Almkogel 1461m
Da drüben ist unser nächstes und letztes Ziel, der Burgspitz. Dazu müssen wir zuerst wieder einmal runter in einen Sattel. Pfff…..
Die westlichen Steilabbrüche des Ennsberg
Rückblick zum Übergang zwischen Hühnerkogel und Almkogel
Wir sind nicht nur in der Senke vorm Burgspitz, sondern sogar schon wieder im Aufstieg und kommen dabei an diesem Abzweig vorbei, der uns später zu einer Forststraße runter bringt und dann zur Jagdhütte und zum Parkplatz am Ausgangspunkt.
Die westliche Breitseite des Ennsberg.
Kurz vorm Gipfel wird es nochmals steil.
So, jetzt runter da bis zum Abzweig
Da drüben auf dem Erker steht die Ennser Hütte
Ein wunderbares Steiglein führt uns zur Forststraße.
Dem Hochstand ist schlecht geworden
Beim Aufstieg vom Parkplatz weist bei der Straßenquerung an der Jagdhütte ein Wegweiser hier her.
Um 16 Uhr sind wir nach acht Stunden in der Natur wieder am Ausgangspunkt zurück. Es war eine wunderschöne Wanderung, die man nur weiter empfehlen kann. Jetzt fehlt nur mehr die ganze Überschreitung. Adios, schöne Berge, bis zum nächsten Mal.